Liebesgrüße aus Klagenfurt – SK Sturm 1:0 FC Girona
Der SK Sturm Graz fährt in der Champions League seinen ersten Dreier ein, Jürgen Säumel und seine Elf trugen sich in die Geschichtsbücher des Vereins ein.
Das Spiel stand von Anfang an unter einem guten Stern, allen voran, weil Jon Gorenc-Stankovic nach überstandener Kapselverletzung im Ellenbogen endlich wieder im Kader der Schwoazen stand. Auch Abwehrchef Gregory Wüthrich durfte nach seinem Comeback beim furiosen 7:0-Heimerfolg über die Klagenfurter wieder auf der Bank Platz nehmen.
Einzig Kjell Scherpen fehlte verletzungsbedingt. Eine geplante invasive Korrektur an seinem Knie, eine Folge seiner Operation von vor etwa einem Jahr, wurde vorgezogen, im neuen Jahr sollte unsere Nummer Eins wieder verfügbar sein. Somit kam es zum Pflichtspieldebüt von Daniil Khudyakov im Kasten der Grazer.
Auch Girona kam mit einer starken ersten Elf am Klagenfurter Flughafen an. Abwehrtalent Martínez fehlte nach einer Rotsperre, Portu, Eigengewächs Misehouy und Superstar Yangel Herrera fielen verletzungsbedingt aus. Mit Bojan Miovski kam der Neuzugang des FC Aberdeen anstelle des Altstars und Kapitäns Cristhian Stuani zum Einsatz.
Starker Beginn der Gäste
Dass der FC Girona die letzte Saison auf dem dritten Rang abschloss, und Granden wie den FC Sevilla hinter sich ließ, wurde bereits nach den ersten Sekunden klar. Technische Finesse war da zu sehen, ohne aber wirklich gefährlich zu werden. Der SK Sturm, insbesondere der in Topform agierende „Eurowilli“, William Böving, hielt zunächst gut mit, eine Dominanz der Gäste war aber teilweise deutlich spürbar.
Die erste Halbchance fand Girona nach neun Minuten vor, nachdem der äußerst aktive Tottenham-Leihspieler Bryan Gil nach einem schönen Solo den Pass in die Mitte fand, Gefahr bestand aber ebenso wenig wie nach einem Kiteishvili-Abschluss zwei Minuten später.
In den ersten 15 Minuten hatte der FC Girona über 70% Ballbesitz, aus dem aber relativ wenig Output sichtbar war. Bälle versandeten, waren ungenau oder landeten bei den hervorragenden Tochi Chukwuani oder Malick Yalcouye.
Nach zwanzig Minuten zückte der Schiedsrichter die erste Gelbe – Jusuf Gazibegovic ärgerte sich nach einem tatsächlich völlig übertriebenen Foulpfiff zurecht, allerdings wohl etwas zu intensiv. Damit fehlt der Bosnier im Spiel gegen Lille.
Zwei Minuten später hörte man die auf den Klagenfurter Stadionbeton fallenden Kinnladen wohl bis nach Liebenau. Nach einem Block vom starken Emanuel Aiwu landete der Ball wieder bei Gil, der den völlig freien Ivan Martin sah und auch erfolgreich anspielte. Was danach passierte, wird ihn wohl bis ans Ende seiner Tage verfolgen – ein Abschluss aus weniger als einem Meter landete über dem Tor – sogar deutlich.
Es folgten zermürbende Minuten, Girona versuchte mit allen Mitteln, das Spiel zu machen, der SK Sturm hielt tapfer dagegen und konnte Nadelstiche setzen, wirklich gefährlich wurde es nach 39 Minuten erstmals vor dem Tor von Paulo Gazzaniga, der einen Abschluss von William Böving aber am Ende problemlos halten konnte.
Somit verabschiedeten sich die Mannschaften nach 45 Minuten torlos in die Kabinen.
Leistungssteigerung in Halbzeit zwei
Jürgen Säumel, der bereits jetzt die Herzen der Fans erobert hat, fand die richtigen Worte. Die Mannschaften kamen unverändert aus der Kabine, der SK Sturm wirkte aber etwas spritziger, ging intensiver in die Zweikämpfe und traf öfter die richtige Entscheidung.
Trotzdem waren es die Gäste, die die erste Chance vorfanden: Der Ukrainer Viktor Tsygankov legte den Ball volley nach Vorlage von Martinez jedoch nur ans Außennetz. Yasser Asprilla kam kurz darauf für Ivan Martín ins Spiel, der diesen Abend wohl so schnell wie möglich vergessen wird wollen. Mit Fortdauer des Spiels wurde Girona trotz teilweise deutlich mehr Ballbesitz aber immer ungefährlicher, während der SK Sturm immer energischer wurde.
Bier und Biereth – was will man mehr
Nach knapp einer Stunde war es dann so weit. Einige Millisekunden an absoluter Stille im Klagenfurter Wörthersee Stadion, gefolgt von euphorischem und enthusiastischen Jubelgesängen. Es war passiert, der SK Sturm führte. Über links kam der Ball zu Seedy Jatta, der erneut eine durchwachsene Partie zeigte, in dieser Situation aber mit seinem Abschluss immerhin Gazzaniga zu einem Abpraller nach vorne zwang. Mika Biereth zeigte, warum man fast 5 Millionen Euro für ihn hingelegt hat, stand goldrichtig und traf mitten ins Herz der Katalanen.
Viel mehr passierte bis Ende des Spiels eigentlich nicht. Girona versuchte alles, die Grazer waren aber in den entscheidenden Zweikämpfen einfach aufmerksamer und willensstärker. Nach 65 Minuten kamen Erencan „Air“ Yardimci und Tomi Horvat ins Spiel, besagter Jatta und der wohl beste Mann am Platz, Malick Yalcouye, wurden auf die Bank zitiert.
Weiterhin wirkte Sturm aktiver, Yardimci zeigte wieder seinen Speed, Horvat vor allem seine Passqualitäten. Auch Jon Gorenc-Stankovic kam nach 76 Minuten für Mika Biereth unter tosendem Applaus ins Spiel, trug noch eine Manschette um seinen Ellenbogen, wirkte aber ganz wie der alte. Abgebrüht, routiniert, zweikampfstark – genau deshalb stellte Jürgen Säumel auf eine Doppelsechs um, die Mission für die letzten 15 Minuten – kein Tor mehr zu bekommen.
Das gelang in beeindruckender Manier. Jeder Spieler am Feld, ob die erneut starke Innenverteidigung um Niklas Geyrhofer und Emanuel Aiwu, oder offensivere Kräfte wie Böving oder Horvat sorgten mit beherzten Tacklings für Szenenapplaus. Die Stimmung in Klagenfurt war hervorragend, die Spieler holten in den letzten Minuten, in denen noch Stefan Hierländer für William Böving ins Spiel kam, nochmal alles aus sich raus, rannten wie verrückt jedem Ball nach, jede Balleroberung wurde frenetisch gefeiert. Am Ende scheiterte besagter Hierländer noch an einem klassischen „Empty Net“. Der Schiedsrichter pfiff ab, das 1:0 war eingetütet, Säumel und Co lagen sich in den Armen, die Fans auf den Tribünen kannten kein Halten mehr.
Fazit
Ein Spiel, das rein von der Performance sicher nicht die beste aller Leistungen war, in dem aber spielerische Mängel durch Kampfgeist, Ehrgeiz und „Passion“ wettgemacht wurden. Girona wurde heute in seine Schranken gewiesen.
Daniil Khudyakov wirkte in manchen Situationen etwas unsicher, was natürlich auf die mangelnde Spielpraxis zurückzuführen ist. Emanuel Aiwu und Niklas Geyrhofer wirkten abgebrüht und perfekt auf einander abgestimmt. Gazibegovic‘ Sperre tut natürlich weh, abgesehen von einer vermeidbaren gelben Karte zeigte er aber eine solide Leistung, vor allem mit einem agilen und flinken Bryan Gil als direkten Gegenspieler. Lavalee hatte vor allem defensiv zu tun, erledigte seine Aufgabe aber meist zufriedenstellend.
Das Herzstück des Teams war erneut das Mittelfeld. Tochi Chukwuani sorgt wohl aktuell für Stirnrunzeln bei Jon Gorenc Stankovic, zeigt er aktuell doch Woche für Woche Leistungen der Marke Weltklasse, ganz ähnlich wie sein Partner Malick Yalcouye, der trotz seiner erst 19 Jahren bereits jetzt ein absoluter Leistungsträger ist. Unser Eurowilli Böving sorgte für viel Wirbel, wirkte im Vergleich zu seinen schwächeren Phasen ball- und passsicher, traute sich was zu und hatte damit meist Erfolg. Otar Kiteishvili war wie immer der Dreh- und Angelpunkt der Schwoazen, erneut sorgte er mit seinen genauen Pässen und seiner Technik für staunende Blicke vom Klagenfurter Publikum.
Seedy Jatta, der seit längerem in der Kritik steht, zeigte vollen Einsatz, kein Laufweg war ihm zu schade, auch wenn die meisten seiner Aktionen weniger erfolgreich waren. Mit seiner Beteiligung am Tor von Mika Biereth konnte er aber trotzdem ein Ausrufezeichen setzen. Besagter Mika Biereth sorgte wieder mal dafür, dass man den Duden zücken muss, um Worte zu finden, die seine aktuelle Form beschreiben. Galaktisch, maßstabsetzend und virtuos.
In Summe dürfen wir voller Stolz die Heimreise nach Klagenfurt antreten, der längst überfällige Dreier ist eingetütet, zwei Punkte fehlen auf die Playoff-Ränge. Ein magischer Abend geht zu Ende, ein Abend voller Euphorie, voller Endorphine, voller Enthusiasmus. So macht Champions League Spaß!
Am 11. Dezember steht das nächste Spiel in Lille an, damit die nächste Möglichkeit, das Punktekonto aufzustocken. Gute Heimreise, Schwoaze!
Das und genau das ist der STURMGEIST, den unseren Verein ausmacht. Und deshalb sind wir erfolgreich und werden auch in dieser Saison Meister.
TOP, endlich der erste verdiente (aber auch glückliche) Sieg
In der Tabelle sind wir jetzt schon vor Girona und nur mehr 1 Punkt hinter PSG
ein toller Fussballabend in Graz… äh, Klagenfurt – DANKE dafür!!!
PS: Malick Yalcouyé ist seit letzter Woche 19 😉 Geb.Dat. 18.11.2005
ups, danke, wird korrigiert!
Großartiger Abend. Super Sache, nicht mal unverdient.
was mich überrascht, dass wir den Herbst super überstanden haben ohne Wüthrich und Stanko.
Großes Lob an Chukwuani und Geyrhofer. Bin gespannt, wie das weiter geht. Glaube nicht das ein Stanko oder Wüthrich gerne auf der Bank sitzen, aber die anderen beiden haben es sich einfach wirklich verdient zu spielen.
Aber ein paar Anmerkungen. Säumel jetzt komplett zu hypen wäre glaub ich falsch. Das war gestern und am Samstag sehr ordentlich, aber die Frage ist, traut man dem Säumel zu, das so weiter zu führen. Bin mir da sehr unsicher ob der Kader nicht zu gut für einen unerfahrenen Trainer ist. Man darf gespannt sein. Was mich nervt, ist im Stadion zu hören, der Säumel ist besser als der Ilzer… puhhh. Schwierige Aussage.
und dieser Malick Yalcouye – ein unglaublicher Kicker (da weinen die wenigsten dem Prass nach) – Danke Andi Schicker – der is grad 19 worden.
Aber Leute, die die jetzt sagen, den müssen wir Fix verpflichten… Brighton hat im Sommer 7 Mio EUR für den bezahlt. Nachdem Brighton genau DIE Adresse für Junge Kicker auf der Insel ist und die ganz genau wissen was sie machen, ist der Wunsch überspitzt formuliert einfach in etwa gleich realistisch wie einen Hojlund zurück zu holen. Unter 20 Mio wird sich da leider nix spielen. Schön das er da ist, genießen wir es aber das heb ma bitte net zu sehr ab.