SturmNetz-Advent #12
„Hallelujah, und wir haben den Pokal! Hallelujah, und wir haben den Pokal!“, tönt es aus der Mixed Zone des Wörthersee-Stadions in Klagenfurt und aus allen Fernsehern des Landes, auf denen gerade ORF 1 läuft. Daniel Beichler, Jakob Jantscher und Christian Gratzei haben soeben Klemen Lavric‚ Interview gecrasht und den völlig verdutzten Andi Felber „auch einmal nass gemacht“ (O-Ton Lavric). Ein paar Minuten zuvor treibt ein gewisser Mario Haas den Ball in die Gefahrenzone des SC Magna Wr. Neustadt. Genauer gesagt in der 81. Minute des Finalspiels des ÖFB-Cup am 16. Mai 2010. Einen Übersteiger und eine Körpertäuschung später legt der Oldie ab auf den ebenfalls eingewechselten Routinier Samir Muratovic. Der Mann, der ein Jahr später um diese Zeit für viel Furore in den Reihen der Schwarz-Weißen sorgen sollte, lupft die Haut mit feinem linken Füßchen in den Strafraum der Niederösterreicher und Klemen Lavric köpft im Zurücklaufen entgegen die Laufrichtung von Saso Fornezzi zum erlösenden 1:0. 28 000 Zuseher, nein, 28 000 Sturm-Fans, gespickt mit einer minimalen Anzahl an neutralen Zusehern und Anhängern der Blau-Weißen, hält nichts mehr auf den Sitzen. Gut zehn Minuten später ist Sturm Graz zum vierten Mal in der Vereinsgeschichte Österreichischer Cupsieger und der Slowene der Held seines einzigen Titels.
Klemen Lavric wurde 1981 im damaligen Jugoslawien geboren und machte seine ersten Schritte im Profifußball im Dress des NK Rudar Velenje, heutzutage ein oft gesehener Testspielgast in Graz-Messendorf. Über Hajduk Split und Inter Zaprešić kam der Stürmer im Jahr 2004 zu Dynamo Dresden. Dieses sollte ein besonderes Jahr für den 1,88 m großen Rotschopf werden. Nicht nur, dass in jenem Jahr seine Länderspielkarriere für Slowenien ins Rollen kam, für jenes Land er bis zu seinem Karriereende 25 Spiele absolvieren und sechs Mal treffen sollte. Nein, am 12. Dezember ebenjenen Jahres, sollte Lavric seinen Namen mit einem einzigen Schuss auf die selbe Stufe mit den großen Fußballkünstlern à la Gerd Müller, Lothar Matthäus, Jean-Pierre Papin, Giovane Élber oder später auch Zlatan Ibrahimovic hieven. Im Ostderby gegen Rot-Weiß Erfurt erzielte der Slowene per Fallrückzieher aus zwölf Metern den Treffer zum 1:0 und ergatterte mit diesem Kunstschuss den Preis für das Tor des Jahres 2004:
Es folgten weitere Stationen beim MSV Duisburg und auch in Japan bei Ōmiya Ardija, ehe der SK Sturm aus Graz den damals 28-Jährigen quasi am letzten Drücker am 31. August 2009 ablösefrei verpflichtete. In der Liga funktionierte der Stürmer nicht sofort, kurioserweise erzielte Lavric seinen ersten Treffer aber am ersten Spieltag bei der 2:1-Niederlage gegen Rapid – dabei ist er erst unmittelbar vor dem siebten Spieltag zur Mannschaft gestoßen. Wie das geht? Die Partie war ein Nachtragsspiel und wurde erst am 25. November ausgetragen, einen Monat zuvor konnten Franco Fodas Mannen die Hütteldorfer in der elften Runde schon mit 1:0 bezwingen, Lavric stand dabei nicht im Kader. Seine stärkste Phase in der Liga hatte der Slowene definitiv zwischen der 20. und der 23. Runde, in jener Zeit konnte der Stürmer sechs Treffer verbuchen, darunter drei beim 4:0-Erfolg gegen den SV Mattersburg – es sollte sein einziger Hattrick im Sturm-Trikot bleiben. Am Ende brachte es Lavric auf acht Treffer und drei Assists in Österreichs höchster Spielklasse sowie eine Vorlage im UEFA-Cup beim einzigen Sieg gegen Galatasaray Istanbul.
Ganz anders lief es im ÖFB-Cup. Nach einem mühevollen 4:2-Erfolg nach Verlängerung gegen den TSV St. Johann in der ersten Runde kam Lavric in Runde 2 zum ersten Mal für Sturm im Cup zum Einsatz und erzielte per Elfmeter sogleich das Goldtor gegen die WSG Wattens. Im legendären Achtelfinale gegen Red Bull Salzburg war es abermals der Ginger, der die Grazer mit einem Strafstoß in Führung brachte, Roman Kienast tat mit seinem ersten Tor für die Blackies sein Übriges. Es folgte das Viertelfinale gegen die Admira, das ohne einen Treffer des Slowenen wieder in die Verlängerung musste – Jakob Jantscher erlöste Sturm in der 117. Spielminute. Das Halbfinale stand dann wieder ganz im Zeichen des Klemen Lavric: Bereits früh im Spiel bediente Sturmpartner Kienast den Angreifer per Flanke und dieser köpfte Sturm ins Finale. In diesem dauerte es um einiges länger als gegen die SV Ried, der Ausgang ist uns aber allen bekannt. Mit seinem vierten Treffer im Bewerb war er nicht nur gemeinsam mit fünf anderen Spielern bester Schütze des Turniers, sondern sicherte dem SK Sturm und seinen Fans auch den wohl bislang emotionalsten Titel des 21. Jahrhunderts.
Trotz seines goldenen Köpfchens konnten sich Lavric und Sturm nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen. Nach einem halben Jahr ohne Verein schloss sich der Stürmer dem FC St. Gallen an, dort wurde er allerdings nur als Pummel-Profi berühmt – er war ja auch in Graz nie der durchtrainierteste. Es folgte ein von Oliver Kreuzer eingeleitetes Engagement beim Karlsruher SC, bei welchem er seine letzte einigermaßen passable Saison spielte. Jeweils fünf Tore und Assists später folgte er nach einjähriger Pause noch einmal dem Ruf aus der Steiermark und heuerte beim Kapfenberger SV an. Mehr als drei Spiele und insgesamt nur etwas mehr als eine Halbzeit Spielzeit schauten dabei aber nicht heraus. In der 21. Runde musste der Angreifer eine gelb-rot Sperre absitzen und stand bis zum Saisonende nicht mehr im Kader. Von Seiten der Falken wurde ein Sonderurlaub kolportiert. Mittlerweile hat Klemen Lavric seiner Karriere ein Ende gesetzt. Übrig geblieben sind ein ein Tor des Jahres, ein ÖFB-Cup-Titel und ein Kopfballtreffer, der sich wohl auf ewig in die Gedächtnisse der schwarz-weißen Seelen dieser Welt eingebrannt hat.
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