Sammelsurium von Peinlichkeiten

Sturm Graz kommt wenig überraschend weiterhin nicht in die Gänge. Am vergangenen Wochenende setzte es die nächste Niederlage gegen äußerst heimschwache Burgenländer. Etwas weitaus Bedenklicheres als die anhaltende Torflaute findet indes allerdings abseits des Feldes statt: ein Bekenntnis zur Peinlichkeit.

 

Hinterfragen verboten

Wieder hat man gegen ein vermeintlich schwächeres Team Federn gelassen. Wieder konnte man keinen Treffer erzielen. Wieder werden hierfür die selben peinlichen Erklärungen serviert und wieder glänzt jedwede Reflexion durch Abwesenheit. Das Zustandebringen einiger guter Abschlussmöglichkeiten gegen Mattersburg genügte dem Cheftrainer bereits, um zur Erkenntnis zu gelangen, dass man trotz Niederlage auswärts nicht besser hätte auftreten können. Realitätsfremd anmutende Äußerungen von Franco Foda sind jetzt wahrlich nichts Neues; dass die ihm gegenüber mittlerweile explizit und durchaus hart geäußerte Kritik der Kurve diesbezüglich jedoch keinerlei Einfluss auszuüben vermag, verdeutlicht: Kritik wird nach wie vor nicht angenommen, hinterfragen verboten.

 

Die Mär mit der Jugend

Gründe für die mittlerweile seit Jahren unbefriedigende sportliche Performance sind nämlich schnell gefunden. Unermüdlich bedient man sich an der Mär mit der Jugend, obwohl man sämtliche Forderungen des Anhanges bekanntlich stets gekonnt ignoriert. Im gesamten Herbst feierte kein Spieler aus dem Nachwuchs sein Debüt; auch die nach Belek mitgereisten Talente sucht man auf Matchberichten vergeblich. Der breite Kader, in welchem maximal ein bis zwei junge Eigenbauspieler auch nur dann zum Einsatz kommen, wenn andere gerade ausfallen, wurde nach den Vorstellungen und Forderungen des Coaches, der erneut de facto sein eigener Sportdirektor ist, zusammengestellt. Stets ist die Rede von absoluten Wunschspielern, die man dank der erfolgreichen Scoutingabteilung ohnehin bestens einzuschätzen weiß. Kann der eigens kreierte Kader dann den Ansprüchen Sturms nicht gerecht werden, so ist dieser zu jung und unerfahren, auch wenn Sturm hinsichtlich des Altersschnitts im Ligavergleich eher im Mittelfeld vorzufinden ist und/oder die eigenen Talente ohnehin nicht zum Zug kommen lässt. Dennoch: Die eigene Arbeit – also die Kaderzusammenstellung – wird in keinster Weise hinterfragt. Inwiefern man sich außerdem, wie häufig behauptet, schützend vor die Mannschaft stellt, indem die sportliche Talfahrt an einigen wenigen jungen Spielern festgemacht wird, bleibt ebenfalls ungeklärt.


Franco Foda bekommt bei den Aufgaben, die ein Sportdirektor erledigen muss, sehr viel Unterstützung.
– Gerhard Goldbrich

 

Sein eigener Boss

Im Vorfeld der Wiedereinstellung des Cheftrainers befürchtete insbesondere jener Teil des Anhanges, der sich besonders intensiv mit Vereinsvorgängen auseinandersetzt, ein neuerlich entstehendes Machtmonopol; einer der Hauptgründe seiner einstigen Entlassung. Andere hofften hingegen auf die Wirkung der veränderten Strukturen, die genau das verhindern sollten oder schenkten den Äußerungen bezüglich persönlichen Weiterentwicklungen Glauben. Vergeblich. Gerhard Goldbrich ließ jüngst bei Talk und Tore mit folgendem Statement aufhorchen: „Franco Foda bekommt bei den Aufgaben, die ein Sportdirektor erledigen muss, sehr viel Unterstützung“. In welchem Ausmaß bestehende Strukturen bereits ad absurdum geführt wurden, wird damit einmal mehr sichtbar. Foda als Cheftrainer und Sportdirektor in Personalunion ist also wieder sein eigener Vorgesetzter. Ob Gerhard Goldbrich, der bereits bei der Entscheidung zur Rückholung des Mainzers nicht involviert war, jenem im Falle von Auffassungsunterschiede etwas entgegenzusetzen hat, kann praktisch ausgeschlossen werden. Vielmehr wird der General Manager den Kopf hinhalten müssen. Man überlässt Franco Foda neuerlich das Feld. Zu viele Elfmeter wurden wohl bereits verschossen, als dass notwendige Interventionen noch gewagt werden.

 

15-10-24 (3)

© Martin Hirtenfellner Fotografie

Wiederholungen und Widersprüche

Die bereits angesprochene Sendung Talk und Tore im Pay-TV-Sender Sky versprach nach einer langen Abstinenz Vertreter Sturms in derartigen Programmen jede Menge Brisanz. Franco Foda sollte sich in gewohnter Zusammenarbeit mit Peter Klimkeit dem kritischen und oftmals unbequemen Jürgen Pucher stellen. Nach der Niederlage in Mattersburg sagte der Cheftrainer jedoch aus privaten Gründen kurzerhand ab. Zwar leitete er noch das Training am selben Tag, zur Sendung schickte man dann allerdings doch Gerhard Goldbrich. Eine sehr kluge Entscheidung. Die zwar etwas entschärfte, aber dennoch hochinteressante Konstellation blieb somit ebenfalls erhalten. Neben den zu erwartenden, wenig glaubwürdigen Ausflüchten hinsichtlich Alter und Unerfahrenheit der Mannschaft, macht der General Manager vor allem auch die wirtschaftliche Lage für die Unserie verantwortlich. So sei man eben nicht in der Lage Spieler wie Murg oder Venuto um ein paar hunderttausend Euro an die Mur zu lotsen. Ein durchaus ansprechender 30-Mann-Kader ist aber dann zum Glück noch drin. Die folgende Frage muss zudem erlaubt sein: Wo stünde Sturm, hätte man keinen Djuricin oder Madl transferiert? Bei Letzterem habe man Vereinsangaben zufolge dank starker Verhandlungen einen lukrativen Deal abschließen können. Auch Anel Hadzic wird beispielsweise nicht allzu schlecht verdient haben. Außerdem glaubt Gerhard Goldbrich, man habe einen Höchstwert an Sponsoringeinnahmen lukriert. Hat man also, salopp gesagt, das ganze Geld verpulvert für einen Kader, der jung und unerfahren ist und daher ja auch nicht besser sein kann als zuletzt, den man aber zuvor genau so haben wollte? Schließlich wird auch noch die besonders schlechte wirtschaftliche Lage in der Region als erschwerender Umstand hervorgehoben. Hauptsache nicht man selbst. Obwohl man mit Kritik laut Goldbrich sehr wohl umzugehen weiß. Offensichtlich kann man auch während Selbstreflexionen Bemühungen anstreben, möglicherweise etwas kritischer agierende Medien bestmöglich mundtot zu machen. Dem Vorwurf, Sturm wäre lediglich noch Mittelmaß, begegnet Gerhard Goldbrich übrigens so: Wenn man sich anschaut, wie die Mannschaft spielt, dann möchte ich das nicht stehen lassen.“ Naja.

 

Die feine Klinge

Besonders fragwürdig verlief der Auftritt des in Fankreisen höchst umstrittenen Kleine-Zeitung-Journalisten Peter Klimkeit. Eine Notwendigkeit zur Relativierung oder Verschleierung des ungesunden und zurecht kritisierten Näheverhältnisses zum Verein sah dieser nämlich offensichtlich nicht. Ganz im Gegenteil. Unverblümt argumentiert dieser, dass ihm die dadurch gewonnen Einblicke bei der Meinungsbildung (zugunsten Franco Fodas und der Vereinsführung) dienlich seien. Er sprach sich im Verbund mit Gerhard Goldbrich gegen eine Infragestellung des Cheftrainers aus. Verständlich. Der nächste freundschaftliche Besuch könnte ansonsten durchaus unangenehm werden. Bedauerlicherweise scheint Klimkeit allerdings seinen Beruf und die darin eigentlich implizierten Anforderungen etwas missverstanden zu haben. Er bekräftigte in weiterer Folge, dass durchaus Kritik Eingang in seine Berichterstattung findet, nur präferiert er statt dem „Draufhauen“ eben subtilere Kritik. Damit hat er sogar recht. Denn es war wohl diese vielseitige, feine Klinge, die nicht nur das Thematisieren der Kopfbedeckung eines einstigen Trainers, der die erleuchtenden Einblicke verwehrte, sondern ebenso das Heraufbeschwören einer Krise nach drei sieglosen Spielen en suit ermöglichte. Er kann also tatsächlich kritisch berichten. Nur halt nicht bei der gegenwärtigen Besetzung. Dafür wird schon lieber das ein oder andere Detail verschwiegen, wie beispielsweise die jüngsten Spruchbänder, die – im Gegensatz zu vergangen Unmutsäußerungen – trotz deren Explizität noch keinerlei Erwähnung fanden. Das derart offensichtliche Messen mit zweierlei Maß tut es der Außendarstellung Sturms gleich. In einem Wort: peinlich.

 

© Martin Hirtenfellner Fotografie

© Martin Hirtenfellner Fotografie

 

„Die Sache mit dem Coach…“

Mit diesen Worten leitete die Initiative Wir wollen Sturm sehen einen regelrechten Tabubruch ein. Erstmals ist von den organisierten Fans Unmut über die erneute Bestellung Franco Fodas zu vernehmen. Mittlerweile wurde der Ton der Kurve ruppiger, die Kritik stark verschärft. Wirkung erzielte dies vorerst jedoch keine. Nach wie vor ist es gerade der Coach, der Kritik, selbst wenn diese harmlos ausfällt, so gar nicht ausstehen kann. Verständlich, wenn man gerade Zeuge des besten Auftretens, das auswärts überhaupt möglich ist, wurde. Unter Anwendung einer milden Diktion könnte man Franco Foda eine gewisse Ungeschicklichkeit im Umgang mit Kritik vorwerfen. Ihn nicht Jürgen Pucher auszusetzen, war daher wohl die klügste Entscheidung seit Langem. Denn eines ist sicher: Es wäre in jedem Fall noch viel peinlicher geworden.

 

13 Kommentare

  1. RAM6I sagt:

    Hammer!

    Die Gesamtsituation ist beschissen, wir haben die gl. Zustände wie schon einmal,  hoffe es endet auch gleich und zwar bald! Dieser Typ hat null dazu gelernt und dieses Kasperl ala GG soll sich anschließen.

    Wie gesagt es wird nur nach Beschwichtigungen und Ausreden gesucht! Am besten trifft es der Artikel mit der Kader Jugendförder Kiste, sie drehen es sich wie sie es gerade brauchen, am liebsten holen sie die Hilfen Zeit oder Alter oder Finanzen hinzu, aber hauptsache wir können uns den teuersten Trainer aller Zeiten leisten, glaub der kostet uns am Ende nOch ne ganz Menge mehr, zum Glück ist er Sportdirektor auch noch und die Kopier-Assistentin Goldbrich hilft erm dabei! Beim Vorstand dürfte der Gedanke halten, wenn zwei Idioten in einem Raum sind muss etwas Intelligentes dabei raus kommen!?

    Freu mich schon aufs nächste Spiel, natuürlich sind wir durch Fodas-Augen die besseren..

     

    Gute Nacht

  2. Nock-74 sagt:

    Schauen wir uns doch alle das Spiel am Sonntag im Fernsehen an!!! Wenns anscheinend schon nicht lesen können (Spruchbänder) dann werden sie wohl die entgangene Unterstützung, durch einen Boykott des Fansektors, fühlen und hören können.

    • Adrian Pennino sagt:

      ruppiger Ton ja, aber net ins Stadion gehen – nee Du. da sauf ich mir das Spiel lieber schön!

    • Nock-74 sagt:

      Hab ich leider vergebens seit Beginn dieser Saison versucht. Außer, dass sich meine Leber schön langsam verflüchtigt ist sonst nichts dabei rausgekommen! 🙂

    • Arch Stanton sagt:

      Bei dieser Ankickzeit müsste sich ein schön(gesoffen)es Spiel ausgehen!

  3. Schworza99 sagt:

    De Ausredn…es muss sich bald was ändern sonst brauchns as Stadion nd groß renovieren wenn immer weniger Zuschauer kommen…

  4. Supersturm sagt:

    Preise auf der Längsseite für Erwachsene zwischen EUR 30,– und 32,– , für Kinder (6-14 Jahre) zwischen EUR 11,– und 14,–..

    Ergibt bei 2 Erwachsenen und 1 Kind mit leichter Verpflegung min. EUR 100,–

    Auch hinter dem Tor wird es nicht weniger als ca. EUR 80,–

    Bei den zuletzt gezeigten Leistungen inkl. sämtlicher Ausreden des Trainers und des GM fast ein Spottpreis..

    Im Ernst: man muss schon ziemlich pervers sein, um sich das zu leisten…

    Selbst wenn ich Frau und Kind daheim lasse, und mir das Spiel „schönsaufe“ wird es nicht viel billiger -> muss ich mir noch gut überlegen, aber im Endeffekt werde ich wahrscheinlich wieder unten sitzen und mich fragen, warum ich das getan habe…

    • Arch Stanton sagt:

      Das mag sachlich und rechnerisch schon richtig sein, allerdings wird wohl niemand ernsthaft behaupten, dass sich „Fan sein“ finanziell rentiert oder auch nur im entferntesten etwas mit Vernunft zu tun hat.

  5. Aero sagt:

    Ein großes Lob an die Betreiber dieser Internetseite!!!

     

    Das ist ein Kampf gegen Windmühlen, er erscheint aussichtslos, man muss stets an sich selbst zweifeln und es fällt schwer immer wieder weiterzumachen.

     

    Nocheinmal großes Lob.

  6. Hindemith sagt:

    Ein bisschen enttäuscht war ich vom Jürgen Pucher. Es ist nicht gelungen, herauszuarbeiten, dass Sturm einen anderen Anspruch hat, als halt irgendwo mehr oder weniger gut mitzuschwimmen. Da hätte es noch jemand anderes bedurft, um Goldbrichs Defensive, jede Kritik schade entweder Sturm oder dem Fussball in Österreich insgesamt, zu entkräften.

    Wir brauchen scheinbar auch ganz dringend Journalisten, die in der Lage sind, berechtigte Kritik so anzubringen, dass sie nicht als persönliche Abneigung abqualifiziert werden kann.

     

  7. Supersturm sagt:

    an Arch Stanton:

    Ich weiss schon, dass es sich nicht rentiert und nichts mit Vernunft zu tun hat. Die Verantwortlichen von Sturm sollten nur bedenken, dass ein Stadionbesuch viel kostet und bei manchen schon auch von der Leistung der Mannschaft und des Vereins abhängt, ob man bereit ist, diese Beträge zu bezahlen…

    • Arch Stanton sagt:

      Lieber Supersturm!

      Dass die Eintrittspreise zu hoch sind steht für mich außer Frage. Kinder sollten ohnehin gratis ins Stadion kommen.

      Das mit dem “ Fan sein “ habe ich aber so gemeint, dass es sich eben nur finanziell nicht rentiert und sich die Frage der Rentabilität erst gar nicht stellt, weil man ja nicht gefragt wird, ob man Fan sein will oder nicht. Man ist es ganz einfach ab einem gewissen Zeitpunkt oder eben auch nicht. Aber wenn man es dann ist, begibt man sich in vielerlei Hinsicht auf einen Weg jenseits der Vernunft. Und hat die Infektion erst stattgefunden, dann ist es so wie mit Karies: es ist immer da, macht sich aber eher bemerkbar, wenn es schlechter wird. Und es geht ganz sicher nicht weg, wenn man ein paar Wochen nicht isst.

      Dass Du für gutes Geld auch gute Spiele sehen willst, das leuchtet mir schon ein, aber der Euro hieße ja Unsro, wäre er gutes Geld.

      Letztendlich geht es hier aber nur um zwei Dinge: es geht um Schwarz und es geht um Weiss – das wohnt uns hier allen inne – und so gesehen lohnt das “ Fan sein “ schon auf die eine oder andere Weise.

      In diesem Sinne: schönes Spiel am Sonntag!

      Auf die Schwoazn!

       

    • Hindemith sagt:

      @Arch Stanton:

      Besser kann man diesen „Zustand“ fast nicht beschreiben…

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