„Peter Hyballa war ein Kindertrainer“

Ein Interview mit dem sympathischen „Siedlungskicker“ Patrick Wolf

Patrick Wolf verkörperte in seiner Zeit bei Sturm Tugenden, die nach den erfolgreichen, fetten Jahren für Fußball-Graz beinahe anachronistisch anmuteten. Ein Spieler, der trotz seiner begrenzten Möglichkeiten alles für den Verein gab und gerade deswegen bei vielen Fans so beliebt war. Mit 19 wollte er mit dem Kicken schon aufhören, doch der ehemalige Sturm-Trainer Robert Pflug überredete ihn, es beim FC Gratkorn nochmals zu versuchen. Über die Stationen SV Ried, FC Kärnten und Wiener Neustadt kämpfte er sich bis in das Nationalteam und landete mit 30 Jahren nochmals bei seinem Jugendverein Sturm Graz. SturmNetz bat ihn zu einem Interview.

 

Patrick, du warst für die Sturmfans eigentlich immer so etwas wie eine Identifikationsfigur, obwohl du nie der begnadete „Edelzangler“ gewesen bist. Wie kam es dazu?
Ich bin halt ein Grazer und wurde nicht wie viele andere als Fußballer geboren. Außerdem bin ich, beispielsweise wie Mario Haas, ein „Siedlungskicker“ und Arbeiter gewesen. Derzeit vermisse ich allerdings ein paar „Local Heroes“ in der Sturmmannschaft – Spieler wie Leitgeb oder Salmutter, mit denen sich die Fans identifizieren können.

Derzeit bist du ja leider außer Gefecht. Wie läuft der Heilungsprozess und wann werden wir dich wieder am Rasen erleben dürfen?
Es geht mir gut. Der Heilungsprozess läuft positiv und ich denke, dass ich Mitte März wieder spielbereit sein werde.

Du bist ja über den GSC und den FC Gratkorn in die Bundesliga zur SV Ried gekommen. Warum bist du dann 2006 in die Erste Liga zum FC Kärnten gewechselt?
Weil ich bei der SV Ried in zwei Jahren nur auf circa 20 Bundesligaeinsätze gekommen bin. Das war mir zu wenig. Ich bin nach Kärnten gegangen, weil es damals keine Angebote von anderen Bundesligisten gab.

Patrick Wolf spielte im Cupfinale 2010 noch gegen Sturm Graz (c) Wikimedia Commons

Patrick Wolf spielte im Cupfinale 2010 noch gegen Sturm Graz (c) Wikimedia Commons

Als du dann später von Wiener Neustadt zu Sturm gewechselt bist, gab es lange Vertragsverhandlungen. Was zog diese Gespräche derart in die Länge?
Sportlich war für mich bei Sturm alles klar. Das Problem war nur, dass sich die beiden Vereine einigen mussten, wer welche Kosten übernimmt. Sturm wollte Gewissheit, dass Frank Stronach mein Gehalt weiterbezahlt. Weil er auch oft im Ausland war, kam es zu dieser eher zähen Verhandlungsphase.

 

Peter Hyballa war ein Kindertrainer.
– Patrick Wolf

 

Es gab während deiner Zeit bei Sturm drei verschiedene Trainer. Wirklich gespielt hast du allerdings nur unter Foda und Milanic. Warum, denkst du, warst du bei Peter Hyballa derart abgemeldet?
Man hat während der Ära Hyballa ganz klar gesehen, dass er mit erfahreneren Spielern, Spielern die Eier haben, einfach nicht umgehen kann. Er war ein Kindertrainer! Vielleicht lag es auch am geringen Altersunterschied zwischen Trainer und einigen Spielern. Unter ihm kamen ja auch vermehrt junge Akteure zum Einsatz.

Was konntest du von den anderen beiden mitnehmen und wo liegen die Unterschiede zwischen ihnen?
Franco Foda ist für mich ein richtig guter Trainer, denn er versteht es, eine Mannschaft zu formen und mit den geringsten Mitteln Erfolg zu haben. Vor allem taktisch ist er top! Eben ein Mann vom Fach.
Darko Milanic hatte es bei Sturm von Anfang an schwer, denn er übernahm nach Peter Hyballa einen „Sauhaufen“. Die Spieler selbst waren am Boden und auch unter den Fans herrschte gereizte Stimmung. Ich denke, das Team konnte Darkos Philosophie nicht ganz nachvollziehen: Er wollte immer schönen Fußball spielen lassen, aber manchmal muss man auch defensiver agieren und Punkte mitnehmen, wenn die Mannschaft mental nicht ganz fit ist. Er war einfach nicht variabel genug.

Du hast gesagt, dass ihr seine Philosophie nicht ganz verstanden habt. Gab es auch eine sprachliche Barriere?
Das war mit Sicherheit auch ein Grund.

Als du von Hyballa nicht berücksichtigt wurdest, gab es auch einige Angebote von anderen Bundesligisten, sowie aus dem Ausland. Warum hast du dich dann doch für das Leihgeschäft mit dem KSV entschieden?
Ganz einfach, weil Kapfenberg nicht weit weg von meiner Heimat ist und ich sowieso gewusst habe, dass ich nach Ende der Leihe wieder zurück zu Sturm komme. Außerdem waren zu dieser Zeit viele Spieler der Meistermannschaft noch dort und ich wusste, dass da genügend Qualität vorhanden war.

Du hast beim KSV ja auch mit Sanel Kuljic zusammengespielt. Ist dir bezüglich des Manipulationsskandals damals etwas verdächtig aufgefallen?
Nein überhaupt nicht, ich habe ihn als wirklich lustigen und positiven Menschen kennengelernt.

 

Ich verstehe nicht, warum nur Milan Dudic verabschiedet wurde und Spieler, die wirklich viel für den Verein geleistet haben, nicht.
– Patrick Wolf

 

Du bist dann wieder zum SK Sturm zurückgekommen und hast an deinem 33. Geburtstag dein letztes Spiel gegen Wiener Neustadt bestritten. Wie groß ist die Enttäuschung heute noch, dass du eigentlich nie richtig vom Verein verabschiedet wurdest?
Jetzt ist es mir eigentlich egal, das Ganze ist ja auch schon einige Zeit her. Ich verstehe nur nicht, warum nur Milan Dudic verabschiedet wurde und Spieler wie Manuel Weber und Andreas Hölzl, die wirklich viel für den Verein geleistet haben, nicht.

Nach dem Ende deiner Laufbahn bei den Schwarz-Weißen gab es Gerüchte über ein Engagement beim SV Mattersburg in der Ersten Liga. Warum bist du dann doch zum SV Allerheiligen gewechselt?
Ich war mir eigentlich schon mit dem SV Mattersburg einig, aber die Burgenländer haben mir dann abgesagt. Es ist schade, dass der Wechsel nicht zustandegekommen ist, denn wie man jetzt sieht, war dort sehr viel Potenzial vorhanden und ich wäre auch nicht so weit weg von Graz gewesen. Ich habe mich dann für den SV Allerheiligen entschieden, weil der Fußballplatz nur ein paar Minuten von meinem Zuhause entfernt ist.

Du hattest während deiner aktiven Karriere viele Mit- sowie Gegenspieler. Welcher hat dich am meisten beeindruckt?
Samir Muratovic war mit Abstand der beste Spieler, mit dem ich jemals gespielt habe. Er hatte einfach alles, was man als Fußballer braucht. In der Defensive möchte ich Joachim Standfest hervorheben, der meine Schwächen in der Abwehr immer wieder gut kompensieren konnte. Er spielt nicht umsonst noch immer in der Bundesliga.

CC by Werner100359 (Wikimedia Commons)

CC by Werner100359 (Wikimedia Commons)

Außerdem warst du unter den Fittichen vieler verschiedener Trainer. Von wem konntest du am meisten lernen?
Von Franco Foda, mit Abstand!

Du hattest eine lange Karriere. Was waren deine Highlights und gibt es vielleicht Ziele, die du dir selbst gesteckt hattest, aber nicht erreichen konntest?
Natürlich wäre ich gerne einmal in das Ausland gegangen, aber das hat sich dann einfach nicht ergeben. In Österreich habe ich bis auf den Cupsieg eigentlich alles erreicht und war sogar Nationalspieler.

Was denkst du, fehlt Sturm derzeit, um konstant gute Leistungen zu bringen?
Die Mannschaft ist teilweise zu jung und daher ist klar, dass es zu Leistungsschwankungen kommt. Es gibt einfach zu wenige Führungsspieler, wie zum Beispiel Michael Madl, die konstant ihre Leistung bringen. Ich bin mir aber sicher, dass die Spieler reifen und der Erfolg kommen wird.

Abschließend, wie sehen deine Zukunftspläne aus? Sieht man dich vielleicht bald an der Seitenlinie des SK Sturm Graz?
(lacht) Derzeit mache ich die Trainerausbildung, aber ich möchte mich nicht festlegen. Vielleicht arbeite ich auch als Scout oder Spielermanager, ich bin offen für alles.

SturmNetz.at bedankt sich bei Patrick Wolf für das ausführliche Interview.

 

6 Kommentare

  1. PeterH sagt:

    Super Typ der Patrick Wolf. Mit echten Eiern, nicht nur mit trockenen Rosinen so wie viele andere. Top!

  2. Ranger sagt:

    Mir war ein Wolf eh immer lieber als ein bevorzugter „Schloffi“, der gar nix grissen hat. Wolf hat wenigstens gerackert und war schnell!

  3. hutab sagt:

    Eine „Identifikationsfigur“ für die Fans? Ernsthaft? Also, ich hab das ganz anders in Erinnerung, einer, der stets umstritten war. Vielleicht trübt mich meine Aversion gegen Spieler, die außer Laufen halt gar nichts können, in meiner Erinnerung. Leider brachte seine Schnelligkeit ganz selten etwas im Spiel nach vorne.

    Und seine Analyse, dass Milanic schön spielen lassen wollte und vermehrte Defensive zielführender gewesen wäre, verursacht Kopfschmerz durch Kopfschütteln. Noch defensiver und die Spieler hätten sich um den Platz auf der Torlinie raufen müssen.

    Dass die aktuelle Sturmmannschaft zu jung sei, kann man auch nicht gelten lassen. Sie bewegt sich im Altersschnitt im Bereich der 90er Jahre, erst mit Osim ergraute die Mannschaft dann.und das Durchschnittsalter der Startaufstellung steigerte sich an die 30 hin oftmals.

    Wünsche ihm das Beste weiterhin. Zumal er Hyballa natürlich richtig charakterisiert, aber das Kapitel sollten wir langsam schließen 😉

    • Neukirchner sagt:

      Sollten wir. Ja, aber:
      Leider gibt es noch immer einige ehemalige Sturmfans die nach der Entlassung dieses Wahnsinnigen mit Sturm gebrochen haben. Geblendet der blinden Liebe wegen. Und das ist schade. Und das einzig Nachhaltige dieser dunklen Ära. In dieser Beziehung kann man dem Verein nur vorwerfen diesen Blende nicht schon viel früher davongejadt zu haben.

    • Arch Stanton sagt:

      Find ich schon, dass man ihn als Identifikationsfigur bezeichnen kann, allein schon seiner Laufbahn und Herkunft wegen. Zudem ist einer, der läuft und für die Mannschaft alles gibt, um einiges sympathischer als Wunderkicker, die lustlos am Platz herumeiern. Und ein paar Patenthaken und Flanken hat er sehr wohl zusammengebracht.
      Das ganze Gespräch zeichnet ihn als ehrlichen Kicker, der vieles mit einfachen Worten auf den Punkt bringt, schnörkellos, so wie er als Spieler eben war/ ist.
      Ich wünsch ihm alles Gute!

      Der Titel des Interviews könnte natürlich schon zur Diskussion anregen.
      Ich kann mir außerdem nicht vorstellen, dass Sturmfans mit Sturm brechen, weil ein Trainer entlassen wird – da ist das Problem schon komplexer und das Fansein zu hinterfragen.

  4. Rene90 sagt:

    Identifikationsfigur ist wohl ein wenig übertrieben, denn damit verbinde ich auch abseits des Fussballfeldes ein richtiges Verhalten bzw Vorbildfunktion für die Jugend, die er aber aus sicher bekannten Gründen nicht erfüllte, dafür aber jene Fangruppe ansprach, die die natürliche Art wie er lebte, verstellte sich in keinsterweise, zu schätzen wussten

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