SturmNetz-Advent #10
Der ATUS Weiz (später SC Elin, heute SC Weiz) brachte in den 70er-Jahren eine einmalige Generation an Fußballern hervor. Lohn dieser exzellenten Nachwuchsarbeit war 1971 und 1973 der steirische U-20-Titel und nach dem zweiten Coup sogar die österreichische Juniorenmeisterschaft, als man im Bundesfinale Wacker Innsbruck besiegen konnte. Zwei Spieler dieses Teams sollten infolgedessen den Wechsel zum Sportklub Sturm antreten und auch die Geschichte des Klubs nachhaltig prägen.
Zum einen war dies Hubert Kulmer, der bis 1983 260 mal für Schwarz-Weiß auflief und insgesamt 52 Tore erzielen konnte, zum anderen ein gewisser Anton Pichler, den alle nur „Andy“ nannten, weil er niemals „Toni“ gerufen werden wollte. Pichler galt zu dieser Zeit als einer der größten steirischen Talente, spielte in sämtlichen steirischen Auswahlmannschaften und erhielt auch eine Einberufung ins österreichische UEFA-Juniorenteam. Ein Jahr nach Kulmer holte Trainer Sir Karl Schlechta ihn im Sommer 1974 zu Sturm, um den damals 19-Jährigen langsam an die Kampfmannschaft heranzuführen. Sturm wird in dieser Vorbereitung im Intertoto-Cup in eine Gruppe mit Kosice, Lodz und Randers Freja gelost, beendet diese auf dem letzten Tabellenplatz, doch der junge Pichler kann in diesen Spielen vollends überzeugen.
Daher feierte der Weizer bereits im August 1974 beim 1:0 gegen Wacker Innsbruck sein Debüt in der Kampfmannschaft und bestritt in seiner ersten Saison 33 von 36 Meisterschaftsspiele. Ob als Außendecker, Vorstopper, Manndecker oder im Mittelfeld, der groß gewachsene Andy Pichler konnte auf allen Positionen überzeugen. Sein erstes von insgesamt 25 Toren für Sturm glückte ihm am 5. Oktober 1974 beim 2:1-Sieg gegen den LASK, wo ihm der Treffer zum zwischenzeitlichen 2:0 gelang. Zudem schafft Sturm bereits in Pichlers erster Saison der Einzug ins Cup-Finale gegen Wacker Innsbruck. Zwar verlieren die Blackies das Hinspiel am Tivoli klar mit 0:3, beim Rückspiel in Graz schnürt Pichlers Weggefährte Hubert Kulmer in den Minuten 37 und 53 ein Doppelpack. Der dritte Treffer, der eine Verlängerung nötig gemacht hätte, will aber nicht mehr fallen und so scheitert das Schlechta-Team in diesem Jahr ganz knapp am ersten Titelgewinn der Vereinsgeschichte.
Da der Profifußball zu jener Zeit in Graz noch lange nicht Einzug gehalten hatte, absolvierte Andy Pichler hauptberuflich die Ausbildung zum Starkstromtechniker bei der Elin Weiz. Um rechtzeitig zum Training zu kommen, musste er oft die Frühschicht tauschen und vor allem Auswärtsspiele unter der Woche waren eine große Belastung. Unter Präsident Franz Gady gelang es erst später, Spieler bei öffentlichen Ämtern zu beschäftigen. So kam auch der Weizer, wie viele seiner damaligen Mannschaftskollegen, beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung unter, wo er seine Frau Christine kennenlernte und wo er auch bis zu seiner Pensionierung vor wenigen Wochen im Sozialreferat tätig war.
Bereits 1976 wurde Andy Pichler in die Österreichische Nationalmannschaft einberufen und feierte sein Team-Debüt am 15. Dezember 1976 beim 3:1-Sieg in Israel. Doch im selben Jahr, beim allerersten Grazer Hallenturnier, zog er sich eine schwere Knieverletzung zu und verpasste daher nicht nur die Teilnahme am Team-Trainingscamp, sondern dadurch wohl auch die Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien. Vollständig gesundet wird er allerdings rasch wieder zu einer echten Stütze am Feld, am 18. August 1978 führte er Sturm dann sogar zum ersten Mal als Kapitän auf das Spielfeld. Bis zu seinem Abgang im Herbst 1986 sollte er die Kapitänsschleife insgesamt 253-mal in Meisterschaftsspielen tragen, ein bis heute unerreichter Wert.
Nach dem Fast-Abstieg 1979/80 gelang ihm mit Sturm in der Saison 1980/81 beinahe die große Sensation: Die Schwarz-Weißen wurden Herbst- und Vizemeister und der Sturm-Kapitän schaffte es in den Teamkader für die Fußball Weltmeisterschaft 1982 in Spanien. Im Spiel der Zwischenrunde beim 2:2 gegen Nordirland kam er zu seinem ersten und einzigen WM-Einsatz. Am 30. Oktober 1982 führte er Sturm zudem bei der viel umjubelten Rückkehr in die Gruab‘n auf das Spielfeld (4:0 gegen Eisenstadt) und in der Folge ins Cup-Halbfinale und auf Platz 4 in der Meisterschaft. 1983/84 gelangen noch die großen Erfolge im UEFA-Cup mit dem Erreichen des Viertelfinales, doch danach schien es, dass die große Zeit der „Goldenen Generation“ vorbei war.
Nachdem Hubert Kulmer und Mandi Steiner den Verein verlassen hatten, ereilte auch Andy Pichler im Herbst 1986 dieses Schicksal, gemeinsam übrigens mit seinen Wegbegleitern Gernot Jurtin und Walter Saria. Nach diesem unwürdigen Abgang, wechselte er im Frühjahr nach Donawitz ins Mittlere Playoff.
Im Sommer 1987 kam der Wechsel zum VSE St. Pölten mit dem Andy Pichler der Aufstieg in die höchste Spielklasse gelang. Danach wechselte er in den Trainerstab und war neben Engagements bei kleinen Vereinen auch zwei Jahre in St. Pölten als Bundesligacoach im Einsatz.
Andy Pichler war auf dem Spielfeld nie ein „Lauter“ und dennoch ein Mann klarer Worte. Er war wesentlicher Bestandteil jener „Goldenen Generation“, die von Karl Schlechta geformt und in jener Ära die größten Erfolge der Vereinsgeschichte feiern konnten. Seinem ehemaligen Verein fühlt er sich bis heute verbunden und auch Stadionbesuche in Liebenau stehen noch des Öfteren am Programm.Am 18. Jänner 2016 wurde Andy Pichler, gemeinsam mit Günther Neukirchner und Mario Haas, zum Ehrenkapitän des SK Sturm ernannt.
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