Saisoncheck Spezial: SK Sturm Graz II
Wir erinnern uns zurück: Sturm II in Liga II. Am 27. Mai 2022 fixierte Sturm II durch einen 3:0-Auswärtssieg gegen Bad Gleichenberg nicht nur den Aufstieg in die 2. Liga, sondern krönte sich auch zum Meister der Regionalliga-Mitte. Eine Woche später stieg dann im letzten Saison-Heimspiel die Party im Trainingszentrum Messendorf, wo man den Aufstiegskontrahenten Hertha Wels ebenfalls mit 3:0 vom Platz fegte. Nun war das ausgegebene Ziel Liga 2, um junge Talente besser an die erste Mannschaft heranführen zu können, endlich erreicht.
Das Abenteuer beginnt
Eineinhalb Monate später, am 22. Juli 2022 begann das Abenteuer Liga 2 mit einem Auswärtsspiel in Horn. In einer spannenden Partie gegen einen Aufstiegsaspiranten gingen die Blackys nach guter Leistung aber als 1:2-Verlierer vom Platz. Das erste Tor in der neuen Spielklasse erzielte Mohammed Fuseini. Besser sah es dann schon in der darauffolgenden Woche aus. Im ersten „Heimspiel“ traf man im Steirerduell auf den SV Lafnitz. Warum das Wort Heimspiel unter Anführungszeichen gesetzte wurde, sollte leider allseits bekannt sein. Aufgrund der leidigen Stadionproblematik in Graz, gibt es aktuell keinen weiteren Spielort, der die zugegeben nicht sonderlich hohen Anforderungen der zweiten Liga erfüllt. Somit mussten bzw. müssen die Heimspiele von Sturms Zweitvertretung in Gleisdorf ausgetragen werden. Zumindest der erste Auftritt im Exil war aus sportlicher Sicht sehr positiv, da man mit einem 2:0 die ersten drei Zähler einfahren konnte. Auch in den folgenden beiden Begegnungen gegen Rapid II (1:1) und St. Pölten (5:2) blieb Sturm ungeschlagen und bestach mit technisch starkem und unbekümmerten Offensivfußball.
Lehrgeld bezahlt
Zwar war der gezeigte Fußball in den folgenden Runden weiterhin erfrischend, die Ergebnisse ließen aber eher zu wünschen übrig. Zu oft machte man die Chance vorne nicht und zeigte in der Defensive Anfälligkeiten. Nach drei Niederlagen in Serie und dem Absturz auf den 13. Platz konnte man sich mit einem Auswärtssieg gegen die Admira wieder etwas rehabilitieren. In den Runden bis zum Winter fehlte es vor allem an Stabilität, auf Erfolge folgten konstant Misserfolge. Im Herbst-Highlight – dem kleinen Auswärts-Derby in Liebenau – konnte nach starker Vorstellung immerhin ein Zähler geholt werden. Am Ende ging es jedoch mit einer 1:5-Packung gegen Lafnitz und einigem an Lehrgeld aus den letzten Wochen mit dem elften Tabellenrang und einem kleinen Punktepolster auf die Abstiegszone in die Winterpause. Da der Hauptsponsor und Mäzen von Lafnitz ankündigte, den Verein aus dem Profifußball zurückziehen zu wollen, war das Thema Abstieg zu diesem Zeitpunkt eigentlich kaum ein Thema.
Weiterhin fehlende Stabilität
Das Spieljahr 2023 begann so, wie das alte Jahr endete. Nämlich mit einer Niederlage. Zwar konnte das darauffolgende Spiel beim FAC knapp gewonnen werden, danach folgte allerdings wieder eine Negativspirale, durch welche man sich nach der 2:3-„Heimniederlage“ gegen den GAK – diesmal in Kapfenberg – auf den ersten Abstiegsplatz beförderte. Die Jungblackys spielten aber auch in dieser schwierigen Phase selten wirklich schlecht, es haperte aber weiterhin an der Chancenverwertung und an haarsträubenden Fehlern in der Verteidigung. Eine Glanzvorstellung beim 4:0-Sieg gegen den direkten Konkurrenten Rapid II bestätigte eher die Regel der nicht vorhandenen Stabilität. Denn nach einem Punkt daheim gegen Horn folgte eine ordentliche 0:5-Watschn gegen Amstetten, worauf bei den Young Violets wieder ein knapper Sieg gefeiert werden durfte.
Die Kurve gekriegt
Trotz der Erfolge gegen direkte Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt, schwebte das Damoklesschwert Abstieg weiterhin über dem Team von Thomas Hösele. Nicht unbedingt hilfreich war auch der Rückzug vom Rückzug des SV Lafnitz, da man nun mit drei Absteigern rechnen musste. Zwei weitere Niederlagen in Folge gegen die Admira sowie gegen die Vienna ließen die Chancen auf den Ligaverbleib auf ein Minimum schrumpfen. In den letzten drei Runden mussten möglichst drei Siege bei gleichzeitigen Patzern der Konkurrenz her, um den sofortigen Wiederabstieg in die Regionalliga zu verhindern. Gegen Vorwärts Steyr sorgten zwei Treffer in den Schlussminuten für großes Durchatmen und den Sprung über den Strich. In der vorletzten Runde spielten die Schwarz-Weißen gegen die Red Bull-Talenteschmiede Liefering alle ihre Stärken aus und konnten schlussendlich mit einem 4:2-Heimsieg den vorzeitigen Klassenerhalt zelebrieren. Im letzten Saisonspiel lieferte man gegen Meister und Aufsteiger Blau-Weiß Linz einen tollen Fight, beendete die erste Zweitligasaison so, wie man sie begonnen hat, nämlich mit einer 1:2-Niederlage und Rang 13 in der Endtabelle. Mit dem Blick auf die Tabelle fällt auf, dass man mit den 10 Saisonsiegen durchaus im Mittelfeld stehen hätte können, geschmerzt haben allerdings ganze 16 Niederlagen, kein anderes Team ging so oft als Verlierer vom Platz.
Statistiken
Die meisten Einsatzminuten in der Saison 22/23 erhielt Sandro Schendl. Der Mittelfeldakteur stand in fast allen Spielen von Beginn an am Feld. Daraus resultierten 2.464 Einsatzminuten, in welchen er vier Tore erzielte. Ähnlich oft und lange wurde Paul Komposch eingesetzt. Der 22-jährige Eigenbauspieler spulte 2.430 Minuten ab und konnte dabei einen eigenen Treffer bejubeln. Mit 2.290 Minuten und 27 Einsätzen schaffte es Daniel Saurer auf Rang drei in Punkto Einsatzzeit. Die meiste Einsatzzeit im Tor erhielt Luka Maric. Der Schlussmann stand in 22 Spielen insgesamt 1.903 Minuten am Feld. Unter anderem wegen einer Rotsperre wurde er in acht Spielen von Elias Lorenz bzw. Christopher Giuliani ersetzt.
Die mit Abstand meisten Tore erzielte der vor Saisonbeginn von Haladas Szombathelyi gekommene Milan Toth. Der Ungar war eine der wichtigsten Stützen, stand in 26 Spielen am Rasen und erzielte dabei 13 Treffer und zeichnete sich vier mal als Vorbereiter aus. Hinter dem Ungar, reihte sich Mohammed Fuseini mit 8 Treffern und 7 Vorlagen in 20 Einsätzen auf Nummer zwei der internen Torschützenliste ein. Mit 5 erzielten Toren sowie einer Vorlage war Christoph Lang trotz seinem Abgang im Winter nach Ried der drittbeste Scorer im Team.
Mit seinen zarten 16 Jahren bei seinem ersten Auftritt im Auswärtsspiel gegen St. Pölten in der vierten Runde, war Leon Grgic der jüngste eingesetzte Spieler. Ein halbes Jahr nach seinem Zweitligadebüt, kam Grgic bereits in der Bundesliga zum Einsatz. Der älteste eingesetzte Akteur war Sandro Ingolitsch mit einem Alter von 26 Jahren.
Auf den gesamten Kader gerechnet (inkl. verliehenen bzw. nicht eingesetzten Spielern), lag das Durchschnittsalter bei knapp 20 Jahren.
Baustellen
Fehlende Effizienz, gepaart mit Abwehrschwächen
Wie bereits angemerkt, scheiterte es zumeist nicht daran, sich Chancen zu erspielen, sondern eher daran, diese auch zu verwerten. Gleichzeitig machte man es seinen Gegnern oft viel zu einfach. Trotz vieler vergebenen Möglichkeiten sind 43 erzielte Tore auf der Haben-Seite kein schlechter Wert. Der SV Horn, der lange im Aufstiegsrennen mitmischte, erzielte gar nur 38 Treffer, landete am Ende aber am vierten Rang. Die 56 erhaltenen Tore waren nach den Young Violets jedoch der zweitschlechteste Wert der ganzen Liga. Mit mehr Effizienz und einer stabileren Defensive hätte die Endtabelle wohl ganz anders ausgesehen.
Fehlende Stabilität
Auch dieser Fakt fiel im Rückblick auf die abgelaufene Saison deutlich auf. Erst in den Runden 28 und 29 konnten zwei Siege hintereinander geholt werden, wogegen gleich zwölf mal mindestens zwei Spiele in Folge verloren wurden. Länger als drei Runden blieb das Team nie ohne Niederlage, dies auch nur zwei mal (Runde 2-4 und 8-10). Somit war man oft mit Negativläufen konfrontiert bzw. wurden Erfolgserlebnisse meist direkt wieder von Misserfolgen abgelöst.
Fehlende Heimat
Ein leidiges und für viele auch emotionales Thema. Wie schon beschrieben, mussten alle Heimspiele in Gleisdorf bzw. das Spiel gegen den GAK gar in Kapfenberg ausgetragen werden. Zwar waren die Zuschauerzahlen zu Saisonbeginn und im Saisonfinish für eine Zweitvertretung relativ gut und wahrscheinlich wäre der Saisonschnitt von 403 Besucher:innen pro Spiel auch in Graz nicht um ein vielfaches höher gewesen, eine Heimmacht waren die Blackys aber ganz und gar nicht. Mit vier gewonnenen Heimspielen steht Sturm am letzten Platz.
MEN TO WATCH
Aktuell tummeln sich im Kader einige Spieler, die schon länger ihre Schuhe bei Sturms Zweier schnüren, sowie einige, die vor nicht allzu langer Zeit dazustießen. Man darf darauf hoffen, dass die nächste Saison zeigen wird, welches Potential tatsächlich in der Mannschaft steckt und wer sich alles aufdrängen wird. Auf folgende Zukunftsaktien gilt es in naher Zukunft genauer zu achten:
Elias Lorenz
Der aktuell 17-jährige Torhüter aus der Red Bull Akademie kam im Sommer 2022 von Liefering nach Graz. In der abgelaufenen Spielzeit konnte er sich zwar noch nicht gegen Luka Maric durchsetzen, zeigte aber in seinen wenigen Einsätzen gute Leistungen. Der Kampf ums Einserleiberl bei Sturm II könnte in der kommenden Saison durchaus spannend werden.
Milan Toth
Der Topscorer der abgelaufenen Saison besitzt in Graz noch einen Vertrag bis 2024 mit einer Option auf eine einjährige Verlängerung. Mit dem Alter von 21 Jahren gehört er im jungen Team schon eher zu den Routiniers und könnte sich in Zukunft auch für die Kampfmannschaft empfehlen. Es bleibt abzuwarten, wohin er sich in seiner zweiten Saison entwickelt.
Mohammed Fuseini
Eigentlich gehört Mo nominell bereits dem Profikader an, kam aber dennoch eher in der 2. Liga zum Einsatz. Der quirlige Offensivspieler hat schon öfters bewiesen, dass er womöglich das Zeug zu einer großen Karriere hat. Teilweise fehlt es ihm aber doch noch an der nötigen Abgeklärtheit vor dem Tor. Für ihn gilt es, sich weiterhin für die Bundesliga zu empfehlen, um den nächsten Schritt zu machen und in der kommenden Saison endgültig dem Profikader anzugehören.
Leon Grgic
Der Youngster von Sturm II durfte bereits ein paar Minuten Bundesligalift schnuppern. Für ihn gilt ähnliches wie für Fuseini, auch wenn er ein etwas anderer Spielertyp ist. Man sollte nichts überstürzen, dennoch könnte er in der kommenden Saison des Öfteren im Kader der ersten Mannschaft stehen.
Antonio Ilic
Der linke Mittelfeldspieler stieß im Winter 2023 im Alter von 17 Jahren von Sturms U18-Akademie zur Zweier und stand daraufhin in jeder Partie am Feld. Ihm gelangen insgesamt vier Torvorlagen, sowie ein eigener Treffer. Auf ihn wird man in der kommenden Spielzeit genau blicken.
Senad Mustafic
Der rechte Mittelfeldspieler zählt mit seinen 17 Jahren zu den Jüngsten im Kader von Sturm II. Auch er zeigte im Herbst bereits einige sehr gute Leistungen, im Frühjahr reichte es aber nur zu wenigen Einsätzen. Die Saison 2023/24 wird zeigen, ob er sich seinen Stammplatz erkämpfen und sich für höhere Aufgaben empfehlen kann.
Transfers
In der Sommerpause ist durchaus mit einem Kaderumbruch zu rechnen. Die Verträge von Nils Ostermann, Noah Eyawo und Daniel Saurer wurden nicht verlängert. Daneben hat Moritz Wels, der auch schon Bundesligaeinsätze verzeichnete, bei der Wiener Austria bis 2026 unterschrieben. Der ebenfalls mit einem Profivertrag ausgestattet gewesene Paul Komposch wechselte nach Hartberg. Auch Sandro Schendl wird in Zukunft nicht mehr auf Sturms Gehaltsliste stehen, er wechselte nach Ried. Namen möglicher Neuzugänge kursieren, konkreteres ist aber derzeit nicht bekannt. Man kann aber davon ausgehen, dass Abgänge in erster Linie aus dem Nachwuchs besetzt werden. Etwas konkreter sieht es aber im Betreuerstab aus. Zwar bleibt Thomas Hösele auch weiterhin am Posten des Cheftrainers, das restliche Trainerteam wurde zur Vorbereitung auf die neue Spielzeit jedoch völlig neu zusammengestellt.
Ausblick auf die neue Saison
Nach den Abstiegen der Young Violets und von Rapid II startet Sturm II als einzige Bundesliga-Zweitvertretung in die neue Saison. Das Abstiegstrio komplettierte Vorwärts Steyr. Die Aufsteiger aus Stripfing und Leoben bringen potentiell ein höheres Niveau in die Liga, sind jedoch auf wirtschaftlich fragwürdigen Fundamenten aufgebaut. Vor allem der SV Stripfing, dem die Lizenz praktisch in letzter Minute erteilt wurde, muss ohne eigene Heimstätte auskommen und bringt generell ein hohes Chaospotential mit. Der dritte Aufsteiger kommt aus Vorarlberg und ist für etwas ältere Sturmfans bereits ein alter Bekannter. Man darf gespannt sein, wie gut sich die Bregenzer bei ihrer Rückkehr in den Profifußball schlagen werden. Dann gibt es mit Bundesliga-Absteiger Ried, Admira, GAK und St. Pölten noch vier Teams, die alles auf einen Aufstieg setzen werden. Es ist also mit einer nicht allzu einfachen Saison 2023/24 zu rechnen, in der es für Sturm II gelten wird, sich in der Liga zu etablieren und Talente zu entwickeln. Mit dem vorhandenen Spielwitz und mehr Konstanz sowie Effizienz sollte ein Abstieg in der kommenden Spielzeit kein Thema sein.
Danke für den tollen Überblick über die Saison und den Status Quo der Jungen!
Vielen Dank wieder für den toll aufbereiteten und profunden Bericht!
So, zum Thema. Ich finde es wie gesagt noc/ immer s habe, dass Sturm seit langer Zeit kein3n Focus auf die eigene Jugend legt. Auch finanziell nicht. Die Akademie aus der Hand zu geben war sowieso nur noch die Sparvariante. Eigenartig finde ich aber: Sturm will ein Trainingszentrum für die Jugend bauen und sagt, ohne Zuschüsse würde es nicht gehen. Gleichzeitig hat man Gössendorf verkauft (warum wird das Geld nicht für die Jugend verwendet?) …man hat Rekordeinnahmen durch Transfers und Europa … und die Jugend liegt irgendwo. Sturm muss endlich mehr ins Jugendscouting, Förderung und Begleitung investieren … und den Jungen eine Perspektive bieten …