„Die Gruabn wäre für uns super“
Die Abteilung der SK Sturm Damen rund um Mario Karner hat sich neu aufgestellt und versucht, neue Wege zu gehen. Der langjährige Trainer, Chris Lang, der die Sturm Damen als Nummer zwei in Österreich etabliert hat, verließ den Verein nach der vergangenen Saison und wurde durch Sargon Duran ersetzt. Mario Karner tritt aus der sportlichen Leitung zurück, fokussiert sich als technischer Direktor auf Lizenzierungsangelegenheiten und die Arbeit hinter den Kulissen, während Helmut Degen die Administration und Organisation bei den Frauen übernimmt. Michael Erlitz ist erst 26 Jahre jung und hat doch schon eine erstaunliche Vita vorzuweisen. Der bekennende Sturm-Fan kümmert sich nun um die sportlichen Belange, schmiedet Kaderpläne und versucht, mit viel Leidenschaft und Zeit das Projekt auf die nächste Stufe zu heben.
Im zweiten Teil des Gesprächs fokussieren wir uns auf das Bundesliga-Team des SK Sturm. Was kann man sich zum Saisonstart erhoffen, welche Ziele hat das Team, wo wird in Zukunft gespielt und wie funktioniert der Transfermarkt im österreichischen Frauenfußball? Michael Erlitz versucht, Antworten auf die vielen Fragen zu geben.

Michael Erlitz hält den SK Sturm Damen als sportlicher Leiter die Stange – Am 19.8. folgt das erste Bewerbsspiel für die Frauen | (c) SturmTifo, Basti Neugebauer
SN: Michael Erlitz, das Trainingslager ist vorbei, die Testspiele sind absolviert. Die Saison startet im Cup gegen die Wildcats Krottendorf am 19. August. Danach geht es am 26.8. in der Bundesliga mit Lustenau/Dornbirn als Gast in Messendorf los. Was sind die Ziele zum Saisonstart und was darf man sich erwarten?
ME: Im Cup wollen wir natürlich gewinnen gegen einen Klub aus einer niedrigeren Liga. Beim Ligastart sind wir selbst sehr gespannt, was auf uns zukommt. Lustenau/Dornbirn scheint auffällig viele Legionärinnen aus Südamerika zu haben. Es wäre ein Fehler, sie zu unterschätzen, aber die Favoritenrolle haben definitiv wir gegen die Aufsteigerinnen.
SN: In Runde zwei kommt es zum Auswärtsspiel im Ländle im Schnabelholz-Stadion von Altach. Was kann man sich gegen Altach/Vorderland erwarten, dort hat sich ja sehr viel getan?
ME: Altach/Vorderland hat Eileen Campbell, die beste Spielerin der vergangenen Saison, zumindest mal bis zum Winter halten können und sich gut im Kader mit Verstärkungen ergänzt. Das wird ein richtungsweisendes Spiel für unsere Bundesliga-Saison, denn da werden die Karten erstmals auf den Tisch gelegt. Freitag um 20:30 Uhr mit Flutlicht im Stadion – darauf können wir uns wirklich freuen.

Letzte Video-Analysen mit Neo-Coach Sargon Duran beim TL in Vorau | (c) SturmTifo, Basti Neugebauer
SN: Und in der Woche darauf wartet schon die Champions-League-Qualifikation. Was darf sich ein Sturm-Fan überhaupt von einem Spiel der SK Sturm Damen gegen Twente Enschede erwarten? Einen Sieg?
ME: Twente ist auch im Frauenfußball ein Topteam. Körperlich sind sie uns womöglich überlegen, aber als Underdog darf man uns nicht unterschätzen. Wenn wir Chancen bekommen, wollen wir sie nützen.
Leider werden wir wohl nicht im Stadion in den Niederlanden spielen, sondern auf dem Trainingsgelände auf Kunstrasen. Das ist eine Umstellung für uns. Sollten wir tatsächlich weiterkommen, würde wohl Levante warten, bei einer Niederlage treffen wir auf die etwas schwächer eingeschätzten Isländerinnen. Übrigens: Aus unserem Quartett waren der isländische Kollege und ich die einzigen Vertreter bei der Auslosung in Nyon.
SN: Du hast es bereits erwähnt: Altach und Blau-Weiß Linz spielen auch bei den Frauen im Stadion. Als Mieter ist das Stadion Liebenau für Sturm natürlich keine ideale Lösung bei den Frauen. Wurde bei Sturm Graz schon mal über Frauenspiele in der Gruabn gesprochen?
ME: Ja, das stand schon mal im Raum. Aber der Platz wurde von der Bundesliga nicht bewilligt, weil er nicht die richtigen Maße hatte. Wir hoffen weiterhin auf den Bau eines neuen Trainingszentrums, wo wir einen eigenen Platz mit Tribüne hätten. Das wäre natürlich auch sportlich gut, weil der Heimvorteil gegeben wäre.
SN: Es ist natürlich gut, dort zu spielen, wo man trainiert und sich wohlfühlt. Der emotionale Aspekt für Grazer Fans aus der Kurve und jene, die dem Verein nahe stehen, dürfte wohl in der Gruabn mehr Menschen zu den Frauen locken. Wenn also Puntigam passiert, ist die Gruabn für die Frauen keine Option mehr?
ME: Vielleicht ist es eine Option für Topspiele, um Fans zu den Frauenmatches zu bekommen. Vor allem aber wäre die Gruabn für uns super, wenn die Spieltermine vor den Männerspielen in der Gruabn wären. So könnten sich die Fans schon in der Gruabn bei den Frauen einfinden und dann weiter nach Liebenau ziehen. Der Fokus muss aber für uns erst mal auf dem Trainingszentrum Puntigam liegen, weil der sportliche Erfolg natürlich auch von der Infrastruktur, in der man trainiert, abhängt.

Mariella El Sherif fischt im Trainingsspiel gegen Ferencvaros Budapest die Kugel aus dem langen Eck | (c) SturmTifo, Basti Neugebauer
SN: Wenn man sieht, wie andere Vereine Geld in den Frauenfußball pumpen und ihn immer ernster nehmen und stärken wollen, beschleicht einen das Gefühl, dass Sturm seine Vorreiterrolle unter den Bundesligaklubs und den Vorsprung der letzten Jahre eingebüßt hat? Kann man sich als Sturm-Fan überhaupt den zweiten Platz in der heurigen Saison erwarten?
ME: Ich finde nicht, dass man sich eine Platzierung erwarten sollte. Es kommt auf viele unterschiedliche Faktoren an und man sollte auch nicht von einem großen Vorsprung reden, wenn man sieht, wie die anderen Vereine arbeiten. Es ist gut, dass die Vienna, die Austria, Altach und die anderen auch mit der Infrastruktur gute Arbeit leisten. Besonders bei Altach würde ich sagen, dass die mit uns gleichauf sind.
SN: Stehen die anderen Vereine wie Altach im Frauenfußball finanziell besser da als der SK Sturm?
ME: Ich weiß nichts über die Finanzen der anderen Vereine, aber ich sehe, welche Spielerinnen geholt und gehalten werden und kann mir einen Reim darauf machen.
Wenn man aber auch in die Ligen unter uns blickt, sieht man Ried, den GAK, den LASK und andere Namen, die bekannt sind. Der österreichische Frauenfußball wird in Zukunft nicht nur in der ersten Liga immer besser werden und sehr aufgewertet werden.
Die alten Frauenfußballvereine mit toller Basis-Arbeit für den Sport, aber schlechter Infrastruktur werden abgelaufen und immer bessere TrainerInnen drängen in die unterschiedlichen Vereine. Da geht viel weiter.

Viele junge Spielerinnen drängen aus der Akademie in die erste Elf nach | (c) SturmTifo, Basti Neugebauer
SN: Was sind die Ziele für diese Saison, was soll unterm Strich dastehen?
ME: Am Ende wollen wir natürlich eine Top-3-Platzierung. Optimalerweise einen Champions-League-Platz und wenn es richtig gut rennt, dann greifen wir St. Pölten an.
Die oberste Priorität hat aber die Entwicklung von Spielerinnen. Die meisten Verträge haben wir auf zwei Jahre abgeschlossen, auch im Hinblick auf die Saison 2024/25, wo es dann auch ein Play-off geben und es mehr Ligaspiele geben wird. Dafür wollen wir bereit sein.
SN: Bei Sturm redet man nie vom Meistertitel, auch wegen des Standort- und Finanzvorteils von St. Pölten. In der Männerbundesliga hat es über zwanzig Jahre gedauert, bis der SK Sturm Graz seinen ersten Meistertitel holen konnte. Wann darf man in Graz bei den Frauen mit einem Titel spekulieren?
ME: Es ist schwer zu sagen, wann wir eine Chance auf einen Meistertitel haben werden. Wenn, dann ist es sicher realistischer im Cup zu schaffen. Es ist auch spannend, wer alles in der Bundesliga nachkommt und wie viel investiert wird. Also andere Meisterinnen als St. Pölten wird es geben.
Den Cup nehmen wir auf jeden Fall ernst. Wir waren ja in der Saison 2021/22 schon nah dran.
SN: Die Fluktuation bei Sturm Graz ist bei Männern wie Frauen im Kader hoch. Der Klub wird vorrangig als Sprungbrett gesehen und die Spielerinnen ziehen schnell wieder weiter. Wird es in Zukunft überhaupt noch so etwas wie langjährige Vereinsspielerinnen oder gar Vereinslegenden geben?
ME: Es ist schwer, eine Vereinslegende zu werden, wenn es international keine Ausbildungsentschädigungen für Spielerinnen gibt. Wenn der Vertrag ausläuft wechseln die Spielerinnen einfach ohne Ablöse nach Deutschland, wo es mehr Geld gibt, wie wir es zum Beispiel gerade mit vier Spielerinnen im Sommer hatten. Das ist ein großes Thema für uns. Denn für deutsche Vereine ist es natürlich sehr attraktiv, ohne viel Aufwand sehr talentierte Spielerinnen aus Österreich zu holen.

Trotz Ausbildungskosten gibt es im Frauenfußball bei Vereinswechseln noch immer keine Entschädigungen | (c) SturmTifo, Basti Neugebauer
SN: Wie hoch ist derzeit ein finanzieller Aufwand für eine Spielerin aus Graz, die nach Freiburg wechselt?
ME: Null Euro. Wenn der Vertrag ausläuft gibt es null Euro. Es gibt keine Ausbildungsentschädigung im Frauenfußball.
SN: Wird sich das ändern?
ME: Laut dem ÖFB werden diesbezüglich Gespräche geführt, aber ich weiß nicht, wann sich das ändern wird. Solange sich das nicht ändert, wird es für uns schwer bleiben, finanzielle Sprünge zu machen. Du bildest Spielerinnen für mehrere Jahre aus und dann wechseln sie gratis. Das ist ein Thema, das leider Jahr für Jahr sehr ärgerlich ist.
SN: Was erhoffst du dir von den Fans des SK Sturm?
ME: Ich würde mich über mehr Support bei den Spielen freuen, gerade aus der Kurve. Macht euch ein Bild, schaut euch das an und feuert die Mädels an. Die Entwicklung passt, das Teamgefüge gefällt mir und die TrainerInnen arbeiten mit einer tollen Ansprache und einer neuen Energie.
SN: Und was ist abschließend dein Ziel mit den Sturm Damen, Michael Erlitz?
ME: Ich möchte ansatzweise dort anknüpfen, wo Mario Karner aufgehört hat, und das Beste als Team mit dieser Energie aus dem Jahr holen.
SN: Lieber Michael Erlitz, viel Glück für die kommende Saison und herzlichen Dank für das Gespräch!

Michael Erlitz im Gespräch mit SturmNetz vor seiner Premierensaison als sportlicher Leiter | (c) SturmTifo, Basti Neugebauer
Das Team der SK Sturm Damen 2023/24

Das (unvollständige) Team der SK Sturm Damen beim Trainingslager in Vorau | (c) SturmTifo, Basti Neugebauer
#1 | Mariella El Sherif | Torfrau |
#2 | Victoria Glabonjat | Innenverteidigung |
#8 | Julia Keutz | Außenverteidigerin |
#9 | Lena Breznik, Neuzugang | zentrales Mittelfeld |
#10 | Andrea Glibo | Stürmerin |
#11 | Ruzica Krajinović, Neuzugang | zentrales Mittelfeld |
#14 | Stefanie Großgasteiger | Außenverteidigerin/Flügel |
#15 | Sophie Maierhofer | defensives Mittelfeld |
#16 | Christina Gierzinger, Neuzugang | Stürmerin |
#18 | Anna Wirnsberger | Außenverteidigerin |
#19 | Linda Mittermair | offensives Mittelfeld |
#20 | Laura Krummböck | Stürmerin |
#21 | Vanessa Gritzner | Torfrau |
#24 | Tija Šoštarič-Karič, Neuzugang | Außenverteidigerin |
#25 | Merle Kirschstein | Innenverteidigung |
#26 | Leonie Tragl | Innenverteidigung |
#29 | Modesta Uka | zentrales Mittelfeld |
#34 | Jasmin Reichmann | Außenverteidigerin/Flügel |
#35 | Elena Gößler | defensives Mittelfeld |
#77 | Emma Fuchs | zentrales Mittelfeld |
#?? | Laura Lillholm-Petersen, Neuzugang | Innenverteidigung |
TR | Sargon Duran | Trainer |
AT | David Url | Assistenz-Trainer |
PT | Carmen Schauer | Physiotherapeutin |
TM | Helmut Degen | Team Manager |
TW | Daniel Gutschi | Torfrautrainer |
VA | Tode Djaković | Videoanalyst |
MA | Carina Tretnjak | Masseurin |
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