Was für ein Abend – Leistung stimmt, Ergebnis stimmt

Spielbericht: SK Sturm Graz vs. Slovan Bratislava (4:1)

Wenn man im Februar am Donnerstagabend ins Stadion darf, hat dein Verein irgendetwas richtig gemacht. Zum Beispiel die Zwischenrunde der UEFA Conference League erreicht. Ja, tatsächlich: Der SK Sturm Graz durfte zum ersten Mal seit 23 Jahren europäisch überwintern.

Die Anspannung vor dem Spiel war gigantisch, in ganz Graz war ein Knistern zu vernehmen. Dass rund 1.300 Fans von Slovan Bratislava an die schöne Mur kamen und bereits am Vormittag die Innenstadt unsicher gemacht hatten, steigerte die Anspannung zusätzlich. Von den Polizeibehörden wurde das Duell als “Hochrisikospiel” eingeordnet. Von groben Zwischenfällen ist bislang nichts bekannt – und das ist gut so. 

© SturmTifo.co

Chance folgt auf Chance

Auf dem Spielfeld hingegen ging es sofort heiß her. Von der ersten Sekunde an fühlten sich die Fans in Liebenau bestens unterhalten. Nur wenige Sekunden nach dem Anpfiff durch das schwedische Schiedsrichterteam um Mohammed Al-Hakim (Grüße an den Becherwerfer von 2018) fand Gerson Rodrigues die erste Torchance für Slovan vor. Sein Volleyschuss strahlte Gefahr aus, ohne wirklich gefährlich zu werden.

Drei Minuten später lag der Ball im Kasten – glücklicherweise auf der richtigen Seite. Abwehrchef Gregory Wüthrich überspielte mit einem einzigen Pass zwei gegnerische Linien, Tomi Horvat leitete die Kugel weiter auf Mika Biereth. Und mit einem frechen Außenristschuss sorgte die Arsenal-Leihgabe für das 1:0! Kann man so machen! Ein wunderschöner, aber vor allem ein wichtiger Treffer.

Nun begann Sturm zu zaubern, der Ball lief durch die eigenen Reihen, Ferse, Doppelpass, Außenrist – alles dabei. Das Tückische daran: Die Konzentration ging flöten. Per Chipball überlisteten die Gäste die schwoaze Abseitsfalle, Gerson Rodrigues hatte nur noch Viteslav Jaros vor sich. Der Sturm-Keeper kam wohl etwas zu früh aus dem Kasten, Gerson drückte den Ball ohne Probleme über die Linie (8. Minute).

Fortan spielten beide Teams mit offenem Visier. In der 13. Minute wurde Mika Biereth durch eine traumhafte Flanke von Alexander Prass in Szene gesetzt. Mikas Kopfball ging knapp daneben. Vier Minuten später war David Strelec frei durch, Jaros schien erneut geschlagen. Doch Wüthrich blieb aufmerksam und blockte den anschließenden Abschluss im letzten Moment ab. 

So spielt man Europacup

Allmählich wirkte Sturms Spielweise etwas erwachsener als in der Anfangsphase. Anstatt jeden Ball direkt vertikal weiterzuleiten, befreite man sich mit unspektakulären, aber effektiven Pässen aus dem gegnerischen Druck. Sturm begann, das Spiel zu kontrollieren. Die Belohnung folgte in Minute 27: Manprit Sarkaria mit einem Freistoß aufs lange Eck, David Affengruber köpfte zur Mitte, Jon-Gorenc Stankovic drückte die Kugel final hinter die Linie – 2:1!

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Mannschaft und Fans hatten Blut gerochen, Tor Nummer drei war das erklärte Ziel. Fernschüsse von Tomi Horvat und Jusuf Gazibegovic brachten zunächst nicht den gewünschten Erfolg, ebenso wenig ein direkt getretener Prass-Freistoß. Doch sämtliche Blackys waren nun angezündet. Auch die für gewöhnlich eher ruhigen Seitentribünen ließen sich von der Stimmung anstecken. “Samma schwoaz, samma weiß, samma Sturm, samma Grazer” – für solche Momente kommt man ins Stadion.

König Oto der erste

Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit scheiterte Sarkaria aus kurzer Distanz an Slovan-Keeper Martin Trnovsky. Und dann gab es noch Otar Kiteishvili. In seinem 168. Spiel für den SK Sturm – können wir dem Kerl bitte endlich ein Denkmal widmen? – erzielte er seinen 35. Treffer. Von seinem georgischen Landsmann und einstigen Idol Guram Kashia wurde Oto zunächst unfair von den Beinen geholt. Ohne zu zögern, zeigte der Referee auf den Punkt. Kiteishvili schnappte sich die Kugel und versenkte sie souverän im rechten Eck (64.).

Nach 76 Minuten wurde Gazibegovic vom eingewechselten Trainersohn Vladimir Weiss Jr. zu Fall gebracht. Eine brutale Grätsche. Nach dem VAR-Check war klar: Dafür muss es die Rote Karte geben. Mit einem Mann mehr festigte sich die Heimelf zusätzlich. Horvat scheiterte in der 81. Minute nur knapp am herausragend parierenden Trnovsky.

In der Schlussphase zwang man den slowakischen Tabellenführer zu weiteren Fehlern. Nach einem Stanglpass von Joker Amady Camara jagte Prass den Ball Richtung Nordtribüne (89.). Der eben erwähnte Camara hatte noch nicht genug. Mit einer perfekten Direktabnahme erzielte der 18-Jährige sein erstes Tor für die Blackys. Das sind Glücksgefühle!  

An diesen Abend werden wir uns noch lange erinnern. Er war hoffentlich nur der Auftakt einer noch länger andauernden Reise durch die Conference League. Im Rückspiel am kommenden Donnerstag in Bratislava müssen die Sturm-Profis hellwach sein.

Heute, bei Flutlicht, vor eigenem Publikum hat die Mannschaft unfassbare Reife bewiesen. Vom Ausgleich zum 1:1 ließ man sich nicht aus dem Konzept bringen. Man trickste, man kämpfte, man dominierte – so macht Fußball Spaß. So macht der SK Sturm Spaß. Durch solche Abende wird aus einem Verein eine Familie. Bitte mehr davon! 

Daten zum Spiel

© Sturmnetz

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17 Kommentare

  1. Fanatiker sagt:

    Sicher, die „stärkste Leistung“ in dieser Saison! War so nicht zu erwarten – trotzdem chapeau Sturm Graz.

    Zum Referee Ot. [auch die starke Leistung sollte hier erwähnt werden] Ot – Ende.

  2. Jocole sagt:

    Ich kann mich an das erste Spiel von Mario Haas erinnern, live in der Gruabn.
    Ebenso wie Sebastian Prödl in seinen ersten Spielen den Alex Zickler (von Bayern zu Salzburg) abmontiert hat.
    Die ersten Minuten von Chris Leitgeb u Jakob Jantscher in Liebenau.
    Da konnte man immer sofort sehen wo es hingeht.
    Bei Camara würde ich jetzt in der Euphorie sogar sagen der ist noch besser.

  3. dawuede sagt:

    Das war einfach großartig, Kiteishvili und Horvat zusammen im offensiven Mittelfeld ist wirklich ein Traum und die pure Spielfreude. Wie wir auch mit der 2:1 Führung immer weiter Druck gemacht haben hab ich lang nicht mehr gesehen von uns, so konnte man sich am Ende eine hervorragende Ausgangssituation für das Rückspiel schaffen. Ich würde jetzt zwar nicht so weit gehen um es als Formsache zu bezeichnen, aber große Sorgen mache ich mir da nicht.

    Und was den jungen Camara betrifft, es wird nicht lange dauern bis sie im Fanshop Bettwäsche mit seinem Konterfei verkaufen können. Mit Abstand die größte Aktie die wir im Verein haben zurzeit, wenn die Entwicklung so weiter geht und er auch mal länger mitspielen darf als 5 Minuten dann wird er der nächste große Verkauf.

  4. Erzschwoarza sagt:

    Camara ist ein vielversprechendes Talent, dass gerade heute sehr viel potenzial aufblitzen hat lassen.
    Er ist, so wie es aussieht ohnehin schon gesetzt als Einwechselspieler. Ich denke aber, dass er in ein paar spielen schon von Anfang an spielen wird und wohl möglich gibt es bald den nächsten dicken Geldregen ala Rasmus.

    • Ennstaler sagt:

      Wieso denn immer gar so schnell? Wäre schön (und auch für die Spieler selbst gut), wenn die Sturmtalente einmal eine komplette Saison in der Kampfmannschaft spielten und nicht vorschnell mit vielen Vorschusslorbeeren verscherbelt würden.

  5. SchwarzSeher sagt:

    was für ein grossartiger Fussballabend – danke Sturm 🙂

    einen kleinen Einspruch:
    „Der Grazer Spielmacher stand auch bei der nächsten wichtigen Szene im Mittelpunkt. Nach 76 Minuten holte ihn der eingewechselte Trainersohn Vladimir Weiss Jr. von den Beinen.“
    hier wurde Gazi und nicht König Oto von den Beinen geholt 😉

    • Micha Pesseg sagt:

      Sorry, mein Fehler, danke für den Hinweis, wird korrigiert 🙂

  6. blackfoxx sagt:

    sehr starke Leistung – HZ2 war seit langem die beste, an die ich mich erinnern kann. Slovan hatte überhaupt keinen Zugriff mehr aufs Spiel (in HZ1 hatten wir da noch Probleme). Sehr getaugt hat mir der unbedingte Wille auch nach dem 2:1 weiter Gas zu geben, die beiden weiteren Tore waren Gold Wert! Auch das was wir von der Bank nachlegen können ist sehr beeindruckend, da kommt noch der letzte „Schub“ der einen Gegner dann final in die Knie zwingt oder ein Spiel noch umreißen kann!

  7. fid82 sagt:

    Das Spiel ist schwer einzuordnen.
    Wir haben auf jeden Fall wirklich seit langem wieder gut gespielt und auch kombiniert und sind am Gas geblieben. Auch das fehlt mir öfter.

    Ich finde auch, dass man Camara auf keinen Fall behutsam aufbauen sollte.
    Rein mit ihm! Mal statt Sarkaria in der ersten Elf, oder vor Willy einwechseln.
    Bei Wloda ist es anders. Wenn du hinten bist und drückst, ist er wahrscheinlich besser als Zielspieler.

    Der Gegner ist schwer einzuordnen. Wirkte wie eine Mannschaft von der Qualität WAC, die aber spielen wollen, als sind sie Salzburg.
    Also wie eben eine Spitzenmannschaft aus einer schwächeren Liga.

    • Micha Pesseg sagt:

      Mich hat Slovan gestern stark an das Prä-Rangnick-Red-Bull erinnert

  8. Bei all den Kommentaren vermisse ich dass niemand die bärenstarke Leistung von Lavaleé links hinten erwähnt. Hat Schnegg mM völlig in den Schatten gestellt. Jedenfalls insgesamt das Highlight der bisherigen Saison!!!

    • Micha Pesseg sagt:

      Bin riesiger Fan von Lavalee. Unbedingt fest verpflichten. Könnte mal eine ähnliche Rolle bei uns spielen wie in den letzten Jahren nur JGS und Wüthrich

    • @micha: hör dir den Black fm Podcast an, AS meinte darin das die Option auf ihn gezogen wird……

  9. Schworza99 sagt:

    Sehr gute Leistung. Wenn man unbedingt was bekritteln müsste dann dass das 1:1 nicht fallen muss. Aber am Ende ein mikroskopisch kleiner Schönheitsfehler ohne große Bedeutung.

    Besonders freuen tuts mich für Camara, da scheint wer an die Start 11 anzuklopfen. Wenn man Sarkaria und Wlodarczyk ansieht (die brauchen beide dringend Erfolgserlebnisse) ist dies wohl bald auch nicht mehr durch sein geringes Alter wegzulachen.

    Lavalée sowieso wieder eine Bank aber der spielt eh auf jeder Position gut…von dem her machen Vergleiche da wenig Sinn.

  10. Dragoner sagt:

    So ein schöner Fußballabend! Dafür gehen wir ins Stadion. Aber wenn es stimmt, was in der Kleinen Zeitung steht, dann graust mir schon vor dem Rapid-Spiel. Angeblich ist schon wieder ein illegales Pyro-Spektakel geplant von einer Fangruppe. Wenn das wirklich passiert, sollte der Verein endlich gnadenlos durchgreifen und lebenslange Stadionverbote aussprechen.

    • florian sagt:

      Ich fürchte, vor der Generalversammung wird der Verein gar nichts in Richtung Pyro-Fangruppen unternehmen. Die Angst ist vermutlich groß, dass das Wählerstimmen kosten könnte.

  11. fid82 sagt:

    Im Rückspiegel bin ich im Übrigen für Rotation:
    Schnegg, Borkovic, Johnson, Hierländer, Camara und Wloda in die erste 11.
    Gazi, Hengst, JGS, Prass, Sarkaria und Biereth auf die Bank.
    Da müssen wir so drüber kommen. Die anderen brauchen Pause.

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