SturmNetz a Bergamo 2025
Wie auch schon in der Saison 2023/24 loste uns die Glücksfee abermals die Göttin Atalanta zu. Diesmal jedoch in der Champions League. Und im neuen Modus ohne Hin- und Rückspiel. Vermutlich wäre Mitte Jänner eine Reise nach Spanien oder Portugal rein temperaturtechnisch angenehmer gewesen, ebenso wäre ein wenig mehr Abwechslung bei Sturms Gegnern wünschenswert gewesen. Aber da das Leben bekanntlich kein Wunschkonzert ist und Bergamo auf jeden Fall eine Reise wert ist, freuten wir uns auch heuer darauf, wieder einmal die Lombardei zu beehren. Etwas Abwechslung gab es im Vergleich zum Herbst 2023 zumindest bei der Anreise. Denn aufgrund von Planänderungen führte uns diesmal der Weg nicht direkt per Auto in die Provinzhauptstadt, sondern zuerst am frühen Sonntag-Morgen per Zug aus dem leicht winterlichen Graz nach Wien – wo aus dem SturmNetz-Duo dann ein Trio wurde – und dann mit dem Flugzeug nach Mailand, wo wir auch unsere erste Nacht verbringen sollten.
Nach einer etwa einstündigen Regionalzugfahrt hatten wir dann die Hauptstadt der Lombardei erreicht. Nach einem nicht ganz nach Plan verlaufenen Öffi-Ticket-Kauf, bei dem einer der drei SturmNetzler online ein 24-Stunden-Touri-Ticket kaufte, welches sich jedoch an keinem der Automaten ausdrucken ließ, anstatt gleich das nur halb so teure, normale Ticket zu holen, und zum Schluss doppelt zahlen musste, ging es per Metro ins Zentrum, wo wir gleich als erstes den imposanten Mailänder Dom zu Gesicht bekamen. Viel Zeit für Sightseeing blieb uns jedoch nicht, da am Sonntag Abend gleich zwei Stadionbesuche auf unserer Agenda standen, zumindest war das der Plan. Nach einem kurzen Check-In in unserer Unterkunft, kehrten wir in eine gemütliche Pizzeria ein, um unsere leeren Mägen für den langen Abend zu füllen.

Der Mailänder Dom ist auch bei regnerischem Wetter beliebt und beeindruckend (c) SturmNetz.at
Danach machten wir uns auf den Weg in den Mailänder Vorort Busto Arsizio, wo der lokale Verein Aurora Pro Patria in der Serie C auf LR Vincenza traf. Somit sollte sich auch für uns der Kreis schließen, da wir 2023 genau die selbe Partie, nur mit Vicenza als Gastgeber besuchten. Da am späteren Abend noch die Serie A Partie Inter vs. Empoli am Programm stand, und die Entfernungen in der Millionenmetropole doch nicht die kürzesten sind, hätten wir wohl sowieso nicht das ganze Spiel sehen können. Doch dann kam es, dass wir keine Minute dieser Begegnung mitbekamen – nicht einmal das Stadio Carlo Speroni durften wir betrachten. Was war passiert? Trotz Zugverspätung wären wir ganz knapp vor Anpfiff an der Spielstätte angekommen. Doch just an der geplanten Ausstiegsstelle versperrte uns eine Gruppe Pfandfinderinnen, die eigentlich den Eindruck machten, auch aussteigen zu wollen, die Treppe vom oberen Zugteil bis zur Tür. Als wir uns runter gedrängt hatten, war es aber schon zu spät. Somit mussten wir eine Station weiter fahren und standen dann dort an einem trostlosen Bahnhof, wo wir dann beschlossen, dass es keinen Sinn hatte, auf eine Regionalbahn zurück zu warten, die ohnehin Verspätung hatte, nur um dann vielleicht 40-50 Minuten vom Spiel zu sehen. Somit ging es umgehend zurück nach Milano und dann direkt weiter zum San Siro. An einer DER Kathedralen des Fußballs angekommen, staunten wir zunächst neben neben der bereits beeindruckenden Fassade über die schier endlose kulinarische Auswahl rund um das Stadion. Allzu viel war knapp zwei Stunden vor Anpfiff noch nicht los und so ginge es absolut stressfrei zu unserem Eingang und dann durch einen der imposanten Türme eine halbe Ewigkeit hoch in den letzten Rang. Wenn man dann zum ersten Mal den Innenraum des für aktuell gut 75.000 Fans zugelassenen San Siro Stadions betritt, wirkt es schon ziemlich überwältigend. Eigentlich unvorstellbar, dass dieses Kultstadion bereits in naher Zukunft Geschichte sein könnte. Freilich ist es keine moderne Arena und steht bereits seit 1926 an dieser Stelle und wurde bis heure einige Male vergrößert, umgebaut und modernisiert. Wenn man den Vergleich mit dem 1997 eröffneten Stadions in Liebenau zieht, könnte man an vielen Stellen nicht sagen, welche der beiden Spielstätten bald abgerissen werden soll. Aber das ist eine andere Geschichte. Bevor wir unsere Plätze einnahmen, deckten wir uns erst einmal mit einem Biervorrat ein und bemerkte in der Kantine überwiegend steirisch sprechende Personen. Natürlich ziehen Spiele von Inter oder Milan viele Touristen an, diesmal dürften aber auch einige Sturmfans die Option genutzt haben.

Das altehrwürdige San Siro von außen (c) SturmNetz.at
Das Spiel zwischen einem der Topteams der Serie A und dem Mittelständer aus Empoli gestaltete sich von Anfang an relativ einseitig. Inter machte das Spiel, Empoli verteidigte jedoch gut uns so waren zunächst große Torchancen auf beiden Seiten Mangelware. Generell war das spielerischen Niveau in der ersten Hälfte eher bescheiden. Dies änderte sich dann aber ab der zweiten Hälfte, in der das Spiel auch allgemein flotter wurde. In der 55. Minute brachte Lautaro Martinez sein Team mit einem sehenswerten Schuss in Führung. Nachdem dann in der 78. Minute Marco Arnautovic für den Torschützen zum 1:0 ins Spiel kam, durfte der ÖFB-Teamspieler kurz darauf bereits mit seinen Teamkollegen jubeln, denn Denzel Dumfries erhöhte per Kopf auf 2:0 für Inter. Vorentscheidung? Nicht ganz! Denn nach 83 Minuten stand es durch einen Treffer von Sebastiano Esposito nur noch 2:1, doch die Hoffnung der Gäste währte nicht lange. Kurz vor Ende der regulären Spielzeit lieferte Arnautovic die perfekte Vorarbeit für den ebenso eingewechselten Marcus Thuram, der die Kugel nur noch am Torhüter vorbei über die Linie schieben musste und für den 3:1-Endstand sorgte. Nach dem Schlusspfiff verabschiedeten sich die Teams nur kurz von ihren Fans, die auf Seiten von Inter zeitweise für sehr gute Stimmung sorgten, teilweise aber auch für die Menge ziemlich ruhig waren. Auf der Gegenseite hatten die etwa gut 50 mitgereisten Empoli-Anhänger im letzten Rang natürlich kaum etwas dagegen zu halten. Ein richtiges Zelebrieren der Teams nach dem Schlusspfiff, wie man es u.a. aus Graz eigentlich gewohnt ist, gab es nicht. Und so verließen die offiziell gut 62.000 Fans recht schnell die Ränge und auch wir mühten uns die steilen Stufen und den abermals endlos wirkenden Abgang runter, eher wir noch einen Abstecher zu einer der vielen Imbissbuden machten. Insgesamt verlief auch die Abreise vom Stadion äußerst stressfrei. Nach einer Straßenbahnfahrt waren wir schnell wieder im Zentrum und dank mangelnder Barangebote im direkten Umkreis beschlossen wir, dem langen Tag ein Ende zu setzen und kehrten sogleich zum Hotel zurück.

(c) SturmNetz.at
Am Tag darauf ging es zum Navigli-Viertel, welches für seine beiden Kanäle sowie viele Bars, Restaurants und Shops berühmt ist. Trotz kühlem und regnerischem Wetter herrschte dort eine schöne, entspannte Stimmung und dürfte vor allem im Sommerabenden Massen an ausgehfreudigen Menschen anlocken. Nach einer kleinen Stärkung direkt am Wasser, ging es für uns zum architektonisch absolut sehenswerten Bahnhof Milano Centrale, von wo aus wir nach Bergamo weiter reisten.

Impression vom Navigli-Viertel (c) SturmNetz.at
Nachdem wir uns im Hotel eingecheckt haben, machten wir uns auch auf dem Weg gen Gewiss-Stadion, wo die Pressekonferenzen beider Teams stattfand und gleich einmal mit einer ordentlichen Verspätung begann. Danach beantwortete Jürgen Säumel auch Fragen italienischer Medienvertreter:innen gekonnt in der Landessprache.
Die Stimmen der Pressekonferenz

(c) SturmNetz.at
Kjell Scherpen
Du warst letzte Saison bereits hier, wie sehr freut ihr euch auf die Partie in Bergamo?
Jürgen Säumel
Was willst du von deiner Mannschaft morgen sehen?
Welche Optionen gibt es für die rechte Abwehrseite nach dem Ausfall von Max Johnston?
Es ist dein erstes Spiel offiziell als Trainer – mit welchen Gedanken gehst du in das Spiel?
Wie siehst du die Tatsache, dass ihr im Unterschied zum Gegner nicht im Rhythmus seid?
Ist es für dich etwas besonderes gegen Atalanta zu spielen, die du als Spieler vor 15 Jahren in Turin besiegt hast?
Wie beschreibst du den Gegner und wo siehst du die Stärken von Atalanta?
Gian Piero Gasperini
Über den morgigen Gegner und seine Erwartungen zum kommenden Champions-League-Spiel (übersetzt):
Bis jetzt haben wir einen guten Weg bestritten. Die Qualifikation ist noch nicht fix. Das morgige Spiel kann dafür ausschlaggebend sein.
Es heißt nicht unbedingt, dass man nach einer längeren Winterpause besser oder schlechter zurückkommt, ich bin selber neugierig, wie sich der Gegner zeigen wird. Wir werden Sturm Graz ganz sicher nicht unterschätzen. Ich selber habe die Grazer beobachtet und die letzten Spiel angeschaut. Auf gar keinen Fall werden wir die Grazer unterschätzen.
Letztes Jahr war es ein Unentschieden in Graz trotz Unterzahl der Grazer. Mittlerweile hat sich zwar der Trainer der Grazer geändert, aber viele Spieler vom letzten Jahr sind noch da. Gegen die Österreicher ist es immer hart zu spielen. Dass Sturm erst drei Zähler in der aktuellen Champions-League-Saison erobert hat, hat nichts zu sagen, denn sie haben nie deutlich gegen ihre anderen Gegner verloren.
Wir erwarten eine Mannschaft, die frisch spielen und ihre eigene Kraft zeigen wird. Die Eigenschaften der Mannschaft sind gut, sie „rasen“, das haben sie auch bereits letztes Jahr gezeigt. Wir werden auch gewisse Hürden zu überwinden haben müssen. Solche Spiele müssen wir aber gut spielen, um die fixe Qualifikation erreichen zu können. Wir wollen mit der fixen Qualifikation nächste Woche nach Barcelona reisen.
Teil 2
Nachdem am Montagabend nach der Pressekonferenz alle Arbeiten erledigt waren, ging es zur uns bereits bestens bekannten Pizzeria Bella Napoli im unteren Stadtzentrum. Die Gerichte schmeckten auch dieses Mal vorzüglich und so freuten wir uns schon auf unsere Quasi-Stammkneipe „Boston Bar“. Die Innenstadt Bergamos präsentierte sich abermals kurz nach 22 Uhr fast menschenleer und zu unserem Erschrecken war auch die angepeilte Bar bereits dicht. Der Plan B führte uns zur Piazza Pondida, wo es noch offene Lokale gab, die fast ausschließlich von Sturm-Fans frequentiert wurden. So vertrieben wir uns den Abend mit ein paar lustigen Gesprächen, ehe pünktlich um Mitternacht auch dort die Sperrstunde eingeläutet wurde. Wir wären aber nicht SturmNetz, wenn wir nicht auch für diese Situation einen Ausweg gefunden hätten – denn zurück zum Hotel zu gehen, erschien uns als noch keine vernünftige Option. So dauerte es nicht lange, ehe wir tatsächlich noch eine geöffnete Kneipe fanden. Auch wenn wir die einzigen Gäste waren, konnten wir bei angenehmer Atmosphäre und guter Musik den Abend mit köstlichem Hopfengetränken ausklingen lassen.

(c) SturmNetz.at
Am Dienstagvormittag führte uns der Weg nach einem ausgezeichneten Frühstück im Hotel zum Stadtteil Città Alta, dem ursprünglichen Stadtzentrum Bergamos. Anders als 2023, bewältigten wir den Berg mit der Standseilbahn „Funicolare per Città Alta“. Oben angekommen genossen wir den schönen Ausblick, gepaart mit fast frühlingshaften Temperaturen in der Sonne. Danach folgte ein Besuch im Museum der Basilica di Santa Maria Maggiore sowie der Aufstieg auf den Glockenturm der Basilika, von wo aus man eine atemberaubende Aussicht auf Stadt und Umgebung genießen kann.

(c) SturmNetz.at
Nach einer kleinen Runde durch die engen Gassen der Altstadt wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass es noch eine Seilbahn gibt, die zum Castello di San Vigilio führt – einer ehemaligen Befestigungsanlage. Den Tipp wollten wir uns nicht entgehen lassen und kurze Zeit später ging es per Funicolare San Vigilio noch einmal ordentlich hoch hinaus. Der ehemalige Herrschaftssitz Bergamos präsentiert sich schon etwas ländlich mit einigen Villen, Straßen mit Pflastersteinen, teuren Restaurants und einer abermals herrlichen Aussicht. Nach einer Runde am Passaggio Nelle Mura Del Castello Di San Vigilio genossen wir ein vorzügliches lokales Bier auf einer Terrasse – damit hätten wir im Jänner auch nicht gerechnet, da wir Bergamo bisher ausschließlich kalt und regnerisch kannten.

(c) SturmNetz.at
Die Zeit verging – wie so oft – viel zu schnell und so mussten wir uns schon auf den Weg zum Fantreffpunkt am Piazzale degli Alpini machen, der zu unserer Freude direkt neben unserer Unterkunft lag, sodass wir unser Equipment gleich mitnehmen konnten. „Sturm Graz bleibt stabil“ stand in großen Lettern auf einem Transparent und mindestens genauso stabil hallten die Gesänge der schwarz-weißen Aficionados über den Platz. Kurz darauf wurden die Fans mit Bussen und einem erheblichen Polizeiaufgebot zum Stadion eskortiert, ehe es für uns per pedes zur Spielstätte ging. Über das Spiel selbst wollen wir hier nicht zu viele Worte verlieren und verweisen auf den Spielbericht. Rein sportlich hatten wir uns eigentlich schon etwas mehr erhofft, zumindest die Stimmung im mittlerweile fertig umgebauten Gewiss Stadium war von beiden Fanszenen wunderbar!

(c) SturmNetz.at
Im Anschluss an die Pressekonferenz machten wir uns wieder auf den Weg in die Innenstadt, wo zum Glück unser anvisiertes Lokal offen hatte. Nach einer kulinarischen Stärkung wäre der Plan gewesen, in unsere Stammbar aus dem Jahr 2023 gegenüber zu wechseln, doch wie auch schon Montagabend gab es kein Reinkommen. So ging es abermals zur Piazza Pontida, wo auch weitere Sturm-Fans verweilten. Einer davon hatte zu dieser Zeit schon ein wenig zu tief ins Glas geschaut und kämpfte zugleich mit Gleichgewichtssinn und der Schwerkraft, wodurch im Gastgarten neben der Person selbst gleich mehrere Sessel, Tische sowie eine Pflanze unfreiwillig in die Waagerechte wechselten.

(c) SturmNetz.at
Um den Ruf der mitgereisten Anhängerschaft nicht zu schädigen, beteiligten wir uns umgehend an den Wiederaufbauarbeiten, was durch den schweren Pflanzentrog wohl zum ersten „Arbeitsunfall“ in der fast 10-jährigen SturmNetz-Geschichte führte. In einem der ganz wenigen nach Mitternacht noch geöffneten Lokale ließen wir den Abend bei einem „Ichnusa non filtrata“ aus Plastikbechern (Polizeivorgabe aufgrund des Spieles) ausklingen. Am Mittwoch endete dann auch unser zweites Bergamo-Abenteuer innerhalb weniger Monate. Über Mailand, wo wir bei sehr bescheidenem Wetter u.a. noch durch China Town schlenderten, ging es dann wieder zurück in die Heimat. Auch wenn es sich hier durchaus gut leben lässt, wären wir froh, wenn wir in den nächsten Jahren keinen weiteren Reisebericht „SturmNetz a Bergamo 20xx“ verfassen müssten. Wie immer wollen wir uns auch bei unseren Leser:innen bedanken. Durch euer Interesse sowie eure Geldspenden werden solche umfangreichen internationalen Berichterstattungen überhaupt möglich!
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