Von finnischen Busunternehmen und Sturmtrainern auf Abwegen

FC Inter Turku & Vitória Guimarães

FC Inter Turku

Verwunderliches zu Beginn: In Finnland gibt es einen staatlichen Sportwettenanbieter. Dieses Unternehmen, genannt Veikkaus, ist auch der Hauptsponsor und Namensgeber der obersten finnischen Spielklasse, der Veikkausliga. In dieser Veikkausliga spielten und spielen einige Teams mit schönen Namen, wie z.B. Myllykosken Pallo -47, Tampere United oder Seinäjoen Jalkapallokerho. Bei keinem dieser Teams, (eigentlich nur bei keinem ersten Wort) klingeln die Ohren des durchschnittlichen Fans jedoch so sehr wie bei Inter Turku, dem finnischen Meister des Jahres 2008. Nicht nur war Inter Turku 2013/14 in der Liga nur geringfügig schlechter als das Inter aus Mailand (10. Bzw. 5.), auch zwei klingende Transfers gehen auf das Konto des Vereins. Im Sommer 2013 wurden Renan Oliveira und Francis Suarez verpflichtet. Zwei Spieler, die dem Namen nach schon längst Weltstars sein könnten. Zugegeben, wenn man nach diesen Spielern googelt, wird man sehr schnell enttäuscht, aber der Verdacht liegt auch nahe, dass sie eben nur aufgrund ihres Personalausweises geholt wurden. Zwischen Jukka Lehtovaara, Juuso Hämäläinen und Eetu Toivomäki erliegt wohl auch der berechnendste Sportdirektor der Sehnsucht nach der großen Fussballwelt. Dies ist auch gleich die erste Parallele zum SK Sturm: Die Verpflichtung von vertragslosen Ausländern, die den Verein nach 6 Monaten als Missverständnis wieder verlassen. Oliveira und Suarez sind quasi die Smith und Barbaric von Inter Turku, wobei sie zumindest einige Spiele absolviert hatten – im Gegensatz zum sagenumwobenen Innenverteidiger Jelani Smith. Der Hauptsponsor des FC International Turku, so den Autor seine Finnischkentnisse nicht im Stich lassen, ist ein lokales Busunternehmen, dieses logiert auf der Homepage des Clubs über einem Werbebanner von Intersport Turku. Eine Bierbrauerei oder eine Zeitung war nicht auffindbar, was einen gravierenden Unterschied zum SK Sturm darstellt. Auch die Trikotfarben sind schiach anders, anstelle von Schwarz-Weiß kleiden sich die Turkunen/Turkus/Turki/Spieler von Inter Turku in Blau-Schwarze Trikots, getreu dem Vorbild von Inter Mailand.

Traditionsmäßig kann Inter Turku (schwedisch auch Inter Åbo) nicht ganz mit Sturm mithalten, wurde der Verein doch erst 1990 von einem finnischen Vater gegründet, weil sein Sohn keinen Platz bei einem der anderen Vereine in Turku bekam. So trat Inter auch erst 1992 in den Erwachsenenfußball ein. 1996 stieg man bereits erstmals in die Veikkausliga auf, wo man sich nach sofortigem Ab- und Wiederaufstieg bis heute aufhält. Inter Turku ist quasi der Emporkömmling in der Stadt, Turun Palloseura ist der größte Konkurrent. Inter teilt sich mit dem fünffachen finnischen Meister derzeit auch das neugebaute Veritas-Stadion. Derbys gibt es im Moment allerdings keine zu sehen, da Turun Palloseura nur in der zweiten Liga (Ykkönen) spielt.

Resümee: Inter Turku hat keine Tradition, dafür einen rasanten Aufstieg aus der Unterklasse hinter sich. Beides nicht wie Sturm. Der Verein teilt sich ein Stadion mit dem zweiten Großclub aus der Stadt. Wie Sturm früher. Nach dem Meistertitel landete man die nächsten beiden Saisonen nur im Ligamittelfeld. Wie Sturm. Eher sinnbefreite ablösefreie Legionärstransfers sind dem Verein nicht fremd. Wie Sturm. Rückholaktionen dafür schon. Nicht wie Sturm.

Kurz gesagt, Inter Turku ist eine alkoholfreie (und international noch erfolglosere) Sturm-Alternative für Fans, denen Tradition nicht wichtig ist.

Und in Finnland haben die unteren Ligen wunderschöne Namen. Ykkönen („Nummer Eins“, 2. Liga (sic)), Kakkonen, Kolmonen, Nelonen, Vitonen, und Kutonen („Nummer Sechs“, 7. Liga).

 

 

Vitória Guimarães

Guimarães, gelegen im Distrikt Braga im Norden Portugals, war die Geburtsstätte des ersten Königs von Portugal und auch dessen erste Hauptstadt, gemeinhin gilt die Stadt als „Wiege Portugals“.

Die 52.000 Einwohner von Guimarães können also definitiv stolz auf die Geschichte ihrer Stadt sein. Was den größten städtischen Fussballverein, den „„Vitória Sport Clube de Guimarães“ betrifft, so ist die Gefühlslage vermutlich etwas zwiespältiger. So liegt Vitória zwar auf dem fünften Platz der ewigen Tabelle in der portugiesischen „Liga Zon Sagres“, vor ihm rangieren nur die „Großvereine“ und Belenenses Lissabon. Allerdings konnten in der über 90jährigen Geschichte des Vereins erst zwei Titel errungen werden, namentlich den portugiesischen Supercup 1988 und den Cup 2013 (gegen Benfica).

Toptorschütze 2014/15 und Star des Teams ist ein 25-jähriger Mittelfeldspieler mit dem klingenden (Künstler)namen André André. Bei der Durchsicht des Kaders könnte man als Sturmfan eventuell etwas Ehrfurcht verspüren. Christian Gratzei, Benedikt Pliquett und Tobias Schützenauer mögen ja großteils relativ verlässliche Torhüter sein, aber sie versprühen zweifellos keinen besonderen Flair. Das Tor von Vitória hütet das quasi ultimative Synonym für Flair – Douglas Jesus. Ein Name wie ein 70 Meter Dribbling mitsamt Außenristschlenzer. Ein Mann, dem man einfach keine Fehler anlasten kann. Douglas Jesus – das ist der Helene Fischer des Fussballsports. (Notiz an mich selbst: „Namensänderung in Österreich“ googlen)

Trainiert wurde Vitória in der Vergangenheit übrigens unter anderem vom früheren GAK-Spieler und späteren Sturmtrainer Hermann Stessl, nach Aufenthalten bei (u.a.) FC Porto und Boavista Porto zog es ihn 1983 für eine Saison in den Norden Portugals, bevor er nach Graz zurückkehrte und den SK Sturm übernahm. Mit Vitória erreichte er – ebenso wie mit Sturm – den sechsten Platz in der Tabelle. An neue Trikotfarben musste sich Stessl dabei nicht gewöhnen, auch Vitória Guimarães hat sich für die schönstmögliche Trikotfarbgebung entschieden – schwarz und weiß. Interessanterweise ist auch der Erzrivale farbident. Da es in Guimarães keinen zweiten Großclub gibt, gelten die beiden „Derby Minhoto“, die Spiele gegen Sporting Braga, die meist in Rot antreten, als Höhepunkte der Saison.

Einige große Spieler der letzten Jahrzehnte haben vor ihrer „großen Karriere“ bei Vitória begonnen, so u.a. die portugiesischen Nationalspieler Nuno Capucho, Bruno Alves, Fernando Meira, Pedro Barbosa  und Paulo Bento oder der slowenische Nationalteamrekordtorschütze Zlatko Zahovič. Beobachter der deutschen Bundesliga könnten sich auch noch an den langjährigen Kölner Pedro Geromel erinnern, der vor dem Transfer nach Deutschland ebenfalls in Guimarães Station machte.

Guimarães hat als 25.größte Stadt in Portugal das geschafft, was Graz als zweitgrößte Österreichs nicht konnte/wollte, nämlich Austragungsort der EM zu werden. Während die Pläne für einen Stadionumbau in Graz in schöner Regelmäßigkeit hinausgeschoben werden, spielt Vitória in einem modernen, großen und schönen Stadion, dem 2003 eröffneten „Estádio Dom Afonso Henriques“ mit rund 30.000 Plätzen. Dies mag für die Größe der Stadt überdimensioniert wirken, doch hat Vitória einen traditionell hohen Fanzuspruch, 2014/15 hält man bei einem Besucherschnitt von knapp 18.000.

Resümee: Vitória Guimarães hat eine lange Geschichte mit (relativ) wenigen Titeln. Wie Sturm. Man hat ein modernes Stadion, und einen für die Größe der Stadt sehr beachtlichen Zuschauerschnitt. Nicht wie Sturm. Für die Champions League war man noch nie qualifiziert, im UEFA Cup oder der Europa League war auch stets schnell Endstation. Nicht wie Sturm. Gesponsert wird Vitória von Banken und einer Brauerei. Wie Sturm, nur mit mehr verschiedenen Banken.

Kurz gesagt, Vitória Guimarães ist definitiv ein taugliches „Zweitsturm“, wenn der geneigte Sturmfan zufällig mal in der Nähe unterwegs ist lohnt es sich sicher, im König-Afonso-Henriques-Stadion vorbeizuschauen. Zu welcher Farbe man hält, ist dort ohnehin einfach zu beantworten.

Ob die durstigen Fans im Stadion wohl immer Bock auf Super Bock haben?

 

4 Kommentare

  1. 31ersektor sagt:

    Ihr legt ja was die artikeldichte angeht ja fulminant los, fettes lob dafür! Nur achtet vielleicht ein wenig mehr auf das kernthema sturm, obwohl ich den artikel sehr lustig finde. (Und danke für den seitenhieb smith und konsorten betreffend, manchmal kann ma sturm und das ams schwer auseinanderhalten)
    Und irgendwie hab ich grad richtig bock auf superbock und die verrückten finnischen namen haben mich auch amüsiert 🙂

  2. zuggi68 sagt:

    Schön,dass es wieder eine Plattform gibt, die sich mit Sturm Graz beschäftigt. Und das auch gleich in einer akzeptablen/guten Qualität. Ihr könnt auch ruhig manche Artikel noch etwas ruhen lassen, damit ihr z.B. täglich was posten könnt. Diese Artikel wäre meiner Meinung nach zum Beispiel ein gutes Füllmittel für das Sommerloch, dass dann eh kommt gewesen. Aber das bleibt schließlich ja euch überlassen. Viel Spaß euch und vielen Dank für eine Neuinitalisierung einer Onlineplattform für Sturm!!

    • Christoph sagt:

      Das ist der erste Teil einer Serie, Artikel dieser Art werden unter dem Titel „Fast wie Sturm, nur woanders“ noch weitere erscheinen, und euch das Sommerloch hoffentlich erträglich machen 😉

  3. sturm1909 sagt:

    muss euch auch ein großes lob aussprechen ein guter Artikel habe mich köstlich amüsiert vorallem beim teil wo es sich um FC Inter Turku gedreht hat 🙂 die Serie fängt schon mal gut an macht weiter so.
    Es bleibt zwar euch überlassen aber wenn es sich anbietet eürde ich auch manche Berichte mal ruhen lassen damit ihr genug im Archiv habt ist nur eine Anmerkung von mir!!

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