SturmNetz-Advent #7

Mario Haas – Epilog einer Legende

Der Aufstieg auf die Tribüne des Liebenauer Stadions ist ein gewohnter Gang, vergleichbar mit dem Weg von der Küche in das Wohnzimmer der eigenen Wohnung, und schon unzählige Male beschritt ihn der Autor, jedoch nur selten erschien er derart lang und bedeutungsschwer wie an einem kalten Dezemberabend im Jahr 2012. Wohlwissend in Erwartung eines geschichtsträchtigen Moments wog beim Durchschreiten der Drehkreuze die Gewissheit über das Ende einer weiteren großen Ära schwer. Der SC Wiener Neustadt, der sich an diesem Tag in Graz eine Niederlage abholen sollte, verkam zu einer kleinen Randnotiz in den schwarz-weißen Annalen, denn in Erinnerung blieb ein Mann, der mit Tränen in den Augen und einer bengalischen Fackel in der Hand zum letzten Mal nach einer beeindruckenden Karriere von seinen Fans verabschiedet wurde.

„Ein Spieler geht, doch eine Legende bleibt“

Kein Konterfei seit jenem des Jahrhunderttrainers Ivica Osim war so sehr Sturm Graz wie das, das am 1. Dezember 2012 in einer gewaltigen Choreographie mit Gänsehautfaktor über die Fansektoren gezogen wurde. Mario Haas, „der Bomber“, wie er liebevoll vom schwarz-weißen Anhang genannt wird, sagte Adieu. Schon lange vor Anpfiff besang ihn das gesamte Stadion und gestandene Männer in den Fansektoren zerdrückten die eine oder andere Träne, wie auch der Autor selbst, der sich heute immer noch nur zu gerne an den schnellen Stürmer im Sturmdress zurückerinnert, mit schwarzem Blut in den Adern und dem Sturmgeist in den Augen blitzend.

Es ist davon auszugehen, dass „Sir“ Karl Daxbacher nichts als Wertschätzung für Haas empfindet, aber eine „gemeinsame“ Erinnerung dürfte dem erfahrenen Trainer wohl auch heute noch schwer im Magen liegen. Später sollte sogar vom Jahrhunderttor die Rede sein:

Auswärtsspiele in der Bundeshauptstadt verlaufen für den SK Sturm nur selten erfolgreich, nur zu oft zog man gegen Rapid Wien oder die Austria den Kürzeren. Am 2. November 2008 hingegen überragten die damals „jungen Wilden“ unter Trainer Franco Foda die Gastgeber in außergewöhnlicher Manier. Marko Stankovic und Andi Hölzl brachten ihre Mannschaft mit 2:0 in Führung, in der 45. Minute gelang einem gewissen Rubin Okotie allerdings der Anschlusstreffer, der für die mitgereisten Fans Minuten des Bangens bedeutete. Was dann in der 82. Minute geschah, lässt einen heute noch mit der Zunge schnalzen:

Hölzl schickt Haas mit einem präzisen Pass in den gegnerischen Strafraum und der Routinier behauptet den Ball im Zweikampf mit einem Gegenspieler. Statt einen „konventionellen“ Schuss auf das Tor abzufeuern, der aus der Drehung heraus erfolgen hätte müssen, übertölpelte er den damaligen Austria-Keeper Szabolcs Sáfár mit einem Goldfersler der Extraklasse. Fassungslosigkeit auf Seiten der Wiener, unbändige Freude und etwas „Ätschibätsch“ bei Sturm.

Bringt er ihn, „der Peda“?

Offenbar gab es im Dezember vier Jahre darauf einige, die meinten, Trainer Peter Hyballa würde es wagen, den Bomber bei seinem letzten Spiel nicht mehr einzuwechseln. Das hätte dann aber, da ist sich der Autor sicher, lediglich ein noch früheres Ende der Zeit des Deutschen in Graz bedeutet – die Fanklubs der Nordkurve jedenfalls stellten dies unverblümt mittels entsprechendem Transparent klar. In der 77. Minute war es dann auch so weit. Bei einem Spielstand von 3:1 brandete plötzlich gewaltiger Applaus im gesamten Stadion auf und er, auf den alle warteten, machte sich an der Seitenoutline bereit: der Supermario. Florian Kainz musste runter vom Feld und somit wurde ihm die Ehre zuteil, mit der Legende abzuklatschen und ihr Platz zu machen.

Keine halben Sachen

Wer erwartet hatte, den Bomber nun über den Rest der Spielzeit bei einem einfachen Schaulaufen beobachten zu dürfen, der irrte. Wie in besten Fußballertagen gliederte er sich in das Mannschaftsspiel ein und war wie eh und je erste Anspielstation in der gefährlichen Zone. Gleich zwei gute Chancen zeigten, dass er auch im hohen Fußballeralter mit der definitiven Aussicht darauf, seine Stopperlschuhe an den Nagel zu hängen, nichts von halben Sachen hielt. Und dann kam er, der Abpfiff. Alle Dämme brachen und die schon erwähnten gestandenen Sturmfans in der Kurve weinten.

„Ein Spieler geht, doch eine Legende bleibt“

… und ein Bild, nämlich das von einem Mann mit Tränen in den Augen und einer bengalischen Fackel in der Hand.

 

 

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3 Kommentare

  1. jott1976 sagt:

    Jaja der Mario. Er war und ist ein Schwoarzer mit Leib und Seele. Solche Spieler gibt es leider nur all zu selten. Auch wenn es im aktuellen Kader viele gute und zum Teil sogar bessere Spieler als den Mario gibt, aber es gibt keinen der den SK Sturm gleich verkörpert wie er. Er war ein Kämpfer, ein Anführer und ein sehr vereinstreuer Spieler. Ein Kapitän aus dem Bilderbuch.

    Solche Identifikationsfiguren braucht der Sport und der Verein. Schade das wir einen solchen momentan nicht haben.

    • Sturm-Echo sagt:

      Welche Spieler des aktuellen Kaders meinst du denn mit „besser als der Mario“??? Da kann ich keinen finden!!!

       

  2. graz4ever sagt:

    Werd Hyballa NIE verzeihen, auf was für ne Art er Mario Haas abgesägt hat (netmal von Anfang weg beim Abschied zB hat mi damals schon stinksauer gemacht)..

    Auf alle Fälle: VIELEN DANK MARIO HAAS der Sturm bis ins hohe Alter treu+erfolgreich (letzte internationale Sieg f. Sturm in einer Gruppenphase dank ihm: 1-2 Sieg in Athen/ Haas Siegtor 🙂 ) gedient hat (und ruhig no 1, 2 Jahre länger gedurft hätte von mir aus!)

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