Sturm zaubert und lässt die Veilchen in Liebenau verblühen

Spielbericht: SK Sturm Graz vs. FK Austria Wien

„Eher taucht E.T. am Piccadily-Circus auf, denn wir unseren Meistertitel verteidigen werden“, meinte Leicester City-Trainer Claudio Ranieri vor dem Start der Premier-League, befragt auf die Möglichkeit einer Wiederholung des Fußballwunders in den East-Midlands. In ähnlichem Zweckpessimismus übte sich auch vor dem Start der Österreichischen Bundesliga der Großteil der Sturm-Afficionados, doch vor der Begegnung mit der Wiener Austria war aufgrund des lang ersehnten Auswärtssieges in Mattersburg so etwas wie ein Lüfterl der Euphorie zu spüren. „Die schwarz-weißen Fahnen stehen auf Sturm„, das Motto der Nordkurve, durfte man vor Spielbeginn gut und gerne unterschreiben. Das beeindruckende Fahnenmeer im Fansektor unterstrich die nun doch vorsichtig, optimistische Grundstimmung im Lager des Grazer Anhanges.

IMG_9446

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

Sturm beginnt bei perfektem Fußballwetter und vor einer bereits vor Spielbeginn blendend aufgelegten Nord – die neuen, abnehmbaren Sitze feierten in Liebenau Premiere – mit derselben Startelf wie in Mattersburg. Zunächst bleibt zwar die Pfeife von Schiedsrichter Markus Hameter zweimal bei Attacken an Bright Edomwonyi stumm, als der Referee dann doch endlich eine Attacke von Petar Filipovic an den Nigerianer ahndet, wird es dem verhinderten Olympioniken dann zu bunt und er revanchiert sich am Deutsch-Kroaten, wofür er umgehend die erste gelbe Karte des Spiels präsentiert bekommt, um nur eine Minute später erneut gefährlich durchzubrechen: Doch sein Abschluss mit seinem schwächeren linken Fuß kann von Nationaltorhüter Robert Almer zur Ecke abgewehrt werden. Schon die Anfangsviertelstunde gehört eindeutig den Blackies: Vor allem dem Trio Matic-Horvath-Edomwonyi macht es sichtlich Spaß, die Wiener hingegen sind nur Passagiere und agieren abwartend. Erst in der Minute 19 strahlte die Austria den ersten Hauch von Torgefahr aus, doch eine von Raphael Holzhauser getretene Ecke wird von Lukas Spendlhofer per Kopf geklärt.

Erstmals Hektik nach einem Stockfehler vom Kapitän

In der 24. Minute dann die erste Unsicherheit im Spiel des SK Sturm: Christian Schulz mit einem Stockfehler, Larry Kayode nutzt diesen, wird dann aber vom deutschen Innenverteidiger am Trikot gezogen. Der fällige Freistoß ganz knapp an der Strafraumgrenze wird wieder einmal zum Holzhauser-Ego-Trip: Zum Glück für die Blackies versucht es der Ex-Stuttgarter direkt, ein wenig probates Mittel und Durchatmen im Lager der Blackies. Sturm braucht dann einige Minuten, spielt danach aber wieder gefällig, lässt Ball und Gegner laufen, Hierländer erobert nach einer ansehnlichen Ballstaffette im Strafraum gegen Holzhauser den Ball, doch Schiedsrichter Hameter erweist sich wiederholt als Spielverderber und entscheidet auf Offensivfoul. Auch der erste Torschuss des bis dahin beinahe unsichtbaren Deni Alar stellt Almer nicht wirklich vor ein massives Problem. Doch der Offensivspieler scheint nun Lunte gerochen zu haben.

Erneut ein Matic-Moment mit kleinem Schönheitsfehler

34. Spielminute: Uros Matic erkämpft sich in der eigenen Hälfte den Ball, Sturm schaltet blitzschnell um, der ehemalige mazedonische Teamspieler bedient nach einem unwiderstehlichen Antritt auf der linken Seite – mit einem Zuckerpass genau in den Rücken der Abwehr – den etwas zu früh startenden Alar, der dann im Duell gegen Robert Almer keine Mühe mehr hat und den längst in der Luft liegenden Führungstreffer erzielt. Etwas zu früh, da sich der Leobener minimalst im Abseits befand. Die Führung der Grazer ist deswegen um nichts unverdienter, umso mehr in Anbetracht dessen, dass auch die beiden nächsten starken Offensivaktionen in Halbzeit eins Sturm gehören: Einmal versucht sich Matic im Wiener Strafraum im Doppelpassspiel, dann packt Charalampos Lykogiannis den Hammer aus – seinen Kracher aus gut und gerne 30 Meter zwingt Robert Almer erneut sich lang zu machen. Der Grieche steht kurz darauf auch defensiv seinen Mann, als er in höchster Not vor dem einschussbereiten Venuto klärt und somit bleibt es zur Pause beim 1:0. Die Austria war zwar viel öfter am Ball, doch den Wienern gelingt es kaum das Spiel schnell zu machen, Sturm hingegen glänzt in den ersten 45 Minuten mit überragendem Zweikampfverhalten und phasenweise kampfstarkem Pressing.

austria 1

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

Edomwonyi gelingt es nicht den Sack zuzumachen, Tripple-Fail und Doppelpack innerhalb kürzester Zeit

Zwar kommt die Austria in Halbzeit zwei etwas flinker aus der Kabine, doch bereits nach zehn Minuten nimmt Sturm erneut das Heft in die Hand: Zuerst schickt Matic geradezu pornorös erneut Edomwonyi auf die Reise, dieser verabsäumt aber den sichtlich besser positionierten Horvath zu bedienen – Sascha ist not amused. Kurz danach, als in Minute 60 Philipp Huspek für den noch nicht ganz in Graz angekommen Stefan Hierländer in das Spiel kommt, scheitert Sturm im Tripplepack: Nach einem ganz feinen Edomwonyi-Pass zielt Huspek via Außenrist zu genau und trifft nur die Stange, Horvath holt sich den Abpraller, scheitert aber gleich zweimal am Dänen Jens Stryger Larsen, der im Doppelpack den Ball gerade noch so von der Linie kratzt. Direkt im Gegenzug trifft Kayode nur das Außennetz. Die Atmosphäre im Stadion erscheint nun fast wie ein Flashback in längst vergessene Zeiten und der Sturm-Elf tut diese Welle der Euphorie sichtlich gut.

Der SK Sturm ist wieder da!

In Minute 66 erläuft sich Bright Edomwonyi zum wiederholten Male einen langen Ball, übersieht auch Deni Alar nicht mehr und der Neuzugang braucht erneut nur einzuschießen. Der vierte Treffer in der erst vierten Bundesliga-Begegnung im Dress der Schwarz-Weißen, für Rapid traf er in der letzten Saison in 19 Einsätzen nur dreimal. Als Geschäftsführer Günter Kreissl noch immer „enthusiasmiert torjubelt“, darf er erneut zum Freudensprung ansetzen: Magic Matic – was für ein Neuzugang – mit einer sehenswerten Spielverlagerung, Doppelpass mit Sascha Horvath, Matic verzieht dann aber deutlich. Blöd gelaufen? Keineswegs: Philipp Huspek übernasert die Situation am schnellsten, grätscht gut getimt  in den Schuss und bezwingt – im Gegensatz zum auch nicht untalentierten Cristiano Ronaldo – den österreichischen Nationalteamtorhüter aus kurzer Distanz. 3:0, Deckel zu, Liebenau nun endgültig ein Tollhaus.

Keine Panik nach dem Anschlusstreffer

Nach einem schönen Solo des Steirers Kevin Friesenbichler, bekommt die Austria einen ihrer in diesem Spiel zahlreichen Eckbälle zugesprochen, Ismael Tajouri führt aus – wie sooft Richtung kurzer Ecke – und der auffällige Petar Filipovic köpfelt unbedrängt zum Anschlusstreffer ein. Wer jetzt befürchtet Sturm verfalle in alte Strickmuster irrt: Vor allem die beiden Sechser Jeggo und Matic agieren weiterhin mit voller Leidenschaft – der Australier zückt auch noch einige Male die ganz feine Klinge – und grätschen alles weg, was auch nur im Ansatz zu einer echten Torgefahr werden könnte. Und so dürfen 10.167 Besucher in Liebenau einen ungefährdeten, mehr noch völlig verdienten, Sturm-Erfolg feiern. Ohne übermäßiges Zittern in der Schlussviertelstunde. Doppeltorschütze Alar darf sich vom Publikum verabschieden und kann momentan zu Recht stolz darauf sein – O-Ton direkt nach Spielende – „in so einer geilen Mannschaft spielen zu dürfen“. Neun Punkte aus vier Partien, gegen die Austria nun schon seit September 2013 zu Hause ohne Niederlage, Tabellenplatz 3 und noch wichtiger: Dieses Team hat sich heute in die Herzen seines Anhanges gespielt.

austria 2

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

 

Stimmen zum Spiel:

Deni Alar:

Sascha Horvath:

Franco Foda:

Robert Almer:

Alexander Grünwald:

Thorsten Fink:

Spieldaten

2016-08-14_SK Sturm Graz - FK Austria Wien - Statistiken

2016-08-14_SK Sturm Graz - FK Austria Wien - Aufstellungen

 

Galerie:

 

Die Spieler könnt ihr HIER bewerten!

 

22 Kommentare

  1. mauer sagt:

    Bin jetzt nur kurz drübergeflogen: Stockfehler und übernassert sind mir aufgefallen…

  2. Rene90 sagt:

    @Günter Kolb
    vorerst einmal , damit hier keine Missverständnisse aufkommen, ein tolles Spiel unserer Mannschaft und ein mehr als verdienter Sieg – aber wenn Edi in der 11. Min ausgeschlossen worden wäre (Dank an Schiri Hameter) war eine glatte rote Karte wäre dieses Spiel ganz sicher anders gelaufen und ausgegangen – man sollte dies aber auch so sehen wenn es so ist , ohne Sicht der Vereinsbrille

    • Maldini sagt:

      Alles hättiwari!

      Wenn Hameter nicht komplett überfordert gewesen wäre, hätte er Filipovic nach acht Minuten für zwei klare, harte bzw. taktische Fouls an Edi mit Gelb-Rot vom Platz stellen müssen… 

      Aber wie gesagt: alles hättiwari!

    • Neukirchner sagt:

      Gelb für Edi war eher vertretbar, denn die zwei Szenen wo der von Austrianern abgeklopft wurde und der Schiri auf Weiterspielen entschied!

  3. Maldini sagt:

    Generell erneut eine ganz starke Leistung des gesamten Teams, bei der natürlich Matic deutlich nach oben und Schulz bzw Hierländer nach unten auffielen!

  4. mahoni sagt:

    Hm, von neue abnehmbare Sitze habe ich zumindest im 13er nichts bemerkt.

  5. ljnight2 sagt:

    Sie sind nicht abnehmbar sondern versenkbar 😉
    Die geländer müssen vorher montiert werden, bevor die sitze abgesenkt werden, das ist sich in der zeit bis jetzt noch nicht ausgegangen, gegen altach sollte dieser bereich des umbaues abgeschlossen sein..

  6. Schworza99 sagt:

    Vom Offi zu Matic/Jeggo…Dieser Weg, wird kein leichter sein…war er auch nicht…

  7. Rene90 sagt:

    @Schworza99
    dazu passend – vom Kayhan / Potzmann zu Koch :-)))))

  8. Jocole sagt:

    Vom Tadic zu Alar….leicht hatten wir es wirklich nicht die letzten Jahre!!

  9. wama sagt:

    klarer und letztlich hochverdienter sieg, weil sturm angefangen von der körpersprache, dem deutlich stärkeren mittelfeld und dem besseren, weil schnelleren umschaltspiel die besseren waffen hatte.

    wenn man sturm mit der letztjährigen mannschaft vergleicht, fällt vor allem auf, dass man viel aggressiver, lauffreudiger ans werk geht, den tormann ständig attakiert, auch dadurch viel leichter wieder zu ballgewinnen kommt, dem gegner einfach oft nicht ermöglicht, sich zu sortieren, einfache bälle herauszuspielen.

    dazu hat man endlich spieler, die das auch umsetzen können, wollen und auch technisch beschlagener sind.

    was ein jeggo abräumt, mit welcher technischen leichtigkeit ein matic seine gegenspieler überspielt, in die gegnerische hälfte eindringt, wie der seine pässe spielt, hat man bei sturm lange nicht gesehen – man darf hoffen, dass der uns nicht schon nach der saison wieder wegggekauft wird.

    das ganze team profitiert enorm von diesem mittelfeld, natürlich auch von den beiden aussen, egal, ob wie gestern der bärenstarke horvath auf links, oder hierländer rechts, oder ob schmerböck und huspek diese positionen bekleiden, das ist klar unsere paradeformation.

    vorne wiederum arbeitet der wegen seiner abschlussschwäche vielkritisierte edo wie ein wilder, schafft ständig räume für alar, der wiederum als genaues gegenteil zu edo sich super in die freien räume bewegt und derzeit aus fast jeder chance ein tor machen kann. genau so ein knipser hat uns lange gefehlt und macht es einer mannschaft natürlich um einiges leichter solche siege wie zb. gestern einzufahren.

    hinten haben wir eine abwehr, die bislang recht souverän ist, natürlich auch toll entlastet durch unser mittelfeld, das schon vorher vieles wegräumt. hier bringt schulz viel ruhe und stabilität rein, auch wenn er nicht mehr der schnellste ist, dazu spielt spendi heuer sehr souverän, koch wesentlich besser als die vorjahresbesetzung, auch lyko zeigt sich bislang ebenfalls stark. und dennoch hat man gestern in manchen phasen gesehen, dass die abwehr noch nicht ganz am zenit ist, vor allem schulz und lyko noch nicht ihre hochform erreicht haben – ich bin mir sicher, die wird schon in ein paar spielen insgesamt noch stärker.

    alles in allem haben beide heimspiele ein ganz anderes auftreten als in der vorsaison gezeigt, das tatsächlich wieder freude bereitet, das mitreisst, das für diese saison hoffen läßt.

    und wenn das stadion so zu kochen beginnt, wenn die geile stimmung der ränge so auf die spieler überschwappt, geht zusätzlich noch einiges leichter und auch mehr bei den spielern.

     

  10. Schworza99 sagt:

    Also wenns so weiter geht wird da Kreissl boid mit Zigarre as Casino Graz unsicher mochn 😉

    Also ba dem Pass vam Matic auf Alar hett i fost great so schen wor der…

    Sollte des gegen Ried wirklich nur ein Ausrutscher gwesn sein bin ich vorsichtig optimistisch…

    Muss man sich auf der Zunge zergehen lassen dass die Burschen erst ein paar Wochen zamspieln… Matic und Jeggo rulen auf der 6 als obs schon immer BFF warn…

    Koch und Lyko bisher abgeklärt undsouverän, am Flügel herrscht sowieso Konkurrenzkampf und im Sturm scheint der Alar in der alten Heimat noch mal aufdrehen zu wollen…

    Edi kämpft zumindest wie ein Verrückter, auch wenn er technisch noch viel zu lernen hat. Spendi und Schulz müssen sich auch erst einspielen und im Tor darf man gespannt sein wer die 1 wird…

    Ich bin (wieder einmal) ein bisschen gehyped, auch wenn jede schwarzweiße Zelle sich in meinem Körper dagegen wehrt…

    Kreissl hat uns Kampffussball versprochen und den haben wir zumindest bis zum Gegentor gestern gesehen. ..

    P.S.

    Wenn der Jeggo weiter hinten so aufräumt und der Matic vorne für Furore sorgt, kann der Lord vlt sogar von der Triple-6 träumen 😉

     

     

  11. ljnight2 sagt:

    Zu jeggo, matic, alar braucht man nichts mehr sagen, wurde schon alles gesagt nur das zitat von heribert weber: „die zentrale achse um jeggo, matic und alar ist sensationell, einfach sensationell! Das beste was sturm graz in den letzten jahren hatte“ ist erwähnenswert.
    Was horvath im moment abliefert, egal ob er die chancen liegen gelassen hat, wie der läuft kämpft, dribbelt, ist einfach eine Augenweide! Wenn bei seinem vertrag eine 49 millionen ablöse stehen würde, wäre sie gerechtfertigter als bei avdijaj, so ehrlich muss man sein..
    Und zum edi, wie schon so oft gesagt der knipser ist er nicht, awa waa der für die mannschaft arbeitet, durch gegner durchläuft, technisch am ball kann, ist auch sehenswert und die pässe auf zb. Huspek (die 3 tormöglichkeiten in 1er minute), der pass auf alar zum 2:0, der pass auf horvath vorm 3:0 waren bemerkenswert.. Wobei er noch des öfteren gefoult/gehalten wurde wo nicht gepfiffen wurde..
    Negativ waren (für mich gelb! Niemals rot) das foul und wo er nicht auf die besser postierten spieler gespielt hat sondern den ball aufs tor gerollt hat, dennoch viel mehr licht als schatten!

  12. Arch Stanton sagt:

    Ein echter Pornosoph, der Herr Kolb.

    Schönes Spiel – das einzig störende waren Pausen- und Schlusspfiff.

    Offensichtlich ist es in unserem Fall besser gewesen, die halbe Mannschaft auszutauschen und nicht den Trainer.

Schreibe einen Kommentar