Jeggo: „Alles was ich in Österreich erreichen kann, kann ich auch mit Sturm erreichen“
Das Interview in englischer Sprache gibt es auf Seite 2 // Interview in English on page 2
Verkehrte Welt in Messendorf. Der in Australien aufgewachsene Steirer Karl trifft auf den in Wien geborenen Aussie James. Selbstredend stimmte durch diese Konstellation von Beginn weg die Chemie. Mario war auch dabei. Der mag, genauso wie James Jeggo, australisches Bier sehr gerne. James erzählte uns darüber hinaus wie traurig es ihn stimmte, als er vom Abgang von Uros Matic erfuhr, wie knapp eine Leihe nach Polen im vergangenen Sommer scheiterte, was er mit Sturm noch erreichen will, von wem er „Oida“ gelernt hat und noch vieles mehr.
Hallo James, danke dass du dir die Zeit genommen hast. Du bist jetzt schon bald ein Jahr in Graz, wie gefällt dir die Stadt?
Man kann sagen, ich bin hier mit allem sehr zufrieden. Auch abseits des Fußballs ist die Stadt super für mich. Graz ist nicht allzu groß, aber man hat alles, was man braucht. Meine Freundin ist auch sehr zufrieden und das ist natürlich ebenfalls wichtig für mich.
Hast du sonst schon etwas von der Steiermark gesehen, außerhalb von Graz?
Ja, ein bisschen. Ich habe gesehen, wie Kernöl hergestellt wird und von den anderen Spielern habe ich viel gelernt. Auch meine Freundin liebt dieses Kürbiskernöl. Es kommt bei uns auf jeden Salat.
Schmeckt dir Puntigamer auch?
Ja, ich hatte es zwar erst ein paar Mal. Aber es ist wie jedes Bier, glaube ich. (lacht)
Da darf man nichts Falsches sagen.
Ja. (lacht)
Fällt es dir eigentlich manchmal schwer, deine Kollegen zu verstehen? Oder haben sie dir schon steirische Ausdrücke beigebracht?
In der Kabine sitze ich neben Christian Gratzei. Wenn es mir gelingt, ihn zu verstehen, dann kann ich es. Er hilft mir in steirischen „Angelegenheiten“.
Dann hast du auch auf die Schnelle einen typischen Ausdruck parat oder?
Dieses „Oida“, jeder sagt hier zu allem „Oida“. Also wenn ich nicht weiß, was ich sagen soll, sag ich einfach „Oida“.
Wie sehr bist du eigentlich mit dem australischen Lifestyle verbunden und welche Unterschiede gibt es da zu Österreich?
Ich bin in Wien geboren und erst mit elf Jahren nach Australien übersiedelt. Vielleicht ist das der Grund, warum ich typisch australische Dinge gar nicht so gerne mache. Wie beispielsweise zu surfen. Das Freizeitverhalten in Australien unterscheidet sich von dem in Europa. In „Down Under“ sind die Tage sehr lang. Die Sonne scheint immer und man ist immer unterwegs. Hier in Österreich, vor allem im Winter, ist es einfach anders. Ab 16 Uhr ist es dunkel und kalt.
Hast du dich daran schon gewöhnt?
Das geht schon, dieses Jahr verbringe ich hier ja erst meinen ersten richtigen Winter. Bis jetzt war es von der Temperatur her ja ganz ok. Das ist für mich gar kein so großes Problem. Bei fünf Grad Fußball zu spielen ist meiner Meinung nach angenehmer als in Australien bei 35 Grad.
Was hast du eigentlich vor deinem Wechsel von Sturm Graz gewusst?
In meiner Kindheit in Wien waren Rapid, Austria und Sturm die großen Namen. Als Jugendlicher habe ich sogar gegen die Jugendmannschaften des SK Sturm gespielt. Ich habe gewusst, dass es ein sehr großer Verein in Österreich ist. Wie dann das Interesse kam, habe ich mich genauer über den Verein erkundigt.
Damals gab es ja in Graz einen gewissen Joe Spiteri. Sagt dir dieser Name etwas?
Natürlich, er spielte bei einem Verein, dessen Heimstadion fünf Minuten von meinem Elternhaus entfernt liegt. Auch Eddy Bosnar, war hier. Glaube ich. Auch gegen ihn habe ich in Australien ein paar Mal gespielt.
Hat es vor deinem Wechsel nach Graz auch Kontakt zu anderen Vereinen gegeben?
Ja schon, ich habe fünf Jahre in Australien gespielt und mir gedacht, dass nun die richtige Zeit gekommen ist, um etwas Neues zu probieren. Ich wollte mich ja als Spieler verbessern und weiterentwickeln. Ich habe zwar mit anderen Vereinen gesprochen, aber als Sturm angefragt hat, habe ich mir gedacht, dass dies der ideale Schritt wäre. Die österreichische Liga ist gut, aber sie ist auch nicht zu groß. Ich habe auch gewusst, dass Sturm oben in der Tabelle mitspielt und dass es hier fantastische Fans gibt. Es war für mich der perfekte Schritt. Wie klar war, dass Sturm sich für mich interessiert, war meine Entscheidung eigentlich bereits gefallen.
Du hast ja gesagt, du bist in Wien geboren. Kannst du uns erzählen wie du dort aufgewachsen bist und was du da schon mitgenommen hast?
Meine Eltern sind Engländer und haben in Wien gearbeitet. Mein Bruder ist auch in Österreich geboren. Zu Hause wurde nur Englisch gesprochen. Wir waren auch bei unserer Familie in England, haben dort zumeist auch unsere Urlaube verbracht. In Wien bin ich in eine internationale Schule gegangen. Deutsch gelernt habe ich eigentlich nur durch den Fußball. Wir haben in Schwechat gewohnt, ich habe dort sechs Jahre für den SV gespielt. Ich habe schöne Erinnerungen an diese Zeit, mein Haus war zwei Minuten vom Trainingsplatz entfernt. Ich bin jeden Tag zu Fuß dorthin. Eine tolle Zeit.
Schwechat ist ja auch nicht weit weg vom Flughafen und dann kann man gleich nach Australien.
Ja, stimmt. (lacht) Mein Vater war beruflich immer unterwegs, also war Schwechat für uns als Familie perfekt. Nach Australien zu ziehen war für uns alle ein bisschen überraschend, aber meine Eltern leben noch immer dort und lieben es.
James, durch deine Krankheit musstest du einen schweren Schlag hinnehmen. Bist du deswegen zu so einer Kämpfernatur am Platz geworden?
Ja sicher, das war eine schwere Zeit. Ich war erst 16 Jahre alt, oder besser gesagt jung. Aber durch diese Zeit habe ich mentale Stärke erlangt und ich habe gelernt, dass man immer auf die positiven Dinge schauen muss. Ich nehme aus dieser Zeit mit, dass ich mich auf das Positive fokussiere. Ich denke das ist gut für das Leben. So hart das Ganze war, aber wie alles vorbei war, habe ich mir vorgenommen, schnell wieder in das normale Leben zu finden. Für gewöhnlich denke ich nicht so viel über diese Zeit nach, aber wenn ich Probleme habe, dann schaue ich zurück und denke mir, es geht noch schlimmer.
Ich habe sehr schnell begriffen, dass die Laufbereitschaft eine meiner Stärken ist. – James Jeggo
Gute Einstellung! Wann wird ein James Jeggo eigentlich einmal müde? Du sprintest ja nach jedem Ball, woher kommt diese Ausdauer?
Du kannst meine Eltern fragen, als Kind wollte ich immer laufen und immer etwas machen. Ich glaube, dass ich sehr schnell begriffen habe, dass die Laufbereitschaft eine meiner Stärken ist. Auch auf meiner Position ist das sehr wichtig. Ich achte immer mehr darauf fit zu sein. Im Fußball musst du deine Stärken ausspielen und Laufbereitschaft ist so eine.
Ist das auch deine Hauptaufgabe innerhalb der Mannschaft?
Auch. Ich bin verantwortlich für Balleroberungen im defensiven Mittelfeld, auch wenn wir im Offensivspiel den Ball verlieren, sollte ich das wieder korrigieren. Zudem bin ich der Abräumer und muss dadurch unsere Verteidiger etwas an Arbeit abnehmen. Wenn ich gut arbeite, viel laufe, hat Uros den Platz und die Freiheit etwas für die Offensive zu machen und im besten Fall auch Tore zu erzielen. Diese Aufgabe war ja etwas neu für mich. In Australien hab ich öfters den 8er gespielt. Wenn du der defensivste Mittelfeldspieler bist, ist es etwas anders. Aber mittlerweile liebe ich diese Position, ich habe viel gelernt und von anderen Spieler abgeschaut. Ich wollte mich daher genau in dieser Position verbessern und weiterentwickeln.
Siehst du dich auch als „Aggressive Leader“, du bist ja mit deinen gelben Karten ziemlich vorne dabei?
Das hasse ich. (lacht) Diese Statistik ärgert mich. Man darf nicht so viele gelbe Karten bekommen, da muss ich mich in Zukunft smarter verhalten. Klar, auf meiner meiner Position muss man oft in den Zweikampf gehen, da passieren gelbe Karten recht schnell. Aber acht sind zu viel. Ich sollte weniger mit dem Schiedsrichter reden. Das ist gefährlich. Das sind Dinge, die ich verbessern muss. Weil ich es ganz einfach hasse, wenn ich eine Sperre absitzen muss und dadurch der Mannschaft nicht helfen kann.
Also einfach nur „Oida“ sagen, umdrehen und passt schon.
Das wäre besser. (lacht) Am Platz vergisst man halt manchmal seine Vorhaben. Ich denke aber, im Frühjahr wird auch das besser.
Du hast vorher schon Uros Matic angesprochen. Aber wie soeben bekannt wurde, wird es im Frühjahr keinen Matic mehr in Graz geben. Wie hast du diese Entscheidung deines engsten Mitspielers aufgenommen?
Einerseits bin ich traurig, er ist für die Mannschaft ein wichtiger Spieler und wir haben uns perfekt ergänzt. Ich habe noch nie mit einem Mittelfeldspieler so gut zusammengespielt wie mit Uros. Er ist ja auch abseits des Fußballs ein sehr guter Freund, daher werde ich ihn vermissen. Auf der anderen Seite freue ich mich natürlich auch mit ihm. FC Kopenhagen ist ein großer Verein, spielt immer Champions- oder Europa League. Er hat sich diese Chance verdient. Für die Mannschaft ist das natürlich sehr schade, aber jetzt werden andere zum Zug kommen. Warten wir ab.
Für Uros ist es sicher eine gute Chance, für Sturm aber sehr schade. Es gibt ja auch die Redensart „ein Unglück kommt selten allein“. Was kann in der Winterpause mit dir passieren?
Das Angebot für Uros war einfach zu gut für ihn und den Verein zu verlockend, um Nein zu sagen. Ich selber bin aber nur auf Sturm fokussiert. Ich bin zwar seit einem Jahr hier, aber richtig helfen kann ich der Mannschaft erst seit fünf Monaten. Ich muss mich weiter verbessern und entwickeln. Sturm ist für mich einfach optimal, das Trainerteam, die Mannschaft, die Liga. Ich fokussiere mich auf das Ried-Spiel, dann gibt es eine Pause und somit ein bisschen Ruhe für meinen Körper. Das ist für mich wichtig, denn ich will im Frühjahr noch stärker zurückkommen.
Ist es möglich, dass du im Frühjahr den 8er mimen wirst?
Dort wo ich jetzt spiele, ist es für mich eigentlich am Besten. Wir haben genug andere, die auf der Acht spielen können. Hierli, Sandi – der ein großes Talent ist – auch Piesi, wenn er wieder fit ist. Wir haben Möglichkeiten in diesem Kader, aber egal wer spielt, man muss mit allen Spielern die richtige Balance finden. Mit Uros war es sehr gut, weil er konnte nach vorne gehen und ich bin etwas tiefer geblieben. Manchmal haben wir beide auch rotiert. Sollte ich weiter in der Startelf spielen dürfen, werde ich versuchen, mit meinem neuen Partner erneut diese Balance zu finden.
Du hast Sandi Lovric angesprochen. Siehst du bei ihm das Potential, die Position von Matic einzunehmen?
Ja sicher. Man sieht jeden Tag im Training, dass er ein großes Talent und ein sehr guter Spieler ist. Man vergisst leicht, dass er erst 18 Jahre alt ist, da er schon länger der Kampfmannschaft angehört. Er arbeitet gut, macht vieles richtig. Als junger Spieler musst du dich zuerst in den Profi-Kader kämpfen. Das hat er geschafft. Dann musst du dich immer weiterentwickeln, die Startelf ist irgendwann die logische Konsequenz. Für mich war es in Australien auch so.
Eine logische Konsequenz wäre auch, dass James Jeggo auch irgendwann als Torschütze in Erscheinung tritt. Wann wird es soweit sein?
Hoffentlich schon in Ried! (lacht)
Was gibt es dann für einen Torjubel, hast du dir da schon etwas Spezielles ausgedacht?
Nein, über so etwas denke ich nicht nach. Es ist wichtig, dass ich meine Rolle für die Mannschaft ausfülle und dass mein Team gewinnt. Es ist schön, wenn du ein Tor schießt. Und wenn ich mit nach vorne gehe, versuche ich es auch.
In der letzten Saison warst du ja ziemlich weit von einem Stammplatz weg. Wie sehr hat es dich geärgert und wie bist du mit dieser Situation umgegangen?
Es war eine sehr schwere Zeit, alles war ein bisschen komisch. Es war nicht klar, bin ich ein Legionär oder bin ich ein österreichischer Spieler? Der Verein und ich haben geglaubt, dass ich als Österreicher spielen kann. Dann war klar, dass ich doch als Legionär gelte. Wir hatten sechs Legionäre in der Startelf, es war für mich schwierig, da rein zu kommen. Wenn du zu einem neuen Verein kommst und sechs Monate nur trainierst, ich sage euch, das ist so frustrierend. Im Sommer hieß es dann: Ok, was sollen wir machen? Der Verein wusste auch noch nicht, ob ich in der Bundesliga bestehen kann. Sie kannten mich ja nur aus dem Training. Als Legionär musst du mehr leisten, um in die Mannschaft zu kommen. Ich habe in der Sommervorbereitung dann umso mehr an mir gearbeitet. Und ich war glücklich, dass ich in den ersten Spielen meine Chance bekam. Wir sind gut in die Saison gestartet, ich habe jetzt einen Stammplatz, aber ich weiß auch, dass es im Fußball schnell in eine andere Richtung gehen kann. Ich muss mich jede Woche aufs Neue beweisen. Nur so bleibe ich im Team.
Hat sich in der Zeit eventuell auch das Verhältnis zum Trainer gebessert? Oder war das schon von Anfang an gut?
Auch für den Trainer war es wegen dieser Legionärs-Quote nicht einfach. Im Sommer haben wir dann ein bisschen geredet. Er ist nicht so ein kommunikativer Trainer, er ist ein Coach, der Leistung sehen will. Wenn du diese für die Mannschaft bringst, dann hat er Vertrauen in dich. Dann spielst du auch.
Wie konkret war im Sommer der Plan, dich nach Polen zu verleihen?
Das war sehr konkret. Das war eine Möglichkeit. Ich bin 24 und in diesem Alter musst du spielen. Ich habe drei Jahre lang in Australien gespielt und dann bin ich nach Österreich gekommen und fand mich zumeist auf der Tribüne wieder. Das war hart für mich. Weitere sechs Monate nicht zu spielen, war für mich ein No-Go. Das wäre für meine Karriere eine Katastrophe gewesen. Ein Jahr ohne Spielpraxis, da hätte ich nur mehr die Option gehabt, wieder nach Australien zurückzukehren. Das wollte ich vermeiden. Ich habe mit meinem Berater gesprochen, Polen war eine von mehreren Optionen. Ich habe daher mit dem Trainer und mit Günter (Kreissl, Anm.) darüber geredet.
Was war dann der ausschlaggebende Grund, dass du doch geblieben bist?
Ich war mit meiner Vorbereitung nicht ganz zufrieden, aber ich glaube, dass ich gut trainiert habe und ein paar gute Spiele gezeigt habe. Vielleicht haben sie da gesehen, dass ich der Mannschaft helfen kann. Es war ja auch Konkurrenz da, Hierli wurde verpflichtet, Uros auch, Piesi war auch da und Sandi. Aber sie haben gesagt, sie wollen, dass ich bleibe.
Gott sei Dank ist das nichts mit dem polnischen Verein geworden.
Wenn du mir in der Vorbereitung gesagt hättest, dass ich hier bleiben werde und so viele Spiele absolviere, wäre ich sehr glücklich gewesen. Aber auch wenn es gut geht, willst du immer mehr. Ich bin froh, dass ich jetzt in der Mannschaft bin. Aber ich will mein Spiel, meine Leistung verbessern, ich hab noch mehr Potential. Auch mit der Mannschaft will ich einiges erreichen. Ich denke zwar, dass wir eine gute Herbstsaison gespielt haben, aber es gibt noch einige Dinge, die besser werden müssen. Wir haben nämlich Spiele verloren, welche wir niemals verlieren hätten dürfen.
Warum bist du eigentlich in die österreichische Liga gegangen? Und wie siehst du die österreichische Liga im Vergleich zur australischen Liga?
Die australische Liga ist nicht so eine große Liga. In Europa wird sie ohnehin unterschätzt. Ich wollte von der australischen Liga in eine kleinere europäische Liga, zum Beispiel in die Schweiz oder eben nach Österreich. Auch weil ich hier geboren bin und schon ein wenig Deutsch konnte. Jeder glaubt, dass die australische Liga sehr physisch ist. Aber hier ist es viel physischer. Und es ist auch schneller. In Australien spielst du immer im Sommer, es ist sehr heiß und man kann nicht durchgehend so ein hohes Tempo gehen. Es gibt auch nicht ganz große und ganz kleine Vereine, jeder Klub hat eine ähnliche Leistungsstärke. Die Spiele in Australien sind sehr taktisch. Jede Mannschaft spielt 4-3-3 und versucht von hinten rauszuspielen. Hier wissen die kleineren Vereine, dass sie nicht die Qualität von Sturm, Rapid oder Salzburg haben. Daher versuchen sie es mit langen Bällen und Zweikämpfen, um so das Spiel zu gewinnen. Das war für mich neu. In der zweiten Runde gegen Ried habe ich mehr Zweikämpfe bestritten und mehr lange Bälle gesehen als jemals zuvor in Australien.
Wie war deine Zeit bei Melbourne Victory?
Ich habe mich dort über die Jugend in die Kampfmannschaft gekämpft. Victory ist ein Verein mit sehr vielen Fans, der immer ganz oben mitspielen will. Ich habe in Melbourne ein Jahr gekämpft, wie eben Sandi hier. Am Ende bin ich als Stammspieler nach Adelaide gewechselt. Deren Trainer dort war von mir überzeugt und hat gemeint, dass er aus mir einen besseren Spieler machen kann. Das hat mich überzeugt.
Gibt es eigentlich zwischen den Vereinen in Melbourne Rivalitäten, so wie bei uns zwischen Sturm und GAK?
Ja, in Melbourne gibt es zwei große Vereine. Melbourne Victory und Melbourne City, also so wie Sturm und GAK, beide aus der gleichen Stadt. Auch Adelaide und Melbourne Victory sind Rivalen. Aber die australische Liga ist noch sehr jung, sie besteht in der derzeitigen Form erst zehn Jahre. Da gibt es nicht diese Leidenschaft, diese Rivalitäten. Diese Emotionen liebe ich in Österreich. In Australien ist Fußball nicht Nationalsport, er ist zwar auf einem guten Weg und die Menschen mögen Fußball, aber es ist nicht diese Leidenschaft wie hier. Zum Beispiel vor dem Rapid-Spiel, als die Fans hier zum Trainingsplatz gekommen sind, ich habe sowas nie zuvor erlebt, es war genial.
Ich glaube, ein Transfer innerhalb von Österreich ist nichts für mich. – James Jeggo
Kannst du es dir vorstellen, zu einem direkten Rivalen zu wechseln oder liegt dir die Identifikation mit einem Verein schon am Herzen?
Ich glaube, der Fußball hat sich verändert. Es ist nicht mehr so, dass man zehn Jahre beim gleichen Klub spielt. Ich kann jetzt nicht schwören, dass so ein Wechsel niemals passieren wird. Aber Sturm ist so ein großer Verein, ich glaube, ein Transfer innerhalb von Österreich ist nichts für mich. Ich kann alles, was ich in Österreich erreichen will, mit Sturm erreichen. Du darfst aber im Fußball nie sagen „das mache ich niemals“, weil man nie weiß, was passieren wird. Eine Karriere ist ja nicht so lang, es gibt ja auch andere Dinge. Wenn man zum Beispiel an seine Familie denken muss. Aber ich bin sehr zufrieden bei Sturm.
Ein Wechsel zum direkten Konkurrenten Rapid kommt demnach nicht zustande?
Nein, ich bin sehr zufrieden hier und ich denke nicht ans Wechseln. Aber als Fußballer darfst du nicht so weit nach vorne schauen. Mich interessiert nur, was in dieser Saison noch alles passieren wird. Ich will mein Bestes geben und nur darauf bin ich fokussiert.
Du hast schon gesagt, dass die Fankultur in Australien nicht so leidenschaftlich ist. Wie emfindest du eigentlich den Support der Sturm-Fans?
Wie ich schon vorher gesagt habe. In Australien habe ich vor 50.000 Zuschauern gespielt, aber das ist nicht dieselbe Atmosphäre wie hier bei 15.000 Fans gegen Rapid oder 12.000 Zuschauer gegen die Austria. Es ist super für den Verein, dass wir diese Unterstützung haben. Ich denke da an das Auswärtsspiel gegen Rapid. Wir haben vor dem Spiel aus der Kabine auf den Platz geschaut und der Gästesektor war fast voll. Es war wie ein Heimspiel. Da willst du dieses Spiel noch mehr gewinnen. Und wenn du weißt, was dieser Verein für die Fans bedeutet, dann gibst du noch mehr. Es gibt auch Spiele, wo wir nicht so gut gespielt oder Punkte verloren haben. Aber die Fans sind immer für uns da, das ist wichtig. Wenn du jedes Spiel alles gibst, kämpfst und um jeden Ball läufst, darfst du auch einmal verlieren, die Fans werden trotzdem hinter dir stehen.
In den Heimspielen ist ja auch immer ein sehr guter Support, aber die letzten drei gingen verloren. Wie ist so etwas überhaupt möglich?
Wir wissen, dass die Fans wirklich viel investieren und jede Woche ins Stadion kommen. Sie geben 90 Minuten alles für uns. Es ist wirklich bitter, wenn wir dann nicht gewinnen können. Beim Salzburg-Spiel haben wir alles gegeben, alles versucht. Aber wir haben die Partie verloren. Wir haben im Herbst gut gespielt, aber wir wissen auch, dass wir Dinge verbessern müssen. Ich glaube eins davon sind unsere Heimspiele. Vielleicht nicht das Salzburg-Spiel, weil ich denke, das war ein sehr enges Spiel. Aber die Spiele gegen St. Pölten oder Admira dürfen wir nicht verlieren. Auch gegen Mattersburg haben wir in der ersten Hälfte sehr schlecht gespielt. Das muss besser werden, vor allem gegen die kleineren Vereine.
Du hast im Herbst durchgehend gute Leistungen gebracht und warst auch völlig zurecht Stammspieler. Trotzdem unterliefen dir zwei echte Blackouts.
Diese zwei, drei Wochen waren für mich geprägt von zwei große Tiefs und einem großen Hoch mit dem Sieg gegen Rapid. Für mich war es sehr schwer, weil ich habe fast 100 Spiele absolviert und ich habe noch nie so einen Fehler gemacht und dann mach ich sowas zweimal innerhalb kürzester Zeit. Es war schlimm für mich, vor allem weil die Mannschaft dadurch Punkte verloren hat. Wenn ich auf die Tabelle schaue und sehe, wo wir ohne meine Fehler stehen würden, dann tut mir das sehr leid. Aber man muss natürlich auch aus diesen Fehlern lernen.
Du bist nach Europa gekommen, um dich wahrscheinlich auch für höhere Aufgaben auf europäischer Ebene zu empfehlen. Was wäre für dich dein absolutes Traumziel?
Für Spieler ist immer ein Traum in der bestmöglichen Liga zu spielen. Ich weiß noch nicht, welche Liga das für mich sein wird. Vielleicht ist es die österreichische Liga, vielleicht geht auch mehr, ich weiß es noch nicht. Aber ich will in der für mich besten Liga, in der ich spielen könnte, spielen und das ist mein Ziel. Auch international dabei zu sein wäre natürlich eine große Sache, die ich mit Sturm erreichen könnte. Hoffentlich können wir uns in dieser Saison für einen internationalen Bewerb qualifizieren.
Und in der australischen Nationalmannschaft? Welche Rolle möchtest du dort in Zukunft spielen?
Ich war jetzt zweimal im Kader, habe aber noch nicht gespielt. Ich muss noch viele Schritte machen, es gibt nämlich viel Konkurrenz im Team, vor allem im Mittelfeld: Spieler aus der zweiten Liga in England und aus Deutschland. Ich will spielen, aber zuerst muss ich immer dabei sein. Außerdem ist es wichtig, Spielpraxis beim Verein zu bekommen, deswegen hoffe ich, dass ich weiterhin regelmäßig bei Sturm zum Zug komme. Hoffentlich werde ich beim nächsten Mal, im März, wieder vom Nationalteam einberufen, und vielleicht komme ich da auch zum Einsatz. Wenn nicht, werde ich weiterarbeiten.
Ist Tim Cahill noch im Kader?
Ja, er ist noch dabei, jetzt spielt er aber als Stürmer. Auf meiner Position gibt es Spieler wie Mile Jedinak von Aston Villa der jahrelang Premier League gespielt hat. Außerdem ist er Kapitän der australischen Nationalmannschaft. Es gibt auch noch andere Spieler auf dieser Position. Wie gesagt, ich muss nur hier bei Sturm weiter gut arbeiten und dann werden wir sehen, was in der Zukunft passiert.
Wie groß sind die Chancen, dass sich Australien für die WM qualifiziert?
Bis jetzt haben wir eine gute WM-Qualifikation gespielt. In Asien sind die Spiele sehr besonders, lange Flüge, alles ist ein bisschen unorthodox. Da ist es schwierig immer die beste Leistung zu bringen. Im März haben wir zwei große Spiele, gegen den Irak auswärts und gegen die Vereinigte Arabische Emirate zuhause. Wenn wir weiter punkten können, liegen wir voll im Soll.
Kommen wir von Australien zurück zu Österreich: Was ist eigentlich der aktuelle Stand bezüglich einer österreichischen Staatsbürgerschaft für James Jeggo?
Jetzt habe ich für das australische Nationalteam gespielt, deswegen ist die Staatsbürgerschaft vorerst kein Thema mehr. Vielleicht wird in der Zukunft etwas daraus. Derzeit habe ich neben der australischen auch die englische Staatsbürgerschaft. Meine ganze Familie lebt in England, deswegen ist dieser Pass sehr wichtig für mich. Auch wegen dem Brexit. Man weiß ja nicht, was passieren wird. Aber ich denke, ich werde auch zukünftig mit zwei Staatsbürgerschaften das Auslangen finden. Wir werden sehen. (lacht)
Also ganz abgeschlossen ist das Thema österreichische Staatsbürgerschaft noch nicht?
Nein. Ich gelte hier als Legionär, aber derzeit ist es für den Verein nicht so eine große Sache. Nachdem Uros wechselt, haben wir nur noch fünf Ausländer im Team. Ich bin froh über meine englische und australische Staatsbürgerschaft. Ich glaube, das ist auch das Richtige für mich, meiner Familie und meinem Leben. Aber wenn der Verein sagt, wir haben zu viele ausländische Spieler, dann schauen wir vielleicht nochmal. Im Moment ist das aber kein Thema.
Hast du eigentlich ein fußballerisches Vorbild?
Als Kind war ich eigentlich immer ein Fan von Manchester United und David Beckham. Wie ich älter geworden bin, habe ich mich dann eher auf die Mittelfeldspieler konzentriert und Steven Gerrard war für mich mein Lieblingsspieler. Ich war sehr traurig, als er von Liverpool weggegangen ist. Er ist ein Fußballer, den ich immer beobachtet habe. Derzeit schaue ich mir die besten Spieler der Welt auf meiner Position an, denn ich denke, man kann immer etwas lernen. Meine Freundin sagt dann, ich schaue zu viel Fußball. (lacht)
Dein Bruder spielt ja in der zweiten norwegischen Liga, wird man ihn eventuell auch bald in Österreich – vielleicht sogar bei Sturm – bewundern dürfen?
Vielleicht, da musst du Günter (Kreissl, Anm.) fragen. (lacht) Er hat auch in Australien gespielt, aber für ihn war es etwas schwer, denn er musste eine schlimme Verletzung hinter sich bringen. Er ist wie ich in Wien geboren, und hat auch dieses Ziel, zurück nach Europa zu gehen, weil wir gesehen haben, wie der Fußball hier ist. Er war auch schon zwei Wochen in Graz und hat gesagt: „Österreich ist super, du musst mir einen Verein hier finden!“ (lacht) Ja, vielleicht kann er in der Zukunft hierher kommen, aber er hat eine eigene Karriere und er muss seinen eigenen Weg gehen und das machen, was gut für ihn ist.
Was möchtest du persönlich mit Sturm noch erreichen?
Persönlich will ich mich immer weiterentwickeln und verbessern. Ich muss schauen, dass ich nicht stehen bleibe, sondern immer versuchen, bessere Leistung zu bringen. Ich bin zufrieden mit der Herbstsaison, ich habe meiner Meinung nach eine gute Leistung in den Spielen gebracht, aber es gibt sehr viele Dinge, die es noch zu verbessern gibt. Mit der Mannschaft haben wir einen guten Herbst gespielt, auch wenn die letzten Spiele nicht so erfolgreich waren. Wir haben aber noch ein sehr wichtiges Spiel am Wochenende (Ried, Anm.) und wenn wir dort gewinnen, können wir zufrieden sein. Im Frühjahr werden wir dann sehen. Wir sagen nicht, dass wir Meister werden, wir sagen, wir kommen auf einen internationalen Startplatz. Wenn wir Woche für Woche Leistung bringen und Punkte holen, dann ist alles im Frühjahr möglich. Wir brauchen keine Angst zu haben, denn wir können jede Mannschaft schlagen, und wissen auch, dass wir sehr gute Qualität in der Mannschaft haben, um die Saison sehr gut abschließen zu können. Und hoffentlich können wir auch in den nächsten drei, vier, fünf Jahren sagen: „Das war eine super Saison!“. Aber erstmal ist das Spiel am Wochenende gegen Ried sehr wichtig für uns, um in der Tabelle an Salzburg und Altach dran zu bleiben.
Wenn du jetzt einen Tipp abgeben müsstest, auf welchen Platz landet Sturm am Ende?
Wir haben Qualität. Daher ist alles möglich.
Dann haben wir erstmals realisiert: Wir sind wirklich eine gute Mannschaft! – James Jeggo
Der Meistertitel ist realistisch?
Ja, aber ich will nicht sagen „Wir wollen Meister werden!“. Vor der Saison wurde ich gefragt, was Sturm in der Saison erreichen kann. Jeder hat gesagt, dass vielleicht ein internationaler Startplatz möglich sei. Auch wir haben nicht gewusst, wie stark wir sein können und wo wir stehen. Dann haben wir zuhause Salzburg und die Austria geschlagen, auch auswärts in Salzburg gewonnen und sonst noch sehr viele Punkte geholt. Dann haben wir erstmals realisiert: Wir sind wirklich eine gute Mannschaft! Ich habe gesehen, in dieser Liga musst du jede Woche alles bringen. Salzburg kann gegen den WAC verlieren, wir können gegen St. Pölten verlieren und die Woche drauf verliert St. Pölten gegen eine andere Mannschaft. Jeder kann jeden schlagen. In dieser Liga weiß man nicht, was passieren wird.
Was macht James Jeggo eigentlich in seiner Freizeit?
Ich hab meine Freundin hier, wir sind oft in der Stadt unterwegs oder gehen einkaufen. Auch mit den anderen Spielern gehen wir zum Beispiel zusammen essen. Ich war mit Uros sehr gut befreundet, auch meine Freundin ist mit Uros‘ Frau gut ausgekommen. Ich bin auch gerne zuhause und chill‘ gern auf der Couch – Regeneration ist schließlich auch wichtig.
Hast du den Namen „Roman Mählich“ schon mal gehört?
Ja, ich habe gehört, dass er bei Sturms Champions League Zeiten hier gespielt hat, ein sehr laufbereiter Mittelfeldspieler war und in fast alle Zweikämpfe gegangen ist. Ich kann da nicht so viel sagen, denn ich habe diese Spiele nicht gesehen, aber ich denke, dass er ein starker Fußballer war. Sollte ich auch einmal mit Sturm in der Champions League spielen können, dann wäre es für mich super. (lacht)
Vielen Dank für das Interview!
Kein Problem, gerne!
Das Interview führte Karl Szibrowski und Mario Singer.
Der Jimmy kommt wirklich äußerst sympathisch rüber. Auch diese unglaubwürdige Nibelungentreue gibt´s bei ihm nicht, wenn er sagt „Ich kann jetzt nicht schwören, dass so ein Wechsel niemals passieren wird.“, dass macht ihn einfach nur glaubhafter als manchen anderen. Und ja, bis auf die Größe und das genießen des Grazer Nachtlebens, scheint er wirklich ein zweiter Mählich zu sein/werden. Ich hoffe er bleibt uns noch recht lange erhalten. Super Interview und super Saison vom Jimmy bis jetzt Oida! 😉
Von einem Roman Mählich ist er zwar noch entfernt, aber es wird. Und damit ist nicht das „Nachtleben“ gemeint, gell.
Dieses „Oida“, jeder sagt hier zu allem „Oida“. Also wenn ich nicht weiß, was ich sagen soll, sag ich einfach „Oida“. 🙂
Tolles Interview mit einem sympathischen und sehr wichtigen Spieler für unseren Sk Sturm!Hoffentlich können wir den Matic Abgang einigermaßen gut kompensieren und man stellt ihm den richtigen Spielpartner auf die 8
Für mich haben wir bereits den richtigen 8er in der Mannschaft parat. Hierli passt meiner Meinung nach sehr gut als 8er. Mit Sandi und Piesi haben wir zudem noch gute Tauschmöglichkeiten auf der Bank.
Wir brauchen eher einen sehr guten 9er und 10er. Auf Alar alleine zu bauen ist nicht gut. Edi ist immer wieder Licht & Schatten. Den Vertrag von Kienast darf man auf keinen Fall verlängern. Seine Zeit ist bei uns abgelaufen. Auch jene von Stankovic. Stanko würde ich nur halten, wenn er sich mit einem sehr abgespeckten Vertrag zufrieden gibt. Als Kaderergänzung ist er sicher weiterhin gut zu brauchen.
Brutal Bodenständig,
Super Sympathisch,
Mega Menschlich…
Top Typ!!!
Top Typ, sehr symphatisch. James schon jetzt einer von uns, egal wohin es ihn noch zieht. Außerdem zeigt er TOP-Leistung am Feld, Weiter so! Mögest Du uns lange erhalten bleiben 🙂