Torloses Unentschieden gegen schwache Wienerinnen
In der zweiten Runde trafen unsere schwoazen Frauen am vergangenen Samstag auf USC Landhaus/Austria Wien. Die als Spitzenspiel der Runde titulierte Begegnung hielt leider das ganze Spiel über nur wenig von dem, was sie versprach. Am Ende stand für beide Teams ein 0:0 zu Buche, welches den passiven Wienerinnen schmeichelte und die Ideenlosigkeit unserer überlegenen Elf widerspiegelte. An der Tabelle änderte das Unentschieden nichts.
Ehrenankick und viele zweite Bälle
Nachdem Kapitän Celina Degen live im ÖFB-TV auf YouTube mit Matchball-Sponsor und SK Sturm Frauen-Förderer Jörg Leichtfried den Ehrenankick vollführte, startete das mit Spannung erwartete Top-Spiel der planet.pure-Bundesliga.
Die Vorzeichen standen auf Schlagabtausch, starteten doch beide Teams in der Vorwoche dank aggressivem Pressing und chancenreichen Spielen torreich (4:0 und 5:1) in die Liga. Den Schwung mitzunehmen vermochten augenscheinlich vor allem die Vize-Meisterinnen aus Graz, die den Ball in den eigenen Reihen laufen ließen und geduldig eine ruhige Kugel schoben. Nach wenigen Minuten war bereits zu erkennen, dass die violetten Wienerinnen kein großes Interesse an Offensivspiel an den Tag legten. Sturm rückte ein wenig auf und zeigte, wie schon in der Champions League-Quali, im Cup und im ersten Liga-Spiel, dass der größte Mangel des Teams derzeit vor allem im Angriffsdrittel liegt. Hinten ließ man bis auf Distanzschüsse nichts zu, aber vorne fehlten Genauigkeit in den Zuspielen, Timing und auch Konsequenz sich das Glück zu erkämpfen, wenn der Ball schon nicht ohne Umwege zu den Zielspielerinnen Habuda, Wagner und Uka gelangen wollte.
Die brisanteste Szene des gesamten Spiels bot sich dann nach einer guten Viertelstunde, als Celina Degen bei einer Standardsituation zum Kopfball ging, den Ball im Tor versenkte, dabei aber leider auch die Wiener Torfrau so rempelte, dass es für die im gesamten Spiel relativ kleinliche Schiedsrichterin für einen Foulpfiff ausreichte.
Besser, aber nicht überzeugend
Außer Fernschüssen war dann bis zur Pause auch nichts mehr zu holen. Bella Habuda zeigte zum ersten Mal im Sturm-Trikot keine gute Leistung und wurde folglich vom Trainer auch in der Pause vom Feld genommen. Modesta Uka, die in Hälfte eins komplett untergetaucht war, versuchte es in Hälfte zwei einige Male mit Tempodribblings, lief sich aber oft fest, oder verpasste den richtigen Moment, um abzuspielen. Frieser, die für Habuda im Spiel war, hatte zwar einen schnörkelloseren Ansatz als die Kanadierin, kam aber auch nur zu Schusschancen in der 51. und in der 78. Minute. Dem Spiel ihren Stempel ebenfalls nicht aufdrücken konnte die in der 63. Minute eingewechselte Giantsopoulos, die nach der fehlenden Spielpraxis derzeit noch wie ein Fremdkörper in der Offensivreihe wirkt. Als die komplett blass gebliebene Emily Cancienne dann in der Schlussphase ebenfalls einen Schlenzer über das Tor setzte, blieb es bis zum Schlusspfiff beim torlosen Unentschieden. Das Ergebnis schmeichelte den Wienerinnen, die sich über 90 Minuten damit begnügten, vor dem Tor den Bus zu parken.
Das passende Fazit zu einer doch sehr mühsamen Partie ohne große Torraumszenen zog Coach Lang im Anschluss an die Partie: „Es ist schwierig, wenn Landhaus, eigentlich ein gutes Team, so wenig für’s Spiel tut. Wir haben sicher öfter auf’s Tor geschossen, aber keine zwingenden Chancen herausgespielt. Den Übergang ins letzte Drittel müssen wir konsequenter fertig spielen. Zumindest haben wir zweimal zu Null gespielt, waren beide Male spielbestimmend. Aber wir müssen mehr für den Endzweck, eben Tore zu machen, tun.“
Wo ist Sturm Graz 2019/20 einzuordnen?
Nach dem sehr starken Auftreten gegen Neulengbach und dem etwas ernüchternden, aber doch (defensiv) souveränen Spiel gegen Landhaus müssen sich die Fans der Sturm Frauen keine Sorgen um das Team machen. Die zwei stärksten Konkurrentinnen im Kampf um einen Platz hinter St. Pölten sind aus Sicht der Schwoazen auch heuer schwächer einzuordnen. Die Sommerpause und die Woche in Lettland wurden sehr gut genutzt, das Team wirkt großteils gut eingespielt, ausgeglichen und harmonisch am Feld. Besonders die Tirolerinnen Kröll und Plattner (der Autor dieses Textes ist begeistert von Kampfgeist und Tempo der kleinen Mittelfeldakteurin) sind enorm wichtige Verstärkungen für Sturm. Wenn die großgewachsene Giantsopoulos richtig eingesetzt werden kann und die trickreiche Habuda ihre Fehlpässe in den Griff bekommt, dann kann man vielleicht auch einen Schritt in Richtung St. Pölten und Titelkampf machen.
Dass mit einer offensiv sehr dürftigen Vorstellung Gegnerinnen wie Landhaus dennoch über einen Punkt glücklich sein müssen, sollte unserem Team trotz allem Selbstvertrauen geben. Torfrau Gritzner agiert im Tor souverän und ruhig und lässt auch mit dem Ball am Fuß nichts anbrennen. Der große defensive Trumpf unseres Teams sind auf jeden Fall die starke körperliche Präsenz und die Abgeklärtheit von Celina Degen im zentralen Mittelfeld. Man muss nicht viel von Fußball verstehen, um zu sehen, wie wichtig die Kapitänin für das Spiel der Grazerinnen ist. Ihre Zweikampfquoten sind gegen alle Gegenspielerinnen im Land herausragend, sie besitzt überdurchschnittliche Qualitäten bei Wechselpässen und langen Bällen in die Spitze. Degen kaschiert viele Schlampigkeiten der Mitspielerinnen mit ihrer Intuition, holt verloren geglaubte Bälle zurück oder zumindest in großer Bedrängnis Freistöße heraus, wie man es aus der jüngeren Vergangenheit sonst nur von Peter Zulj (Gott hab ihn selig) kannte. Dass sie nicht die schnellste ist, wird ihr wohl erst in einer stärkeren Liga mehr zusetzen, allerdings muss sie ihre Passentscheidungen noch schneller treffen und auch selbst den Abschluss öfter suchen.
Solange Celina Degen jedenfalls fit ist und für Sturm Graz spielt, wird es kaum ein gegnerisches Team in Österreich über die Mitte versuchen. Die ist mit Degen nämlich zugemauert und versiegelt. Ob sie nach dieser Saison noch in Österreich spielt, sei dahingestellt – bis dahin wird aber noch viel Wasser die Mur hinunter fließen. Dass diese defensive Stabilität Sturm nach zwei Spielen gegen ähnlich starke Teams mit einem Torverhältnis von 4:0 dastehen lässt, darf aber nicht kaschieren, dass die Offensive endlich mehr Biss und Konsequenz im Abschluss finden muss, erst recht, wenn in naher Zukunft das gegnerische Team St. Pölten heißt. In der nächsten Runde geht es aber gegen den FC Südburgenland. Und die Schießbude der Liga kommt für unsere Offensivabteilung hoffentlich gerade recht…
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