Vor 10 Jahren verlor Sturm letztmalig ein Grazer Stadtderby
Am 10. Oktober 1989 zog eine argentinische Zaubermaus namens Jorge Diaz, mit drei erzielten Treffern beim 4:0-Sieg über den GAK, alle anwesenden Sturm-Knofel im Bundesstadion Liebenau in ihren Bann. Danach fehlte uns Sturm-Anhänger bis zum 9. Juli 1997, dem Tag des Eröffnungsspieles des Arnold-Schwarzenegger-Stadion, dieses spezifische, punktuelle Glücksgefühl, zumindest bis zum nächsten Derby, die Nummer 1 in der Stadt zu sein. So lange nämlich konnten die Schwarz-Weißen gegen ihren roten Erzrivalen keinen Ligaerfolg mehr feiern. Natürlich bekamen wir diesen Umstand von der roten Reichshälfte gerade Mitte der 90er-Jahre immer und immer wieder unter die Nase gerieben. Was der klassische GAK-Fan dabei nur zu gerne unterschlug: Dieser rote Erfolgslauf umfasste nur exakt acht Bundesliga-Spiele. Waren die Athletiker doch zwischen 1990 und 1995 zweitklassig, fünf von acht Begegnungen nach deren Wiederaufstieg endeten zudem Remis, und auch in der einzigen Cup-Begegnung in diesem Zeitraum behielt Sturm mit 3:1 die Oberhand.

„Sturm Durisol“ gegen „Körting-TV GAK“, 4:4, 1975 (c) Foto-Fischer-Graz
Nicht ganz ohne Rachegelüste für all den Kummer, den ihr Roten uns nichtsdestotrotz immer wieder bereitet habt, stellvertretend für Savo Ekmecic‘s Jubeltänze, als sich der GAK 1981 gegen die Wiener Austria abschießen ließ, um zu verhindern, dass Sturm erstmals den österreichischen Meistertitel in die Steiermark holt, in Erinnerung an Igor Pamic, für den ihr in jeder anderen Bundesliga-Begegnung scheinbar irreführend einen Doppelgänger auf das Feld geschickt habt, damit der Kroate immer und immer wieder gegen Sturm gut geschont explodieren konnte, weisen wir euch darauf hin, dass ihr mit dem heutigen Tage seit exakt einem Dezenium ohne Derbysieg dasteht. Zugegeben, diese Statistik hakt gewaltig, denn das letzte Spiel zwischen Rot und Schwarz fand ja schon vor über neun Jahren statt. Dafür können wir aber, wie schon zwischen 1990 und 1995, nichts. Sturm ist gerade gut aufgestellt. Aber ihr schlägt euch ja gegenwärtig lieber mit den Sportfreunden aus dem Rebenland, aus Thal und Gralla herum.
„Ohne Derby werden die vergangenen Spiele zwischen Sturm und GAK in den Köpfen der Stadionbesucher weiterspuken. Es ist für die Grazer Fußballfans nichts anderes, als würde über Nacht der Schloßberg verschwinden oder die Mur austrocknen.“ – Gerhard Roth
Dabei kam diese extreme Rivalität erst so richtig Anfang der 80er-Jahre auf, also zu einer Zeit, in der in Graz bereits sechs Jahrzehnte lang Stadtderbys ausgetragen wurden. Bis dahin galt es als gar nicht so große Ausnahme, dass sich steirische Fußballfans für beide Teams begeistern konnten und auch Heimspiele beider Vereine besuchten. Gegen Ende der Derbygeschichte hingegen, war es eher Usus, seiner Mannschaft national und international bis in das letzte Nest zu folgen, als ein Grazer Stadtderby live im Stadion zu verfolgen, in dem der Rivale als Veranstalter fungierte. Ein verlorenes Derby bedeutete seit jeher tagelange Sticheleien von gegengepolten Arbeitskollegen, Freunden oder Bekannten. Ein Sieg gegen den Stadtrivalen allerdings, bot das Höchste an Glücksgefühlen, war das Nonplusultra im Seelenleben eines Fans. Selbst in jenen Zeiten, als der Sportklub Sturm in der Champions League reüssierte, verlor dieses Duell nichts an seiner Brisanz. Drei Punkte am Mittwoch gegen Olympique Marseille, schön und gut, doch schon vier Tage nichts mehr wert, hätte man am Sonntag gegen den GAK Schiffsbruch erlitten.

Rassige Szene eines Derbys in der Grazer Gruabn Mitte der 80er-Jahre (c) Johann Dietrich
Vorfreude allerdings kam in beiden Fanlagern nie richtig auf, meistens überwog ganz einfach die Angst vor der ultimativen Blamage. Derbys waren einfach nie vorhersehbar, nicht selten hatte am Ende der Außenseiter die Nase vorne. In den 2000er Jahren gingen beide Grazer Klubs durch enorme Höhen und Tiefen. Vielleicht hat sich Sturm im Konkurs cleverer angestellt, eventuell bedurfte es auch jenes Glückes, dass dieser sich bei den Schwarz-Weißen für die Öffentlichkeit etwas früher abzeichnete. Der Sportklub Sturm hat im Jahr 2006 gerade noch so die Kurve bekommen, der Grazer-Athletiker-Klub hingegen konnte sich von der Misswirtschaft in dessen Führungsgremien nie mehr erholen. Daher wollen wir, mit der nötigen Distanz, auf jenen Tag zurückblicken, an dem Sturm zum (vorläufig) letzten Mal als Verlierer aus einem Stadtderby hervorging.
STURM – GAK 0:2
Es waren bewegte Tage, damals im November 2006. Beide Grazer Vereine dümpeln zwar in einer schier sportlichen Bedeutungslosigkeit, trotzdem blickt ganz Fußball-Österreich in die Steiermark. Sowohl dem SK Sturm, als auch dem GAK, wurde soeben in erster Instanz die Genehmigung verweigert, in der kommenden Saison am Spielbetrieb der österreichischen Bundesliga teilnehmen zu dürfen. Im Gegensatz zum Stadtrivalen aber, stellt Sturm von sich aus einen Konkursantrag beim Landesgericht für Zivilsachen. Hannes Kartnig tritt nach vierzehnjähriger Regentschaft mehr oder weniger freiwillig ab, Norbert Scherbaum wird zum Masseverwalter bestellt und Neo-Präsident Hans Fedl verneigte sich vor den Fans. In der roten Reichshälfte hingegen macht man sich über die finanzielle Misere beim Stadtrivalen lustig und betont, dass beim GAK doch um einiges seriöser gearbeitet wird und man sich um den Fortbestand des Vereines überhaupt keine Sorgen machen müsse.
Sturm geht an jenem 11.11.2006 als Favorit in das 128. Grazer Derby. Eine Brandrede von Hans Fedl weckt immense Emotionen, Trainer Franco Foda steht in keinster Weise zur Diskussion und die Fans wieder bedingungslos hinter der Mannschaft. Einem Team, welches mit erfrischenden Offensivfußball und einer echten Scheiß-da-nix-Mentalität auftritt. Beim GAK hingegen ist Lars Söndergaard bereits mächtig angezählt und bezeichnet die Situation als absoluten Nullpunkt. Präsident Stephan Sticher sprach ihm zwar unlängst bis zum Winter das Vertrauen aus, trotzdem ist der Druck auf den Coach groß und im Luftraum über Weinzödl pfeifen die Spatzen schon von den Dächern, dass eine etwaige Derby-Niederlage das Ende des Dänen bedeuten würde. Immerhin trägt der GAK vor diesem Spiel die Rote Laterne mit sich herum, allerdings nur vier Punkte hinter dem siebtplatzierten SK Sturm, dem schon vor Meisterschaftsbeginn drei Minuspunkte wegen Verstößen gegen Lizenzierungsauflagen aufgebrummt wurden.
„Ich stamme eigentlich aus einem schwarzen Elternhaus. Aber der GAK-Platz lag näher zu unserer Wohnung am Lendplatz. Also habe ich gegen den Willen meinen Eltern dort zu spielen begonnen. Dann habe ich einmal drei Tore in einem Vorspiel geschossen und bin in der Zeitung gestanden. Da hab ich dann eine ordentliche Watschn von meiner Großmutter bekommen.“ – Werner Gregoritsch
Das Liebenauer-Stadion ist erstmals seit dem Lazio-Spiel im Jahr 2002 wieder ausverkauft. Die Einnahmen sind Balsam auf den Wunden der maroden Klubkasse. Favorit Sturm bestimmt zwar zu Beginn das Spielgeschehen, doch zu echten Torchancen kommt in den ersten 45 Minuten nur der GAK: Zweimal aber glänzt Gregorz Szamotulski bei Großchancen von Rade Djokic, knapp nach der Pause holt der Sturm-Keeper eine Bombe von Pa Kujabi aus der Ecke. In der 64. Minute wird der glücklose Djokic durch Alen Skoro ersetzt und bereits zwei Minuten nach dessen Einwechslung, köpft der Bosnier nach einem Amerhauser-Eckball zur 1:0-Führung für die Rotjacken ein. Als praktisch im Gegenstoß Schiedsrichter Fritz Stuchlik ein absichtliches Handspiel von Kujabi im GAK-Strafraum übersieht, scheinen die Würfel nun endgültig gegen den SK Sturm gefallen zu sein. In der 83. Minute ist es dann Samir Muratovic (Anm.: Foto unten: Muratovic beim Auswärtssieg gegen Liverpool), der erneut per Kopf seinem späteren „Herzensverein“ den Garaus macht. Nach diesem Derby ist die Tabelle der österreichischen Fußball-Bundesliga vollends auf den Kopf gestellt: Die beiden Letztplatzierten heißen Rapid und Austria, die beiden Vereine aus der zweitgrößten Stadt des Landes, Sturm und GAK, belegen nun die Plätze sieben und acht.
Im Frühjahr 2007 gerät das rein Sportliche in der österreichischen Bundesliga immer mehr in den Hintergrund. Zunächst wird bei Sturm ein neuer Vorstand gewählt und der Zwangsausgleich geht durch („Sturm ist frei“ – Präsident Hans Rinner). Nach einem 0:1 gegen das bisherige Schlusslicht Austria Wien, liegt man im März aber auf dem letzten Platz. Beim Stadtrivalen GAK hingegen läuft das Konkursverfahren noch, auch hier hofft man auf eine positive Erledigung. Doch inmitten der Verhandlungen stellt die UEFA einen Antrag auf Abzug von sechs Punkten, da offene Lohnforderungen zugunsten des ehemaligen Legionärs Daniel Kimoni nicht erfüllt wurden. Und es kommt noch dicker: Gleich darauf zieht die Bundesliga dem GAK wegen diverser Lizenz-Vergehen 22, Sturm 10 Punkte ab. Norbert Scherbaum, mittlerweile nun auch als Masseverwalter bei den Roten tätig, protestiert zwar gegen diese Sanktionen, doch im April steht der GAK-Zwangsausgleich endgültig fest und der insgesamt 28-Punkte-Abzug wird schlagend. Die Foda-Elf lässt sich durch diese Turbulenzen aber nicht beirren, besticht weiterhin mit unbekümmerten Offensivfußball, gewinnt beide Frühjahrs-Derbys und beendet diese Saison mit 41 Zählern auf Rang sieben. Ohne Punkteabzüge hätte das junge Team sogar Platz 4 erreicht.

Der Erzrivale auch heute noch präsent. (c) Martin Hirtenfellner Fotografie
Absteiger GAK hingegen, hoffte bis zuletzt, in der kommenden Saison in der zweithöchsten österreichischen Spielklasse auflaufen zu dürfen, doch die Bundesliga schickt nach Lizenzverweigerung in allen Instanzen die Rotjacken in die Drittklassigkeit. In der Regionalliga-Mitte kämpft man vier Jahre lang immer wieder um den Aufstieg in die „Erste Liga„. Als der Klub jedoch im Oktober 2012 den vierten Konkursantrag einbringt, ergeht in weiterer Folge ein Schließungsantrag beim Handelsgericht. Für all jene, die eine Renaissance des Derbys herbeisehnen, weckt der Nachfolgeklub GAK 1902, der derzeit Tabellenführer in der Oberliga-Mitte ist, leichte Hoffnung. Ob dies zu unser aller Lebzeiten noch passieren wird, ist wohl mehr als fraglich.
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Kann mich noch genau an das este Spiel im neuen Liebenauer Stadion errinnern.
Einfach nur geil, 4:0 gegen die roten, vermisse diese schöne und oft harte Zeit.
Für mich bleibt das 2:1 in der zweiten Meistersaison das Highlight. Zuerst Prilasnig mit der „Mutter aller Handspiele“, und dann Martens, der in der 93. das Lachen der GAKler und von Rapid verstummen ließ…… Bis heute ein Wahnsinn… Und der Popovic erst….
Das dritte wäre für mich1986. Dir roten führten bis zur 65 min 2:0 im Casino Stadion.
Endstand 2:3, Siegtreffer in min. 88 durch Marko.