Once upon a time in Rumänien…

FC Unirea Urziceni

Eines vorweg: Es gibt diesen Verein nicht mehr. Sollte der nun folgende Text bei dem einen oder anderen absolute Begeisterung auslösen, dann ist das wohl oder übel sein eigenes Problem. Die Frage die sich allerdings stellt: Haben wir etwas verpasst? Wäre UU das perfekte Zweitsturm gewesen?

Der Fotbal Club Unirea Urziceni war ein ungewöhnlicher Kurzzeitgast in den oberen Ligen Europas. Gegründet 1954 in der 15.000 Einwohnerstadt Urziceni im Südosten Rumäniens krebste man die ersten 45 Jahre im rumänischen Unterhaus herum. Als größten Erfolg in dieser Zeit kann man den Achtelfinaleinzug im Cupa României, dem rumänischen Cup, im Jahr 1988 ansehen, als die „Ialomiţenii“ (nach der Region Ialomiţena) gegen den FC Corvenul Hunedoara ausschieden.

Dann fand 2003 Dumitru Bucșaru, ein Unternehmer und guter Freund des ehemaligen rumänischen Präsidenten Basescu, Gefallen an dem Verein. Innerhalb von nur drei Jahren führte er Unirea in die Liga 1, und baute nebenbei noch die Heimstätte, das Stadionul  ll., auf 7000 Plätze aus. Die klingt zwar nicht sehr beeindruckend, doch sollte man bedenken, dass Urziceni nur 15.000 Einwohner hat.

In der zweiten Saison in der Liga 1, 2007/08 konnte Unirea bereits das Cupfinale erreichen. Zu dieser Zeit wurde das Team wegen seines Trainers, dem ehemaligen Chelsea-Spieler Dan Petrescu, auch „Chelsea von Ialomița“ genannt. Zwar ging das Cupfinale verloren, dies hinterließ allerdings keinen Schaden bei den Spielern. Im nächsten Jahr konnte erstmals die Meisterschaft gewonnen werden, überdies qualifizierte sich Unirea auch für die Champions League-Gruppenphase, wo man auf Sevilla, Stuttgart und die Glasgow Rangers traf, und nach dem dritten Gruppenplatz im Europa League Sechzehntelfinale gegen den FC Liverpool ausschied. Eine der Stützen der Mannschaft, die vorwiegend aus Rumänen bestand, war der Brasilianer Ricardo Gomes Vilana. Dessen Karriere machte sein späterer Abschied aus Rumänien keinen Abbruch, im Gegenteil. Er spielt heute bei der stärksten Mannschaft seines Landes. Zugegeben, es handelt sich dabei nur um den FC Andorra, der in der fünften spanischen Liga herumgrundelt, aber immerhin.

Im Sommer & Herbst 2010 trat dann genau das ein, was bei Investorenmodellen bei denen sich ein Verein einem einzigen Sponsor vollkommen ausliefert, so oft kritisiert wird, ein. Bucsaru hatte sich bei Steaua Bukarest–Eigner Gigi Becali Geld ausgeliehen. Dazu ist anzumerken, dass es nicht die allerbeste Idee ist, es sich mit Gigi Becali zu verscherzen. 2002 meinte dieser zu einem Journalisten der über einen dubiosen Landtausch in Zusammenhang mit der rumänischen Armee recherchierte, dass dieser erschossen werden sollte, und dass Journalisten Rumänien ruinieren würden. 2008 gab er zu, dass er, nachdem er Geld im Casino verloren hatte, in Rage geriet und Stühle durch die Casinofenster warf. 2009 wurde er verhaftet, da er drei Leute, die er im Verdacht hatte, sein Auto gestohlen zu haben, festgehalten und eingesperrt hatte. Für diesen Vorfall wurde er später auch zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Jedenfalls, zurück zu Unirea. Es scheint verständlich, dass Bucsaru versuchte, seine Schulden bei Becali zurückzuzahlen. Daher verkaufte er die meisten Leistungsträger der Mannschaft und ersetzte sie durch günstige Leihspieler, vorwiegend von Bukarester Zweitligisten. Wenig überraschend erlitt das Team einen großen Leistungsabfall und stand am Ende der Hinrunde 2010/11 auf dem vorletzten Platz. Bucsaru plante gemeinsam mit dem Vorstand des damaligen Zweitligisten CS Concordia Chiajna aus der ca. 75km entfernten Stadt Chiajna im Bukarester Umland eine Fusion. 13 Spieler von Concordia wechselten daraufhin für die Frühjahrssaison zu Unirea, dennoch belegte man nur den 17. und vorletzten Platz. Da der rumänische Fußballverband bereits im Februar 2011 erklärte, die Fusion von Unirea und Concordia nicht zu genehmigen, kam es zum allerletzten Schritt dieses schleichenden Vereinszerfalls. Unirea Urziceni wurde für keine Liga mehr gemeldet und löste sich im Sommer 2011 offiziell auf. So schnell wie man gekommen war, so konsequent verabschiedete man sich auch wieder.

Resümee: Den FC Unirea Urziceni gibt es nicht mehr. Zum Glück nicht wie Sturm. Der Verein war nur fünf Jahre in der obersten Liga zugegen. Nicht wie Sturm. Dafür konnte man bereits in der dritten Saison den Meistertitel gewinnen. Auch nicht wie Sturm. Das Geld für die Mannschaft kam zum Teil wohl aus etwas dubiosen Quellen. Eher nicht wie Sturm.

Man kann also sagen, dass sich die Geschichte dieses Vereins grundlegend von der Geschichte des SK Sturm unterscheidet. Zweitverein im Sinne eines sympathischen Teams oder Traditionsvereins wäre Unirea nicht gewesen, aber mit einem schwarz-weißen Sturmtrikot wäre man bei den Blau-weißen Ialomiţenii ohnehin negativ aufgefallen.

Wäre eine Reise zu einem Heimspiel von Unirea Urziceni zumindest touristisch reizvoll gewesen? Es gibt nur eine Methode, die herauszinden: Wikipedia -> Urziceni -> Sehenswürdigkeiten. Reißt zumindest diese Kategorie die Stadt und den Verein noch raus?

Urziceni hat keine bedeutsamen touristischen Anziehungspunkte aufzuweisen.“

Na dann.

1 Kommentar

  1. uwe_reconquista sagt:

    Ich find diese Kolumne wirklich klasse – auch wenn man euch immer ein wenig mit sturm12 vergleichen wird, aber ihr habt das Zeug dazu, nicht nur in die Fussstapfen, sondern auch darüber hinaus zu treten!

    Sucht doch mal einen deutschen Verein, wie Sturm, nur anders, aus!

Schreibe einen Kommentar