Netipliquette

Kurvennähe, Loyalität, Leidenschaft, immer einen flotten Spruch auf Lager und ein besonderes Verhältnis zu Torstangen. Nur ein paar Attribute, die dem Fanliebling Benedikt Pliquett zweifelsohne zugeschrieben werden können. Bene, der seit dem Derbysieg gegen den auch von ihm so verhassten HSV Kultstatus in St. Pauli genießt, zählt im modernen Fußball zu einer leider aussterbenden Rasse. So nahm er sich selten ein Blatt vor den Mund, überrascht letztlich jedoch mit einem überaus fragwürdigen Interview und einer Abrechnung mit Sturm Graz; allen voran mit Franco Foda. Dessen Kritiker, die jüngst leiser geworden sind, reiben sich bereits die Hände und halten Benes Aussagen für der Weisheit letzten Schluss. Der beliebte Hüne holt zum Abschluss zum Rundumschlag aus und spricht von Spuren, die es zu hinterlassen gilt. Das hat er getan.

CC by-sa Werner100359 (Wikimedia Commons)

CC by-sa Werner100359 (Wikimedia Commons)

Aus sportlicher Sicht ist eine gewisse Frustration wohl verständlich. Und auch in keinster Weise überraschend; Andeutungen hinsichtlich Unzufriedenheit waren bereits zuvor zu vernehmen. Pliquett, der sich in der zweithöchsten deutschen Spielklasse wiederholt nicht durchzusetzen vermochte, spekulierte wohl aufs steirische Stammleiberl. Es folgten viele Einsätze und starke Leistungen unter Milanic, begleitet jedoch von einer latenten Fehleranfälligkeit. Letzteres traf auch auf dessen Konkurrenz zu. Rückblickend ist es wahrlich nicht festzustellen, wessen Leistungen der beiden Keeper stärker einzuschätzen waren; oder vielmehr: wessen Leistungen waren weniger schwach? Gratzei und Pliquett bewegen sich ohne Frage auf einem sehr ähnlichen Niveau. Aus sportlicher Sicht ist der Verzicht auf den Hamburger demnach nachvollziehbar. Franco Foda setzt gerne auf Altbewährtes. Das weiß man und dies muss per se auch nicht mit einer negativen Konnotation ausgestattet werden. Dass Gratzei zuletzt teilweise wiedererstarkte, gibt dem Trainer außerdem zumindest nicht Unrecht.

Der Hamburger, der zu Beginn seines Engagements regelmäßig von seiner neuen Heimat, den schönen Landschaften und der zahlreich vorhandenen antifaschistischen Symbolik schwärmte, schreckte ebenfalls nicht davor zurück, mit der Stadt Graz abzurechnen. Bene sei laut eigenen Angaben an die Grenzen des Ertragbaren gegangen. Aber warum eigentlich? Stellt der Verlust eines Wettkampfes (in diesem Fall ums Stammtrikot) eine Rechtfertigung für ein derartiges Verhalten dar? Ist das im Profigeschäft nicht ein normaler Lauf der Dinge, wenn auch unschön? Sind die Menschen in Graz tatsächlich weniger nett, als jene in Hamburg? Die starken xenophobischen Tendenzen hierzulande betreffen deutsche Mitbürger wohl auch eher nicht. Und es stimmt traurig, dies zu schreiben; aber das ist ein anderes Thema. Was ist es also, das Bene zu solchen Aussagen hinreißen lässt?

Die, von Pliquett auch explizit angesprochene, menschliche Komponente des Cheftrainers rückt in diesem Zusammenhang einmal mehr ins Scheinwerferlicht. Zu Unrecht. Es ist eine Entscheidung, die – wohl gemeinsam mit Martin Klug – getroffen wurde und welche es aufgrund der für jeden sichtbaren Leistungen so zu akzeptieren gilt; auch für einen sich benachteiligt fühlenden Profi, selbst wenn Verständnis für Frustration vorhanden ist. Bewusst spricht der Deutsche auch die positive Entwicklung an; dennoch relativiert dies in keinster Weise seine Aussagen. Wäre der Verfasser dieser Zeilen für den sportlichen Erfolg des Vereins verantwortlich, so würde er bei derartigen Personalentscheidungen ebenfalls keinen Anlass sehen, sich rechtfertigen zu müssen.

Dass Franco Foda wohl nicht den samtweichsten Trainer des Planeten darstellt, ist kein Geheimnis. Und das muss er nicht. Auch er hat bereits verloren, auch da mutete vieles überaus fragwürdig an. Doch egal, wie man zu Foda stehen mag: Er hat Charakter bewiesen. Pliquett nicht.

 

12 Kommentare

  1. Juran sagt:

    Danke Bene für das Ehrliche Interview, wenigstens ist er einer der den Mund aufmacht.
    Natürlich ist da Frustration dabei gewesen, aber natürlich ist da auch ein Teil an Wahrheit dabei.
    Die Entscheidung damals Foda´s pro Gratzei und gegen Bene war keine Sportliche, und Foda hat sich wohl nur wegen der Vergangenheit Gratzeis als Stammtormann unter ihm so entschieden. Das solche Entscheidungen und vor allem die bewegründe dazu Bene zu solchen aussagen hinreisen lassen ist verständlich. Das Foda Menschlich immer wieder seine Probleme hatte ist wohl jeden bekannt, und so verändert wie viele meinen hat er sich sicher auch nicht.
    Ich hoffe man nimmt das interview bis zu einen gewissen grad ernst im Verein und versucht solche dinge viel früher mit den Spieler zu klären bevor diese so an die Öffentlichkeit gehen damit. und versucht Foda da auf der menschlichen Seite ein wenig zu helfen.

    • wama sagt:

      markelinho bzw. juran das ist einfach nur traurig, wie du die dinge siehst.
      benes interview spricht doch für sich, ist eine einzige schande, entlarvt ihn letztlich als schlechten verlierer, bei allem verständnis für seinen frust.
      daraus jetzt ein fodabashing zu machen ist, bzw. dadurch wieder unruhe zu stiften, derzeit gut funktionierendes zu hinterfragen, …ist nicht angebracht, nicht förderlich – bei aller meinungsfreiheit.

    • Juran sagt:

      Ich will hier auch kein Fodabashing betreiben.
      Der Erfolg gibt Foda ja recht, und nur das ist was zählt, nur die Entscheidung damals pro Gratzei war mehr Freunderl Wirtschaft als eine Sportliche Entscheidung.
      Und das dann Bene so reagiert ist auch klar, er wollte doch wohl auch nur fair behandelt werden, nur war das keine faire Entscheidung und wurde wohl nie geklärt zwischen Foda und ihm.
      Jeder der so übergangen wird bzw. sich so fühlt wird so reagieren, ich hoffe nur das man das im Verein ernst nimmt, und mehr auf unglückliche Spieler achtet.
      Den einige Dinge sind wahr was Bene da anschneidet wie die schlechte medizinische Versorgung oder die schlechten Platzverhältnisse in Messendorf usw. da kann man durchaus daraus was lernen wenn man solche dinge ernst nimmt.

  2. Rockstar sagt:

    Bißchen hart der Kommentar, obwohl eine Verbitterung bei Pliquett nicht zu überlesen war in seinem Interview. Vor allem in ein paar Punkten hat er sicher net ganz Unrecht. Vor allem die Connection Kleine Zeitung-Sturm, das Marketing aber auch die Trainings bzw Spielbedingungen sollten überdacht bzw. verbessert werden. Der Platzwart gehört gefeuert, so desolat der Platz des öfters war dieses Frühjahr. Grundsätzlich bin ich ja für eine positive Darstellung des Vereins, weil Kritiker hat Sturm ja schon genug, und man sollte den Idioten die die glauben alles besser zu wissen nicht noch mehr Zündstoff geben. Pliquett ist Fuballer kein PR Profi, und er hat menschlich gezeigt dass er ok ist, mit diversen Aktionen, auch für karikative,soziale und gesellschaftliche Zwecke war er da. Und ich finde man hätte das ruhig erwähnen können in dem Artikel oben. Ein einziges Interview sollte nicht als Maßstab für 2 Jahre dienen, Bene hat sich als Teamplayer gezeigt, und auch wie er am Abstellgleis war, hat er sich als echter Profi erwiesen. Das sollte man auch anerkennen finde ich. Was Foda betrifft und etwaiige Versprechungen hinsichtlich seines Abschiedsspiels da können wir wohl nur spekulieren. Ich wünsche Bene jedenfalls alles Gute für die Zukunft.

  3. Max321 sagt:

    Wenn Artikel wie oben die Linie von Sturmnetz darstellen sollen, dann ist der Anspruch, die Lücke von Sturm 12 zu füllen zum Scheitern verurteilt. 3 mal U: untergriffig, unkritisch, unnötig.

    • Gernot Ho sagt:

      Dir ist schon bewusst, dass ein Kommentar Subjektivität impliziert? Das ist die Meinung einer einzelnen Person zu diesem Thema, in diesem Fall meiner.

    • Max321 sagt:

      Sicher ist ein Kommentar subjektiv, Dein Kommentar ist aber untergriffig. Das Interview mit Pliquett ließ mich als Sturm Fan auch ein wenig gespalten zurück, trotzdem halte ich Dein Kommentar für unnötig. Zum Beispiel hat Pliquett nicht mit der Stadt Graz abgerechnet, so wie Du es geschrieben hast. Wenn, dann hat er mit Sturm abgerechnet. Mir ist auch nicht klar, wann Foda Charakter bewiesen hätte. Auch die anderen Kritikpunkte Pliquetts hören sich nicht so aus der Luft gegriffen an, dass Gratzei zum Beispiel sicher nicht aufgrund seiner Leistungen Einsergoalie wurde ist offensichtlich.
      In Summe liest sich Dein Kommentar wie im vorauseilendem Gehorsam im Sinne von Foda und Goldbrich verfasst. Damit ich aber nicht falsch verstanden werde: Ich freue mich auch, dass es jetzt bei Sturm gut läuft, und natürlich braucht man jetzt keine Unruhe. Vor diesem Hintergrund hätte man das Pliquett Interview auch einfach ignorieren können…

  4. Denginho sagt:

    Ich Kritisiere jeden Spieler wenn er mir nicht gefällt, aber ja Pliquett habe ich besonders gerne weil er bei mir einfach unten durch ist nach den letzten 2 Jahren wo er Tore Kassiert hat die nicht einmal ein 1 Klasse Tormann bekommt und dann noch tolle Aussagen macht vor laufender Kamera.

    Wir hatten ein gewaltiges Tormann Problem und das wird nicht besser in dem man Pliquetti stark redet wie es viele tun wollen.

  5. Neukirchner sagt:

    Bene als Typ Champions League
    Bene als Torhüter maximal Regionalliga
    leider

  6. Schworza99 sagt:

    Auch wenn er ab der Foda Übernahme kein Land mehr gesehen hat, muss ich nicht nachtreten. Egal ob er oder Gratzei im Tor waren, hatte man immer das Gefühl, unser Torwart ist nicht der Sicherste.

  7. zilkowicht sagt:

    also ich bin weiterhin ein Fan vom bene!
    Endlich mal ein offen antifaschistischer Fußballer welcher sich auch offen („ich brauche keine Glatzen in der kurve!“) von den faschos unter den Hardcorefans distanziert!

    Walk on bene!

  8. Neukirchner sagt:

    Ich glaube diesbezüglich gibt’s eh nur eine Meinung. Din sportliche Leistung war halt nicht ganz so prickelnd.

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