Was wurde aus Nikola Vujadinovic?
In unserer Serie „Was wurde aus… ?“ beleuchten wir ehemalige Sturm-Spieler – alte Helden aber auch Fußballer, die für so manchen schon in Vergessenheit geraten sind – und wollen herausfinden, wohin sie ihr Weg nach ihrer Karriere bei den Schwarz-Weißen führte.
Ein Weltenbummler macht Zwischenstation in Graz
„Vuja, Vuja, Vuja“, hallte es zwischen 2012 und 2014 immer dann von den Rängen, wenn es in Liebenau einen Eckball für den Sportklub Sturm gab und der baumlange Innenverteidiger Nikola Vujadinovic eine Mission antrat, um den gegnerischen Strafraum zu okkupieren. Der Weltenbummler machte in Graz Station, und einige Zeit schien es fast, als könne er hier sesshaft werden. So ungewöhnlich seine Herkunft auch war – Montenegriner mit bulgarischem Pass – so unorthodox war auch seine Spielweise. Nikola Vujadinovic war in seiner zweiten Sturmsaison gerade 27 Jahre alt und somit im besten Fußballeralter. Objektiv gesehen war er wohl einfach zu gut für diese Liga – oder zumindest für Sturm. Und das in einer Phase, die nachhaltig wohl kaum als Erfolgsära in die Vereinshistorie eingehen wird.
Der in Belgrad geborene Fußballer durchlief alle Nachwuchsstationen des Roten Stern, wechselt aber 18-jährig zum Lokalrivalen FK Rad, wo er auch sein erstes Profispiel absolviert. Über den FK Zeta Golubovci aus Montenegro und den serbischen Zweitligisten FK Radnički Pirot zieht es ihn zum ZSKA Sofia. Für den bulgarischen Rekordmeister spielt er auch auf europäischer Ebene und gelangt so ins Visier des italienischen Serie-A-Klubs Udinese Calcio. Vujadinovic scheint endlich am Ziel seiner Träume, schließlich bewunderte er schon als Nachwuchskicker den Calcio in Italien und Paolo Maldini sowie Alessandro Nesta sind von Kindesbeinen an seine Vorbilder. Doch im Friaul kann er sich nicht durchsetzen. Im März 2009 sitzt er beim Spiel gegen die AS Roma das einzige Mal zumindest auf der Ersatzbank. Rein sportlich ein verlorenes Jahr für den Montenegriner.
Eine Odysee beginnt
Da Vujadinovic auch zu Beginn der zweiten Saison bei Udinese Calcio zu keiner einzigen Einsatzminute kommt, wird er kurz vor Transferschluss zu Unirea Alba Iulia nach Rumänien verliehen, wo er mit dem Verein als Letzter der höchsten rumänischen Liga absteigen muss. Im folgenden Spieljahr wird er beim FC Aberdeen geparkt, dort wird er vor allem im Frühjahr zu einem echten Leistungsträger und trifft nach langer torloser Zeit endlich mal wieder. Natürlich per Kopf, auswärts in Motherwell. Von der Insel geht es im Sommer 2011 zurück nach Italien, doch wieder sieht Vujadinovic kein Land, wird sogar aufgrund diverser Disziplinlosigkeiten vom Verein suspendiert. Im Frühjahr 2012 folgt der vierte Arbeitgeber innerhalb von nur drei Jahren: Nochmals verleiht ihn der FC Udinese, diesmal zum FK Javor Ivanjica nach Serbien. Er bestreitet 14 Meisterschaftsspiele in Serie und beendet mit seinem Team die Saison auf dem neunten Tabellenrang.
In Graz sofort angekommen
Sein Vertrag mit Udinese läuft im Sommer 2012 aus, ohne dass der Verteidiger jemals das schwarz-weiße Dress der Nord-Ost-Italiener wettkampfmäßig getragen hat. Und trotzdem tut sich nochmals eine Chance für ihn auf, die schönsten Fußballfarben würdig zu vertreten: Sturm Graz. Und er nutzt sie. Von Beginn an ist er Stammspieler und aus der Innenverteidigung nicht mehr wegzudenken. Zudem ist er bei Standardsituationen immer brandgefährlich, bereits in seiner ersten Saison in Graz erzielt er sieben Treffer, avanciert somit zum torgefährlichsten Defensiv-Spieler der gesamten Liga und ist jetzt der Publikumsliebling schlechthin. In seiner zweiten Spielzeit absolvierte er 40 der 41 Bewerbsspiele des SK Sturm über die volle Distanz. Eine beeindruckende Bilanz für einen Feldspieler. Vuja versäumt nur ein Bundesliga-Spiel aufgrund einer Gelb-Sperre. Der sympathische 1,91-Meter-Mann träumt zwar zu diesem Zeitpunkt von der deutschen Bundesliga, ist aber auch froh, endlich einen Verein gefunden zu haben, wo er hundertprozentig akzeptiert wird. Sturm bietet ihm etwas, was er bei seinen bisherigen Arbeitgeber vergeblich suchte: Zusammenhalt. Bereits im Frühjahr 2014 sieht er einer Verlängerung seines Zwei-Jahres-Vertrages gelassen entgegen. Auch General Manager Gerhard Goldbrich wird nicht müde zu betonen, man werde sich in der Causa Vujadinovic bis an die sprichwörtliche Decke strecken. Ob es nun an den finanziellen Möglichkeiten des Sportklub Sturm oder an der wieder aufgekommen Wanderlust des sich im besten Fußballeralter befindlichen Montenegriners spießte, ist nicht eindeutig zu belegen. Womöglich aber galt auch hier das Motto: „Ohne Moos nix los.“ Fakt ist nur, dass Vujadinovic beim Auftakt zur Folgesaison nicht mehr am Spielbericht stand.
Wieder eine Leermeldung
Seine Hoffnung, potentielle Vereine zu finden, die das Doppelte dessen was in Graz bezahlt wird, salarieren, stirbt allerdings früh. Vuja pokert zu oft und vor allem zu hoch. Das Ziel, den nächsten Vertrag möglichst fett ausfallen zu lassen, schwindet. Vujadinovic findet vier Monate lang keinen Verein, der seinen Gehaltsforderungen auch nur annähernd gerecht werden konnte. Erst im Oktober kehrt das Glück zu Vuja zurück: Beim CA Osasuna verletzt sich der Innenverteidiger Jordan Lotties und fällt mit einem Achillessehnenriss fünf Monate aus. Die Granden des Vereines aus Pamplona durchforsten den Transfermarkt nach vertragslosen Spielern und stolpern über Nikola Vujadinovic. Osasuna ist zu dieser Zeit auf Platz 15 der Segunda Division. Auch in Spanien erkämpft sich Vuja schnell einen Stammplatz. Von den verbleibenden 29 Meisterschaftsspielen steht er 25 Mal in der Startelf. „Die Kraft“ – wörtliche Übersetzung von Osasuna – rettet sich knapp vor dem Abstieg in die Drittklassigkeit. Für das Nationalteam von Montenegro reicht dies aber immer noch nicht. Es bleibt bei einem einzigen Spiel für die U21-Auswahl seines Landes.
Endlich am Ziel – Dicker Vertrag in China
Der Fußballtransfermarkt, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2015 und die Abenteuer eines in Belgrad geborenen Montenegriners mit bulgarischem Pass gehen weiter. Nochmals dringt er in Fußball-Galaxien vor, die kaum ein Europäer zuvor gesehen hat. Erstmals ist er drauf und dran, den Heimatkontinent zu verlassen. Wie in Graz hat sich Vuja zwar auch in Pamplona sehr wohl gefühlt, doch als nun der asiatische Raum lockt, beginnt er zu überlegen. Er spricht von der schwersten Entscheidung seines Lebens, wechselt aber dann doch in die zweite chinesiche Liga zu Beijing Enterprises. Mehr ein Firmenkonstrukt denn ein Fußballverein, 2004 gegründet und somit immerhin ein Jahr älter als jenes ominöse Geflecht in Salzburg. Sportlich ein Flop, finanziell aber zweifellos top. Immerhin stand er schon im Oktober diesen Jahres mit BJ Enterprises im Semifinale des chinesischen FA-Cup, ist auch dort Stammspieler und erlernt dabei wieder eine neue Sprache – insgesamt zum neunten Mal. Im Juli 2017 läuft sein Vertrag in China aus. Dann ist er 31 und um einiges reicher. Vielleicht ertönt dann ja nochmal der Ruf von Commander Goldbrich und Vujas Computerlogbuch zeichnet einen erneuten Anflug auf Graz. Mit seiner Freundin, Lieutenant Alexandra, an seiner Seite.
Guter Artikel.
Sympathischer Bursch.
Aber könnte das Fußballgeschäft das älteste Gewerbe der Welt sein?
„BJ Enterprises“ ist einfach legendär!