Warum STURM? Gerade obgleich wohlweislich trotzdem ganz einfach DARUM!
„Ich verliebte mich in den Fußball, wie ich mich später in Frauen verlieben sollte: plötzlich, unerklärlich, unkritisch und ohne einen Gedanken an den Schmerz und die Zerrissenheit zu verschwenden, die damit verbunden sein würden.“ Nick Hornbys legendäre Textstelle aus dem Kultbuch Fever Pitch ist eines derjenigen Zitate, welches so gnadenlos grandios übertragen werden kann, um zu erklären, warum man Anhänger genau jenes Vereines geworden ist, der sich heute – genauso wie vor 107 Jahren – Sportklub Sturm nennt. Wohl kaum haben jene jungen Burschen, die sich an diesem 1. Mai 1909 – einem an sich herrlichen Frühlingstag – im Augarten getroffen haben, um ihrem liebsten Hobby zu frönen, damals auch nur erahnen können, wie sehr sie mit ihren Plänen viele weitere Generationen indirekt in den Bann ziehen würden. Als nämlich in der damals noch Kombination aus Aulandschaft und Park ein schwerer Regenschauer einsetzte und die jungen Männer Schutz in einem Haus in der Neuholdaugasse suchten, kamen sie beim ehrfürchtigen Anblick auf ihren zentral im Raum positionierten Lederball auf die Idee, aus der losen Kickerverbindung einen offiziellen Verein zu gründen. Die Intention dahinter war weder irgendwann später der landesweit beste seiner Zunft zu werden, geschweige denn, europaweit für Furore zu sorgen. Der Hintergrund war ein ganz pragmatischer: Wenn man sich organisieren würde, wäre die Chance auf ein zweites rundes Spielgerät, welches damals noch eine echte Rarität darstellte und beinahe unbezahlbar war, eine weitaus größere.
Der Legende nach war die Namensgebung genau diesen klimatischen Umständen bedingt: „Vom Regen hatte man heute kapitulieren müssen, aber ab nun sollte kein Sturm mehr den jungen Verein beugen.“ Sollte es nicht so gewesen sein, geschenkt! Denn eindrucksvoller und aussagekräftiger hätte diese nie und nimmer ausfallen können: Keiner der beiden verheerenden Weltkriege, kein Abstieg, kein Beinahe-Konkurs, kein völlig planlos oder selbstgefällig anmutender Trainer, kein Millionentransfer, der sich letztendlich als totaler Flop herausstellen sollte, konnten diesen Verein vollends in die Knie zwingen. Denn Sturm Graz ist kein sentimentales Relikt, Sturm Graz lebt!
Selbst die größten Fußballromantiker unter uns müssen sich damit abfinden, dass es, zumindest in der näheren Zukunft, keine Größen wie beispielsweise einen Gernot Jurtin, einen Mario Haas, einen Max Lamoth oder einen Ivica Vastic in unserer Mannschaft geben wird. Letztendlich bleibt es doch auch nebensächlich, wer sich das Sturmtrikot aktuell überstreift. Auch wenn wir uns über Kicker ärgern, die noch in der Herbstsaison nach dem ersten erzielten Treffer auf die Nordkurve zusteuern, dort das Wappen küssen, aber schon im Sommer beim erstbesten Angebot aus Wien wegen ein paar Tausender mehr die Farben wechseln. Auch nebensächlich. Denn wie schon Ivica Osim sagte. „Sturm ist wichtiger als jeder Spieler.“
Was ist denn schon ein Tor in den letzten sechs Pflichtspielen im Vergleich zu einem Abstieg in die Regionalliga 1959 und daraus resultierende Meisterschaftsspiele gegen die WSG Radenthein, den SC Bruck oder den SC Ranshofen? Was ist denn schon der aktuelle Zuschauerschnitt von nur 8.500 Besuchern im Vergleich zum Bundesliga-Heimspiel gegen den Wiener Sportklub 1992 vor 530 zahlenden Sturm-Knofeln in der legendären Gruabn? Angenommen das dubiose Konstrukt RB Salzburg würde eine derartige Unserie hinlegen, was würde passieren? Im Prinzip nicht viel: Deren Kunden würden sich abwenden, anderen Freizeitaktivitäten nachgehen oder sich eben einer anderen Filiale des Brauseproduktes zuwenden. Bei Sturm undenkbar.
Denn egal ob Nordkurvenbesucher, Only-TV-Konsument, Dauernörgler, Allesfahrer, Glory Hunter oder VIP-Klub-Besucher: So unterschiedlich die Charaktere auch sein mögen, im Prinzip eint sie doch eines: Die Liebe zu Sturm. Auch wenn diese unterschiedlich ausgeprägt sein mag. Und wenn es wieder einmal ganz schlimm ist, man sich über eine 0:1-Auswärtsniederlage gegen ein 6.000 Einwohner-Dorf ärgert, den Klubverantwortlichen jegliche Kompetenz abspricht, sollte man doch nach der ersten Emotion einen Blick auf ehemalige ähnliche Traditionsvereine wie dem einstigen Stadtrivalen oder den ehemaligen Europacup-Fighter Austria Salzburg werfen, kurz innehalten und dankbar dafür sein, dass es diesen Klub, der soviel mehr ist als ein Fußballverein – dank vieler Idealisten, aber auch dank des großartigen und prinzipiell sehr treuen Anhangs – noch gibt. Sturm lebt!
Hand aufs Herz: Klammheimlich würden wir doch alle gern von uns behaupten können, einer von jener Handvoll Hardcore-Fans gewesen zu sein, die bei der bereits angesprochenen 0:3-Niederlage gegen den Sportklub dabei gewesen sind. Der bereits wenige Jahre beginnende Erfolgslauf und Titelregen schmeckte für diejenigen doch wohl noch viel süßer. Der SK Sturm hat uns allen schon sehr viele schöne, emotionale Momente geschenkt. Geben wir, gerade jetzt, in diesen weniger erfolgreichen Zeiten, etwas davon zurück. Egal ob fahnenschwenkend, dauersingend, interessiert, angespannt, ruhig oder kritisch: Ins Stadion mit uns, Austria besiegen. Jetzt erst recht!
Was für ein Sinneswandel! Sehr positiv!
Ja. Alle ins Stadion und die Mannschaft unterstützen und aufhören zu kritisieren.
Max und Emil Lamot habe ich persönlich gekannt. Max war damals schon über 85. Sehr eigensinnig, hat 41 Jahren noch gespielt. Ja. Er ist eine Sturm-Legende.
Ich meine, der Herr Kolb und seine Genossen haben alle hier immer nur schwarzweisses im Sinn – kritisch oder nicht.
Und nicht vergessen, das LASK-Spiel vor 330 Zuschauern oder gegen Mödling mit 550. Ich war immer dabei. Nur damals gab es noch Spieler die bei aller fehlender spielerischer Qualität, für ihren Verein kämpften und gelaufen sind. Auch die bittere Mittere Play-Off oder als ich tatsächlich einmal am Jakomini-Platz gefragt wurde wer den gestorben sei, als ich mit meiner Schwarz-weißen Fahne durch die Stadt ging. Damals liefen plötzlich alle ATSE schauen, dort wurde gekämpft und eine Stimmung war dort wie zu besten Sturm-Zeiten.
Ich muss gestehen, auch wenn die damaligen Unkicker grauenhaft zum zuschauen waren, sie waren mir noch um einiges lieber als die modernen Prostituierten der heutigen Zeit. Mir ist schon klar, dass es solche Kainz Blender immer geben wird und gegeben hat, aber heute ist das eher schon der Standard.
Afri Cola Werbung und da Kipf an der Seitenlinie – Hut ab!
Spitzenartikel!
berührt unsere Seele, nicht wahr?!
danke, Günter Kolb
Nur sollte man die denen die dafür Verantwortlich sind, nicht auch noch zeigen das Gefühl geben alles wäre eh so super.
Ich möchte jetzt keine Vergleiche mit der Zwischenkriegszeit ziehen, deshalb schreibe ich nun auch nicht weiter.