Gegen den Strom!

Das Echo – Eine Hommage an die qualitativ beste Vereinszeitschrift in Österreich
STURMECHO 7

Die allererste Ausgabe des „Sturm-Echo“, März 1968

Als Anfang der 1960er-Jahre der deutsche SV Reutlingen in der legendären Gruabn gastiert, bekommt Dr. Herwig Brandstetter, Vorstandsmitglied und Einfädler des Durisol-Deals,  per Zufall ein Spielprogramm zu Gesicht, welches der deutsche Verein schon damals regelmäßig bei Heimspielen verkauft. Und so wurde die Idee zu einem Projekt geboren, das bis heute nichts an Qualität und Nachhaltigkeit eingebüßt hat. Schnell waren die ersten Ausgaben des „Sportprogramms“ gedruckt und erfreuten sich – anfangs noch in Kleinformat – großer Beliebtheit unter den Sportplatzbesuchern. Insgesamt 78 Ausgaben in unregelmäßigen Abständen sollten davon in Druck gehen. 1968 wurde für dieses Produkt ein prägnanterer Titel gesucht und man entschloss sich die Stadionzeitung in „Sturm-Echo“ umzubenennen. Die ersten beiden Jahre waren geprägt durch die unermüdliche Arbeit von Manfred Ebner, ehe schon 1970 der auch heute noch aktive Dr. Herbert Troger  jun. die Führung übernahm.

STURMECHO 10

Ein druckfrisches Echo (1969)

Echo Sonderausgabe Sturm-Arsenal 1970

Echo Sonderausgabe Sturm-Arsenal 1970

Erstes Highlight Arsenal London

Den ersten echten Hype erlebt das Echo anlässlich der Europacup-Begegnung gegen Arsenal London anno 1970. Da auf der Insel das Sammeln von Stadionzeitschriften schon damals echte Tradition ist, klingelt es pausenlos im „Sturm-Büro“: Hunderte von englischen Schlachtenbummlern bitten schon vorab um die Hinterlegung von zumeist mehreren Ausgaben des Echos. Dank einer organisatorischen Meisterleistung – in Zeiten in denen PC noch einzig und allein für Political Correctness stand – gelingt quasi en passant der Druck einer Extra-Ausgabe des Echos und kein Reservierungswunsch bleibt unerfüllt. Längst ist das Echo mittlerweile etabliert und echtes Pflichtprogramm für den Sturm-Knofel.

 

Mit Schwung und Elan durch die 80er-Jahre

„Sturm-Echo, 5 Schilling“, hallt es danach 2 1/2 Jahrzehnte durch die Gruabn. An Spieltagen werden schwarz-weiße Nachwuchskicker durch die Stehplatzreihen in der altehrwürdigen Sportstätte geschickt, 50 Groschen bleiben vom Verkaufspreis dem Jugendspieler. Ein Mario Haas etwa erweist sich dabei als besonders geschäftstüchtig und bessert durch dieses Geschäftsmodell regelmäßig sein Taschengeld auf. Damals galt der Erwerb des Magazins für jeden Sportplatzbesucher beinahe als Obligo. Das Sturm-Echo gehört zum Verein wie der Uhrturm zu Graz. Niemand stellt dies zu jener Zeit auch nur irgendwie infrage. „An der Outlinie notiert“ von Erwin Eberl, sorgfältig zusamengestellte Chroniken von Dr. Herbert Troger aber auch parallelisierte Auszüge aus der damals noch pluralistischen, steirischen Medienlandschaft von Prof. Walter Kowatsch-Schwarz zählen unter anderem zu den Highlights jener Tage. Die Redakteure hatten zumeist Themenfreiheit und von Vereinsseite gab es keinerlei Zensur. Ihrer Verantwortung bewusst, gingen die ehrenamtlichen Mitarbeiter sorgfältigst mit diesem Vertrauensbeweis um: Niemals wurde ein Spieler oder Verantwortlicher unter der Gürtellinie angegriffen und man agierte mit Bedacht. Selbst als die „Millionenelf“ (so bezeichnete man die Mannschaft rund um die speziell für damalige Zeiten sehr teuren Einkäufen wie Jürgen Werner, Georg Zellhofer und Ewald Türmer) Ende der 1980er-Jahre von einer Niederlage in die nächste schlitterte, begann innerhalb der Redaktion nicht die Suche nach einem Pharmakos, sondern die Ursachen des Scheiterns wurden manigfaltig analysiert.

 

Unter Kartnig beginnt eine neue Zeitrechnung

Erste Ausgabe Sturm-News, 1994

Erste Ausgabe Sturm-News, 1994

Vieles, das Identifikation schafft, wird in dieser sportlich erfolgreichen Ära nicht mehr als solches adäquat behandelt. Der Name „Sturm-Echo“ erscheint dem Zampano zu antiquiert, zu sehr will er sich von der nicht so erfolgreichen Ära von Sturm verabschieden. „Sturm-Neu“ war eben schon damals für viele en vogue. Das die ungeheure Tradition und eine lange Vereinshistorie hauptverantwortlich für die Marke Sturm sind, wird von nun an bewusst oder unbewusst ausgeklammert. Manchmal hat es fast den Anschein, der Verein wäre erst 1992 – im Jahr der Inthronisierung des damals gegenwärtigen Präsidenten – gegründet worden.  Zum 85. Klubjubiläum erscheint erstmals – getarnt als Festschrift – eine Vereinszeitung mit dem Namen „Sturm-News“ und diese sollte das gute alte Echo klammheimlich ablösen. Die Mutter aller Vereinszeitschriften verschwindet nun völlig vom Markt.  Vorbei war es mit sehr aufwendig und liebevoll gestalteten Beiträgen, wie sie eben nur das Echo über Jahrzehnte hinweg offerierte. Denn Sturm-News wurde zur puren One-Man-Show. Jener des Hannes Kartnig. Keine Beschäftigung mehr mit den Wurzeln des Sportklubs  aus dem Augarten, keinerlei kritische Auseinandersetzung mehr mit dem inneren Bild des Vereins und das „Über den Tellerrand schauen“ wurde passe. Im Rausch des schnellen Geldes war jedes Mittel recht. Der über Jahre hinweg erzielte sportliche Erfolg täuschte über so manches hinweg, erst ab dem Zeitpunkt als Titel ausblieben, wurde so manchen die Lächerlichkeit der „Berichterstattung“ alla Kartnig, Schilcher, Klementschitz und Co. bewusst.

 

Das Sturm-Echo ist wieder da

Als Hannes Kartnig bei Sturm endgültig Geschichte ist, feiert das Kult-Magazin sein Comeback. Im September 2007 erscheint die 314. Ausgabe des schwarz-weißen Klubmagazines wieder unter dem Namen „Sturm-Echo“. Zu sehr hat sich diese Marke im Bewusstsein von Sturmfans verankert, als dass man diesen Wunsch nach einer Renaissance der Kult-Marke abschlagen kann. Besser, stärker und liebevoller gestaltet denn je. Das Echo ist wieder da und mit ihm verbunden auch ein Widerhall, anstatt peinlicher Lobhudelei. Auch von Vereinsseite steht man zu dieser Zeit klar zum Echo. Zu einer, wenn angebracht, auch kritischen Betrachtung der Geschehnisse im Verein die eher als belebend denn kontraproduktiv gesehen wird. 2011 versucht man sogar ein pures Match-Day-Magazin ins Leben zu rufen, indem man bei allen drei Heimspielen in der Europa-League ein „Sturm-Echo-Live“ gratis an alle Stadionbesucher in der UPC-Arena verteilt. Das Klubmagazin ist jetzt am Höhepunkt und in Fachkreisen habituell als ganz klare Nummer 1 in Österreich anerkannt.

Sturm-Echo Live 2011

Sturm-Echo Live 2011

Im Titelrausch

„Gerade im Erfolg macht man die meisten Fehler“, hat Markus Schopp einmal – gefragt auf den sportlichen Untergang des Vereins nach den europäischen Triumphen – gesagt. Und auch nach der glorreichen Zeit um 2011 bestätigt sich diese Aussage. Das Echo wird von so manchen wieder als lästiges Anhängsel gesehen und auf seinen wirtschaftliche Erfolg evaluiert. Das Vokabel „Nachhaltigkeit“ hingegen wird mancherorts aus dem Wortschatz verbannt. Vergebens hofft man, das Echo zumindest auch bei Grazer Zeitschrifthändlern in der Produktpalette zu finden. Noch immer liegen in der größten Grazer Buchhandlung „Moser“ Vereinszeitschriften von Rapid und Austria zum Kauf bereit, sogar der Dosenklub bietet dort sein Magazin zum Konterfei an, doch das Echo vermisst man hier, und auch überall anders, schmerzlich. Selbst bei Heimspielen macht sich  niemand mehr die Mühe die Hefte an den Mann zu bringen. Zudem sei das Echo zu wortlastig, zu intellektuell. Schnelle Facts auf den Punkt gebracht entspreche laut einigen maßgeblichen Entscheidungsträgern viel mehr dem Zeitgeist.

 

Sturm-Echo-Aktuell SturmEcho_342

2015 erreicht diese Entwicklung  den bislang negativen Höhepunkt. Urplötzlich und für viele unerklärlich taucht ein Heftchen – mit dem zugegebenermaßen doch sehr vielversprechenden Titel „Sturm-Echo-Aktuell“ – auf.  Doch nicht überall wo Sturm-Echo draufsteht, ist auch Sturm-Echo drin. Das Blatt enttäuscht auf allen Linien. Es ist eine Ansammlung von als Information getarnter Werbung, gefolgt von Werbung und einem Potpourri aus Bildern und Bla Bla aus dem VIP-Klub in Kombination mit Kurzmeldungen der klubeigenen Internetseite. Verlässt man nach Spielende das Stadion, schreitet man durch ein Meer aus weggeworfenen Ausgaben. Ein guter Indikator dafür, dass der Sturmfan die Absicht hinter diesem Heftchen sehr wohl versteht. Seicht, leicht durchschaubar und ja nirgendwo anecken. Das ursächliche Echo hingegen scheint förmlich dagegen anzukämpfen, versucht beinahe sein einst unbeflecktes Image wieder aufzupolieren. Die Ausgaben des Ursprungsprodukts verlieren daher nichts an Qualität. Im Gegenteil: Im März 2015 erscheint die Ausgabe „Sturm Graz im Nationalsozialismus“ und das Echo landet wieder einmal einen Volltreffer. Es macht unter Fachleuten im gesamten deutschsprachigen Raum wieder von sich reden und die Lobeshymnen für eine derart intensive Beschäftigung mit dem eigenen Klub und seinen Wurzeln reißen nicht ab. Und trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass dem Verein solch eine professionelle Vorgehensweise – noch dazu von fast durch die Bank ehrenamtlichen Mitarbeitern – gar nicht so recht ist. Die Zahl der Ausgaben (aktuell nur mehr drei pro Jahr) sinkt kontinuierlich.

 

Ein Ausblick

Mittlerweile produziert der Verein fast über sämtliche Kanäle seine Inhalte selbst. Die gängigsten steirischen Medien spielen da im Gleichklang schön und angepasst mit. Die Gefahr einer Lobhudelei ist existenter denn je und die Gefahr eines partiellen Rückfalles ins Kartnig-Zeitalter droht. Das Sturm-Echo stellt  eine wohltuende Ausnahme dar, daher liegt es auch an uns, dieses Qualitätsmagazin entsprechend zu würdigen. Österreichs ältestes noch existentes Vereinsmagazin gehört gestärkt und es gehört ihm endlich der Stellenwert gegeben, den es sich schon längst verdient.

 

7 Kommentare

  1. Nock-74 sagt:

    Lieber Günter! Ein echt toller Artikel! Bin zwar erst seit kurzem bei euch registriert, aber schon jetzt finde ich eure Seite echt Hammer. Eigentlich schon jetzt besser als Sturm12. Lasst nur den Pucher nicht zu euch rein! 🙂

  2. Neukirchner sagt:

    Eine mehr als verdiente Würdigung des Echos. Gratulation!

  3. leonroth sagt:

    Geschaetzter Herr Ko!
    Nach einem halben Jahrhundert als Sturmfan habe ich Hoehen und Tiefen unseres Vereins miterleben können. Vom Dauerkampf gegen den letzten Platz an jedem Wochenende zermuerbt bis zur glorreichen Zeit des magischen Dreiecks konnte ich auch Entwicklung desEchos mitverfolgen.
    Trotz aller Selbstbeweihraeuecherung und seiner kernigen Sprüche wegen von vielen angefeindet finde ich es unkorrekt, wie du auf dem Meistermacher herumtrampelst.
    Vielleicht findest du bei denderzeigen Machern auch ein Haar in der Suppe.

    • Adrian Pennino sagt:

      ich glaub‘ net, dass hier auf dem damals allgegenwärtigen Präsidenten/ Meistermacher herumgetrampelt wird, sondern vielmehr bekommen laute Rufe ein entsprechendes Echo – um bei dem Bild zu bleiben.
      auch wenn ich glaub‘, dass der Herr Kartnig irgendwann einmal ein Denkmal vor dem Grazer Finanzamt kriegt – als Denkanstoss für all die anderen, brav ihre Steuern zu zahlen.
      während nämlich in meiner Erinnerung bei uns den letzten Hattrick ein Stürmer gemacht hat, so wars beim ehemaligen Stadtrivalen der Masseverwalter, und von denen ist bis jetzt noch kein Funktionär im Häfen!

  4. Arch Stanton sagt:

    pünktlich um 19. 09 Uhr!
    .
    Großartige Würdigung für eine sehr gute Zeitschrift!
    Ich kann es mir gut vorstellen, dass ein kritisches Sturmecho Leuten, die Sturm als Bank oder Sparverein sehen/ führen zu intellektuell ist.
    Nach den letzten Spielen wünschte ich mir auch einige Akteure vom Spielfeld auf den Stadionvorplatz als Sturmechoverkäufer – da braucht es zwar auch den vollen Einsatz, aber man muss nicht so viel laufen.
    PC bedeute übrigens 1970 in England einzig Police Constable.
    Gratulation Günter Ko!

  5. 12terMann sagt:

    Stirbt das SturmEcho, stirbt ein Teil von Sturm!

  6. Hallo. Ich brauche „Sturm Echo“ Juli 2015.
    Wo kann ich kaufen?

    alex1034@mail.ru

     

Schreibe einen Kommentar