Viel Masn und ein Ass im Ärmel – Fuseini sorgt für späte Erlösung

Das Deadline-Day-Drama hatte Sturm heil überstanden, der ernüchternde Liga-Alltag wurde mit offenen Armen willkommen geheißen. Gregory Wüthrich war ohne neuen Arbeitgeber, aber mit einem schwer zu verdauenden Schock aus Augsburg zurückgekehrt und Alexander Prass erst gar nicht in den Flieger Richtung Frankreich gestiegen. Neuzugang Dimitri Lavalée trat die Reise an den Bodensee nicht an – im Gegensatz zu den beiden Fast-Abgängen Wüthrich und Prass sowie knapp 350 Sturm-Fans.

Also alles wie immer? Nicht ganz. Von der berüchtigten Ilzer-Raute war anfangs nichts zu sehen, die taktische Formation glich eher einem 4-2-2-2. Christian Ilzer nahm kleine Anpassungen vor, positionierte Prass diesmal nicht auf der linken Außenbahn, sondern auf der Doppelsechs neben Jon Gorenc Stankovic. Der slowenische Chef-Abräumer ersetzte den zunächst auf der Ersatzbank hockenden Stefan Hierländer in dessen Funktion als Mannschaftskapitän. Prass wurde von Ilzer mit mehr Bewegungsfreiheit ausgestattet als JGS.

Joachim Standfest – Altach-Cheftrainer und Ex-Blacky in Personalunion – setzte hingegen auf ein 3-4-1-2. Der bei Sturm ausgebildete Lukas Fadinger agierte als hängende Spitze. Urgestein Atdhe Nuhiu und der flinke Brasilianer Gustavo Santos bildeten beim SCRA das Sturmduo. Torhüterlegende Tobias Schützenauer nahm auf der Ersatzbank Platz, Dejan Stojanović hütete als aktuelle Nr. 1 wieder den Kasten der Altacher.

Enttäuschender Beginn

In der 4. Minute kam David Affengruber nach einem Eckball zur ersten Torchance. Sein Fallrückzieher wirkte gefährlich – ging aber eigentlich weit neben das Tor. Anschließend übernahmen die Gastgeber das Kommando. In der 5. Minute leistete sich Sturm im Aufbauspiel die erste entbehrliche Fehlerkette. Manprit Sarkaria verknotete sich die Hachsen bei der Ballannahme, Leonardo Lukacevic schnappte sich die Kugel, bediente Lukas Fadinger –  auf dessen perfekt servierten Lochpass folgte ein müder Abschluss von Gustavo Santos. Nur drei Minuten später kam Nuhiu zum Kopfball – Affengruber störte den 34-Jährigen entscheidend. Kjell Scherpen schnappte sich den blutarmen Abschluss ohne Probleme.

Alexander Prass räumte in der 18. Minute mit einer Grätsche zwei Altacher ab. Davon abgesehen strahlte Sturm zunächst kaum Gefahr aus. Ein unerklärlicher Fehlpass folgte auf den nächsten. Kamen die Blackys trotzdem in die Nähe von Altach-Goalie Stojanović, ließen sämtliche Kombinationen die letzte Konsequenz vermissen. Zu viel klein-klein, zu kompliziert. 

Rettungsanker VAR

Im Gegensatz dazu die Vorarlberger: Immer wieder setzten sie Nadelstiche und stellten die Sturm-Defensive vor immense Probleme. In der 20. Minute rettete David Schnegg in höchster Not gegen den immer aktiven Mike-Steven Bähre. Kurz zuvor hatte der deutsche Legionär Abwehrchef Wüthrich mit einem technischen Gustostückerl ins Leere laufen lassen. Den anschließenden Corner klärte Sturm, die Situation wirkte entschärft.

Über Umwege kam der Ball jedoch zum Ex-GAK-Profi Paul-Friedrich Koller. Stankovic grätschte in den luftleeren Raum, Koller bedankte sich und brachte eine scharfe Flanke ins Zentrum. Lukas Gugganig ließ die Chance liegen, doch die Kugel blieb im Rheindorfer Acker Rasen hängen. Nuhiu zimmerte das Ding in die Maschen und drehte zum Torjubel ab. Der sollte von einer kalibrierten Linie und circa fünf Millimetern Abseitsstellung jäh beendet werden. Nuhius Ferse ragte leicht in die verbotene Zone. Mit viel Masn rettete Sturm das 0:0 in die Halbzeitpause.

Grüße nach Wien-Meidling

Trainer Ilzer verzichtete in dieser überraschenderweise auf einen Wechsel, aber wohl nicht auf eine scharfe Ansprache. Diese zeigte anfangs kaum Wirkung. Auch nach dem Seitenwechsel bettelte Sturm um das erste Gegentor. 50. Minute: Gustavo Santos taucht frei vor Scherpen auf, trifft das Tor nicht. Ohnehin Abseits. 51. Minute: Gustavo Santos taucht frei vor Scherpen auf, dem Sturm-Goalie gelingt eine sehenswerte Fußparade. Ohnehin Abseits. 53. Minute: Gebauer flankt, der Ball trifft den Arm von David Schnegg – Elfmeter für Altach! Der VAR korrigiert zugunsten der Grazer: Stützarm, kein strafbares Handspiel. Erneut kam Sturm mit einem blauen Auge davon. 

Pure Effizienz 

Altach dominierte, Altach wirkte aggressiver, bissiger, zielstrebiger. Und trotzdem, nach 63 Minuten wurde im ehrwürdigen Liveticker erstmals die Quetschn angestimmt. Alexander Prass hatte sich an der Altacher Abwehrreihe die Zähne ausgebissen, den Angriff abgebrochen und den tief postionierten Wüthrich bedient. Der verlagerte das Spiel auf den rechten Flügel, ein Gestocher später kam Otar Kiteishvili im gegnerischen Strafraum zum Abschluss. Ein facher, nicht all zu platzierter, aber überraschender Abschluss – Stojanović war wohl ein wenig die Sicht verstellt. 1:0 für Sturm Graz!

Stefan Hierländer und Amadou Dante wurden eingewechselt und sollten die zerrütteten steirischen Nerven beruhigen. Das funktionierte nur bedingt. Nach zehn vergleichsweise angenehm dahinplätschernden Minuten glich Koller aus. Stankovic hatte den Ball nach einer Standardsituation unglücklich abgefälscht, der Altacher musste nur noch den Fuß hinhalten – der 1:1-Ausgleich. Diesmal sollte der VAR die mitgereisten Blackies nicht erlösen. In Wien-Meidling prüfte man die Situation. Nach Auslegung von Schiedsrichter Gerhard Grobelnik wurde der Ball zuletzt von Stankovic aktiv beeinflusst, folgerichtig kein Abseits. 

Es roch stark nach Punkteteilung. Doch Chris Ilzer bewies ein gutes Händchen, wechselte in der 88. Minute Mo Fuseini ein – drei Minuten danach sollte der Joker stechen. Mit viel Wille und noch mehr Glück brachte Kiteishvili den Ball zum wieselflinken Ghanaer. Der 21-Jährige visierte den langen Pfosten an, das Spielgerät wurde leicht abgefälscht und hüpfte ins Netz – das Goldtor, der Siegestreffer, das 2:1! Eine Gelb-Rote Karte für Felix Strauß war angesichts des Spielstandes nur noch Makulatur (90.+6). Drei Punkte, die vorläufige Tabellenführung – das ist das Wichtigste. Über deren Entstehung schweigen wir ab jetzt lieber.   

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