The Winner Takes It All

Spielbericht: SK Sturm Graz vs. Rapid Wien

Elf Tage nach dem atemberaubenden Cup-Fight zwischen Sturm und Rapid war in Graz-Liebenau aus grün-weißer Sicht vor allem ergebnistechnische Wiedergutmachung angesagt, auf Seiten der Schwarz-Weißen hingegen erhoffte man sich sowohl ein emotionales als auch kämpferisches und spielerisches Déjà-vu. Ohne den Pokal-Doppeltorschützen Bright Edomwonyi und mit einem – zumindest auf dem Papier – innovativen 3-1-4-1-1 stiegen die Blackys bei frühsommerlichen Temperaturen in den Ring. Zum 200. Mal hieß es in einer österreichischen Fußballmeisterschaft: Sturm gegen Rapid. Die Stadion-Akkustik über die gesamten 90 Minuten bewies, warum diese Begegnung schlicht und einfach als DAS Spiel in Österreich gilt.

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

Mamma Mia…

…was für Anfangsminuten: Weder die Bengalos waren abgebrannt, noch bei Stadionsprecher Lucky Krentl die Ankickseuphorie verflogen, da trat einer auf den Plan, der zwei Tage zuvor schon ein enorm wichtiges Signal gesetzt hatte: Stefan Hierländer erkämpfte sich die Kugel, bediente Deni Alar, der mit einem Lupfer Thorsten Röcher formvollendet in Position brachte. Dieser lieferte den Ball im Fallen zur Mitte, wo Eze völlig „fry“ stand und den Ball schnörkellos in die Maschen haute. Der Pokalabend war in Liebenau sofort wieder allgegenwärtig, auch weil sich die Hütteldorfer erneut von einem Rückstand nicht beirren ließen. Erst knallte Thomas Murg einen Ball von der Strafraumgrenze aus knapp über die Latte, dann fiel ein Berisha-Versuch aus aussichtsreicher Postion zu schwach aus und ein Murgg/Kvilitaia-Doppelpass-Versuch wurde in letzter Sekunde unterbunden. Auch beide Fanlager blieben sich so gar nichts schuldig und dann wurde Sturm nach einer etwa 15 Minuten lang andauernden Unter-Druck-Phase eindrucksvoll wieder wach.

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

I do, I do, I do, I do

23 Minuten waren gespielt und die Blackys wieder „back in town“: Thorsten Röcher erspähte Peter Zulj, der lief alleine auf Richard Strebinger zu, lupfte den Ball über den Rapid-Goalie, doch der Torjubel blieb den Sturmfans im Hals stecken. Knapp vorbei. Dann bat Deni Alar die gesamte Rapid-Abwehr zum Tanz, doch sein Schussversuch wurde zur Ecke geklärt. Der übernächste Corner brachte dann das Blut des schwarz-weißen Anhangs zum wiederholten Male an diesem Tag ins Wallen: Eze setzte sich im zweiten Stock spektakulärst gegen Mario Sonnleitner durch und sorgte per Kopf für einen Doppelpack. 

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

 Does your mother know …

… oder besser gesagt, dein Vater? Hatte die Partie nicht ohnehin schon Brisanz genug, war es dann (wieder einmal) Schiedsrichter Manuel Schüttengruber, der sich einer Bühne bediente, die keiner braucht. Erst „übersieht“ er ein Foul von Sonnleitner an Eze im Mittelfeld, Murg bekam den Ball auf der linken Seite und flankte zur Mitte, wo sich Giorgi Kvilitaia im Kopfballduell gegen Maresic und Jeggo durchsetzte und für den Anschlusstreffer sorgte. Keine Gelbe sieht später Max Hoffman, als er Thorsten Röcher spaßbefreit auflaufen ließ und keinen Karton sah auch Veton Berisha der – ebenfalls – Röcher umsäbelte und ohne Verwarnung blieb. Detto Stephan Auer, der Zulj ordentlich beschnitt. Überzeugte die Partie bis dahin durch enormes Tempo, brachte der Spielleiter durch unverständliche (Nicht-)Entscheidungen bei Vielen das Fass zum Überlaufen. Sogar bei Günter Kreissl, der nach einer vierminütigen Überspielzeit den Referee am Mittelkreis zur Aussprache bat und sich dann auch noch mit Rapid-Kapitän Stefan Schwab ein hitziges Wortgefecht lieferte. 

Voulez Vous?

Nicht nur in den Kabinen war Abkühlung angesagt, auch am Rasen passierte nach Wiederanpfiff zehn Minuten lang recht wenig. In der 56. Minute endlich tänzelte Eze wieder über links, übte sich in einer Hereingabe für den völlig freistehenden Zulj, aber die Kugel landete in Strebingers Armen. Wenig später jedoch sollte sie dann doch noch beim „Schönen Pedda“ ankommen: Dario Maresic packt mit einem 40-Meter-Pass die ganz feine Klinge aus, Zulj verarbeitete technisch eindrucksvoll und lupfte den Ball zum 3:1 über Strebinger. Dem ansonst doch recht sachlichen Live-Tickeranten Pukl entkam auf der Pressetribüne – nach fast 18-monatiger Verbannung dieses Vokabel aus seinem Wortschatz – ein bestimmtes „pornös“. Und das war es auch. Und Liebenau ein Tollhaus.

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

Super Trouper

Bei all dem Jubel, dem Trubel und der Heiterkeit, war es dann die Nord, die – wie Stefan Hierländer zwei Tage zuvor – ein äußerst eindrucksvolles, beachtliches  Zeichen Richtung „Erzgegner“ setzte, indem sie Steffen Hofmann via Transparent ihren Respekt ausdrückte. Zwar nur eine Randnotiz, aber auch Beweis dafür, wie dieser Sturm-Anhang tickt. Die Belohnung folgte auf dem Fuß: Max Hofmann verlor in der Vorwärtsbewegung den Ball, Deni Alar steckte die Kugel in die Mitte, wo James – ja James, ja Jimmy – Jeggo lauerte und endlich sein erstes Tor im schönsten aller Fußballtrikots erzielte. Doch anstatt vollends in eine fußballerische Depression zu verfallen, machten die Grün-Weißen weiter und tatsächlich gelang dem „2-Wochen-Sturmspieler“ Thomas Murg nach einem Corner noch der zweite Ehrentreffer. Und Rapid hatte durch Kvilitaia sowie nochmals Kvilitaia und Armin Mujakic  noch drei Möglichkeiten zum 3:4. 

The Winner takes it all

Der Rest war Jubel. „Ihr seid unser Punktelieferant!“ (erstmals seit der Saison 1999/2000 bleibt Sturm gegen Rapid ungeschlagen) wurde angestimmt, die Welle lief durchs rechteckige Liebenauer Rund und Lucky Krentl meinte in einer finalen Brandrede völlig treffend: „Wir alle haben gedacht, der letzte Mittwoch lässt sich nicht mehr toppen, doch unsere Kicker haben noch einen draufgesetzt und sind sehr sehr sehr nahe an der Champions-League-Quali.“ Word. Alles was in diesem Frühjahr noch kommen sollte, darf gerne als angenehmes Zubrot mitgenommen werden. Das Soll ist mehr als erfüllt.

Spieldaten

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10 Kommentare

  1. graz4ever sagt:

    Ich finde heute konnte man perfekt Alars andere Attribute sehen, neben dem Tore schießen!

    Starke Technik, großes Laufpensum, enorme Übersicht (wenn keine Tore, dann halt Assists)

    Für mich klar unser Nr.1 Kapitän!

    GRATULATION STURM GRAZ

    Einige hatten ja Angst dass unser Vorsprung nach dieser Runde nur noch zwei Punkte beträgt! Dazu kann ich nur nochmals: sagen Wir sind Sturm Graz  brauchen for rapid keine Angst zu haben können, denn wir können sie überall und jederzeit besiegen mit dieser Bomben-Mannschaft!!!

  2. Ritter2016 sagt:

    Ich sag nur: Perfekt!!! Keine Schlange beim Eingang, viele Leute aber nicht überfüllt, tolle Stimmung, am Klo nichts los – und gewonnen auch noch! Das entspannteste Spiel gegen Rapid! Alles super

  3. Hindemith sagt:

    Noch eine Anmerkung zur Leistung von Manuel Schüttengruber: Beide Tore von Rapid waren nicht zu geben, beim ersten das Foul von Sonnleitner an Eze, beim Schuss von Murg aktive Abseitsstellung  eines Rapidlers, der Siebenhandel behinderte.

  4. Hindemith sagt:

    @Arch Stanton: Ja, Leistung, Stimmung und Ergebnis vom Cupmatch wurden unglaublicherweise noch einmal getoppt!

  5. HW sagt:

    Großes Kompliment an die Mannschaft und an die taktische Ausrichtung. Das war ein ganz tolles Match. Ich würde mir wünschen dieses Team, in dieser Besetzung auch nächste Saison zu sehen.

    Ich würde mir auch wünschen immer so eine Atmosphäre im Stadion zu erleben und ich würde mir auch wünschen, das dieses ewige nörgeln ein Ende findet nach einer schwachen Darbietung.

  6. jott1976 sagt:

    Was mich am meisten gefreut hat, war das der Jimmy endlich seinen ersten Treffer für unsere Mannschaft erzielt hat.

    Er ist ein unglaublich wichtiger Spieler in unserer Mannschaft. Was der in jedem Spiel wegräumt. Ein Wahnsinn. Er ist unser neuer Roman Mählich 😉 Er bringt in jedem Spiel 120 % Einsatz. Danke dafür Jimmy!

    Es wäre ärgerlich, wenn er uns verlassen würde. Auch wenn wir mit Sandi einen sehr guten Spieler als Alternative haben. Aber eine Topmannschaft braucht sowieso 2 gleich gute Spieler auf dieser Position. Noch dazu, wenn wir unter Umständen im nächsten Jahr eine längere Doppelbelastung hätten.

  7. jott1976 sagt:

    Achja und ganz cool fand ich die Aktion mit dem Spruchband für SH. Auch wenn ich den Typen nicht mag. Aber er ist einer der Fußballer die nicht beim erstbesten Angebot gleich davon laufen. Er ist für die Rapid-Fans der SHFG. Und das zu Recht. Ich hoffe, dass wir nach Mario Haas auch wieder einen FG bekommen. Kandidaten dafür gäbe es in unserer Mannschaft ja einige. Es liegt an ihnen, ob sie bei uns bleiben oder eben nicht.

  8. brent_everett sagt:

    Danke d Mannschaft für diese epochalen Momente, sie werden Teil der Sturmhistorie sein u noch in 20 Jahren wird man über diese Spiele schwärmen. Es kommt ja nicht so oft vor, dass Rapid in absoluten Entscheidungsspielen besiegt wird – einmal ging´s ums Cupfinale u einmal um die CL Quali. Wie oft gab es schmerzliche Niederlagen wie 1981 als uns ein 1:4 in Liebenau den Titel gekostet hat oder 1996 als wir im letzten Spiel vor 45.000 im Prater mit einem 0:2 wieder die Meisterschaft verloren haben. Neben wunderschönen Siegen wie 2000 als wir vor 35.000 im Prater die Partie nach einem 0:2 noch auf 3:2 drehen konnten. Genauso unvergessen wie 1994 als nach einem 3:2 im Hanappi Stadion Ivan Osim von Kartnig abgebusselt wurde – und sich wahrscheinlich wünschte verloren zu haben. Oder wie 1997 das 3:0 im Abschiedsspiel aus unserer Gruabn. Und dann natürlich 2007 das legendäre 5:1! Aber in diesen Spielen ging es vergleichsweise um wenig. Aus diesen Gründen schmecken diese Siege süßer als jede Energy Brause. Vor etwa einem Jahr konnte man auf einem Banner im Rapid Sektor lesen: Für eich Würstln reichts immer. Tja liebe Rapidler: heute können wir stolz sagen: Stimmt für eich Burnheidln reicht tatsächlich immer.LOL

  9. Also Potzmanns Grätsche in der 2. Hälfte als der Rapidler nur mehr aus ca 7 – 8 Metern einschieben hätte müssen – Respekt! In der Zusammenfassung sieht man, wie schnell er reagiert und einfach davon überzeugt ist, den Ball noch irgendwie zu retten – einfach stark antizipiert!!! Seine Reaktion danach sagt alles aus! Weltklasse!!! …und nebenbei, nach dem Spielverlauf, vielleicht sogar spielentscheidend… auf jeden Fall spiegelt dieses Tackling die Mentalität unserer Mannschaft wider. Gestern war einfach jeder Spieler ein bisschen MOTM 😉

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