„Noch nichts in Händen und daher auch noch nichts zu verlieren“

Reisebericht aus Herning

„Es soll nicht mein letzter Flug zu einem internationalen Spiel mit Sturm in dieser Saison sein“, meinte Christian Ilzer, Mittwochvormittag, knapp vor dem Abflug vom Grazer Thalerhof. Bei überschaubarem Medieninteresse brach die Sturm-Delegation mit dem Ziel auf, nach über 20 Jahren wieder einmal im Europacup zu überwintern. Im sehr lange schon stabilen schwarz-weißen Outfit machten es sich die Kicker nach der Sicherheitskontrolle in der Wartehalle gemütlich, pflegte der Großteil dabei die meiste Zeit über ihre Internetaktivitäten – nur einer nicht. Denn Manprit Sarkaria war schon da geil auf die Haut und gaberlte bereits vor dem Abflug. Die Zieldestination Karup (ein dänischer Militärflughafen) war nach knapp zwei Stunden erreicht, der Flughafen präsentierte sich völlig unaufgereregt, ausgerechnet Ehrenpräsident Hans Fedl musste als überhaupt einziger seinen Reisepass zücken. 

(c) SturmNetz

Mit dem Transferbus ging es für die Medienvertreter nach Ikast, etwa 13 Kilometer vom Stadion in Herning entfernt. Jenem Ikast, dass sich 1988 für den UEFA Intertoto-Cup qualifizieren konnte und bei seinem internationalen Debüt auf Sturm Graz traf. Und in weiterer Folge Sigurd Kristensen, Sohn dieser Stadt, an die Mur spülte. Mittlerweile ist dieser Klub ja eine Gründungshälfte des FC Midtjyland, hat aber noch ein Nachwuchsteam ähnlich Sturm 2, welches derzeit in der dritthöchsten Spielklasse agiert. Im 15.000-Einwohner-Nest fanden wir dann schnell etwas zu essen und wähnten uns kurz in den Alltagsgeschichten von Elisabeth T. Spira. Justament die überhaupt erste Kontaktaufnahme mit einem „Einheimischen“ war jene mit Osman, Pizzabäcker mit türkischen Wurzeln, geboren in Feldbach, aufgewachsen in Graz. „1990 war ich noch der einzige Ausländer in meiner Klasse, heute ist ganz Österreich nur noch voll mit Ausländer. Das hab ich nicht mehr ausgehalten und bin nach Dänemark. Was ist passiert? Kaum hier angekommen, habens da die Umsatzsteuer auf 40 Prozent erhöht. Scheiß EU.“ Die Freude jemanden aus seiner alten Heimat zu treffen war dennoch so groß, dass er anbot, uns sein Auto für die nächsten Tage zu überlassen. Wir lehnten dankend ab. Für uns ging es ja erneut mit dem Medienbus – ORF-Mann Flo Prates gab auf der Fahrt ein paar uralte Derby-Schnurren zum Besten – zur PK und zum Abschlusstraining in die MCH-Arena.

(c) SturmNetz

Ein sichtlich optimistischer Christian Ilzer sinnierte, es sei nicht unbedingt Zufall, dass es nach bereits 25 absolvierten Pflichtspielen derzeit keinen einzigen Verletzten gibt, dies viel mehr auch das Ergebnis einer sehr bewussten Trainingssteuerung sei. Devise: „Ein belegtes Rohr gehört einfach ausgeputzt“. Und dass der SK Sturm am Donnerstag keinen Spielstand verwalten wird und letztendlich immer drei Punkte als Ziel angestrebt werden. Aktuell habe man ja noch gar nichts in Händen und daher auch rein gar nichts zu verlieren. Lokalmatador William Bøving erinnerte sich gut an seine bisherigen Spiele in Herning, betonte aber auch, dass die Atmosphäre hier das Auswärtsteam alles andere als erdrücken würde. Der FC Midtjyland ist zwar sehr heimstark, der SK Sturm kann ihn aber mit seinem Pressing sehr weh tun. Und er insgeheim sogar von Platz 1 in der Gruppe träumt. Danach beobachteten wir noch die vorgeschriebene viertel Stunde das Abschlusstraining der Blackys, wobei ein deutscher UEFA-Delegierter ähnlich stil- und taktvoll agierte, wie die Feyenoord-Fans sechs Tage zuvor in Graz.

(c) SturmNetz

Zum Abschluss des Tages fuhren wir mit den Öffis in das Zentrum von Herning, wo wir im „Fox and Hounds“, einem schottischen Pub, endlich das erste echte Menü serviert bekamen: In Form einer sehr aggressiven Dreierkette namens Carlsberg, 1664 und Guiness. Zwar liefen dort auf den Bildschirmen gerade diverseste Champions League-Übertragungen, interessierte aber überhaupt niemanden. Viel mehr jedoch die Reiseerlebnisse des Grazers (!) Jörg Künne, Sky-Frontman und anscheinend abseits der Kameras sogar noch unterhaltsamer. Wie wir, hatten sich auch die Leute von ServusTV und Sky dieses Lokal zur Nachbesprechung von Tag 1 auserwählt. Und wie wir sind sie auch alle überzeugt, dass „morgen“ alles möglich ist. 

(c) SturmNetz

 

 

 

5 Kommentare

  1. Moe sagt:

    Coole Eindrücke!
    Die UEFA hat ja richtig kompetentes Personal wie’s ausschaut, würd mich interessieren was da wieder vorgefallen is…. (Übrigens: Stil- los, nicht still- los, außer ich hab’s falsch verstanden)
    Bin so gespannt auf heut Abend!!

  2. MS82 sagt:

    Recht Lustig wie sich sich alle am Bild auf die Wuchtl konzentrieren und nach schauen . Alles für Sturm Graz! schreibt abermals Geschichte Schwoaze.

  3. Arch Stanton sagt:

    Der Kolbi in Europa, scha la la la la la..
    Danke für die detailerfüllte Berichterstattung! Mehr davon!
    Jetzt brauch‘ ma nur noch drei Punkte gegen Mittelerde und es geht dahin.
    Auf die Schwoazn!

  4. Marchanno Diaz Rabihou sagt:

    Osman = Ehrenmann
    Bitte nicht vergessen: Die Europacup Saison ist bereits historisch – es könnte aber heute das Sahnehäubchen hinzukommen

  5. Marchanno Diaz Rabihou sagt:

    The day after….
    Sogar der Himmel weint über Herning.

    Tränen, die vergangene Woche nach der x-ten Wiederholung vom Kite-Tor gegen Feyenoord so süß geschmeckt haben, hinterlassen heute eine ätzende Salzkruste.
    Bitter, wenn man nach Abpfiff gespannt auf das Parallelspiel schielen muss – aber Lazio hat an der Europa League absolut null Interesse – da zählt nur Serie A und das bevorstehende Derby. Also die stolzen Adler nur müde Backhendl, aber so wird man scheinbar zumindest mit Platz 3 belohnt.

    Die 3 Minuten nach dem Kite-1:0 haben keinen Platz auf meiner Festplatte: Ausnahmezustand, kann mich nicht erinnern. Gestern hat sich jedoch wieder was eingebrannt. Nach dem Spiel ins Pub, erstes Lied: Johnny Logan – What´s another year….. Was will er mir damit sagen? Furchtbar traurig, furchtbar passend. Die Dänen und -innen hier sind ein friedliches Volk, kann man Ihnen nichts übel nehmen. Die haben auch eine gute Europa League gespielt.
    What´s another year? Meint er Jahr 2 von unserem ursprünglichen 3-Jahres-Plan, meint er die wahnsinnige Steigerung im Vergleich zur vorigen Europa League. Meint er das nächste Jahr, wo wir vielleicht wieder international mitspielen dürfen?
    Ich höre nur: I have been praying – reach out for you, but you are not here – someone has lost everything that he owns….
    Ja, genau so fühlt es sich an 🙁

    PS: Nach Johnny Logan kommen Lieder aus dem Sturm Fanbus. Jawohl, Vollgas, auf nach Altach – Sturm Graz zu bist sooooo GEIL!!

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