Vogel: „Wenn dir jemand sagt, dass es nicht mehr weitergeht, ist das ein Stich“

Ex-Sturm-Trainer Heiko Vogel im Interview

Am 5. November wurde Heiko Vogel von den Verantwortlichen des SK Sturm als Trainer entlassen. Mit veränderten Personalien wollte man beim aktuell Siebten der Österreichischen Bundesliga frischen Wind herbeiführen, damit die sportliche Durststrecke – nur ein Sieg aus den letzten 14 Partien – endlich endet. Günther Neukirchner hat als Interimscoach schon mal nicht das Glück erzwingen können (nur ein 0:0 zuhause gegen St. Pölten), nun ist Roman Mählich an der Reihe.

Ex-Coach Heiko Vogel hat dem Schweizer Online-Medium TagesWoche.ch ein Interview gegeben, welches wir euch nicht vorenthalten möchten (zum ganzen Interview). Einige interessante Aussagen haben wir nachfolgend zusammengefasst.

Foto: © Martin Hirtenfellner Fotografie

Heiko Vogel:

… darüber, wie er den Tag seiner Entlassung erlebt hat:

Gelassen. Ich hatte klar kommuniziert, was ich mir vorstelle. Es gab nur zwei Möglichkeiten, weil ich schwarz oder weiß gefordert habe. Nichts zwischendrin. Und das habe ich bekommen. Wir haben am Samstag daheim gegen Innsbruck 1:1 gespielt. Ich wusste, dass die Klubführung am Sonntag zusammensitzt. Das war eine offene Kommunikation zwischen mir und Präsident Christian Jauk. Und am Montagmorgen wusste ich Bescheid, dass man sich von mir trennen will.

… über die Gründe der Entlassung nach nur 10 Monaten als Trainer in Graz:

Wir sind auch ein bisschen Opfer des Erfolges geworden. Die Abgänge, die wir zu verkraften hatten, kann kein Verein auf dem Level kompensieren. Da gibt es keine Entschuldigung. Da haben einfach die Mechanismen des Fußballs gegriffen. Die Trennung war der Situation geschuldet und als Trainer bist du das schwächste Glied der Kette.

… über die lange sieglose Serie:

Es war ohne Frage eine schwierige Phase. Wir konnten uns nicht richtig vorbereiten. Wir haben fünf Stammspieler verloren, darunter den Captain und Toptorjäger und es wurden Spieler geholt, die nicht die nötige Wettkampfhärte mitbringen konnten, weil sie bei ihren vorhergehenden Vereinen nicht zu den Stammkräften gehört haben. Dass der Erneuerungsprozess Zeit benötigt, die ich in Graz vielleicht nicht bekommen habe – das muss man akzeptieren. Das sage ich völlig ohne Groll. Es ist für mich eine sehr lehrreiche Erfahrung gewesen.

… vergleicht die Grazer Fankultur mit derjenigen in Basel:

Es gibt Parallelen zu Basel. Auch in Graz gibt es eine super Fankurve. In Basel wie in Graz ist der Support bedingungslos, der Fußball insgesamt wird von den Fans dennoch sehr fundiert und differenziert betrachtet und bewertet. Da habe ich als Trainer des FCB und von Sturm zwei Fankulturen kennenlernen dürfen, die ihresgleichen suchen.

… über Journalismus:

Es wird viel dummes Zeug verbreitet. Als ich in Graz anfing, hieß es über mich, ich sei ein Hitzkopf. Ich weiß, dass Journalisten zu meinem Job dazugehören und ich respektiere vor allem jene, die wirklich versuchen, fundiert zu schreiben. In Österreich gab es einen, der hat jede Woche über mich geschrieben, ohne dass ich ihn je zu Gesicht bekommen hätte. Er hat mich von Anfang an, egal was war, vernichtet. Das gibt es eben auch.

… darüber, was nach einer Entlassung passiert:

Ich will nicht sagen, dass man da eine Routine kriegt. Beim FC Basel wurde ich von meinem ersten Cheftrainer-Posten entlassen. Nach unglaublichen Erfolgen. Aber jeder Mensch ist eitel. Und wenn dir jemand sagt, dass es nicht mehr weitergeht, ist das ein Stich. Wer das negiert, der lügt.

… darüber, ob man in ein Loch fällt:

Nein. Man kann erst mal durchatmen. Von heute auf morgen ändert sich aber dein Tagesablauf. Du beschäftigst dich nicht mehr mit dem Training. Nicht mehr mit dem nächsten Gegner. Ich genieße das jetzt auch: Zeit für mich und die Familie zu haben und Energie zu tanken. Ich fand die Zeit in Graz extrem anstrengend. Ich habe Kraftreserven aufgebraucht und die lade ich jetzt auf.

… darüber, was nach einer Woche Arbeitslosigkeit passiert:

Die Faszination Fußball ist stärker als alles andere. Man kann aber einen anderen Fokus haben. Keine Spiele mehr vorbereiten, keine Nachbearbeitung mehr. Jetzt suche ich mir wieder aus, was ich mir anschaue. Ich habe die letzte Auszeit zum Beispiel genutzt, um drei Tage bei Arno del Curto in Davos zu verbringen (Anm.: Eishockeytrainer). Ich fand es hochspannend. Diese Begegnung hat mich mehr geprägt als manch ein Fußballtrainer. Del Curto ist ein überragender Typ und verfolgt wie ein Besessener seine Linie. Wenn ich die Möglichkeit habe, schaue ich mir andere Sportarten an, erfolgreichen Handball zum Beispiel. Weil ich glaube, dass es hinter Erfolg eine bestimmte Anatomie gibt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand aus reinem Zufall etwas erreicht hat.

… darüber, ob sein Selbstwertgefühl durch die Entlassung in Mitleidenschaft gezogen wurde:

Nein, da überwiegt bei mir die Überzeugung meines Könnens. Wir haben im Mai gegen RB Salzburg den Pokal gewonnen, gegen diesen absoluten Vorzeigeverein. Da haben wir etwas Außergewöhnliches geleistet, schließlich haben wir den zehnten Salzburger Titel in Serie verhindert. Es wäre ihr fünftes Double gewesen. Deswegen weiß ich, was ich kann.

 

10 Kommentare

  1. graz4ever sagt:

    Kann man sagen, was man will:

    Aber der Cupsieg war weltklasse und egal wie man Vogels Arbeit sieht, war es doch zu mind.90% sein Verdienst!!!

    Er hat uns gg die Dosen einfach perfekt eingestellt – physisch+mental – sodass Slzbg eigentlich net wirklich a Chance hatte, da wir sehr souverän aufgetreten sind!

    • schmitz sagt:

      Träum schön weiter,  bist der gleich Dapfplauderer wie es Vogel einer WAR .

    • Schworza99 sagt:

      Schmitz nachtreten muss man nicht…ich hoffe nur du bleibst deiner Linie treu und forderst auch sofort den Abgang von Mählich sollten wir nicht zu gewinnen anfangen.

      PS: Bosnien.

  2. Siro sagt:

    Jetzt gehts dem Fußballfachmann Enzi Burkinger hoffentlich auch wieder besser.

  3. goodoldtimes sagt:

    Vogel weist die gesamte Verantwortung von sich und schiebt die Schuld auf die Abgänge und schwachen Neuzugänge. Aber die Neuzugänge hatte er doch als Trainer mit zu verantworten und es ist seine Aufgabe, die Spieler in die Kampfmannschaft einzugliedern.

    Er meint auch, der Klub sei nicht geduldig genug gewesen. Aber ich denke, niemand hat einen 2. oder 3. Platz für Sturm erwartet, oder dass wir fix Europa League spielen! Wenn wir nach dem Innsbruck-Spiel am 5. Platz gewesen wären und gegen Larnaka weniger peinlich ausgeschieden wären, hätte er sicher noch seinen Job! Aber unsere Statistik ist mies wie zuletzt nach der großen Pleite. Und das ohne große Pleite!

    Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Kreissl und Vogel im Sommer plötzlich nur „unbrauchbare“ Spieler geholt haben weil sie nicht mehr wissen, was sie tun. Ich denke eher, mit den Spielern wurde falsch umgegangen. Das ist nur mein Eindruck. Ob das jetzt der Vogel vermurkst hat? Keine Ahnung!

    Er hat es geschafft, eine intakte Mannschaft zu einem Titel zu führen und dafür werden ihm immer alle dankbar sein. Nachher hat er es aber nicht geschafft, eine neue Mannschaft aufzubauen. Für mich ist da die Trennung von ihm nur logisch, moderner Fußball hin oder her.

    • Schworza99 sagt:

      Ob er einen 3 Jahres Vertrag für Hosiner verlangt hat…i daut it.

       

      So oder so: Wenns an Vogel gelegen ist muss es unter Mählich funktionieren sonst haben wir einen Trainer umsonst ins Nirvana geschickt….

    • goodoldtimes sagt:

      Ich sag ja auch nicht, dass das nur an Vogel liegt, aber die ganze Verantwortung von sich zu weisen is schon dreist. Wofür haben wir zum Beispiel der Obermair geholt, wenn er nur für die Bank taugt?

    • Schworza99 sagt:

      Gut Kreissl sagte auch der Kader hat sich zum Vorjahr nicht verschlechtert…mit Ruhm bekleckert sich in solchen Situationen bei Sturm nie wer…

  4. zw78 sagt:

    @Schworza Also du bist sicher der letzte, der das Nachtreten anprangern darf!

    Nichtsdestotrotz hast du recht, gehört sich nicht. Schon gar nicht bei einem Trainer, der einen Titel geholt hat.

    Was ich aber kritisiere:

    Aussagen wie “wir konnten uns nicht vorbereiten”, und “die neuen waren vorher keine Stammspieler”.

    1. Wer seinem Team nach zwei sehr enttäuschenden Spielen wie gg Larnaca und Altach zwei Tage frei gibt, darf sich über mangelnde Zeit zur Vorbereitung nicht wundern.

    2. Grozurek, Lackner, Obermair,  Ferreira, Kiteishvili… alles Stammspieler gewesen. Über die Qualität der Zugänge kann man diskutieren,  nicht aber, dass sie grossteils mit Spielpraxis kamen. Reine Schutzbehauptung also.

    • Schworza99 sagt:

      1.) haben wir ja gesehen wieviel ein extra Kurz-Trainigslager vor dem Innsbruck Spiel geholfen hat…die waren bzw. sind mental total angeknackst. Hierländer verstolpert sichere Tore, man holt sich Rote Karten in HZ1 ab, Funktionäre explodieren…hats nur am Vogel gelegen müsst ma jetzt eh durchmarschieren.

      2) warten wir bitte noch 8 Runden ab. Ich wünsche es dem Mählich das er jetzt eine bombastische Siegesserie startet, nur glaube ich nicht dieselben die sich gegen Larnaca 7 gefangen haben hätten überhaupt die Mentalität sowas durchzuziehen…Trainer hin oder her. Der Kader ist schon alleine deshalb schwächer, weil keiner der Dagebliebenen auch nur annähernd seine Leistung vom Vorjahr bestätigen konnte und so sind die neuen halt auch alle mehr oder weniger eingefahren.

       

      Ps:

      Nach Foda 1.0 habe ich bestimmt nicht nachgetreten…sollte Vogel noch 2x wiederkommen können wir in dem Punkt gerne Vergleiche anstellen. Aber

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