Warten
Der Sturmfan charakterisiert sich in erster Linie durch seinen Eifer beim Ausleben seiner Leidenschaft und teilweise engelsgleiche Geduld, auch wenn er dies in besonders hitzigen Partien auf diesem einen Schlachtfeld der Moderne, dem Fußballplatz, aufgrund immer wieder kehrender Avancen der etwas wilderen Natur nicht immer gleich erkennen lässt. Er geht ins Stadion „Sturm schauen“ – immer. Wenn die Seitenränge längst nur mehr „fleckerlweise“ bemannt werden und der allgemeine Tenor über das Spiel der Schwarz-Weißen ein nicht gerade schmeichelhafter ist, steht er mit Schal, Fahne, in einigen Fällen auch mit Sitzpolster und dem Blick manchmal grimmiger, manchmal zaghafter Entschlossenheit auf seinem „Stammplatz“, bekennt sich deutlich zu seinem Verein und zeigt unmissverständlich Farbe. Meist stimmkräftig, meist frenetisch – kaum eine Begegnung mochten die Grazer Zuseher zu einem Geisterspiel werden lassen, egal ob das Liebenauer Stadion aus allen Nähten platzte oder wenigen Aficionados gar zu viel Platz bot. Es war immer etwas los, wenn Sturm Graz vor Heimpublikum spielen durfte.
Ungewohntes Bild
Heute, wenn der SK Sturm Graz den SCR Altach empfängt und zum letzten Saisonduell zwischen der Steiermark und Vorarlberg bittet, könnte sich dem versierten Beobachter des heimischen Fußballs in Graz zum ersten Mal seit langer Zeit ein beinahe erschütternd ungewöhnliches Bild bieten. Was in Grödig schon auffiel, wenn auch nicht extrem, wird in der steirischen Landeshauptstadt für eine ungewohnte Kulisse sorgen: Die Fanklubs haben den organisierten Support nämlich, wie schon ausreichend berichtet wurde, eingestellt und reagieren damit auf den strukturellen Stillstand innerhalb des Klubs und auf den mangelhaft erscheinenden Willen der Vereinsverantwortlichen, Worten auch Taten folgen zu lassen. Die Suche nach einem neuen Sportdirektor wird, wenn auch durchaus wohlwollend von Vertretern der Nordkurve zur Kenntnis genommen, daran nichts ändern. „In Grödig war da kein so großer Unterschied zu vorherigen Spielen zu erkennen“, gab Lukas Spendlhofer zu, aber zuhause werde sich diese neue Ruhe von den Rängen sicher ganz anders auswirken. „Wenn es einen Sieg gibt, wird sich das aber vielleicht wieder ändern!“, meinte der Innenverteidiger.
Nicht ganz als (durchaus zweitrangiger) Teilgrund ausgeschlossen werden darf aber auch die Tatsache, dass dem SK Sturm seit dem Frühjahrsauftakt vor eigenem Publikum nicht ein einziger Sieg gelang – die einstige Heimmacht, nur mehr wehmütiges Geflüster aus der Vergangenheit. Zu lange ist ein voller Erfolg im eigenen Stadion her, als dass Heimfans zufrieden sein könnten – selbst eine Punkteteilung gegen die eigentlich ja gar nicht einmal so schwache Wiener Austria konnte dem leidenden Stadiongeher diesbezüglich keine Linderung verschaffen, dennoch warten immer noch tausende Schwoaze geduldig darauf und werden die Drehkreuze auch heute wieder voller Hoffnung überwinden. Ungewöhnlich still wird es trotzdem sein.
Freie Betten im Lazarett
Es besteht also auch die Möglichkeit, dass heute Nachmittag ein doch hörbarer Teil des Stadionlärms aus dem Gästesektor kommen könnte. Das würde dann voraussichtlich nicht zuletzt auch an einer wahrscheinlich größeren Abordnung an Fans aus dem weststeirischen Geistthal liegen, die einen ihresgleichen im Dress der Gäste, nämlich Martin Harrer, linker Flügel im Ländle, anfeuern werden, auch wenn er verletzt ist und seinem Trainer Damir Canadí somit nicht zur Verfügung steht. Sturms Übungsleiter Franco Foda muss auf nur mehr zwei Kaderspieler verzichten, denn Thorsten Schick und Roman Kienast sind nach ihren Verletzungspausen wieder im Training und wohl auch grundsätzlich einsatzbereit, wenn auch nicht für 90 Minuten, wie der Coach im Mediabriefing zu verstehen gab. Der langzeitrekonvaleszente Simon Piesinger fristet sein Dasein im Lazarett aber weiterhin nicht alleine, denn Christian Klem, das vermeldete Foda gestern, hat sich im Training eine Verletzung zugezogen und wird heute somit nicht auflaufen können.
„Frühere Tore“
Sturm hat sechs von sieben Toren im Frühjahr jeweils in den letzten 15 Minuten erzielt – eine durchaus aussagekräftige Statistik, geht es nach Foda. Immerhin zeige sie, dass der konditionelle Zustand der Mannschaft außer Frage stünde. Dennoch wären ihm frühere Tore lieber: „Dann hätte der Trainer draußen auch ein leichteres Leben.“
In der Tat könnten frühe Tore für Sturm morgen spielentscheidend sein, denn sie geben Sicherheit und diese benötigen die Blackies dringend. Der durchaus verdiente Sieg in Grödig könnte dann auch der Startschuss für einen punktereichen Endspurt in dieser Bundesligasaison sein, die schon in wenigen Wochen endet. Gelingt es allerdings nicht, diesen Schwung in die heutige Partie mitzunehmen, könnte schnell auch wieder das Jammertal rufen.
Spieldaten
SK Sturm Graz vs. SCR Altach
Samstag, 8. April 2016, 16:00 Uhr, Stadion Liebenau, Bundesliga Runde 30
Mögliche Aufstellung:
SK Sturm: Esser; Kayhan, Avlonitis, Spendlhofer, Lykogiannis; Offenbacher, Kamavuaka; Schick, Avdijaj, Gruber; Kienast
Ersatz: Gratzei; Schoissengeyr, Potzmann, Lovric, Stankovic, Dobras, Horvath, Klaric
Es fehlen: Piesinger, Klem
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