Na zdorovye! – Daniil Khudyakov im Portrait
Die Frage nach der Nummer Eins des SK Sturm in der kommenden Saison, in der immerhin zwei Titelverteidigungen möglich wären, ist um ein Kapitel reicher. Nachdem Viteslav Jaros nach einem beeindruckenden Frühjahr mit einem Pokal und einem Meisterteller im Gepäck wieder an die Mersey zum FC Liverpool zurückkehrte, gab es noch einige Fragezeichen im Tor des SK Sturm.
Da war ja noch Kjell Scherpen, der an einem komplizierten Kreuzbandriss laborierte, der ihn nach einem starken Herbst für den Rest der Saison außer Gefecht setzte. Eingangs erwähnter Viteslav Jaros ersetzte ihn höchst erfolgreich, sein Leihvertrag von Brighton & Hove Albion wurde unlängst um ein weiteres Jahr verlängert. Dann gibt es immerhin noch Matteo Bignetti, der mit Ausnahme von vier Spielen Sturms Zweier verstärkte und das Team sogar einmal als Kapitän aufs Feld führte. Der Abstieg in die Drittklassigkeit konnte bekanntlich durch einige glückliche Fügungen zwar verhindert werden, Bignetti konnte aber nicht ausreichend überzeugen und wird wohl auch im kommenden Jahr „nur“ das Tor in der Zweiten Liga hüten.
Und da wäre auch noch Luka Maric, der trotz seiner 21 Jahre auf dem Buckel schon sowas wie ein Urgestein des SK Sturm ist, ist er doch quasi auf dem Trainingsplatz auf die Welt gekommen. Maric hat sich in der vergangenen Saison als sichere Nummer 2 erwiesen, bei beiden Einsätzen – einmal musste er Kjell Scherpen ersetzen und einmal Viteslav Jaros – spielte Maric jeweils zu Null. Für einen Stammplatz bei den Profis wird es bei Maric aber dennoch nicht reichen.

Kjell Scherpen laboriert noch an einer Knieverletzung und bekommt Konkurrenz.© SKSturm.at
Es gab also einen Torhüter, der noch immer an einer schweren Knieverletzung laborierte und zwei doch talentierte Jungspunde, für die die Bürde als Nummer Eins wohl noch zu groß ist. Aus diesem Grund hat der SK Sturm am Transfermarkt zugeschlagen – diese Lücke wird der Russe Daniil Khudyakov schließen, der sich im kommenden Jahr wohl mit Kjell Scherpen um den Stammplatz zwischen den Pfosten matchen wird.
Vita et Opera
Ein Blick auf seine Vita stimmt jedenfalls positiv. Auf politische Punkte aufgrund seiner Herkunft wollen wir in diesem Artikel bewusst nicht eingehen, dass Khudyakov als russischer Staatsbürger eine Arbeitserlaubnis in Österreich erhält, führte ohnehin bereits zu einer kurzen Verzögerung des Transfers.
Daniil Dmitrijewitsch Chudjakow, wie er bürgerlich und korrekt transkribiert heißt, wurde am 9. Januar 2004 in der russischen Hauptstadt Moskau geboren. Anscheinend unter einem guten Stern, immerhin teilt er sich seinen Geburtstag mit einigen Koryphäen seiner Zunft, etwa Gennaro Gattuso, Andreas Voglsammer oder Rodrygo. Geboren wurde Khudyakov im Südosten der russischen Hauptstadt, genauer gesagt im Bezirk Kapotnya. Diese Gegend ist dominiert von Überbleibseln der Planwirtschaft und Industrie. Unweit seiner Geburtsortes liegt die große Ölraffinerie von Grazprom Neft, die den Alltag in dieser Gegend dominiert und zu den größten Arbeitgebern des Landes gehört.
Khudyakov begeisterte sich früh für den Fußball und lernte sein Handwerk beim FK Moskau, allerdings musste er sich im zarten Alter von sechs Jahren bereits umorientieren, da der erst 1997 gegründete Verein bereits 2010 wieder aufgelöst wurde.
Die ersten Jahre beim Klub der Oktoberrevolution
Khudyakov kam beim FK Lokomotive Moskau unter, einem der großen Klubs der Hauptstadt. Der als „KOR“, also „Klub der Oktoberrevolution“ gegründete Verein aus dem Osten Moskaus zählt zu den erfolgreichsten Klubs Russlands und ist mit neun Titel Rekordsieger des nationalen Pokalwettbewerbes. Der Name Lokomotive rührt daher, dass in den frühen 1930er-Jahren der Kader aus aktiven Beschäftigten der russischen Eisenbahn bestand. Bei Lok Moskau wurde Khudyakov in Folge ausgebildet und durchlief alle Jugendabteilungen, wobei er in jedem Jahrgang schnell zu überzeugen wusste und seinen Stammplatz schnell innehatte. Seine ersten Spiele auf hohem Jugendniveau machte er im Alter von 15 Jahren, als er mit Russlands U16 unter anderem auf Österreich traf und bei der 0:2-Niederlage über 90 Minuten das Tor hütete. Sein Gegenüber im österreichischen Tor war damals übrigens Matteo Bignetti.

Alte Bekannte – Matteo Bignetti spielte bereits gegen Daniil Khudyakov.
Auch in der russischen U17-Liga durfte er zum ersten Mal ran – im März 2020 feierte er gegen den FC Akademia Spartak Moskwa sein Debut in der Altersklasse – mit 15 Jahren.
Im folgenden Jahr erfolgte dann sein Debut im Profifußball. Im September 2020 durfte er bei der Heimniederlage gegen Torpedo Wladiwostok erstmals in der russischen zweiten Liga ran – selbstverständlich für die Reservemannschaft von Lok Moskau, genannt Lokomotiv-Kazanka. Er wusste wohl trotz einer 1:2-Niederlage zu überzeugen, immerhin wurde er im Laufe der Saison immer öfter in der zweiten Spielklasse eingesetzt, insgesamt 13 Mal. Gegen Ende der Saison durfte der Goalie auch bei den Profis ran und begleitete seine Mannschaft zu einen Heimsieg gegen den FK Rostov, einem Auswärtssieg beim FK Tambov sowie einem weiteren Heimsieg gegen Ural Yekaterinburg – allerdings verfolgte er alle drei Spiele auf der Bank.
Nachdem der nominelle „Zweier“ Anton Kochenkov den Verein verließ, wurde Khudyakov offiziell als Nummer zwei in den Profikader befördert. Allerdings hatte er mit dem Brasilo-Russen Guilherme eine echte Lok-Legende vor sich, der 2021 in seine 14. Saison bei Lok Moskau ging.
Beweisen durfte er sich in Russlands höchster Spielklasse dann am 25. September 2021 im Auswärtsspiel beim FK Khimki im Nordwesten Moskaus. Aufgrund einer Roten Karte von Guilherme wurde Khudyakov nach etwa einer Stunde eingewechselt und erlebte sowas wie eine Sternstunde – trotz Unterzahl erreichte Lok noch ein torloses Remis, großen Anteil daran hatte Daniil, der noch zwei „Unhaltbare“ irgendwie abwehren konnte. Die Lobeshymnen kannten kein Ende, mit bereits 17 Jahren durfte er auf Wolke Sieben schweben. Guilherme wurde für sein böses Foul für zwei Spiele gesperrt, weshalb sich Khudyakov auch auf weitere Einsatzminuten freuen durfte.
Sein zweiter Einsatz war das Heimspiel gegen Rostov eine Woche später, sein erstes Spiel über 90 Minuten. Trotz guter Leistung unterlag Lok an diesem Tag mit 1:2. Wenig später stand ein Auswärtsspiel gegen Rubin Kazan am Plan, wo Khudyakov sein zweites Spiel über die volle Spielzeit machte, allerdings reichte es nur zu einem 2:2 gegen den Ex-Klub des georgischen Supertalents Khvicha Kvaratchkelia, der Khudyakov an diesem Tag mehr als einmal Probleme bereitete und einige Jahre später mit dem SSC Napoli immerhin den Scudetto gewinnen konnte.
Nachdem Guilherme wieder spielberechtigt war, musste Khudyakov einige Spiele pausieren, eine Muskelverletzung seiner Nummer Eins brachte ihm aber im November 2021 wieder vorübergehend die Rolle als Stammtorwart ein. Ganze acht Spiele absolvierte er am Stück, vier davon konnten gewonnen werden.
Wer hoch fliegt, kann tief fallen
In der Saison 2022/2023 ging Khudyakov als Nummer Eins in die Saison, wurde allerdings nach zwölf Spielen wieder für drei Spiele auf die Bank beordert, nachdem Lok fünf Spiele am Stück verloren hatte. Im Laufe der Saison brachte er es nur mehr auf zwei weitere Spiele – Lok Moskau beendete die Saison auf einem enttäuschenden achten Platz.
In der vergangenen Saison musste Khudyakov die Spiele seiner Mannschaft von der Bank aus verfolgen, nachdem Lok Ilya Lantratov vom FK Khimchi verpflichtete. Lok Moskau beendete die Saison auf Rang vier und Daniil Khudyakov entschied sich dazu, seinen Vertrag nicht zu verlängern.
Khudyakov, dessen Onkel Pavel übrigens einige Zeit lang Generaldirektor bei Kuban Krasnodar war, und Gerüchten zufolge mitverantwortlich für die sportliche Misere war, die den Klub aus der Premier Liga in die Drittklassigkeit führte, ist mit seinen 194cm-Gardemaß wieder ein groß gewachsener Torwart, der aber trotz seiner Körpergröße über eine beeindruckende Athletik verfügt. Auf der Linie scheint er eine echte Mauer zu sein, außerdem ist er ein ausgezeichneter Fußballer mit gutem Auge für eröffnende Pässe. Außerdem gilt Khudyakov als „Elferkiller“. Mängel gibt es vor allem in seiner Fähigkeit, Bälle auch festzuhalten – in Russland wurde des Öfteren Kritik laut, dass er eigentlich einfache Bälle lieber zu Ecken klärt, als sie festzuhalten. Mankos, an denen Stefan Loch und Co. auf jeden Fall arbeiten werden.
Der deutsche Trainer Markus Gisdol, der einige Zeit lang Lok Moskau trainierte und verantwortlich dafür war, dass sich Khudyakov bei den Profis durchsetzen konnte, sprach im letzten Jahr in höchsten Tönen von ihm. Angesprochen auf einen potenziellen Wechsel zum englischen Champion Manchester City (wobei ein Interesse von Manchester City des Lobes eigentlich genüge getan hätte) meinte Gisdol etwa:
„Khudyakov hat eine Menge Talent. Daniil erinnert mich manchmal an Manuel Neuer. Ich bin mir sicher, dass wir bald eine neue Nummer Eins im Tor haben werden. Ich glaube, dass er schon bald auf sehr hohem Level spielen wird.“
Mit Weltmeister Manuel Neuer verglichen zu werden ist für einen damals 17-Jährigen natürlich ein Statement – aber tatsächlich erinnert der junge Russe mit seiner Spielweise an den deutschen Torwart.
Jung, talentiert, Profierfahrung auf höchstem Level und noch dazu ablösefrei – ein Transfer, der wirklich Sinn macht und womöglich ein weiteres Gustostückerl von Andreas Schicker. Junge Torhüter sind rar am Markt, außerdem bleibt die Rolle von Kjell Scherpen unsicher, da sein Knie bekanntlich schon des Öfteren rebellierte.
Der Torhüter unterzeichnet einen Vertrag bis 2028. Wir freuen uns bereits, Daniil live in Liebenau auf die Beine – oder vielmehr auf die Hände – schauen zu können und wünschen ihm alles Gute beim SK Sturm!
Stimmen:
| Andreas Schicker: „Wie in den vergangenen Wochen bereits kommuniziert, wollten wir uns auf der Torhüterposition noch breiter aufstellen und mit einem weiteren jungen und talentierten Spieler für die Zukunft rüsten. Daniil Khudyakov hat trotz seines jungen Alters bereits viel Erfahrung auf sehr hohem Niveau sammeln können, nach Ablauf seines Vertrages wollten wir die Gelegenheit nutzen, ihn nach Graz zu holen. Wir sind froh, dass er nun bei uns in Graz ist, sind von seinem Potenzial absolut überzeugt und sicher, dass wir in Zukunft viel Freude mit ihm haben werden.“ |
| Daniil Khudyakov: „Sturm Graz ist ein großer Verein in Österreich und spielt regelmäßig in europäischen Wettbewerben – ich freue mich sehr, hier in Graz den nächsten Schritt in meiner Karriere gehen zu können. Mein Ziel ist es, mich als Fußballer jeden Tag zu verbessern und zu entwickeln. Ich brenne darauf, gemeinsam mit den anderen Torhütern und der gesamten Mannschaft hart zu arbeiten und eine hoffentlich erfolgreiche Saison zu bestreiten.“ |

ich weiß ehrlich nicht was ich von dem Transfer halten soll. schau ma einfach mal. mehr positives kann i grad net dazu sagen, dass wir eineb russen uns holen.
Alle über einen Kamm zu scheren, ist nie ok. Überflüssiger Kommentar. Welcome Daniil!
Die Herkunft eines Spielers sollte niemanden zu Vorverurteilungen motivieren. Ich bin sicher, dass er unsere Mannschaft bereichern wird.
na eh super dass ihr das so trennen könnt. aber wer sich nicht für Frieden einsetzt (russische bevölkerung) is mitschuld am tod unschuldiger Menschen. aber ja klar ma kann net alle über einen kamm bla bla bla.
und natürlich kann man auch ignorieren das es Sanktionen auf deals mit der russischen liga gibt und das Repräsentation von russischen Spielern im ausland so überhaupt net als Propaganda gehandhabt werden. er kann wahrscheinlich nix dafür aber die Optik von dem Ganzen is einfach nicht mal annähernd positiv.
Kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man es als Propaganda für Russland nützen könnte, wenn Daniil bei uns hoffentlich für Furore sorgt. Viel eher würde man sich dann doch fragen, wieso Lok den ablösefrei ziehen hat lassen, oder?
Und der gesamten russischen Bevölkerung zu unterstellen, dass sie sich nicht für Frieden einsetzen würde und eine Mitschuld am Tod unschuldiger Menschen trägt, geht einfach gar nicht. Das macht nicht nur keinen Sinn, sondern ist noch dazu Hetze vom Feinsten.
@Duddy ich hoffe du spendest jeden Euro den du über hast und nicht zum absoluten Erhalt deines Lebens hast für die Ernährung, Enregiesicherung, Medizin und Schlafmöglichkeiten für ukrainische Opfer des Krieges. Denn wenn nicht, bist du einfach nur jemand, der heiße Luft bläst während er überhaupt nichts für die Betroffenen tut.
Kommentare im Internet schreiben kann jeder, Handeln muss man tatsächlich wollen
Abgesehen vom rassistischen Kontext deines Kommentars ist er auch sonst einfach nur überflüssig und störend
Obwohl Okonkwo, Scherpen und Jaros alle eine gute Figur gemacht haben und maßgeblich an unserem Erfolg beteiligt waren, freut es mich, dass wir jetzt scheinbar versuchen wieder einen eigenen Goalie aufzubauen. Auch damit, dass es ein Russe ist, habe ich per se kein Problem. Wir gehen mittlerweile den sportlich und monetär lukrativen Weg ausländische Talente weiterzuentwickeln, so ist es nun mal. Khudyakov sieht dabei nach einer vielversprechenden Personalie aus, von daher bin ich sehr gespannt, noch dazu kommt er für wenig Geld.
Einen zarten Beigeschmack hat das Ganze meiner Meinung nach aber trotzdem. Selbstverständlich kann der Spieler nichts dafür und hat damit nichts am Hut, aber mit der russischen Liga Geschäfte zu machen ist nunmal ein Thema heutzutage. Aber immerhin sind wir bei Transfers moralisch nicht auf LASK Niveau unterwegs.
Es geht um den Spieler, nicht um Politik oder die russische Liga.
Zuerst mal willkommen und alles gute bei uns!
Zum politischen kann man vieles auf und ab diskutieren. Es haben beide Meinungen ihre Berechtigung.
Es sollten nicht alle über einen Kamm geschert werden, gleichzeitig wird die Ausbildungsentschädigung an einen Klub überwiesen, der im direkten Einflussgebiet eines Staatest steht, der einen Angriffskrieg (den ersten in Europa seit 1945) führt.
So lange der Transfer und die Person nicht für irgendwelche Propaganda genutzt wird, oder er entsprechend negativ auffällig wird (was ich auch von anderen Spielern egal welcher Herkunft erwarte), ist es für mich ok.
Sehe es eher spannend wo jetzt Maric unterkommt (er will ja auch spielen) bzw. das man keinem der vorhandenen Tormänner als echte Vertretung von Scherpen haben wollte….
Die 340.000€ Ausbildungsentschädigung werden dem Vernehmen nach nicht nach Moskau, sondern an das FIFA Clearing House mit Sitz in Paris überwiesen.
@Lukas ok, danke für die Info. Weiß man auch was die damit machen? Wäre gerade noch interessant.
Das weiß ich leider ehrlich gesagt nicht – würde aber nicht ausschließen, dass es trotzdem nach Moskau wandert, früher oder später.
Lok Moskau hat nichts mit diesem Krieg zu tun, demnach würde das Geld, so sie es bekommen, auch nicht in selbigen fließen. Ich sehe da ehrlich gesagt kein Problem.
@Bozo wenn man sich mit der Eigentümerstruktur, dem Stadionbesitzer und soweiter beschäftigt, ist das eine sehr gewagte Aussage…
Da ist sogar die Verbindung von Erdogan zu Istanbul Başakşehir FK weniger deutlich als von Lok zum russischen Staat.
aber du beziehst es glaub ich eher auf die Trennung Fußball Politik…
@Ivaneijew: Lok Moskau ist ein russischer Traditionsverein, demnach ist klar, dass er auch in staatliche Strukturen eingebunden ist. Dass man mit der Ausbildungsentschädigung aber quasi den Krieg mitfinanzieren würde, wäre jetzt aber schon ein wenig übertrieben. Es gäbe auch vermutlich kaum Vereine, denen über Eigentumsverhältnisse, Aktien usw NICHT direkt oder indirekt fragwürdige Verbindungen bezüglich Ausbeutung, Rüstung usw nachgewiesen werden könnten. Da kommt man vermutlich nicht drum herum.
wenn Scherpen Fit ist . steht der neue Tormann in den nächsten 50 Pflichtspielen keine einzige minute im Tor
ist das Los eines Backups
Vielleicht kriegt er ja den Cup? Vor allem, wenn er laut Artikel auch ein Elfer-Killer ist. So ein Setup würde mich persönlich freuen!