Martin Hiden: „Ein Titel mit seinem Heimatverein ist etwas ganz Besonderes“

Sturms Pokalerfolge – Teil 2: Sturm vs. Vienna 2:1 (1997)

Am 9. Mai steht der Sportklub Sturm zum neunten Mal in seiner Vereinsgeschichte in einem Pokalfinale. Derzeit ist die Endspielbilanz ausgeglichen: 4 Siege (1996, 1997, 1999 und 2010) stehen 4 Niederlagen (1948, 1975, 1998 und 2002) gegenüber. Wir werfen in unserer Serie einen Blick auf die erfolgreichen Endspiele zurück und lassen jeweils einen Protagonisten zu Wort kommen. Im zweiten Teil erinnert sich Martin Hiden an den 2:1-Finalerfolg gegen die Vienna im Jahr 1997.

Die Saison 1996/97 wird ja immer noch als das sogenannte „Giannini-Jahr“ bezeichnet. Ich bin gleichzeitig mit der Verpflichtung des Italieners aus Salzburg zu meinem Heimatverein zurück gekommen. In der Herbstsaison wurde dann aber offensichtlich, dass Geld nicht immer Fußball spielt. Im Frühjahr wurde es dann besser und man hat gesehen, was in dieser Mannschaft gesteckt hat. Giuseppe war ein unglaublicher Fußballer und vor allem auch ein unglaublich netter Mensch. Er hat auch immer alles gegeben, aber es hat halt nicht immer ganz so ganz geklappt, wie viele es sich erwartet hatten. Warum dem so war, ist schwer zu erklären. Im Fußball haben Kleinigkeiten oft eine große Auswirkung. 

Ich persönlich habe mir meine Rückkehr ja auch anders vorgestellt. Zumeist musste ich auf der verwaisten Position des nach Hamburg abgewanderten Markus Schopp spielen. Das war überhaupt nicht meine Lieblingsposition. Erst im Frühjahr durfte ich dann endlich wieder dorthin, wo ich mich am wohlsten gefühlt habe, nämlich in die Verteidigung. Das Halbfinale im Cup haben wir mit Siegen über den Villacher SV, dem SV Spittal und einem knappen 3:2-Auswärtserfolg bei der Austria aus Lustenau erreicht. Die Partie gegen den LASK war dann die erste mit einem prominenten Gegner, wobei ich sagen muss, man spielt oft sogar lieber gegen einen Bundesligisten, anstatt gegen ein Regionalliga-Team. Meist tut man sich dann zumeist sogar leichter, wenn der Gegner nicht mit Mann und Maus verteidigt, wenn dieses „David gegen Goliath“ nicht so im Vordergrund steht.  Zudem hatten wir uns in dieser Phase der Saison schon gefangen und sind durch ein spätes Vastic-Tor in das Finale eingezogen, wo der damalige Zweitdivisionär Vienna unser Gegner sein sollte. Da waren wir natürlich wieder der große Favorit.

Im Praterstadion hätte uns das frühe Elfer-Tor von Vastic – lange war gar nicht sicher, ob Ivo bis zum Finale fit sein wird – gut tun müssen, doch wir haben uns über weite Strecken sehr schwer getan. Im Großen und Ganzen allerdings haben wir das Spiel dominiert. Trotzdem dauerte es dann bis zur 74. Minute, bis Jens Dowe nach einer Flanke von Wolfgang Hopfer per Kopf der zweite Treffer gelang. Die 88. Spielminute bleibt mir für immer in Erinnerung: Nach einer Vienna-Flanke schien Mario Posch die Sache im Griff zu haben und ich war schon wieder in der Vorwärtsbewegung. Als ich mich dann umdrehte, war der Ball allerdings im Netz. Anstatt die Kugel weg zu köpfeln, hat er sie ins eigene Tor befördert. Dieses Eigentor hatte allerdings keine Auswirkungen mehr und Poschi meinte nach dem Spiel, er wollte halt auch in die Annalen der Cup-Torschützen eingehen. Im Nachhinein darf man ja darüber scherzen, aber in den Schlussminuten habe ich mich schon gefragt, was da in ihm vorgegangen ist. Zum Glück haben wir die letzten Minuten souverän runtergespielt und uns verdient den Titel geholt.

Ich war zu diesem Zeitpunkt ja schon Meister mit Austria Salzburg, hatte schon meine Einsätze in der Champions League absolviert, aber der erste Titel mit meinem Heimatverein, mit meinen ganzen Spezis, ist schon etwas ganz Besonderes. So sollte es zum Beispiel der einzige gemeinsame Titel mit meinem „Zwilling“, dem Mario Haas, bleiben. Wir waren ja generell ein Team mit sehr vielen Spielern, die bereits seit Jugendzeiten zusammengespielt haben, die gemeinsam das Mittlere Play-Off erleben mussten und ums nackte Überleben gekämpft haben. In so einer Situation lernt man als junger Spieler sehr viel dazu und so etwas schweißt zusammen.  

Bei der Titelfeier am Hauptplatz, wo uns 6.000 Sturm-Fans zugejubelt haben, waren irgendwann plötzlich die meisten Spieler verschwunden. Nur der Pokal stand noch rum. Roman Mählich, Mario Haas und ich haben uns den Pot geschnappt, der Schorsch Bardel hatte – warum auch immer – sein Auto in der Nähe geparkt, und wir sind mit dem Teil, aus dem man leider nichts trinken konnte, dorthin. Wildfremde Leute haben sich mit dem Pokal fotografieren lassen und er war dann lange Zeit bei uns im Auto. Wir waren ja allesamt keine Kinder von Traurigkeit und dementsprechend hatten wir auch unseren Spaß. Ich denke, solche Dinge wären heute gar nicht mehr möglich. 

An diesem Tag stand schon längst fest, dass ich Sturm im Sommer wieder verlassen werde. Ich hatte ja nur einen Ein-Jahres-Vertrag unterschrieben und es war ein Abgang ohne jeglicher Form von Streit. Es hat mich allerdings schon sehr geehrt, als Trainer Osim zu mir sagte, es sei sehr schade, dass ich gehe. Ich war auch einer, für die er sich einen Sommer zuvor beim Präsidenten stark gemacht hat. Es war ansonsten schwer, aus ihm was herauszubringen, das war ja sonst nicht immer so seine Art. Auch deswegen war es keine leichte Entscheidung, sie fiel aber bereits in jener Phase, wo ich mit meiner Position im Team nicht zufrieden war. Sturm ist ja ein Jahr später zum ersten Mal Meister geworden und ich denke schon, ich hätte auch in diese Mannschaft gut rein gepasst. Aber so wenig ich meine Rückkehr nach Graz jemals bereut habe, so wenig habe ich auch mit meinem Wechsel zu Rapid meiner Meinung nach nichts falsch gemacht. Immerhin fand ich mich ein halbes Jahr später in der Premier League wieder. 

Zur Person: Der Stainzer Martin Hiden entstammt der Generation der „Jungen Wilden“ und schaffte bereits 19-jährig den Sprung zum Stammspieler beim Sportklub Sturm. Noch bevor Ivica Osim zu Sturm kam, wechselte er allerdings zu den damaligen Europacup-Helden aus Salzburg und wurde mit der Austria 1995 Österreichischer Fußballmeister. Im Sommer 1996 kam er an die Mur zurück und unterschrieb bei Sturm einen Ein-Jahres-Vertrag, um gleich darauf zu Rapid zu wechseln. Nach nur einer halben Saison in Hütteldorf wurde er vom damaligen englischen Spitzenteam Leeds United entdeckt. Hiden war der erste Österreicher überhaupt, der in der Premier-League zu Einsatzzeiten kam und wurde sofort Stammspieler. Schwere Verletzungen warfen ihn jedoch nach einem Jahr auf der Insel zurück. 2000 kam er zurück nach Österreich, spielte noch drei Jahre für die Austria und vier für Rapid, ehe er bei Austria Kärnten seine Karriere ausklingen ließ. Der 50-fache Nationalteamspieler kann sich vier Meistertitel und zwei Pokalsiege an die Fahnen heften. Aktuell ist er als Trainer der zweiten Mannschaft von Admira Wacker tätig.

Spieldaten

Finale
First Vienna FC – Sturm Graz 1:2 (0:1)
27. 5. 1997
Ernst-Happel-Stadion, 14.000, Drabek
Tore: 0:1 (5.) Vastic, 0:2 (74.) Dowe, 1:2 (88.) Posch (Eigentor)
VIENNA: Weber; Chr. Jank, Blizenec, A. Jank; Gutlederer, Wachter (81. Preschern), Pospisil, Slunecko, Lang; Strasser (70. Cestnik), Radovik
STURM: Sidorczuk; Milanic, Hiden, Posch; Hopfer, Swierczewski, Mählich, Dowe, Pürk (70. Prilasnig); Reinmayr (87. Haas), Vastic

1 Kommentar

  1. graz4ever sagt:

    Echt, danke SturnNetz!!! Diese Artikel lösen so viele wunderschöne Kindheitserinnerungen wach..es is einfach nur wunderbar!!!

    Außerdem: wieder mal ein saugeiles neues Format,!!!

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