Roman Mählich: „Es scheitert oft am Finanziellen“
Die ersten Wochen unter Roman Mählich verliefen für den SK Sturm Graz hervorragend – vier Spiele, zehn Punkte, kein Gegentor. Die Blackys überwintern dank dieses Erfolgslaufes über dem viel zitierten Strich und dürfen sich berechtigte Hoffnungen machen, im Frühjahr in der Meistergruppe zu performen. Grund genug, den 47-Jährigen vor der Winterpause zu einem ausführlichen Exklusiv-Interview zu bitten.
Zunächst einmal vielen Dank für’s Zeit nehmen, lieber Roman.
Das ist doch selbstverständlich.
Du bist nun seit gut einem Monat als Cheftrainer des SK Sturm Graz im Amt. Wie hast du dich in Graz eingelebt und wie sind die ersten Wochen verlaufen?
Ich bin der Meinung, dass bisher alles sehr positiv verlaufen ist. Es gab natürlich viele neue Gesichter, die ich erst kennenlernen musste – von der Mannschaft über die Mitarbeiter. Das ging aber alles relativ flott, von dem her habe ich mich gut und schnell eingelebt. Das lag vor allem an dem tollen Klima hier im Verein, die Mitarbeiter machen es einem sehr einfach, sich schnell einzufinden.
Was sind die größten Unterschiede verglichen mit der Zeit, in der du noch als Spieler hier warst?
Der größte Unterschied zu damals liegt natürlich in der tollen Infrastruktur und dem ganzen Apparat von Mitarbeitern. Es ist alles gewachsen und professioneller geworden. Man merkt schon, was hier alles dranhängt, wie alle Mitarbeiter den Spielen entgegenfiebern, das große Medienaufkommen und so weiter.
Hast du in deinen ersten Wochen vielleicht schon Verbesserungspotential in gewissen Bereichen erkennen können?
Das wäre vermessen und viel zu früh, ein solches Urteil zu fällen. Ich bin ja erst ein Monat im Amt. Beim SK Sturm wird seit Jahren top gearbeitet. Glaubt ihr, dann kommt auf einmal der kleine Roman Mählich daher und weiß alles besser nach so kurzer Zeit? Sicher nicht! Meiner Ansicht nach wird hier in allen Bereichen total professionell gearbeitet.
Kommen wir zu deiner Trainerbestellung: Wie hast du die verantwortlichen Personen beim SK Sturm von deiner Person überzeugen können?
Da gab es einige Hearings und ich musste auch eine Präsentation abhalten. Wie genau entschieden wurde und warum die Wahl schlussendlich auf mich fiel, kann ich auch nicht genau sagen. Da müsstet ihr die Verantwortlichen fragen…
Darf man hier kurz einhaken? Wie kann man sich denn so eine Präsentation in etwa vorstellen?
Es ging darum, wie ich die Kadersituation sehe, wie ich die einzelnen Spieler sehe, welches Spielsystem ich für dieses Spieler im Kopf habe und welche Taktik ich für diese Akteure vorsehen würde. Indirekt präsentiert man sich und seine Idee dann ja ohnehin mit. Und hier habe ich wohl letztendlich überzeugen können.
Glaubst du, dass du vielleicht einen Vorteil aufgrund deiner Sturm-Vergangenheit hattest?
Auch das kann ich nicht sagen. Vielleicht. Eigentlich war das in den Gesprächen nie ein Thema. Mein Eindruck ist aber fast eher, dass es in Österreich oft ein Handicap ist, wenn man selbst erfolgreich Fußball gespielt hat und Trainer wird – speziell, wenn die Spielerkarriere bei dem Verein, bei dem man Trainer sein möchte, erfolgreich war. Ich glaube, dass da in der Vergangenheit schon öfter die Einstellung „Nur bitte keinen Ex-Kicker aus der und der Generation holen. Dann schon lieber einen Trainer aus dem Ausland, am besten keinen Österreicher“, zu vernehmen war. So ist es mir auf jeden Fall vorgekommen. Ich finde auch das völlig legitim, nur ist eben fraglich, ob das dann immer als Vorteil zu werten ist. Bei einer Trainerbestellung wird es immer auch Gegenstimmen geben.
Sturm ist dein erster Verein in der Bundesliga. Wäre es auch eine Option für dich gewesen, bei einem weiteren Zweitligisten zu unterschreiben?
Wenn es etwas Interessantes gegeben hätte, vielleicht ja. Zu diskutieren, wie es gekommen wäre, wenn etwas passiert wäre, ist aber nicht meins, weil man das im Nachhinein ja eigentlich nie zu 100% sagen kann.
Wir fragen deshalb, weil deine Bestellung – wie so oft in Graz – Kontroversen ausgelöst hat. Die einen 50% waren begeistert und die anderen 50% hätten lieber weiterhin Heiko Vogel an der Seitenlinie gesehen. Als ein Kritikpunkt an deiner Person konnte immer wieder die mangelnde Erfahrung in einer höchsten Liga vernommen werden. Was entgegnest du jenen Kritikern?
Eigentlich entgegne ich ihnen gar nichts, weil das ein Argument ist, das stichhaltig ist. Wenn jemand glaubt, dass man Sturm Graz nicht trainieren kann, ohne davor fünf oder sechs andere Bundesliga-Klubs durchlaufen zu haben, dann ist das so. Ich persönlich glaube das aber nicht. Ich sehe international einfach viele, viele Beispiele, an denen man erkennen kann, dass Erfahrung nicht das Allerwichtigste ist. Erfahrung ist ein Entscheidungskriterium von vielen. Wenn ich jetzt einen Trainer suchen würde, dann würde ich zuerst ein Anforderungsprofil erstellen. Ein Punkt in diesem Anforderungsprofil ist dann natürlich das Thema Erfahrung. Es gibt aber auch die Punkte soziale Kompetenz, fachliche Kompetenz, Medienkompetenz und so weiter. Da würde ich dann eben bei jedem Kandidaten schauen, wie viele Punkte er zu welchem Ausmaß erfüllt und dann den Geeignetsten, beziehungsweise die Person, die insgesamt am meisten überzeugt hat, als neuen Trainer bestellen.
Was waren eigentlich die Beweggründe dafür, dass du Wiener Neustadt im Sommer verlassen hast? Schließlich wart ihr ja sehr erfolgreich und seid erst im Play-Off am Aufstieg in die Bundesliga gescheitert.
Weil man nicht gewusst hat, wie es in Wiener Neustadt weitergeht. Es gab ja dann die Entscheidung vom Schiedsgericht, ob Wiener Neustadt oder St. Pölten in der Bundesliga spielen darf…
…also wäre sozusagen eine weitere Saison mit Wiener Neustadt in der 2. Liga für dich nicht denkbar gewesen?
Doch, das wäre schon denkbar gewesen. Aber Andreas Schicker, der Sportdirektor, wusste bis kur vor Saisonbeginn noch nicht, ob man nun Bundesliga oder 2. Liga spielen wird. Es gab im Endeffekt noch keine Mannschaft. Das war der Hauptgrund für mich, zu gehen. Es war einfach nichts da. Deshalb auch mein größter Respekt, dass sie dann innerhalb kürzester Zeit wieder von Null alles aufgebaut haben.
Apropos von Null anfangen. Hattest du bei deiner Entscheidung, Sturm-Trainer zu werden auch hin und wieder den Gedanken im Kopf, jetzt möglicherweise bei Misserfolg als Trainer deinen Legendenstatus, den du dir als Spieler hart erarbeitet hast, zunichte zu machen?
Nein. Nicht einmal eine Sekunde. Es freut und ehrt mich, dass mich anscheinend viele Personen als wichtigen Sturm-Spieler in Erinnerung haben, aber für mich… (überlegt). Ich habe das ja schon oft betont, für mich ist das die Vergangenheit und dementsprechend auch abgehakt. Wenn ich bei Sturm Graz Trainer bin, dann muss ich liefern. Ob ich dann noch eine Legende bin, ist mir eigentlich egal. Ich kann mit dem Begriff „Legende“ sowieso nicht so viel anfangen…
…man hat aber schon des Öfteren mitbekommen, seien es die Beispiele Peter Schöttel, Ivica Vastic oder Darko Milanic, dass gewisse Sympathiepunkte doch flöten gehen können, wenn man als Trainer dann eben nich liefert…
Aber dann dürften wir doch alle, die erfolgreich Fußball gespielt haben, nie Trainer werden. Ich meine, ihr habt schon Recht. Diese Gefahr besteht, vielleicht kann es passieren, dass man Sympathien verliert, aber dieses Risiko nehme ich doch gerne an, wenn ich dafür Trainer von Sturm Graz sein darf. Dann bin ich am Ende des Tages vielleicht keine Legende mehr. Ich will überhaupt gar keine Legende sein. Ihr zwei seid für mich auch Legenden. (lacht)
Legendär spielt Sturm ja im Moment noch nicht, doch die Resultate passen, seitdem du da bist. Welchen Anteil hast du an der Trendwende, was die Ergebnisse betrifft? Was machst du plötzlich anders?
Alles, was ich da jetzt sagen würde, könnte man so auffassen, als würde ich meinen Vorgänger in irgendeiner Form kritisieren wollen und das liegt mir fern. Es geht überhaupt nicht darum, wie groß mein Anteil ist. Das Einzige, das zählt, ist, dass wir nun aus den ersten vier Spielen zehn Punkte geholt und noch kein Gegentor bekommen haben.
Trotzdem wirst du an gewissen Schrauben gedreht haben, irgendwas wurde verändert, das sieht man ja auch am Feld…
Ich habe mir ganz einfach zuerst einmal die Spiele der Mannschaft angesehen und mir meine eigenen Gedanken dazu gemacht und dann eine eigene Idee entwickelt, wie es vielleicht funktionieren könnte. Diese Idee versuche ich nun umzusetzen. Was ich jetzt aber im Detail anders mache als mein Vorgänger weiß ich nicht. Ich weiß ja nicht, wie es vorher gemacht wurde und ich bin auch keiner, der nachfragt, wie es vor meiner Zeit war. Ich mache es nämlich ganz einfach auf meine Art.
Dann könnte man sagen, zu deiner Art gehört es definitiv, ein Hauptaugenmerk auf die Defensive zu legen. Hier sah man eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den Spielen davor. Ist das etwas, worauf du besonderen Wert legst?
Besonderen Wert nicht, aber es ist natürlich schon wichtig. Man hat ja auch gesehen, dass wir gegen Wolfsberg dann plötzlich auch in der Lage waren, drei Tore in einem Spiel zu machen, was es in dieser Saison auch noch nicht so oft gab. Für mich hängt einfach alles zusammen. Ich glaube, es ist sehr wichtig, eine gute Ordnung in der Defensive zu haben und ich glaube natürlich, dass es wichtig ist, dass jeder einzelne Spieler dazu bereit ist, in der Verteidigung mitzuhelfen. Aber das sehe ich bei jedem Spitzenteam. Das ist ja nichts, was ich neu erfunden haben. Wenn ich heute nicht dazu bereit bin, bei Ballverlust nach hinten zu arbeiten, Angriffspressing zu spielen, Raumdeckung zu spielen, werde ich nicht erfolgreich sein. Da geht es darum, dass die Mannschaft bereit ist, so zu spielen, am Feld zu arbeiten. Wenn man das einmal verinnerlicht hat, hat man ein gutes Fundament, auf das sich dann aufbauen lässt.
Ein Kollege von BlackFM hat schon vor langem gesagt, dass für das System, das Heiko Vogel mit Sturm Graz spielen wollte, schlicht und ergreifend die Qualität gefehlt hat – in Österreich hätte wohl nur Red Bull Salzburg die Qualität dafür. Wie schon angesprochen konnte man in deinen ersten Spielen erkennen, dass man mehr Fokus auf die Defensive legt. Kannst du die Sorge einiger Fans verstehen, dass man wieder in alte Muster verfällt, in denen der Erfolg über dem spielerischen Element liegt?
Ich habe für alles Verständnis. Das Problem ist nur, dass man es im Fußball nie jedem Recht machen kann. Ich habe damit kein Problem, aber entscheiden muss letzten Endes ich.
Würdest du sagen, dass bei dir der Erfolg über allem steht oder ist dir schon auch wichtig, wie man Fußball spielt?
Wie seht ihr das? Was ist denn wichtiger?
Auch hier gibt es wohl zwei Lager. Dem breiten Mainstream ist wahrscheinlich der kurzfristige Erfolg wichtiger – am besten soll es der Meistertitel oder Vizemeistertitel sein. Der harte Kern, der sich jedes Spiel ansieht, bevorzugt vielleicht eher eine langfristige, spielerische Entwicklung, in der man ab und an vielleicht nur Vierter wird, dafür aber erfrischenden Offensivfußball spielt…
Es soll Schlimmeres als die Wahl zwischen dem vierten und zweiten Tabellenplatz geben. Im Moment stellt sich diese Wahl aber leider nicht, oder? (lacht)
Das heißt, in der jetzigen Situation steht ganz klar der Erfolg im Vordergrund – das ist auch verständlich. Probieren wir es anders: Kann man davon ausgehen, dass du, sollte Sturm unter den ersten sechs Mannschaften bleiben, die Spielidee etwas änderst und einen etwas offensiveren Fußball spielen lässt?
Das mit der Spielidee ist so eine Sache. Wisst ihr, was mein Eindruck ist im Fußball? Es gibt auf der Welt ganz, ganz wenige Mannschaften die eine richtige Idee haben und diese auch über Jahre durchziehen. In Österreich sehe ich da nur Salzburg. Und warum können die das? Aufgrund der finanziellen Mittel. Die scouten nur genau jene Spieler, die sie für ihre ganz präzise Idee benötigen und haben dann auch das Geld, um diese Spieler zu holen. Und sie haben dann nicht nur 13-14 Spieler, sondern 25-30. Nicht falsch verstehen, Salzburg macht das einfach großartig. Was ich damit eigentlich sagen will ist, dass es nicht so einfach ist, zu sagen: „Ich habe jetzt diese Spielidee und hole mir einfach die Spieler, die in diese Idee reinpassen!“ Es scheitert einfach oft am Finanziellen. Selbst bei den Spitzenteams in Europa ist es so. Wie viele Mannschaften fallen euch auf die Schnelle ein, bei denen man über Jahre hinweg diese eine Idee sieht? Mir würde auf die Schnelle Manchester City einfallen. Eventuell Paris. Selbst bei Barcelona sieht man, dass die nicht mehr dieses Tiki-Taka spielen, das es noch vor ein paar Jahren gegeben hat – obwohl sie über unglaubliche finanzielle Mittel verfügen.
Worauf du hinauswillst ist also, dass man bei einem Verein wie Sturm nicht mit einer Spielidee ankommen kann und die vorhandenen Spieler in diese Idee presst, sondern vielmehr eine geeignete Idee für das vorhandene Spielermaterial erarbeitet?
Genau, das kann sein. Ich bin halt keiner, der sagt, er will es immer so und so haben. Vor allem sitzt man dann ein halbes Jahr später hier und einem wird vorgeworfen, dass man anfangs gesagt hat, dass man anders spielen möchte. Ich will mich da einfach nicht so versteifen. Es gibt so viele Einflussfaktoren, seien es zum Beispiel Transfers, Verletzungen oder einfach Phasen des sportlichen Misserfolges. In solchen Situationen muss man als Trainer reagieren und sich etwas Neues einfallen lassen. Man kann nicht immer nur von dieser einen perfekten Spielidee träumen, glaube ich.
Du hast schon angesprochen, dass diese Spielidee bei Salzburg umsetzbar ist. Wir wissen, dass mit Red Bull ein potenter Geldgeber dahintersteckt, der den betroffenen Klubs durch unglaubliche Geldsummen riesige Wettbewerbsvorteile verschafft. Wie stehst du zu Red Bull im Fußball?
Das ist eigentlich ein Thema, das mit meiner Tätigkeit nicht viel zu tun hat. Ich kann euch was über ein 4-4-2 oder ein 4-2-3-1 erzählen. Ich versuche zu vermeiden, mich über alles und zu allem zu äußern. Ob jetzt der Einfluss von Red Bull auf Sportmannschaften insgesamt positiv oder negativ ist, kann ich nicht sagen. In Salzburg wird man sicher der Meinung sein, dass er positiv ist. Bei der Formel 1 wahrscheinlich auch. Ich glaube, der Markt hat sich einfach in diese Richtung entwickelt.
Und findest du diese Entwicklung gut? Es gibt ja doch sehr viele kritische Stimmen…
Kritische Stimmen wird es immer geben, aber ändern kann man es ohnehin nicht. Da geht es um so viel Kohle. Es ist alles schon so kommerziell. Das ist der Lauf der Zeit. Es ist einfach so zu akzeptieren.
Würdest du so einen Verein trainieren wollen?
Ich bin überglücklich, Trainer von Sturm Graz zu sein. Ich habe mir noch nie auch nur eine Sekunde darüber den Kopf zerbrochen, ob ich nach Sturm Graz jemals irgendwo anders hingehen möchte als Trainer. Ich will am liebsten hier bleiben.
Kommen wir wieder zurück zum Sportlichen. Du hast zuletzt immer wieder von den Tugenden wie Einsatzbereitschaft und Kampfgeist gesprochen, gleichzeitig wurdest du beim ORF als Taktikfuchs bekannt. Kann man während eines Spiels taktische Mängel durch diese von dir geforderten Tugenden wettmachen?
Naja. Eine erfolgreiche Fußballmannschaft muss mehrere Punkte erfüllen. Sie muss ein passendes System haben, eine passende Taktik, sowohl in der Offensive als auch in der Defensive. Eine erfolgreiche Mannschaft muss mental auf der Höhe und physisch auf einem guten Niveau sein. Ich kann einen Stellungsfehler, was Taktik wäre, durch eine hohe Bereitschaft und Einsatz korrigieren. Aber ich kann einen Spieler, der nie zurücklaufen möchte, oder eine Mannschaft, die nicht bereit ist, gegen den Ball zu arbeiten, wahrscheinlich mit einer noch so guten Taktik nicht über die Zeit retten.
Wir haben ja schon vorher einmal deine Klubvergangenheit angesprochen. Glaubst du, dass diese speziell jetzt am Anfang eher ein Hindernis als ein Vorteil war, weil das mediale Interesse vielleicht noch größer war als bei einem Außenstehenden?
Nein, das glaube ich nicht. Ich hatte auch überhaupt keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Die Zeit war ja bisher sehr intensiv. Wir haben zwar noch nichts erreicht, aber in sehr kurzer Zeit wieder Siege einfahren können und uns schnell aneinander gewöhnt. Diese Rederei rund um meine Person ist mir ehrlich gesagt gar nicht so schlimm vorgekommen, aber vielleicht habe ich es auch wirklich einfach nicht mitbekommen, weil ich zu beschäftigt war. Das große Medieninteresse hätte es wohl auch bei anderen Trainern gegeben. Hindernis war es überhaupt keines.
Du hast den sportlichen Umschwung angesprochen. Mit welcher Art von Führungsstil ist dir das gelungen. Dein Vorgänger Heiko Vogel wurde eher als Kumpeltyp beschrieben, Franco Foda galt als autoritärer Trainer. Welcher Trainertyp bist du?
Ich bin kommunikativ, aber kein Kumpeltyp. Ich bin korrekt und versuche zu allen Menschen einen guten Draht zu haben. Wenn man Menschen mit Respekt begegnet, dann wird man diesen in der Regel auch zurückbekommen. Ich möchte ein Ambiente herstellen, in dem sich alle Spieler und Mitarbeiter wohlfühlen. Das heißt aber nicht, dass wir uns gegenseitig den Bauch pinseln. Natürlich gibt es wie bei jeder Mannschaft Richtlinien und die haben eingehalten zu werden. Ich möchte fachlich und in persönlichen Gesprächen überzeugen. Ich renne natürlich nicht nur mit ernster Miene durch die Gegend und schreie herum – auch eine Prise Humor darf’s sein.
Das spanische Nationalteam wurde bei der WM 2010 für seine sogenannte „flache Hierarchie“ gelobt – der Trend in den heutigen Mannschaften geht wohl eher in diese Richtung. Zu deiner Zeit als Spieler gab es noch so richtige Leadertypen. Braucht eine Mannschaft richtige Rudelführer oder geht es auch ohne sie?
Das hat sich total verändert, ja. Aber ich finde es nicht gut, immer zu urteilen, ob alles gut oder schlecht ist – es ist jetzt halt anders. Die Vergleiche mit der Situation vor 20 Jahren machen einfach keinen Sinn. Mit der Zeit verändert sich alles. Aber es stimmt auch, dass dieser Begriff „flache Hierarchie“ die letzten Jahre geprägt hat. Das kann viele Gründe haben. Sei es die Erziehung, die sich geändert hat, die soziale Umwelt oder auch die Akademien. Ich bin jedenfalls weit davon weg, zu sagen, dass früher alles besser war. Es war einfach anders. Vergangenheit ist Vergangenheit. Wir leben im Hier und Jetzt.
Du bist, wie es scheint, nicht so der Typ der vergangenen Tage. Nervt es dich eigentlich, noch immer auf die Szene Mählich gegen Beckham angesprochen zu werden? Wie oft hast du das Video schon gesehen?
Nein, nerven nicht. Ich leugne die Vergangenheit ja nicht, ich bin nur kein Mensch, der sie glorifiziert. Die Vergangenheit ist ein Teil meines Lebens. Ich kann dir aber sagen, dass ich die Beckham-Szene noch nie daheim auf Youtube angeschaut habe. Ich habe auch noch nie mit meinen Kumpels ein altes Spiel von mir angesehen. Für einen Fan ist das wahrscheinlich eine schöne Erinnerung und für die Medien auch, wenn man so etwas ausgraben kann. Aber ich brauche das nicht. Für mich zählt das heutige Training, das Gespräch mit euch, das morgige Training und dass wir das nächste Spiel gewinnen. Das ist das, was für mich zählt. Ich bin wie gesagt nicht so der Freund davon, immer auf die Vergangenheit zu blicken.
Wir bleiben jetzt trotzdem noch ein bisschen bei deiner Vergangenheit.
Ist ja eh ok, kein Problem.
Mit Winfried Amoah trainiert der Sohn eines ehemaligen Mitspielers bei dir. Kommt einem das irgendwie seltsam vor?
Nein. Seltsam nicht. Das ist das falsche Wort. Irgendwie kann man damit ja schon rechnen. Wir sind alle älter geworden, haben auch Kinder und Familien. Da kann es logischerweise schon einmal sein, dass ein Ex-Mitspieler, gerade wenn er in Graz wohnt, auch einen Sohn hat, der einmal Profi-Fußballer werden möchte und dann eben plötzlich in deiner Mannschaft ist.
Welchen Einfluss hatte Ivica Osim auf deine Karriere?
Als Spieler hat er mich natürlich geprägt. Als Trainer sage ich euch ganz ehrlich: Roman Mählich (deutet auf den Boden), Ivica Osim (streckt seinen Arm in die Höhe). Er ist einfach unerreichbar für mich. Ich tue mir auch schwer, da was rauszukopieren. Das war eine einzige Lichtgestalt, ein Top-Mensch. Ich habe meinen eigenen Charakter, bin ein anderer Typ Mensch, daher kann man da keine Vergleiche ziehen und ich will auch nichts kopieren als Trainer.
Dann haken wir das leidige Thema Vergangenheit ab und blicken mit dir in die Zukunft. Dein Ex-ORF-Kollege Peter Hackmair meinte vor Kurzem, dass es in 10 Jahren in Österreich keinen Profi-Fußball mehr geben wird. Wie stehst du zu dieser Aussage?
Auch hier tue ich mir schwer, etwas zu sagen. Mir fehlen dazu einfach die Informationen und das wirtschaftliche Know-How. Ich weiß es wirklich nicht. Tut mir leid, es ist sicher schon fad mit mir. (lacht)
Kein Problem, ein paar Fragen haben wir ja noch. Wenn wir gerade bei Entwicklungen des Fußballs sind: Wenn man sich nach Wien und Linz blickt, ist davon auszugehen, dass es Sturm in den kommenden Jahren wirtschaftlich wohl noch schwerer haben wird. Wie kann man da entgegenwirken?
Das ist wieder kein rein sportliches Thema. Es gibt so viel wirtschaftliche Kompetenz beim SK Sturm. Seid mir bitte nicht böse, aber ich kann es euch nicht sagen. Ich bin Fußballtrainer. Ich kann euch nicht sagen, welche Möglichkeiten es gibt, neue Sponsoren zu lukrieren. Das ist nicht mein Arbeitsgebiet.
Dennoch hat ein Trainer Einfluss auf seine Spieler. Glaubst du, dass ein Coach den Transfer oder Abgang eines Spielers verhindern kann? Du weißt bestimmt, welchen Aderlass es im letzten Sommer gegeben hat. Inwiefern kann man da als Trainer mit- bzw. entgegenwirken?
Naja, was wir Trainer machen können ist, dass man immer für jede Situation gewappnet ist. Dass man vielleicht Eigenbauspieler so weit bringt, dass man eine etwaige Lücke sofort füllen kann. Wenn ein Spieler in einer Transferperiode weg will und irgendwo das Vierfache verdienen würde, glaube ich, dass mir da die Hände gebunden sind. Ich kann ihm nur sagen, wie wichtig er ist und dann kann ich hoffen, dass er bleibt. Im Endeffekt, das hat man eh erst gesehen, spielt’s das nicht. Also viel kann man da als Trainer nicht tun.
Siehst du im Winter auf irgendeiner Position Verbesserungspotential, hättest du gerne Verstärkungen?
Auch da bitte ich euch, nachsichtig zu sein. Ich kann und will das nach einem Monat noch nicht beantworten. Ich kann nach dieser kurzen Zeit nicht einfach sagen: „Der Spieler kann was, der Spieler kann nichts!“. Um einzelne Spieler im Spiel zu beobachten, braucht man Testspiele und die werden wir haben. Daher ist bisher von meiner Seite noch gar nicht über etwaige Transfers gesprochen worden.
Mir ist während des Interviews aufgefallen, dass Roman Mählich sehr bemüht ist, nicht zu emotional zu werden und er versucht, stets sachlich und faktenbasiert zu antworten. Ich versuche dich jetzt deshalb einmal etwas aus der Reserve zu locken. Was bedeutet dir der SK Sturm Graz? Würdest du sagen, dass dieser Verein deine große Liebe, dein Herzensverein, ist?
Na klar, aber das muss ich doch nicht immer betonen. Bitte, habt ihr mich gesehen, als ich gekickt habe? Oder seid ihr zu jung? Weil wenn man mich gesehen hat, dann muss man ja wissen, dass das meine Mannschaft ist. Ich glaube aber nicht, dass ich das dauernd betonen muss, wie super vorher alles war. Aber wenn ihr es noch einmal hören wollt, dann ok: Ich habe alles, was ich in meiner Karriere erreicht habe, mit Sturm Graz erreicht. In genau diesen Räumlichkeiten, nur hat das alles noch anders ausgeschaut. Alles! Champions League, Meistertitel, Cupsieger. Schöne Siege, bittere Niederlagen, Nationalmannschaft, Weltmeisterschaft – alles habe ich in meiner Zeit bei den Schwoazen erreicht. Da ist es doch klar, was mein Verein ist – diskussionslos. Ich habe gedacht, dass ich das nicht ständig erzählen muss – die Leute wissen das ja eh.
All diese Dinge könnte man ja auch als Trainer erreichen. Wir wissen, dass du nicht gerne zu weit in die Zukunft blickst, aber auch nicht gerne auf die Vergangenheit zurückschaust. Trotzdem: Was sind denn deine Ziele als Trainer und insbesondere jetzt mit dem SK Sturm Graz?
In der kurzen Zeit, in der ich bei Sturm Graz bin, hatte ich tatsächlich noch nicht die Zeit, mir großartig Gedanken über Visionen zu machen. Es ging nur darum, den Negativlauf zu stoppen und den Verein in eine Richtung zu steuern, die uns von anderen Sachen träumen lässt. Um das ist es jetzt einmal gegangen. Dass der SK Sturm Graz ein Klub mit anderen Ansprüchen ist, liegt auf der Hand und das ist auch gut so. Natürlich, diese Vision, mit Sturm Graz das Höchstmögliche zu erreichen, würde relativ schnell entstehen. Das ist ja logisch.
Lieber Roman, vielen Dank, dass du dir Zeit für uns genommen hast. Wir wünschen dir alles Gute für die kommenden Aufgaben.
Ich sage Danke. War super mit euch.
Boah, muss sagen, ein Interview der ziemlich faden Sorte. Nicht wegen eurer Fragen, sondern wegen der Antworten. Romschi hat da auf nichts mit seiner eigenen Meinung bzw. einer greifbaren Positionierung geantwortet… Medienprofis im Fußball sorgen für sehr viel Langeweile…
Herzlichen Dank für dieses ausführliche Interview. Was mir an Mählich so besonders gefällt, ist die Tatsache, dass er nicht mit großer Klappe als obergscheiter Besserwisser auftritt, sondern demütig (Copyright: Thorsten Röcher) bleibt und die Fakten für sich sprechen lässt. Wir werden mit Mählich noch viel Freude haben.
Dachte du wolltest David Preiss?
Endlich mal ein Trainer, der das Spielsystem entsprechend den Fähigkeiten der Spieler anpasst und nicht die Spieler in Systeme steckt, für die sie nicht geeignet sind. Mir gefällt dieses Umschaltspiel viel besser als der Ballbesitzfußball, den Vogel immer spielen wollte. Man hat ja schon unter Foda im letzten Jahr gesehen, dass das Umschaltspiel für Sturm das beste System ist. Auch wenn jetzt viele neue Spieler dabei sind, scheint es auch unter Mählich auch gut zu funktionieren. Weiter so, dann werden wir im Frühjahr vielleicht sogar mal einen guten Start hinlegen.
Ja ich glaube, dass man mit dieser eigentlich einfachen Erkenntnis, dass man sein System dem vorhandenen Spielermaterial anpassen, in Österreich als Trainer schon Mal vorne dabei ist.
Wirklich enttäuschend.. Vogel konnte seine Niederlagen viel eloquenter erklären als Mählich seine Siege! Mir geht der Vogel schon so ab. Keine Dampfplauderei mehr. Keine 120% Ballbesitz und keine 2 Gegentore pro Spiel! Manche Schwoaze werden traurig sein, ich bin´s nicht! Danke Roman!
Also verschrein würde ich es nicht. Mit Lask, Austria und Salzburg vor der Brust sollte man den Mund nicht zu voll nehmen…vorallem da wir im Frühjahr nie brillieren bzw. Mattersburg auswärts im Februar zum Start auch keine gemähte Wiesn ist…
Also ein bisschen Demut wäre schon angebracht, wir haben bisher unter Mählich nicht wirklich gegen die Elite gespielt und diese auch nicht vernichtet, ums höflich zu formulieren. Anstatt dem Vogel unbedingt noch was nachrufen zu wollen würde ich mir lieber ne gesegnte Transferzeit wünschen, denn so schnell es bergauf geht gehts im neuem Liga Format wieder bergab…