Schicker: „Das Tempo hoch zu halten wird der Schlüssel zum Erfolg“
Hübsch in Schwarz und Weiß beflaggt präsentiert sich derzeit die 11.000-Einwohner-Kleinstadt Murska Sobota im äußersten Nordosten Sloweniens. Kein Wunder, hat sich der lokale Fußballklub ja vor wenigen Monaten zum ersten Mal die slowenische Meisterschaft gesichert. „Eigentlich war dieser Titel eine Schande für die Vereine aus Maribor und Ljubljana, wir haben ein mickriges 2,5-Millionen-Euro-Budget, diesen Titel kann man europaweit vielleicht nur mit dem Erfolg von Lille in Frankreich vergleichen“, erzählt mir ein Mura-Anhänger vor dem Spiel. Nachdem die Slowenen in der Champions-League-Qualifikation am Despodov-Klub Ludogorez Rasgrad gescheitert sind, hofft man nun über den Umweg Europa-League-Quali, doch noch eine europäische Gruppenphase zu erreichen. Gegen den litauischen Vertreter Žalgiris Vilnius, seit 2014 Serienmeister im eigenen Land und schon zu UdSSR-Zeiten der erfolgreichste Klub des Baltikums, rechnet man sich vor dem Spiel gute Chancen aus. „Wir haben gegen die Litauer vor 27 Jahren unseren ersten Sieg in Europa überhaupt eingefahren, ich denke, das ist ein gutes Omen“, meint der Mura-Fan bei einem frisch gezapften und unverdünnten Lasko-Bier, das hier um schlanke 2,50 Euro ausgeschenkt wird.
Im in einem Wäldchen neben einem Schwimmbad gelegenen Fazanerija-Stadion erinnert so einiges an die Lavanttal-Arena. Neben dem Spielfeld werden Autos beworben und eine schreckliche Dauerbeschallung soll den Fans die Minuten vor dem Anpfiff verkürzen. Das rockige Vereinslied fetzt aber ganz schön und ist ein Ausreißer nach oben. Nur für knapp 5.000 Zuschauer bietet das Stadion Platz, aufgrund der Pandemie darf zudem nur jeder zweite Schalensitz besetzt werden. Auf der Pressetribüne ortet mich ein slowakisches Fußballlexikon als „Spion“ des SK Sturm, zählt mir fast jeden Kicker auf, der in den letzten 50 Jahren für die Blackys gegen den Ball getreten hat und fragt dann auch noch verwundert nach, wie es denn möglich war, dass ausgerechnet Nestor El Maestro „bei dieser großen Adresse untergekommen“ sei. Der Mann, die slowakische Kopie von Journalisten-Legende Walther Kowatsch-Schwarz, behauptet, er habe nie einen schrecklicheren Fußball gesehen, als jenen, mit dem der Ex-Sturm-Coach Spartak Trnava damals zur Meisterschaft geführt hat.
Nervöse Slowenen, harmlose Litauer
Von Beginn an sieht man auf dem Platz zwei völlig unterschiedliche Teams. Mura beginnt mit einem 3-5-2, während Žalgiris im 4-3-3 startet. Die Slowenen agieren zunächst übernervös, machen einfache Abspielfehler und so kommen die Gäste bereits in der ersten Viertelstunde zu drei Tormöglichkeiten. Doch die Litauer, das technisch eindeutig überlegene Team, agieren oft zu verspielt, vor allem Francis Kyeremeh ist ein ständiger Unruheherd. Doch auch der Ghanaer legt die Kugel immer wieder lieber noch einmal quer, anstatt selbst den Treffer zu erzwingen. Bei einer guten Gelegenheit nach einer Ecke in Minute 9 rettet beim Toschuss von Ovidijus Verbickas allerdings ein ausgestrecktes slowenisches Bein in letzter Sekunde. Dasselbe Bild nur drei Minuten später, als sich Žalgiris Bester, Jakub Sylvestr, durch die Abwehrreihen der Slowenen tankt, beim Abschluss aber kläglich scheitert. Fast eine halbe Stunde war schon gespielt, bis es zur ersten Großchance für das Heimteam kommt: Nach einer gefälligen Kombination klatscht der Kopfball von Eigengewächs Kai Cipot an die Stange. Der U21-Nationalteamspieler steht stellvertretend für das junge Mura-Team, beinahe der gesamte Kader kommt aus dem exjugoslawischen Raum, während der Kader der Gäste gleich mit 15 Legionären gespickt ist.
Nur drei Minuten später wird ein Kopfballtreffer von Sylvestr zurecht aberkannt, knapp vor Ende der ersten Halbzeit ist es erneut der 32-jährige Slowake, der nach Assist von Kyeremeh alleinstehend vor dem Tor vergibt. Eine – auch deutliche – Führung für Žalgiris wäre nach den ersten 45 Minuten nicht unverdient gewesen. Vor allem erkannten die Gäste schnell die Schwäche des Heimteams, nämlich Links-Außen Klemen Sturm (sic!!), der vor allem defensiv oft die Orientierung verliert und dadurch viel zu viel zulässt.
Völlig konträre zweite Hälfte
Was immer Mura-Coach Ante Simundza seinen Mannen in der Pause eingetrichtert hat, es zeigt Wirkung: NS Mura übernimmt sofort das Kommando und kommt zwischen der 46. und 60. Minute zu drei Möglichkeiten. Doch sowohl Mihael Klepac als auch (gleich zwei Mal) Kai Cipot scheiterten an der Präzision oder am Gäste-Torhüter Edvinas Gertmonas. Žalgiris jedoch setzt sich von da an augenscheinlich das Ziel, mit einem torlosen Unentschieden die Heimreise anzutreten und bleibt während der gesamten zweiten Spielhälfte ohne echte Möglichkeit. Daran ändert auch die Einwechslung von Ex-Blacky Josip Tadic nichts mehr. Aber auch der Elan der Slowenen verpufft zusehends und somit ist das 0:0 an diesem Abend letztendlich ein logisches Resultat und auch ein gerechtes, gehörte doch jedem der beiden Teams ganz klar eine Halbzeit. Während Žalgiris Vilnius über so manchen glänzenden Edeltechniker verfügt, scheint der NS Mura seine Stärken im besseren Kollektiv zu haben. Auf jeden Fall muss der SK Sturm vor keinem der beiden möglichen Gegner in Ehrfurcht erstarren.
Stimmen:
Andy Schicker (Sportdirektor Sturm): „Einfach wird es sicher gegen beide Teams nicht werden. Darum bereiten wir uns auch weiterhin akribisch vor. Wir werden nächste Woche auch nach Litauen fliegen, uns dort zudem das Umfeld anschauen. Ich bin mir sicher, beide Mannschaften könnten in der österreichischen Liga gut mitspielen. Und: Beide sind Meister ihres Landes. Das wird man nicht einfach so. Davor haben wir schon Respekt. Wichtig wird für uns sein, das Tempo hoch zu halten und zwei gute Tage zu erwischen. Zalgiris war heute zunächst besser und verfügt über die besseren Individualisten. Mura hingegen hat erst vor wenigen Tagen ihren besten Mann (Anm: Nationalteamspieler Nino Kouter ging in die Türkei) verloren, das hat man zu Beginn gemerkt, sie haben sich aber gut reingekämpft und über das Kollektiv ins Spiel gefunden. Im Prinzip ist alles offen. In Litauen wird aber auf Kunstrasen gespielt, das könnte für das Heimteam schon zum kleinen Vorteil werden. Meines Wissens nach würde – Stand jetzt – Mura bei einem Weiterkommen sein Heimspiel gegen uns sehr wohl wieder hier im Fazanerija in Murska Sobota austragen.“
Vladimir Ceburinas (Trainer Žalgiris): „Wir haben unseren Matchplan ganz genau auf Mura abgestimmt. In der ersten Halbzeit ging uns alles auf. Nur unsere Chancen haben wir nicht genutzt. Da hat es noch an Genauigkeit gefehlt. In der zweiten Halbzeit sah man dann deutlich, dass Mura eine gute Mannschaft hat. Sie spielen ähnlich wie Ludogorets. Aber in Vilnius wird es ein ganz anderes Spiel werden. Wir wollen dort Historisches schaffen. Mit Sturm Graz beschäftigen wir uns erst dann, wenn die Hürde Mura aus dem Weg geräumt ist. Aber prinzipiell ist im Fußball immer alles möglich.“
Aufgrund der Nähe wünsche ich mir Murska Sobota als Gegner. Und landschaftlich ist es auch schön dort. Einmal ganz abgesehen vom frisch gezapften Lasko …
Hallo Schwoaze!
Ich würde mir auch mehr Murska Sobota wünschen da wir es nicht weit weg haben und ich von Ungarn sowieso nur max ne Stunde dorthin habe.
Ganz abgesehen von der Weite – beide Teams sollten oder müssen für uns machtbar sein.
Bis dahin, schöne (Urlaubs)Tage – Gesund bleiben!