Zeit anhalten!
Als vor exakt einem Monat Salzburg in Liebenau gegen den Sportklub Sturm einen 1:0-Auswärtssieg einfahren konnte, schien Red Bulls Weg zum elften Meistertitel in Folge geebnet und der österreichische Fußballfan sah schon Salzburg-Kicker im Rahmen der faden Meisterfeier gelangweilt ungenießbares Stiegl-Bier verschütten. Noch schlimmer: Nach einem Ringkampf in den Schlussminuten wurden Jon Gorenc Stankovic und Dimitri Lavalée vom Platz gestellt und waren somit für das in vier Tagen folgende Cuphalbfinale in Salzburg gesperrt. Emotional war die Saison nach dieser Partie bereits beendet, nach unten war man zur Genüge abgesichert, die Meisterschaft jedoch weg, auch der Einzug ins Pokalfinale erschien aufgrund der Vorgeschichte als ein fast aussichtsloses Unterfangen.
Doch Sturm wäre nicht Sturm, hätte sich dann nicht doch wieder alles gedreht. Denn es folgte ein „Goldener April“ (wie viele Goldene Monate gab es eigentlich schon in dieser Spielzeit?). In der Mozartstadt zog man trotz aller Negativ-Vorzeichen spektakulärst mit einem 4:3-Auswärtssieg ins Pokalfinale ein, gegen den LASK, Hartberg und beim Rapid-Doppel baute man diesen Lauf auf fünf Siege in Folge aus. Das Fünf-Zähler-Minus mutierte innerhalb weniger Wochen zu einem Drei-Punkte-Vorsprung. Den man tunlichst – erneut in Wals-Siezenheim – unbedingt verteidigen wollte. Auch das gelang. Dass sich dieses Remis vielerorts nach 2:0-Führung und durchaus Chancen auf einen dritten Treffer fast wie eine Niederlage anfühlte, zeigt welches Level und welch damit verbundene Erwartungshaltung dieses Team mittlerweile erreicht hat.
Der Sportklub Sturm musste einst 87 Jahre alt werden, um endlich den ersten nationalen Titel einfahren zu dürfen. In dieser Saison liegt man noch immer auf Double-Kurs, es wäre das erst zweite in der Klubhistorie. Am 1. Mai, dem 115. Geburtstag der Schwarz-Weißen und am zweiten Todestag von Jahrhunderttrainer Ivica Osim, blickt ganz Fußball-Österreich nach Klagenfurt und freut sich auf die stimmungsvollste Begegnung, die hierzulande überhaupt denkbar ist. Generell wird im Wonnemonat ein Showdown, ein Fußballfest das Nächste jagen. Eine weitere Trophäe wäre für Sturm dabei der verdiente Lohn einer Entwicklung, deren Ausgangspunkt irgendwann im Jahr 2016 im südlichsten Teil des Wiener Beckens lag. Aber selbst wenn man in beiden Bewerben am Ende mit leeren Händen dastehen sollte, sei hier auf Ivan Osim verwiesen: „Erfolgreich ist eine Mannschaft, wenn sie etwas bewegt, nicht aufgrund ihrer Pokale“. Und bewegt hat uns dieses Team schon zur Genüge. Viel mehr noch: Man würde am liebsten die Zeit anhalten und hofft, dass Mai 2024 für immer bleibt. Stichwort „Bleibt“: Einiges deutet daraufhin, dass so einige, aktuelle Eckpfeiler dieses Klubs in alle Winde zerstreut werden. Und so merkwürdig das auch klingt: Sollte dies tatsächlich passieren, jedem Einzelnen wäre dies von Herzen gegönnt. Ähnlich wie man heute auf die Herren Osim, Schilcher, Vastic, Reinmayr und Haas zurückblickt, haben Ilzer, Schicker, Kiteishvili, Prass, Affengruber und so weiter in Graz für immer Spuren hinterlassen. Sie haben sich schon jetzt einen Platz im kollektiven Gedächtnis gesichert. Im Idealfall weichgezeichnet mit einer Schale und einem Pokal in der Hand. An einem Pfingstmontag auf einer Empore inmitten der steirischen Landeshauptstadt.
Sehr schöner Beitrag! Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
….. außer, dass diese Mannschaft zusammenbleiben und in der CL spielen wird. Möge es nach stürmischen 2 Titeln im Mai bei der Mannschaft, Trainer und Schicker „windstill“ bleiben.
Ehrlich gesagt: Selbst wenn wir mit 0 Titeln aus der Saison rausgehen, sind wir dennoch Cup-Finalist und Vizemeister. Also alleine schon diese Positionierung als klare Nummer 2 Österreichs hätte ich mir vor Jahren nicht erträumen lassen.
Ich kann mich noch erinnern wie wir über den Jauk diskutiert haben und seinen „Top 4 etablieren“ Saga, während wir hart um die Top 5 oder 6 gekämpft haben. Finanziell waren wir auch damals stabil aber halt sportlich lange irgendwas (GG, Peinlichkeiten im EC, „spezielle“ Trainer, Medienverbote, etc. etc.)…
Es ist schon Balsam für die Seele wenns läuft.
Wir müssen nur am Boden bleiben und infrastrukturell mehr schaffen, dann bin ich positiv gestimmt.
Aber dennoch:
Wir holen trotz dieser wehleidigen Zeilen das Double – ned weil wir größenwahnsinnig sind oder wir sportlich so super sind… sondern weil unsere Spione überall (vgl. Parkhäuser) sind 😉
Aber im Ernst wäre es schön am Todestag Osims einen Titel zu holen. Weil darüber hätte er sich am meisten gefreut: Wenn der Verein im Mittelpunkt steht und ned er selbst. Deswegen ist es glaub ich in seinem Sinne heute nicht traurig an sein Ableben zu gedenken sondern den Verein heute über die 90 Minuten in den Sieg zu tragen. Freudentränen sind immer besser als die andere Sorte.
Auf die Schworzen und Happy Birthday uns allen.