Jon Gorenc-Stankovič: „Sturm kann sich auf mich verlassen“
Er ist in Andreas Schickers noch kurzer Amtszeit der wohl beeindruckendste Transfer – Jon Gorenc-Stankovic. Der Slowene hat beim SK Sturm einen Vertrag bis 2023 unterschrieben und gilt als neuer Abwehrchef. Mit seinen erst 24 Jahren kann sich seine Vita bereits sehen lassen – NK Domzale, Borussia Dortmund und Huddersfield Town, mit denen er auch in der Premier League spielte. Wir haben mit Gorenc-Stankovic über seine bisherigen Stationen, die neuen Mannschaftskollegen sowie persönliche Träume und Ziele mit dem SK Sturm gesprochen – Leser*innenfragen inklusive.
Zunächst eine einfache Frage zum Einstieg: Wie haben Sie sich in Graz eingelebt? Wie waren die ersten Wochen?
Ich bin jetzt seit zwei Wochen hier und bis jetzt passt alles. Ich habe eine Wohnung gefunden und bin auch mit dem Trainer und der Mannschaft sehr zufrieden. Wir trainieren und arbeiten hart. In einer Woche geht es auch schon mit dem Cup-Spiel los.
Die Vorsaison war für den SK Sturm nicht gerade erfolgreich. Warum ist die Wahl dennoch auf die Schwarz-Weißen gefallen?
In der vergangenen Saison war durch die Corona-Pandemie vieles anders. Daher kann man nur schwer sagen, warum die letzten Spiele des SK Sturm so schlecht waren. Ich habe mir darüber aber nicht wirklich Gedanken gemacht. Sturm ist ein großer Verein, also war ich von Anfang an überzeugt. Jetzt bin ich hier und will zeigen, was ich kann.
Wie hat sich der Wechsel abgespielt? Andreas Schicker soll Sie ja schon länger beobachtet haben.
Das stimmt. Ich habe hauptsächlich mit ihm gesprochen. Wir hatten bereits im Jänner das erste Mal Kontakt, konkret wurde es aber erst im Sommer.
Spielte die Nähe zu Slowenien auch eine Rolle?
Nein, das ist nicht mehr als ein positiver Nebeneffekt. Aber ich bin nicht hier, weil Slowenien so nahe ist, sondern um guten Fußball zu spielen.
Sie spielten zuletzt bei Huddersfield in der zweiten englischen Spielklasse. Wie präsent ist die österreichische Liga da überhaupt?
Man liest nicht viel über den österreichischen Fußball. Ich kenne die Liga aber insbesondere durch die Leistungen von Salzburg. In England gibt es nur den englischen Fußball und nichts anderes.
Trauen Sie sich schon zu, die Spielstärke von Sturm und Huddersfield zu vergleichen? Wie fällt Ihr erstes Fazit aus?
Die Ligen und die Mannschaften sind ganz anders. Daher kann man sie nur schwer miteinander vergleichen. Ich will das auch gar nicht, weil es weder Sturm noch Huddersfield gegenüber fair wäre. Jede Mannschaft hat ihre Stärken und Schwächen.
David Wagner war ja bereits bei der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund Ihr Trainer. Nach seinem Wechsel zu Huddersfield holte er Sie dann auch nach England. Wie sehr hat der jetzige Schalke-Coach Ihre bisherige Karriere geprägt?
Er holte mich damals auch von NK Domzale nach Dortmund. Er ist ein super Trainer und macht bei Schalke derzeit einen guten Job. Ich kann nur Positives über ihn sagen. Er hat mir sehr geholfen und ich bin ihm sehr dankbar.
Haben Sie noch Kontakt zu ihm?
Manchmal. Einmal war ich bei der Nationalmannschaft, da hat er mir gratuliert. Es ist nicht so, dass wir jeden Tag miteinander sprechen, aber ab und zu passiert das schon.
Sie absolvierten von 46 Spielen für Huddersfield auch elf Spiele in der Premier League. Wie sehr kann Ihnen diese Erfahrung, in der vermeintlich besten Liga der Welt gespielt zu haben, beim SK Sturm helfen?
Alle Erfahrungen sind wertvoll. Speziell die Spiele in England werde ich nie vergessen. Ich weiß, dass ich gut genug für die Premier League bin und jetzt kann ich hier zeigen, dass ich gut Fußball spielen und Sturm sich auf mich verlassen kann.
Aufgrund eines Kreuzbandrisses fielen Sie lange aus. Sind Sie jetzt topfit?
Ja, derzeit bin ich topfit. Leider ist mir der Kreuzbandriss am Ende des ersten Jahres bei Huddersfield passiert – danach musste ich fast ein Jahr lang pausieren. Jetzt ist das aber alles überstanden und ich bin topfit. Ich mache mir keine Gedanken über mögliche Verletzungen.
Bei Ihrem Debüt in der höchsten englischen Liga erzielten Sie gegen Manchester City auch Ihren ersten Premier-League-Treffer. Was bedeutet dieser für Sie?
Das war nicht einfach nur ein Tor für mich. Es war mein erstes Spiel nach der Verletzungspause. Zehn Minuten vor Spielbeginn änderte der Trainer meine Position und ich habe dann auf der „Sechs“ gespielt. Es war ein schwieriges Spiel. Ich war aber sehr glücklich, dass ich spielen konnte. Gegen Manchester City spielt man schließlich nicht jeden Tag. Leider konnte ich nicht wirklich jubeln, weil es das Tor zum 1:3 war, aber es war gerade nach der langen Verletzungsauszeit ein schöner Moment.
Wenn wir schon bei Manchester City sind: Auffällig in dieser Europapokal-Saison ist, dass keine englische Mannschaft über das Halbfinale hinauskam – in der Champions League scheiterten sogar alle Teams vor dem Semifinale. Ist die englische Liga doch nicht so stark oder stellt diese Saison eine Ausnahme dar?
In einem Jahr sind die spanischen Mannschaften top, im nächsten Jahr dann die englischen. Im übernächsten Jahr sind dann vielleicht die italienischen Teams ganz oben. Das weiß man nie. Es ist schwierig, die Ligen zu vergleichen. Zudem gibt es in der Champions League jetzt immer nur ein Spiel. Das ist wie ein Pokalfinale. Wenn man einmal einen guten Tag hat, gewinnt man.
Kommen wir zurück zu Sturm. In den Testspielen gab es bisher einen Sieg, ein Unentschieden und eine Niederlage. Wie schätzen Sie die Vorbereitung bislang ein?
Ich denke, dass es bisher sehr gut gelaufen ist. Wir haben noch eine Woche und dann steht schon der ÖFB Cup an. Zwei Wochen später startet dann die Liga. Wir steigern uns von Training zu Training und auch in jedem Testspiel. Man darf jetzt nicht auf die Ergebnisse blicken, denn wir wechseln sehr viel und die Ergebnisse sind zweitrangig. Wir müssen von Tag zu Tag weiterarbeiten und uns jeden Tag im Training verbessern.
Neben Ihnen verpflichtete der SK Sturm mit Gregory Wüthrich und Sandro Ingolitsch noch zwei Abwehrspieler. Wie würden Sie Ihre Kollegen und somit die Abwehrreihe einschätzen?
Wir haben einen guten Teamgeist und ich denke, dass dieser in den nächsten Wochen noch besser werden wird. Wenn die Spiele kommen, werden wir alle bereit und topfit sein. Wir befinden uns in einer guten Verfassung. Abseits des Platzes habe ich die beiden aber noch nicht näher kennengelernt.
In unserem Interview betonte Christian Ilzer, dass der SK Sturm “ein eigenes Gesicht” entwickeln soll. Wie sollte dieses Gesicht Ihrer Meinung nach aussehen?
Jeder will Fußball nach vorne spielen – auch wir. Wir wollen in der Offensive flexibel sein und mit viel Pressing gegen den Ball spielen. Der Trainer hat ein sehr gutes Konzept und ich vertraue ihm vollkommen. Ich denke, er ist ein sehr guter Trainer und wir werden mit ihm weit kommen.
Was halten Sie nach den ersten Trainingseinheiten generell von seiner Arbeit?
Die Einheiten sind sehr gut. Wir müssen viel denken und laufen nicht nur. Das mag ich sehr.
Am 28. August geht es für den SK Sturm mit dem Cup-Spiel gegen den SV Innsbruck los. Was sind denn Ihre Ziele für die kommende Spielzeit?
Ich persönlich will, dass wir ganz oben sind und um die Europacup-Plätze mitspielen. Wir wollen auch im Cup so lange wie möglich dabei sein. Und am Ende kann es sein, dass wir ihn gewinnen.
Sie haben auch bei Ihrer Präsentation gesagt, dass Sie mit dem SK Sturm Titel gewinnen wollen. Der Verein hat für diese Saison etwas andere Ziele ausgegeben.
Das ist mein Ziel, das hat nichts mit Sturm zu tun. Ich weiß, was Sturm will und dass nach einem schwierigen Jahr ein Neuanfang erfolgen soll. Wir hoffen, dass wir ein neues Kapitel schreiben können. Man weiß aber nie, was passiert. Wenn wir einen guten Start haben und dann unser Niveau halten können, kann alles passieren. Ich weiß, dass Sturm ein großer Verein ist und man hier Titel gewinnen kann. Deswegen bin ich hier. Ich will um Europa spielen.
Was wollen Sie in Ihrer Karriere generell erreichen?
Jeder Fußballer will Titel holen – auch ich. Wir sind bei Huddersfield von der zweiten in die erste Liga aufgestiegen – das war ein tolles Gefühl. Das will ich jedes Jahr haben.
Erhoffen Sie sich auch, durch gute Leistungen beim SK Sturm Möglichkeiten auf einen Einsatz in der Nationalmannschaft zu bekommen? Bislang reichte es ja noch nicht für Einsatzminuten im A-Team.
Das stimmt, ja. Ich mache mir aber keine Sorgen. Wenn ich gute Spiele mache, kommt das von allein. Mein Kopf ist nicht bei der Nationalmannschaft, sondern nur bei Sturm. Wenn ich einen Anruf von der Nationalmannschaft bekomme, bin ich natürlich froh. Wenn dieser Anruf aber nicht kommt, kommt er eben nicht. Ich wäre dann nicht unglücklich, denn so ist der Fußball eben. Ich gebe jetzt einfach alles für den SK Sturm.
Sie haben schon gesagt, dass Sie als „Sechser“ und als Innenverteidiger spielen können. Was liegt Ihnen mehr?
Ich denke, dass mir die Position des Innenverteidigers mehr liegt. Von hinten habe ich das gesamte Spielfeld vor mir, daher ist diese Position für mich am besten. Als junger Spieler habe ich immer vor der Abwehr gespielt, David Wagner hat mich dann nach hinten gezogen und das hat mir sehr gefallen. Ich glaube, dass ich so alles ausspielen kann, was ich draufhabe.
Wo sehen Sie Ihre Stärken und in welcher Formation kommen diese am besten zur Geltung?
Ich bin gut am Ball und sowohl defensiv als auch offensiv sehr kopfballstark. Ich glaube, dass ich das in der Viererkette am besten zeigen kann. Dreierkette habe ich aber natürlich auch schon gespielt.
Mit Matthias Berthold holte der SK Sturm auch Verstärkung für den mentalen Bereich. Wie wichtig ist Ihnen der mentale Aspekt? Kennen Sie dies bereits aus der Zeit in England?
Ja, wir hatten in England einen ähnlichen Mann. Ich denke, dass es sehr wichtig ist, so jemanden zu haben. Es tut gut, mit jemandem offen reden zu können. Zudem hat er mit Topstars gearbeitet und weiß, wie der Kopf vor jedem Training und jedem Spiel funktioniert. Er hat viel Erfahrung und ich bin sicher, dass er uns helfen wird.
Was halten Sie von den Fans des SK Sturm Graz?
Ich habe ein paar Videos und Fotos gesehen. Wir haben großartige Fans und ich kann es kaum erwarten, vor ihnen zu spielen.
Die Fans brennen darauf, wieder ins Stadion zu dürfen. Wie sehen Sie die Vorkehrungen? Sind Sie eher für weitere Geisterspiele oder – wohl mit Risiko behaftet – Partien mit Zuschauern in den Stadien?
Die Gesundheit steht immer an erster Stelle. Ich will nicht, dass jemand ins Stadion geht, wenn es nicht sicher ist.
Vielen Dank für das Gespräch.
Super Interwie Danke
Vielen herzlichen Dank für das tolle Interview. Er hat sich da scheinbar länger Zeit genommen. Bin noch immer ganz unschlüssig wie das „passiert“ ist, dass er von der 2. Liga in England zu einem „Mittelständer“ in Österreich gekommen ist … weil man sonst immer den umgekehrten Weg geht.
@Ritter2016
Ich denke mir, dass Sturm in Slovenien noch immer einen guten Ruf geniesst.
Hoffentlich ein klasse Kerl..
Er sagt es doch deutlich:
„Er traut Sturm großes zu- Europa als Zuckerl(in keiner 2. Liga spielt man international. Dank RBS gibt es in ö genug Plätze zur Qualifikation.)..
Auch Nem als Trainer hätte keinen Tau, wie wenig bei uns investiert wird.“
Hoffentlich passt es..
Off Topic
https://www.sksturm.at/de/news/kampfmannschaft/2020/informationen-zum-cup-heimspiel-und-zum-bundesliga-matchbesuch/
Alle Abo Besitzer dürfen zum Cup Spiel am Freitag !!!
Nice,
Treue wird belohnt.
Jon will mehr als nur Stagnation .
Ich Vergleich sein Potential in der Ö-lLiga mit Trainer als Maßstab.
Hoffentlich wird Jon die Bälle abfangen, um den Spielaufbau von hinten gut fördern.
Groß ist er auch und in England fast 60% erfolgreiche Zweikämpfe sprächen für sich.
Danke A.Schicker.
Jon ist ein entscheidendes Puzzelteil.
Hoffentlich wächst Kuen in Zuljs Rolle für Sturm.
Ist das Puzzel-Grundgerüst mit einen Stürmer komplett, oder wird noch anderer Stein umgedreht?
Auto Korrektur:
Trainer =Trauner
Autokorrektur:
Neubeginn=IvoGo=unverändert megaanstrengend
Er macht einen guten Eindruck. Hoffe aber, dass auch Geyrhofer neben den beiden Neuen (Wüthrich und Gorenc) Einsatzzeit bekommt.
Danke für das spannende Interview. Gorenc-Stankovic macht einen symphatischen Eindruck, hoffentlich wird er der nächste Schildenfeld.
Das er erst 24 Jahre alt ist, hat mich überrascht, schaut doch schon einiges älter aus