Dortmund beziehungsweise Düsseldorf ist (leider) nur einmal im Jahr
„SturmNetz away in der Champions League Teil 2“ hieß es für uns Sonntagfrüh. Vom beschaulichen Grazer Flughafen aus steuerten wir unsere „Basiscamp-Destination“ Düsseldorf an. Der Flug verlief komplikationslos, mit uns an Bord schon etliche Sturm-Aficionados. Ein kleiner Vorgeschmack, was uns in den nächsten Tagen in Nordrhein-Westfalen erwarten wird. Prominentester Fluggast sicherlich Luigi Löschnigg, einst Szenegastronom und auf Du und Du mit den Größen der heimischen Musikszene. Luigi, der sich nach seiner Gastrokarriere einen Kindheitstraum erfüllte und auf „Straßenbahnfahrer“ umsattelte (er durfte einst auch als Erster die neue „Sturm-Bim“ steuern), feierte mit einer illustren Runde in der Air Dolomiti offensichtlich einen runden Geburtstag und so kam schon über den Wolken Partystimmung auf. Kein schlechter Zeitpunkt für ein solches Jubiläum.
In Düsseldorf angekommen, blieb keine Zeit, unsere Zimmer zu beziehen. So wurden im Hotel nur die Koffer abgestellt, schnurstracks ging es mit dem Zug weiter nach Mönchengladbach zum Bundesliga-Spiel der Borussia gegen unsere „Freunde“ von Werder Bremen. Im Abteil freundeten wir uns rasch mit einigen Gladbach-Fans an, am nachhaltigsten dabei wohl folgender Teil der Konversation mit einer Gruppe von Borussia-Fans aus der Nähe von Hoffenheim: Die reisen für jedes Heimspiel fast 400 Kilometer an, und das obwohl es ganz in der Nähe doch auch einen Bundesliga-Klub gäbe. „Hoffe, dasch hot net viel mit Fußball zu tun. Das isch net unsere Welt“, meinten sie. Einerseits schade, andererseits natürlich auch nachvollziehbar, dass „unser“ Andi Schicker das vor kurzer Zeit anders sah.
54.000 Besucher sorgten dann für ein rechtes gutes Ambiente (deren Nordkurve kann auch ohne Vereinsbrille mit unserer stimmungs- und chanttechnisch nicht mithalten), die Fohlen gewannen 4:1, wir wurden bestens bewirtet und genossen die Partie als schöne Ouvertüre für das, was noch kommen wird.
In Sachen Medienarbeit jedoch ist Mönchengladbach dem SK Sturm dann doch etwas voraus. Während es in Liebenau seit einiger Zeit nur erschwert über eine Wanderung durch die Tiefgarage möglich ist, in der Mixed-Zone Stimmen von gewünschten Akteuren direkt nach dem Spiel einzufangen, kommen im BORUSSIA-PARK sämtliche Kicker beider Teams an den gar nicht so zahlreich wartenden Journalisten direkt am Spielertunnel vorbei und beantworten bei Bedarf geduldig sämtliche Fragen.
Diese Gelegenheit packten wir beim Schopf und unterhielten uns mit Romano Schmid, Grazer aus dem Sturm-Eigenbau und letztes Jahr Spieler der Saison bei Werder Bremen, über die Partie, natürlich auch über seinen Stammverein und seine Einschätzung, ob die Blackys in Dortmund was holen werden:
Romano Schmid:
… sichtlich geknickt direkt nach der 4:1-Niederlage von Werder Bremen gegen Borussia Mönchengladbach:
… über seinen bisherigen Karriereweg und zitiert Günther Neukirchner:
… kannst du dir vorstellen bald auch wieder den nächsten Karriereschritt zu machen?
… Sturm spielt ja am Dienstag Champions League in Dortmund, verfolgst du Sturm noch?
Wie schätzt du die Chancen von Sturm gegen den BVB ein?
… dass dein Heimatklub Champions League spielt, freut dich aber schon auch ein bisschen oder?
Nach unserem Tratscherl mit Romano hauten wir uns auf Gladbach-Einladung im VIP dann noch einmal den Bauch voll (okay, Vollprofi-Journalisten sollten dies nicht tun, aber das sind wir ja nicht) und traten den Rückzug nach Düsseldorf an. Mit der Annahme nun stundenlang im Stau zu stehen. Bei 54.000 Menschen die eigentlich logische Konsequenz. Doch weit gefehlt: Fast im Sekundentakt fuhren Gratis-Shuttle-Buse vor der Arena ein und verteilten die Menschenmassen in Windeseile an die gewünschten Destinationen. In Düsseldorf angekommen ging es dann selbstredend noch zur „längsten Theke der Welt“ in die Innenstadt. An einem Sonntagabend zwar nur der halbe Spaß, trotzdem beachtlich wie viele „Schwoaze“ man dort schon traf. „Doublesieger, Doublesieger, hey, hey“, ertönte es fast aus jedem Lokal.
Pressekonferenz Borussia Dortmund
Nuri Sahin:
Über die Verletztenmisere in seinem Team:
„Vielleicht kann Waldemar Anton sein Comeback geben, Marcel Sabitzer könnte auch wieder zum Thema werden. Der Rest eher weniger. Wir werden heute noch regenerieren, zudem werde ich meine Spieler mit den ersten Infos über Sturm Graz versorgen. Generell ist die Situation so, dass einige Plätze auf der Ersatzbank leer bleiben werden“.
Über den kommenden Gegner:
„Sturm ist ein Verein, der seit Jahren vernünftig arbeitet. Deren Konstanz über die letzten Jahre ist außergewöhnlich. Die ziehen ihr Ding durch, agieren intensiv, das was ich von denen gesehen habe, hat mir gefallen. Das wird morgen eine schwere Aufgabe. Ich habe vor kurzem auf eine Frage zu Sturm geantwortet, dass ich die nur von den Partien gegen Galatasaray im Jahr 2000 kenne. Das war ein Fehler. Ich muss gewisse Sachen noch lernen.“
Ob in der Vergangenheit innerhalb seiner Mannschaft zu „lasch“ trainiert wurde:
„Ich hab das gelesen. Und musste darüber schmunzeln. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. Vielleicht eines: Dass wir zurzeit so viele Verletzte haben, hat andere Gründe. Aber das war schon eine komische These.“
Ob es aufgrund der Verletzung von Gregor Kobel nun ein Torhüterproblem gibt:
„Greg wird wahrscheinlich nicht fit werden. Aber ein Torhüterproblem haben wir nicht. Alexander Meyer ist ein außergewöhnlicher Teamplayer. Er ist die klare Nummer 2. Und trotzdem auch ein außergewöhnlicher Torwart. Ich war als Spieler nie die „Nummer 2″, aber es ist beeindruckend, wie er diese Rolle ausfüllt.“
Marcel Sabitzer:
… über den kommenden BVB-Gegner aus seiner Heimatstadt:
Pressekonferenz Sturm Graz
Christian Ilzer:
Was sind deine Erwartungen?
Welches Gefühl wird das sein, in diesem Stadion zu coachen?
Emanuel Aiwu:
Wie geht ihr in das Spiel?
Vor 80.000 Zuschauern zu spielen wäre auch für dich etwas neues, oder?
Freut ihr euch auch über die Fan-Unterstützung von zuhause?
Nach Tag 1 in Dortmund, hieß es für uns zurück nach Düsseldorf. Erneut zog es uns zwar auf die Partymeile, es blieb aber bei zwei Bier – auch wenn die „Längste Theke der Welt“ sich durchaus für ein längeres Verweilen prädestiniert zeigte.
Deutsches Fußballmuseum
Frühmorgens ging es für uns bereits wieder zurück nach Dortmund. Hatten wir doch am Vormittag einen Besuch im Deutschen Fußballmuseum, gleich neben dem Hauptbahnhof, eingeplant. Fast kitschig, dass Mario Haas mit uns im selben Abteil saß. Was ist denn bitte schön ein Museum im Vergleich zu einer lebenden Legende. Auch der Bomber hatte sich bei der Herbergssuche für Düsseldorf entschieden – ob das Nachtleben ausschlaggebend dafür war, können wir nicht beurteilen. In der Partymeile wurde er jedenfalls auch gesehen – und dort fast selbstredend mit „Es gibt nur eine Legende“ abgefeiert.
Im Fußballmuseum gaben wir uns zunächst eine Zusammenfassung des WM-Finales 1954 – vor einem alten Röhrenfernseher, mit den Geräuschen, dem Jubel, den Stimmen, die damals ganz Deutschland vor dem Radiogerät aufsaugte. „Bozsik, immer wieder Bozsik, der rechte Läufer der Ungarn. Er hat den Ball – verloren diesmal gegen Schäfer – Schäfer nach innen geflankt. Kopfball – abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen – Rahn schießt – Tor, Tor, Tor, Tor!!!!“. Voll spanend wars, obwohl wir natürlich über das Wunder von Bern Bescheid wussten. 1600 Exponate kann man in dieser Fußball-Erlebniswelt bewundern, sich 25 Stunden Filmmaterial reinsaugen. Dafür reichte nicht die Zeit – aber die vielen alten Trikots, Programmhefte, zeithistorische Devotionalen und alle wichtigen Fußballpokale zu begutachten – das hat echt Spaß gemacht. Auch wenn innerlich der Countdown schon tickte. Museum schön und gut – aber Sturm in der Champions League, das war schon vor dem Ankick Zeitgeschichte.
Youth-League-Sensation der Säumel-Elf
Am Borsigplatz – dort wo die Borussia aus Dortmund ihr Licht der Welt erblickte – vorbei, fuhren wir dann nach Dortmund-Brackel, zum Trainingszentrum der Schwarz-Gelben. Und konnten dort junge, mutige Jungblackys bewundern, die in der Youth-League-Begegnung gegen ihre Altersgenossen aus Dortmund bereits in der Ersten Halbzeit das bessere Team waren, nach einem Treffer des starken, erst 17-jährigen Spanier, Ousmane Diallo, jedoch ins Hintertreffen gerieten. Dieser Rückstand konnte den Tatendrang unserer Nachwuchs-Auswahl jedoch nichts anhaben, Youba Koita gelang fast postwendend der Ausgleich. Mehr als 800 Besucher staunten nicht schlecht, über die spielerisch, starken Grazer. Jürgen Säumel nahm zwar Abwehrchef Konstantin Schopp aufgrund der UEFA-Regularien zur Halbzeit vom Platz, Sturm schlug sich danach aber auch in der Defensive weiterhin wacker.
In der 67. Minute haute Antonio Ilic einen Freistoß ins kurze Eck und überraschte dabei den Borussen-Goalie. Dem BVB gelang zwar nach einem Kopfballtreffer der Ausgleich, doch dann schlug wieder die Stunde des Leon Grgic. Bei jedem seiner zahlreichen gelungenen Aktionen hatten wir schon das ganze Spiel über zum ebenfalls anwesenden Matthias Sammer geblickt, ob denn dieser seinen Notizblock zückt. Nach einer Doppelchance gelang Sturms Torjäger Nummer 1 (sein elfter Treffer im vierzehnten Pflichtspiel) der verdiente Siegtreffer. Mit diesem nächsten vollen Erfolg liegt der Sturmnachwuchs in der Youth-League-Tabelle nun vor Klubs wie Liverpool, Real Madrid, Manchester City, Arsenal oder AC Milan. Dass dies – zumindest ergebnistechnisch – dann doch kein gutes Omen war, wurde uns erst etwa sieben Stunden später klar – aber das haben wir ja schon alles erzählt. Hier aber noch einmal unser abgespultes Programm im Gesamtüberblick:
Die Legende des Dortmunder Kaiserviertels, der Schuster Michael Kobbe über seine Erwartungshaltung
Die Spielvorschau zum, zumindest emotional, Spiel des Jahres
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Den nächsten Reisebericht präsentieren wir aus Lille. Danke für eure Unterstützung, Schwoaze!
Wohltuend nüchtern die Stellungnahmen von Romano Schmid und Marcel Sabitzer zu Sturm, kein Gefasel von „der David wird’s diesmal dem Goliath zeigen“. Und was rauszuhören ist: wenn Sturm den nächsten Schritt Richtung „Mithalten mit europäischen Spitzenklubs“ gehen will, muss im offensiven Mittelfeld Kreativität und Spielwitz zugekauft werden.
da gibt’s gerade das aktuelle Gerücht um Elliott Stroud (Schweden / Mjällby AIF), 22 Jahre, MW lt. Transfermarkt: 1,2 Mio
An dem Gerücht kann nicht viel dran sein, wenn man bedenkt, dass wir zurzeit keinen Sportdirektor haben.
Romano Schmid… bemüht freundlich und dann kommen doch ein paar unterschwellige Seitenhiebe. er schaut sich lieber spanischen Fußball an, weil „nur über Intensität und 2. Bälle“… und dann „für mich war Sturm sowieso immer die Nr. 1 in Österreich“ und dann folgt ein Zusatz der jeden Blacky einen Pfeil ins Herz rammt „und Rapid“… ahhhhhhh wtf
Er hat noch immer nicht verkraftet, dass er sich bei Sturm nicht durchsetzen konnte. 😉