Volimo te Ivane

Als der SK Sturm seine größten Erfolge in der Champions League feierte, war der Verfasser dieses Textes noch nicht auf der Welt. Er hört heute noch die Erzählungen vom magischen Dreieck und vor allem vom Jahrhunderttrainer Ivica Osim. Jeder Sturmfan sieht ihn wohl noch immer vor dem geistigen Auge, rauchend an der Trainerbank im Schwarzenegger-Stadion stehend und sich an der roten Schlaufe festhaltend. Bilder für die Ewigkeit. Umso größer war der Respekt, den der Autor vor dem großgewachsenen Bosnier hatte, als er ihn das erste Mal in Natura sah, um ihn um ein Autogramm zu bitten – als achtjähriger Knopf, der gerade das Gleiche durchmachte, nämlich nach einem Schlaganfall wieder auf die Beine zu kommen. Er wirkte immer sehr reserviert und war so „gern“ in der Öffentlichkeit, aber gerade das machte seinen Charme aus. Ivica Osim hat den Legendenstatus nicht umsonst erhalten, als er im Sommer 1994 anstatt Milan Djuricic nach Graz kam, formte er in kurzer Zeit eine Mannschaft, die gegen Manchester United oder Real Madrid in der Königsklasse antrat und die Großen des internationalen Fußballs das ein oder andere Mal ärgerte. Vor seinem Engagement bei den Schwarz-Weißen vergewisserte er sich aber noch, ob Djuricic in Graz wirklich nicht mehr als Trainer agieren wollte. Ivan hätte es missfallen, wenn seinetwegen jemand entlassen worden wäre. So viel zu seinem Charme. Die Zahlen sprechen klare Worte: 53 Prozent aller Spiele mit dem SK Sturm konnte er gewinnen, nur deren 23 gingen verloren. Für den 78-Jährigen gäbe es wohl nichts Schöneres, als wieder auf der Trainerbank Platz zu nehmen und die Spiele nicht vor dem Fernseher zu verfolgen. Wozu ihn sein Körper in letzter Zeit aber leider immer öfter zwingt. Aber lassen wir die nicht so schönen Dinge links liegen und schwelgen wir weiter in den Erinnerungen an den Jahrhunderttrainer. Er lebt auch heute noch mit jeder Faser seines Körpers für den Fußball. Mit Sagern wie: „Sturm ist wichtiger als jeder Spieler“ oder „Jeder Tag ohne Fußball ist ein verlorener Tag“ hat er sich in die Herzen der Sturmfans und vielleicht sogar in die Herzen der Fußballfanatiker auf der ganzen Welt gespielt.

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

Unvergessen ist auch das Spiel gegen den SV Mattersburg 2016: Zum 75. Geburtstag war Osim zu Gast in der UPC-Arena und wurde gebührend gefeiert. So mancher Sturmfan – darunter auch der Autor dieser Zeilen – egal ob er all diese Erfolge zur aktiven Zeit miterlebt hat oder nicht, musste die ein oder andere Träne verdrücken und konnte die Gänsehaut, die sich am ganzen Körper breit machte, kaum verbergen, als sich über dem Schriftzug „Sretan rodendan legendo – Volimo te Ivane“ (Alles Gute zum Geburtstag Legende – Wir lieben dich Ivan) die ganze Nordkurve mit bengalischen Feuern bedeckte, Ivica Osim feierte und ihm so zum Geburtstag gratulierte.
Man würde meinen, er war eben ein erfolgreicher Trainer, aber er ist so viel mehr: Osim war es, dem es gelang, tausende Menschen zu begeistern, Sturm über die Grenzen hinaus bekannt zu machen und auch anderswo Geschichte zu schreiben. Als Trainer, Philosoph, Brückenbauer, vor allem aber als außergewöhnliche Erscheinung – im positivsten Sinne.

3 Kommentare

  1. Generation94 sagt:

    Im Unterschied zum Verfasser dieser Zeilen war ich gottlob Zeitzeuge. Und alles was ich sagen kann ist, dass Osim noch größer war als in diesem Artikel dargestellt.
    Er hat schlicht Sturm Graz überhaupt erst auf die Fussballlandkarte gesetzt. Eigentlich hat er sogar Graz erst auf die Landkarte gesetzt.
    Wie Moses hat er Sturm zweigeteilt: In die Pre-Osim Ära und die Post-Osim Ära. 2 verschiedene Vereine, nur Name und Vereinsfarben sind gleich geblieben.
    Sturm hatte teilweise einen Zuschauerschnitt von 3200, Spiele vor waren 2000 Fans ganz normal.
    Heute undenkbar. Dank Osim!

  2. sflany sagt:

    schau einer an, hab ein Interview von Ivan Ljubic bei 12terMann.at gefunden. Liest sich interessant, sympathischer Kerl.

    https://www.12termann.at/oefb/bundesliga/interview-ivan-ljubic/

  3. Strauss sagt:

    Er kam 2, oder 3 Tage zu spät zur Vorstellung in die Gruabm. Da dachte ich mir, dass kann ja heiter werden. Der Rest ist Geschichte und wenn ich hier Poste, trage ich seinen Avatar. Seit immer. Alles gesagt. Legend.

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