Offiziell: Kjell Scherpen unterschreibt bei Sturm Graz

Wie der SK Sturm heute verkündete, wechselt Kjell Scherpen zu den Schwoazen. Damit beendet er die anhaltenden Spekulationen um die neue Torwartpersonalie – zumindest vorerst.

Der 23-jährige Niederländer kommt leihweise vom englischen Erstligisten Brighton & Hove Albion, wo er hinter Robert Sanchez, Jason Steele und dem aus Anderlecht verpflichteten Toptalent Bart Verbruggen wohl als vierter Torwart in die Saison gestartet wäre. Zuletzt spielte er auf Leihbasis beim Zehnten der vergangenen Saison in der Eredivisie Vitesse Arnheim, bei dem im übrigen auch Dominik Oroz nach seiner Leihe in Graz wieder auf Einsätze hoffen darf. 

Kjell Scherpens Vater Herman war bereits begeisterter Fußballer. Im April 1985 trug er das erste und einzige Mal das Trikot der „Elftal“ – allerdings in der U15-Auswahl in einem Testspiel gegen die Alterskollegen aus Belgien. Die große Profikarriere blieb ihm aber verwehrt – mit Ausnahme von vier Profieinsätzen in der zweithöchsten Spielklasse der Niederlande im Dress des FC Emmen, in denen der Mittelfeldakteur immerhin zwei Tore erzielte, spielte er fast ausschließlich für unterklassige Vereine. Zuletzt trainierte er den ebenfalls unterklassigen Verein SC Erica aus dem Osten der Niederlande.

Sein Sohn Kjell begann im Alter von sechs Jahren mit dem Fußball. Zunächst als Feldspieler, später als Torwart, was vermutlich nicht zuletzt auch seiner bereits im Kindesalter feststellbaren, überdimensionierten Körpergröße geschuldet war.

Seine ersten Fußballschuhe zerriss er für den lokalen, unterklassigen Verein VV Emmen (der Ableger des FC Emmen im Amateurfußball), bei dem zwischenzeitlich auch sein Vater Herman als Co-Trainer und später auch als Cheftrainer tätig war. Mit elf Jahren war der nächste logische Schritt getan und Kjell wechselte in die Jugendabteilung des FC Emmen, der damals in der zweiten Liga spielte, die er in den Folgejahren durchlief.

Bereits mit 17 Jahren durfte Scherpen Profiluft schnuppern, als er bei vier Einsätzen in der zweiten Liga auf der Bank saß, ohne aber Spielminuten verbuchen zu können. In der Saison 2017/2018 avancierte Scherpen zur klaren Nummer zwei hinter Peter van der Vlag. Am 3. November 2017 feierte er am zwölften Spieltag dann sein Debut. Über 90 Minuten hütete er das Tor der „Kannibals“, wie sich die Emmener nennen. Allerdings wurde das Spiel beim Absteiger Helmond Sport mit 3:1 verloren.

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2018/2019 durfte der FC Emmen in die Eredivisie aufsteigen und die Verantwortlichen entschieden sich, mit dem talentierten 18-jährigen Eigenbauspieler als Nummer eins in die Saison zu gehen. Das machte sich bezahlt. Obwohl Scherpen und der FC Emmen in dieser Saison in 34 Spielen sagenhafte 72 Tore kassierten und nur in vier Spielen zu Null spielen konnten, hielt man die Klasse. Trotz der hohen Anzahl an Gegentreffern wurde Scherpen zum Publikumsliebling, man vermutete, dass man ohne ihn wohl deutlich mehrere Tore kassieren hätte können. Im Sommer 2019 kam dann der nächste logische Schritt: Wie bei so vielen jungen Niederländern steht irgendwann der Wechsel in die Hauptstadt an. So auch bei Scherpen, der Emmen für 1,5 Millionen Euro an Ablöse Richtung Amsterdam zu Ajax verließ.

Dass das Internet nicht vergisst, musste auch der damals 19-jährige Hüne schmerzlich feststellen. Kurz nach seiner Vorstellung in Amsterdam tauchten Videos auf, die ihn als jungen Keeper beim FC Emmen zeigten, wie er sich abfällig über Ajax Amsterdam äußerte und den Wunsch zum Ausdruck brachte, irgendwann bei deren Erzrivalen aus Rotterdam zu spielen. In einer als PR-Aktion getarnten „Strafarbeit“ musste Scherpen mehrmals „Ajax is de mooiste club van Nederland“, (sinngemäß „Ajax ist der größte Klub der Niederlande“) schreiben, was den Aufruhr unter den Ajax Fans schnell vergessen machte.

A few years ago Kjell Scherpen posted anti Ajax tweets. Before signing his contract at Ajax this week he had to write down „Ajax is the most beautiful club in Holland” 1000 times in front of Overmars and Van der Sar. ✍️🇳🇱

Absolutely brilliant.👌😂 pic.twitter.com/VTURVMAgd5

— Footy Humour (@FootyHumour) April 26, 2019

In der Saison 2019/2020 half er immer wieder in der Kampfmannschaft als Ersatztorwart aus, ohne aber zu einem Einsatz zu kommen. In 14 Spielen für die zweitklassige Amateurauswahl von Ajax kassierte er 18 Tore und spielte fünf Mal zu Null. 2020/2021 konnte er neben 15 Spielen in der zweiten Liga auch endlich sein Debut in der Eredivisie feiern. An den Spieltagen 28 und 29 ersetzte er für zwei Spiele gegen den SC Heerenveen und den RKC Waalwijk Andre Onana im Tor des Rekordmeisters, beide Spiele konnte Ajax gewinnen. Bei der Heimniederlage gegen die AS Roma durfte Scherpen sein internationales Debut in der Europa League feiern, eine Niederlage gegen die „Giallorossi“ konnte er aber nicht verhindern.

Seine Leistungen weckten allerdings das Interesse größerer Vereine, darunter jenes von Brighton & Hove Albion, denen er sich für eine Ablöse von fünf Millionen Euro anschloss. Im Herbst machte er allerdings kein einziges Spiel für die Kampfmannschaft und saß auch nur acht Mal auf der Bank. Im Winter entschied man sich auf eine Leihe zum strauchelnden belgischen Erstligisten KV Ostende, wo er in der Rückrunde immerhin sieben Einsätze verbuchen konnte.

Die letzte Saison verbrachte er – wieder auf Leihbasis – bei Vitesse Arnheim in der heimischen Eredivisie, wo er mit Ausnahme zweier Verletzungspausen die Nummer eins war. 26 Spiele bestritt er für die Arnheimer, spielte davon acht Mal zu Null.

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Da er in der Premier League aktuell keine Perspektive auf Erstligaeinsätze hat, ist eine erneute Leihe der naheliegende Schritt. Da der SK Sturm wohl aktuell nur eine temporäre Lösung sucht, bis man einschätzen kann, ob die jungen Torhüter Bignetti, Lorenz oder Maric das Zeug zur Nummer eins haben, ist eine Leihe wohl die passendste Option.

Scherpen ist ein extrem wuchtiger Torwart, der mit seinen 206 cm Körpergröße im Eins-gegen-eins wohl wie eine laufende Wand erscheint. Trotzdem verfügt er über enorme Sprungkraft und starke Reflexe, was ihn auf der Linie zu einer wertvollen Ressource macht. Seine Schwierigkeiten hat der Riese aus Emmen wohl eher mit den Beinen – zwar wirkt er technisch für seine Größe relativ beschlagen, sein Spielaufbau war aber schon zu Zeiten in Arnheim immer wieder Thema unter den Fans. Außerdem ist er extrem stark im Stellungsspiel und in Verbindung mit seiner Größe natürlich auch bei Standards ein Albtraum für gegnerische Stürmer.

Fazit: Sturm bekommt einen Torwart, der sein Können bereits auf höchster Ebene unter Beweis stellen konnte und die Torwartfrage zumindest auf nächstes Jahr vertagt. 

Geschäftsführer Sport Andreas Schicker: „Kjell Scherpen ist ein junger und extrem talentierter Torhüter, der mit seiner Größe und seinen Fähigkeiten perfekt in unser Anforderungsprofil passt. Mit über 60 Spielen in der starken Eredivisie, zahlreichen Nachwuchs-Teamspielen für die Niederlande sowie Einsätzen in der Europa League und im FA Cup kann er trotz seiner Jugend bereits auf viel Erfahrung auf höchstem Niveau zurückgreifen. Kjell hat uns schnell signalisiert, dass er Sturm Graz als hervorragenden Schritt für seine Entwicklung sieht – wir sind froh, dass er sich für uns entscheiden hat.“
 
Auch Kjell Scherpen selbst zeigt sich voll motiviert: „Der SK Sturm ist ein großer Klub in Österreich, der heuer bereits zum dritten Mal in Folge eine internationale Gruppenphase spielen wird. Ich weiß, dass man hier große Ziele verfolgt, ebenso wie ich selbst das klare Ziel habe, mich hier als Torhüter zu verbessern und so der Mannschaft zu helfen. Ich brenne darauf, mit dem Team im Training loszulegen und bald das erste Mal für Sturm Graz aufzulaufen.“

Wir wünschen Kjell alles Gute für seine Zeit in Schwarz-Weiß!