Zahlen lügen nicht

Faktencheck zu den Aussagen der Generalversammlung

„Alles gut, alles super“ war quasi das Resümee vom neuen und alten Präsidenten Christian Jauk auf der Generalversammlung. Vom eingeschlagenen Weg sei man nach wie vor absolut überzeugt. Diverse Veränderungen, wie die Installation eines Sportdirektors, waren den Verantwortlichen keine Erwähnung wert. Selbiges gilt für die zahlreichen Unmutsäußerungen. Wüsste man es nicht besser, man hätte glauben können, Sturm sei im Begriff einer glanzvolle Zukunft entgegenzusteuern. Ist das lediglich Beschwichtigung oder finden vor unseren Augen verborgene Fortschritte tatsächlich statt?
Wir fragen uns jedenfalls: War Sturm Graz in jüngster Zeit jemals so fest im tristen Griff der Mittelmäßigkeit gefangen? Täuscht der Schein oder können Zahlen diesen derzeit leider permanent wahrnehmbaren Umstand auch untermauern? In welche Richtung hat man sich in den letzten Jahren entwickelt, wenn überhaupt? Daher haben wir uns durch diverse Statistiken ab der Saison 2007/2008 gewühlt und den Versuch unternommen, die folgenden Zahlen in den Kontext der im Zuge der Generalversammlung getätigten Äußerungen zu stellen.

 

Punkte

Spielzeit Tabellenplatz Spiele G U V Tore Verhältnis Punkte Platz 4 ab .. Punkte
2007/08 4. 36 15 11 10 60:41 19 56 54
2008/09 4. 36 17 9 10 68:45 23 60 60
2009/10 4. 36 16 10 10 50:36 14 58 48
2010/11 1. 36 19 9 8 66:33 33 66 54
2011/12 5. 36 12 15 9 47:41 6 51 52
2012/13 4. 36 13 9 14 49:56 -7 48 48
2013/14 5. 36 13 9 14 55:55 0 48 49
2014/15 4. 36 16 10 10 57:41 16 58 53
2015/16 4. 20 8 5 7 26:24 2 29 29

„Platz 4 ist heute viel schwieriger zu erreichen“, so Jauk. Nun ja, eigentlich nicht:
Seit 2007 gab es nur einmal einen Ausreißer nach oben. In all den Jahren benötigte man nur einmal mehr als 54 Punkte für Platz 4, tendenziell eher weniger. Meistens entscheidet nur ein Sieg mehr oder weniger um den besagten Platz zu erreichen, oder ihn wieder zu verlieren. Nur einmal sprang man am letzten Spieltag auf Platz 4; einmal fiel man auf Platz 5 zurück, sonst gab es in der 36. Runde keine Überraschungen mehr.

Jauk: „Wir sind vom eingeschlagenen Weg überzeugt.“ Sehen wir uns dazu die Jahrestabellen ab dem Jahr 2008 an:

Jahr Position Spiele G U V Tore +/- Punkte
2008 4 34 19 4 11 66:40 26 61
2009 5 34 12 12 10 47:40 7 48
2010 4 36 18 7 11 59:36 23 61
2011 2 36 16 12 8 62:42 20 60
2012 4 37 15 14 8 47:38 9 59
2013 8 37 10 9 18 46:63 -17 39
2014 3 34 14 8 12 52:46 6 50
2015 3 37 16 11 10 56:42 14 59

In der Zeitspanne zwischen 2008-2011, also vor Jauk, holte man 230 Punkte, seit Jauk im Amt ist (2012) nur noch 207 Punkte. Sportlich gesehen gab es unter dem derzeitigen Präsidenten also kaum einen Schritt nach vorne. Nach dem Meisterjahr folgte ein schleichender Einbruch, welcher im Jahr 2013 seinen Höhepunkt fand. Seitdem steigt die Punkteausbeute langsam wieder an. 59 Punkte in einem Kalenderjahr 2015 sind sicherlich kein schlechter Wert, jetzt gilt es aber in der ersten Hälfte 2016 genügend Zählbares zu sammeln, um zumindest den 4. Tabellenplatz zu sichern.

 

Zuschauerstatistik

„Unterstützung, die wir so notwendig gehabt hätten, ist nicht erfolgt. Die Tabellenplatzierung hat einen zu starken Einfluss auf die Zuseher.“

Spielzeit Spiele Ausverkauft Zuseher Schnitt
2007/08 18 4 206.720 11.484
2008/09 18 5 224.702 12.483
2009/10 18 4 199.899 11.106
2010/11 18 6 218.067 12.115
2011/12 18 0 194.824 10.824
2012/13 18 0 192.351 10.686
2013/14 18 0 135.375 7.521
2014/15 18 1 182.502 10.139
2015/16 11 0 96.259 8.751

Treue Stadionbesucher werden in Österreich immer seltener. In der aktuellen Zuseherstatistik findet man Sturm Graz auf Platz 3 hinter Rapid (17.420), Salzburg (9.543) und noch vor der Austria aus Wien (7.847) wieder. Während sich die Tabellenplatzierungen nur marginal änderten (mit Ausnahme des Meistertitels), schwindet der Zuseherschnitt immer weiter, auch das „Ausverkauft“-Schild durfte nur einmal seit dem Meistertitel zum Einsatz kommen . In den vier Jahren vor Jauk lag der Schnitt bei 11.797, also einer Stadionauslastung von 76%. Seit Jauk sank der Schnitt auf 9.584 Zuseher und einer Auslastung von 62%. Zweiundsechzig Prozent. Das Stadion ist demnach zu weniger als 2/3 ausgelastet. Ein Maßnahmenpaket, um die in die Jahre gekommene UPC Arena wieder etwas aufzupolieren, wurde schon geschnürt, kommt aber einfach zu spät.

 

Kaderfluktation

Die durchschnittliche Zeit, die ein Spieler bei Sturm bleibt, beträgt 738 Tage. An der Spitze dieser Wertung steht natürlich Christian Gratzei mit 4.585 Tagen im Verein. Würde man Gratzei aus dieser Statistik ausschließen, so läge dieser Wert nur mehr bei durchschnittlich 568 Tagen; damit wären selbst bei RB Salzburg die Spieler länger unter Vertrag als bei Sturm. Soviel zum Thema „Identifikationsfiguren“.

 

Moral, Klatschen und Triumphe

„Eine neue Initiative Namens „Stolz und Leidenschaft“ soll eine Stärkung des Gemeinschaftsgefühles bewirken.“ Dem kann entgegengehalten werden, dass sich Stolz und Leidenschaft nicht durch ein verbessertes mediales Auftreten generieren . Sturm Graz stand schon immer für beherzten, bedingungslosen und leidenschaftlichen Fußball; genau das wollen die schwarz-weißen Fans sehen. Das beginnt bei der Moral der Spieler am Platz. Ein kleiner Indikator für eine hohe Mannschaftsmoral sind Jokertore, oder noch erkämpfte Punkte nach Rückständen.

Die Jokerstatistik liest sich diese Saison bisher sehr dürftig. Während Foda in der Meistersaison durch seine Wechsel immer wieder für neuen Schwung sorgen konnte, stagnieren seine diesbezüglichen Erfolge in der aktuellen Saison. Auf 12 Wechsel kommt statistisch gesehen gerade einmal ein Tor. Bei einem verhältnismäßig derart breiten und teuren Kader definitiv zu wenig.

Spielzeit Trainer Ligavergleich Spiele Einwechslungen Tore Torbeteiligungen Tore/Wechsel
2007/08 Franco Foda 6. 36 92 4 7 13,1
2008/09 Franco Foda 7. 36 94 4 11 8,5
2009/10 Franco Foda 5. 36 101 5 12 8,4
2010/11 Franco Foda 1. 36 103 9 17 6
2011/12 Franco Foda 7. 29 83 6 15 5,5
Thomas Kristl 8. 7 19 5 8 2,3
2012/13 Peter Hyballa 13. 30 81 2 7 11,5
Markus Schopp 14. 6 18 1 1 18
2013/14 Darko Milanic 3. 36 103 10 19 5,4
2014/15 Darko Milanic 17. 9 26 0 1 26
Günter Neukirchner 14. 1 2 0 0 0
Franco Foda 3. 26 76 8 13 5,8
2015/16 Franco Foda 6. 20 60 3 5 12


Deutliche Siege werden immer seltener, deutliche Niederlagen hagelte es in den letzten Jahren dafür ziemlich konstant. Viel erschütternder ist aber der Fakt, dass die letzte Tabellenführung in der Bundesliga, aus der letzten Runde der Meistersaison datiert. Auch wenn sich Sturm in den letzten Jahren permanent im Mittelmaß bewegt, so fehlt einfach die nötige Spannung nach oben hin. In einer Zeit, in der der Konkurs noch spürbar gegenwärtig war, schaffte man es immer wieder, wenn auch nur für kurze Zeit, den Platz an der Sonne zu erklimmen und folglich Begeisterung zu entfachen.


 

Fazit

Am Ende konnten wir keine eindeutige sportliche Agonie feststellen. Die greifbare Differenz zu den Prä-Meistersaisonen ist wohl die Möglichkeit eines Aufschwungs. Damals schielte man immer wieder nach der Tabellenspitze, ein Umstand, den man als Fan seit einigen Spielzeiten schmerzlich vermisst. Genau das ist das große Problem. Sturm ist zwar durchschnittlich wie eh und je, aber mit der Tendenz nach unten, nicht nach oben.

 

7 Kommentare

  1. lollo sagt:

    Jetzt fangts auch noch mit Fakten an, ihr schamts eich echt für gor nix oder?

  2. toreandreflo sagt:

    Danke für die Aufbereitung! Nur in der ersten Tabelle in der Meistersaison habts euch verhaut. Denke nicht, dass damals ganze 37 Runden zu spielen waren 😉 (19+9+9=37)

    • Mario Si sagt:

      Danke für den Hinweis! In der Meistersaison gab es natürlich nur 8 Niederlagen! LG

  3. GazzaII sagt:

    Teurer und breiter Kader? Ist das Sarkasmus? Statistiken sind immer gut und schön und können immer die Richtung  untermauern in die man gehn möchte aber ich glaube mich zu erinnern das in der Meister Saison zB ein gewisser „Herr Haas“ oft von der Bank gekommen ist genauso wie ich wetten würde dass der Kader damals teurer war! Breiter kann ich nicht sagen weil das für mich ein undefinierbares/schwammiges Wort ist das schon fast unter die Kategorie „Augenhöhe und Umschaltspiel“ fällt…

    • lollo sagt:

      Wette verloren, die Zahlen kann man alle ergoogeln und wenn man die Prämien rausrechnet sinds exakt auf dem Vorjahresniveau, für heuer gibt es logischerweise noch keine Zahlen.(Gut klar Inflation, aber hat der steigende AKA-Output in der Zeit für relativ stabile Preise gesorgt) Dazu darf man auch nicht vergessen, dass es zwar einen Haas gab, aber der Großteil des Gehalts auf Gratzei, Weber, Kienzl und Hölzl entfallen ist, insofern also gar keine Marie für einen qualitativen breiten Kader vorhanden war.

  4. GazzaII sagt:

    Die Seite wo Fussballer Ihre Gehälter offenlegen oder Vereine offenlegen was sie im Detail bezahlen, würde mich interessieren? Genauso wie dein Berechnungsmodell für die Prämien? Inflation ist da auch gut, da Gehälter im Fußball kaum zurück gehen, macht das einen Vergleich schwierig, weil dann kommt als nächstes ein Artikel wo darauf hingewiesen wird, dass unser Kader in CL Zeit unter Osim günstiger war 😉

    Aber gut das habe ich auch schlecht geschrieben, hätte ich doch besser geschrieben dass er damals stärker und für die damalige Zeit teurer war…

    Haas habe ich angeführt wg. der Tore/Assists von der Bank wo wohl er und Mura den grössten Anteil hatten, was ja dann doch was anderes ist, als wie wenn ein Edo oder Dobras von der Bank kommen! Wobei Jokertore für mich sowieso ein eher lachhafter Indikator für Kampf sind, weil kA wie viele Jokertore wir in der „Vor Osim Gruabn-Zeit“ hatten, ich bin aber immer mit dem Gefühl heim, dass sich die Mannschaft den „Allerwertesten“ aufgerissen hat! Musste sie auch, weil spielerisch ging damals nicht viel…

    • lollo sagt:

      Du weißt schon das seit 2008 oder so alle Vereine ihre Umsatzzahlen dem KSV übermitteln müssen oder?Mein Berechnungsmodell heißt „Wenn ma Meister wird und EL-Quali spielt dann brennt ma mehr Prämien als wenn beides net da Fall ist“. Schlüssig oder?Wie gsagt durch die Akas hat sich der Preis nicht in dem Maße gesteigert, wie es vorher der Fall war. Ist nicht viel anders als am normalen Arbeitsmarkt auch, da gibts auch den unteren Bereich der im Prinzip gleich geblieben, der mittlere Bereich der leicht gestiegen und der oberste Bereich der explodiert ist. Im Durchschnitt schaut das dann gut aus, nur hat Sturm keine Spieler der oberen Kategorie, also ist der Median logischerweise gschickter als der Durchschnitt.

      Er war wie gesagt in der Spitze stärker, deshalb auch die Gehaltskonzentration, in der Breite aber schwächer. Man könnt sagen das man damals mit vergleichsweise wenig viel gerissen hat, während man heute mit gleich viel (zu) wenig reißt.

      In der Vor-Osim-Zeit hat sich auch keiner über fehlenden Kampf aufgeregt, weil jeder gsehen hat das gekämpft wird, insofern brauchte man sich keine Indikatoren aus den Finger zutzeln um irgendwas veranschaulichen zu wollen. Tore sind wohl nicht der obergute Wert an dem man sich aufhängen sollt, aber gut genug um einen oberflächlichen Trend zu zeigen, dem jeden der den Kick in der Zeit verfolgt hat aufgfallen sein dürft.

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