Die Abwehr
Aufgeteilt auf vier Ausgaben, werden wir euch in den nächsten Tagen ein kleines Zwischenfazit über jeden eingesetzten Spieler der Blackys liefern. Hier fließen die durchschnittlichen Noten aus allen Leserzeugnissen, Spieldaten sowie unsere subjektive Meinung mit ein. Wir wünschen viel Spaß!
Niklas Geyrhofer (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,16/19 Einsätzen)
Lange Zeit blieb „Geyr“ unter dem Radar, lange Zeit war er eine Notlösung, wenn es wieder einmal Verletzungen gab. Und lange Zeit machte er das ganz ordentlich, verschwand aber in dem Moment wieder vom Matchplan, in dem seine Mitbewerber in der Innenverteidigung wieder einsatzbereit waren. Die ganz große Zukunft erwartete wohl niemand bei Geyrhofer. In der laufenden Saison kam aber alles anders. Durch die Verletzung von Gregory Wüthrich kam das Eigengewächs vermehrt zu Einsätzen und das machte er nicht nur ganz passabel, sondern wirklich hervorragend. Sein Stil ist völlig anders als der eines Gregory Wüthrich, aber der Output ist ähnlich gut. Chapeau – den Abwehrchef in dieser Manier zu ersetzen ringt wohl jedem Sturmfan das Ziehen seines Fischerhutes ab.
Körperlich macht es den Eindruck, als hätte Geyrhofer nach der Sommervorbereitung den nächsten Schritt gemacht. Ein halbes Jahr ohne nennenswerte Verletzung, dazu offensichtlich körperlich spritziger und robuster, gepaart mit seinen Eigenschaften, nämlich voller Einsatz und keine Rücksicht auf Verluste, machten ein so erfolgreiches halbes Jahr für den sympathischen Blondschopf möglich. Er ist einer von denen, der fast alle Jugendmannschaften durchlief und sich seinen Weg in die Kampfmannschaft bahnen musste. Das scheint er nun endgültig geschafft zu haben. Der 24-Jährige wurde von der Notlösung zu einer ernsthaften Alternative für die Startelf, belohnt wurde er auch mit seinem Debüt in der UEFA Champions League. Eine signifikante Szene war sein Tor beim 7:0-Erfolg über die Klagenfurter, in der er nach vorne sprintete und in absoluter Stürmermanier sein Tor erzielte. Geyrhofer, der in unserem Winterzeugnis auch mit der besten Note aller Verteidiger ausgezeichnet wurde, machte vermutlich unter allen Sturm-Akteuren den größten Schritt, eine Verlängerung des 2025 auslaufenden Vertrages sollte auf der To-Do-List von Michael Parensen ganz oben stehen.
Jusuf Gazibegovic (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,24/22 Einsätzen)
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge blicken wir auf die Zeit mit Gazi zurück. Ein lachendes, weil der sympathische Bosnier sich von einem jungen Talent in Liefering zu einem absoluten Spitzenspieler entwickelte, der nach dem Meisterteller mit Tränen in den Augen vor der Nordkurve stand und im Interview seine Liebe zum Verein offenbarte, mit einem weinenden, weil wir ebendas wohl nicht mehr wieder sehen werden. Gazibegovic wechselte bekanntlich zum 1. FC Köln, und einen verdienteren Spieler gibt es wohl kaum in den Reihen des SK Sturm. Die Person Gazibegovic vereinte technische Finesse und sportliches Talent mit einem starken Mindset, sowohl in der Kabine, als auch auf dem Feld. Ein Liebling der Fans, ein geschätzter Mitspieler und vor allem ein Vorzeigeprofi. Seine Saison war erwartungsgemäß stark, wie auch schon in den Jahren zuvor zeichneten ihn seine Leidenschaft und vor allem seine Pferdelunge aus. Einen besseren Außenverteidiger als Gazibegovic gab es in der Bundesliga wohl länger nicht mehr, den Wechsel nach Köln hat er sich redlich verdient.
Gregory Wüthrich (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,45/12 Einsätzen)
Was war das für ein Jahr für den Schweizer Abwehrchef! Im Sommer 2023 scheiterte noch ein Wechsel zum FC Augsburg am Medizincheck, ein Jahr später war er es, der mit seinem 1:0 gegen die Klagenfurter Austria den Hexenkessel in Liebenau zum explodieren brachte. Die laufende Saison lief zunächst aber eher durchwachsen, eine Kapselverletzung, die er sich im Champions League Spiel gegen Stade Brestois zuzog, war zwar weniger schlimm, als zunächst befürchtet, sorgte aber trotzdem dafür, dass Wüthrich mehrere Wochen lang ausfiel. Ende November feierte er dann sein Comeback, seitdem ist er aus der Startelf nicht mehr weg zu denken.
Wüthrich machte auch im Herbst das, was Wüthrich am besten kann. Grundsolide verteidigen. Mit Herzblut und vollem Einsatz. Und obwohl er nur in acht Spielen in der Bundesliga zu Einsatz kam, merkte man in fast jedem Moment, wie wichtig der Eidgenosse für den SK Sturm ist. In den Zweikämpfen grundsolide und schnörkellos, im Stellungsspiel nochmal erfahrener als im Vorjahr. Im Sommer wurde ihm mit David Affengruber sein gewohnter Innenverteidiger-Kollege genommen, der in die zweite spanische Liga wechselte, das alles ließ ihn aber unbeeindruckt. Egal, wer an Gregys Seite spielte, ob es Emanuel Aiwu, Dimitri Lavalee oder Niklas Geyrhofer war, Wüthrich ließ sich davon nicht beirren und lieferte eine Top-Partie nach der anderen.
Ein gesunder und fitter Gregory Wüthrich ist nach wie vor das Um und Auf in der Abwehr der Schwoazen. Kürzlich stand ein Wechsel zum 1. FC Köln im Raum, der aber wohl – wie schon vor seinem Wechsel nach Augsburg – am eigentlich obligatorischen Medizincheck scheiterte. Obwohl man es der Rückennummer 5 vom Herzen gönnen würde, den Schritt nach Deutschland zu schaffen, wünscht man sich als Sturm-Anhänger nur eins: Gregy noch möglichst viele Jahre in den Farben des SK Sturm zu sehen.
Dimitri Lavalée (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,59/24 Einsätzen)
Di-Mi-Tri wurde im Sommer fix verpflichtet, nachdem er im im Jahr davor zunächst nur ausgeliehen war. Eine Ablöse von etwa 700.000 EUR wurde fällig, und wie sich herausstellte, war das ein echtes Schnäppchen. Was Lavalée ausmacht, ist vor allem seine Variabilität. Der gelernte Innenverteidiger, der eigentlich als Ersatz für Gregory Wüthrich verpflichtet wurde, zeigte seine Fähigkeiten mittlerweile auf allen Positionen im Defensivbereich. Als „Sechser“ an der Seite von Stankovic, als Innenverteidiger, als Außenverteidiger vereinzelt auf Rechts, viel öfter aber auf Links. Dort scheint er auch sein größtes Potential zu haben. Lavalée kam in 24 Spielen zum Einsatz und fiel so gut wie nie negativ auf. Zwar stach er weniger ins Auge als sein Pendant Jusuf Gazibegovic, trotzdem kann man seine Leistung als sehr solide einordnen, so solide, dass der nominelle Ersatz des abgewanderten David Schnegg, nämlich Emir Karic, bisher wenig Licht bei seinem neuen Arbeitgeber zu Gesicht bekam.
Was Lavalée so wertvoll macht, sind nicht unbedingt seine fußballerischen Fähigkeiten, es ist vor allem seine Vielseitigkeit, die ihn unersetzbar macht. Er wird Leistung bringen, völlig egal, wo oder wann man ihn einsetzt. Seinen Marktwert konnte der sympathische Belgier übrigens auf mittlerweile vier Millionen Euro steigern – völlig zurecht.
Emanuel Aiwu (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,71/23 Einsätzen)
Groß war die Aufregung, als besagter David Affengruber in Spaniens zweiter Liga sein Glück versuchte. Die Abwehr drohe nun zu kollabieren, das war in etwa der Tenor aus der teils äußerst pessimistischen Anhängerschaft. Damit ein solches Szenario nicht zur Realität wird, holte Andreas Schicker Emanuel Aiwu an die Mur, der im Jahr zuvor mit Cremona aus der Serie A absteigen musste. Österreicher, relativ jung, international erfahren und eine relativ günstige Ablöse, man war darauf gespannt, wie sich Aiwu in Schwarz-Weiß so präsentieren wird.
Zu Beginn der Saison präsentierte sich Aiwu öfters fehleranfällig, die Abstimmung mit seinen Mitspielern funktionierte teils schlecht, was zu großen Teilen der Tatsache geschuldet war, dass sich das Abwehrspiel von Christian Ilzer, nämlich nach vorne verteidigen, direkt auf den ballführenden Spieler zu attackieren, völlig anders war, als Aiwu es in der Serie A machte, wo zugegeben gerne einmal der Bus geparkt wurde, dem Gegner vor dem Sechzehner Räume gegeben wurden, wo erst kurz vor Abschluss wirklich attackiert wird. Im Laufe der Saison verbesserte er sich jedoch, auch die Abstimmung mit seinen Defensivkollegen funktionierte immer besser. 15 Einsätze stehen bem 24-Jährigen zu Buche, außerdem fünf Einsätze in der UEFA Champions League. In diesen Spielen entwickelte sich Aiwu immer besser, Abstimmung, Zweikampfverhalten und Positionsspiel wurden an das System Sturm Graz angepasst. Wenn man ob einiger schlampig ausgespielter Aktionen ein Auge zudrückt, dann kann man auch bei ihm sagen von einem relativ erfolgreichen Herbstabschluss sprechen. Und trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass Aiwu seinen Zenit noch nicht erreicht hat. Es gibt auf jeden Fall Potential, sollte er es schaffen, seine immer wieder auftretenden Unkonzentriertheiten in den Griff zu bekommen, darf man sich auch auf ein erfolgreiches Frühjahr freuen.
Max Johnston (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 2,75/17 Einsätzen)
Vor seinem Wechsel noch zum besten jungen Spieler der schottischen Liga gewählt, hatte Maxl es relativ schwer, in der Mannschaft Fuß zu fassen. Wenig überraschend, wenn besagter Gazibegovic auf seiner Position spielte. Trotzdem kam Johnston zu 10 Einsätzen in der Bundesliga sowie fünf Einsätzen in der Champions League. Sportlich ist es naturgemäß schwer, einen Spieler wie Gazi zu ersetzen, aber diese Benchmark und damit diese Barriere ist nun weg. Der Weg von Max ist geebnet, die Zeit, die Chance zu ergreifen ist gekommen. Und obwohl sich der SK Sturm wohl um einen weiteren Rechtsverteidiger umsieht, wird Johnston die Chance bekommen, eine wichtigere Rolle im Team einzunehmen. Es ist für ihn wohl an der Zeit, das bestmögliche aus dieser Chance zu machen, denn eine wirklich große Weiterentwicklung war zugegeben noch nicht wirklich zu erkennen, auch wenn er sein Können manchmal aufblitzen ließ. Wir hoffen, dass mit dem Abgang von Gazibegovic einerseits mehr Spielzeit für Johnston drin ist und anderseits der Schotte auch bleibenden Eindruck hinterlässt und einen Anspruch auf einen Startplatz stellt. Seine Entwicklung im bevorstehenden Frühjahr wird wohl sicher spannend.
Emir Karic (ø-SturmNetz-Leserzeugnisnote: 3,3/10 Einsätzen)
Ein durchwachsenes Kapitel, das schon bald ein Ende finden könnte. Karic wurde – wie bereits erwähnt – als nomineller Ersatz für David Schnegg verpflichtet, und seine Vita kann sich eigentlich sehen lassen. Vom SCR Altach ging es nach Darmstadt, wo er nicht nur den Aufstieg in die 1. Bundesliga feierte, sondern dort auch für die Darmstädter mehr oder weniger einen Stammplatz hatte. Über den sportlichen Erfolg seiner Mannschaft sprechen wir hier besser nicht, Darmstadt stieg wieder in die 2. Bundesliga ab.
Der Schritt nach Österreich war für Karic eine logische Folge. Zum Meister wechseln, in der Champions League spielen, davon träumt man als kleiner Junge. Bei Karic hatte man aber seit Tag eins das Gefühl, dass es irgendwie nicht passt. Seine Talente passen vermutlich eher zu tiefer stehenden Mannschaften, für offensives Spiel der Außenverteidiger, wie es Christian Ilzer und auch Jürgen Säumel gerne sehen, scheint Karic schlicht etwas zu langsam zu sein. Seine körperliche Überlegenheit kann er in dieser Rolle nicht wirklich optimal umsetzen. Daher muss sein Debüt in der Champions League noch warten, außerdem stehen auch nur acht (meist) kürzere Einsätze in der Bundesliga zu Buche. Da haben sich wohl beide Seiten mehr von diesem Transfer erhofft.
Arjan Malic, Alexandar Borkovic, Konstantin Schopp
Malic – im vergangenen Sommer von der SV Ried verpflichtet – machte den Großteil seiner Spiele für die zweite Mannschaft. Bei den Profis kam er nur zu einem Kurzeinsatz in der Bundesliga sowie in der Champions League. Physisch ist Malic für sein zartes Alter von 19 Jahren schon sehr weit, fußballerisch muss ihm wohl noch der eine oder andere Feinschliff verpasst werden. Aufgrund der starken Konkurrenz auf dieser Position ist Arjan wohl auch im Frühjahr eher ein Kandidat für die Zweitligamannschaft.
Noch weniger Spielzeit war für Alexandar Borkovic drin – nämlich gar keine. Eine schwere Knieverletzung machte ihm schon viel zu lange zu schaffen, mittlerweile ist Borko dem Vernehmen nach aber wieder im Aufbautraining. Angesichts der Konkurrenz in der Innenverteidigung wird für ihn – wie bei Malic – aber vermutlich langfristig kein Platz im Kader sein.
In der Hinterhand hat der SK Sturm nämlich auch einen gewissen Konstantin Schopp. Der Sohn von Sturm-Legende Markus Schopp lieferte in der Zweier sowie der Youth-League-Mannschaft regelmäßig ab und wurde von Christian Ilzer auch mit einem Einsatz belohnt – nämlich gleich in der Champions League!
In Summe hat die Abwehr eine solide Herbstsaison hinter sich. 16 Tore kassierte man in der Bundesliga, nur die zweitplatzierte Austria (14) und der SK Rapid (15) kassierten weniger Verlusttreffer. Das Aushängeschild heißt mit 40 erzielten Toren, und damit doppelt so vielen Toren wie der SK Rapid, natürlich die Offensive. Aber keine Offensive funktioniert ohne solide Abwehr, weshalb man die Leistungen jedes einzelnen Akteurs in der Defensive nicht vergessen darf. Im Frühjahr wird es allerdings womöglich einen kleinen oder größeren Umbruch geben. Jusuf Gazibegovic ist bereits Geschichte, dazu ranken sich Gerüchte auch um die Personalien Geyrhofer und Wüthrich. Ebenso gibt es interessante Personalien aus der zweiten Reihe, die auf ihre Chance warten. Es steht ein spannendes Frühjahr bevor, wir gratulieren der gesamten Defensive für die gelungene Saison und wünschen nur das Beste für die bevorstehenden Aufgaben.
„GAZI“ einer der besten und sympathischsten Verteidiger den wir jemals hatten!!!!!!!!