Lukas Spendlhofer: „Wir landen auf Platz 3!“
Sturms Innenverteidiger Lukas Spendlhofer, eine echte Größe im Kader der Schwarz-Weißen, suchte in jungen Jahren seinen Weg aus Niederösterreich in die Profifußballwelt. Schließlich fand er den Weg über Italiens Serie A an die Mur, wo er schnell zum Schlüsselspieler avancierte. Er traf sich mit Günter Kolb und Mario Singer zum Interview und sprach dabei über schicksalsträchtige Entscheidungen, unnötige Niederlagen, Erwartungshaltungen, Mannschaftsgefüge, Bella Italia, Putzfragen und fliegende Schuhe.
Lukas Spendlhofer, danke, dass du dir für uns Zeit genommen hast. Dürfen wir dich eigentlich schon „Kapitän Spendlhofer“ nennen?
Damit habe ich mich noch gar nicht beschäftigt. Franco Foda hat bereits angekündigt, dass er uns zwei Tage vor dem Saisonstart Bescheid geben wird und er hat noch mit keinem Spieler über dieses Thema gesprochen.
Ist es bei Sturm generell Usus, dass der Trainer in der Kapitänsfrage entscheidet?
Ja. Und ich finde das auch richtig so. Franco Foda wird im Zusammenspiel mit Herrn Kreissl entscheiden. Das hat schon bei Bruno Esser gut geklappt. Man sollte etwas, das funktioniert, auch nicht ändern.
Was macht für dich einen starken Kapitän aus? Wodurch haben sich in der letzten Saison Michael Madl bzw. Bruno Esser ausgezeichnet?
Bruno Esser ist beispielsweise als Kapitän immer „voran“ gegangen. Er hat diese Aufgabe ausgezeichnet bewältigt. Beide waren echte Vorbilder, haben sich stets vor die Mannschaft gestellt und auch ihre Leistung konstant abgerufen. Charakterlich waren sie schon unterschiedlich, zwei verschiedene Typen. Ich würde nicht unbedingt sagen, dass Mike ein „Lauter“ war, aber Michael Esser war sicher von seiner Art her wesentlich ruhiger. Nichtsdestotrotz haben beide einen super Job abgeliefert. Vor allem sind sie mit den jungen Spielern hervorragend umgegangen. Da wir auch in diesem Sommer wieder einige Junge dazubekommen haben, wird das auch eine der Hauptaufgaben des neuen Kapitäns werden.
Weiterkommen ist schlicht und einfach unsere Aufgabe.
– Lukas Spendlhofer
Ihr seid gerade im Endspurt einer intensiven Vorbereitung auf die neue Saison. Am Freitag steht das erste Cup-Spiel auf dem Programm, in der Woche darauf auch schon die erste Bundesliga-Begegnung. Wo steht Sturm Graz derzeit?
Das ist eine sehr interessante Frage. Ich glaube, wir haben hervorragend gearbeitet, die neuen Spieler wurden gut integriert. Die beiden, die zuletzt dazugestoßen sind, werden uns enorm weiterhelfen. Man braucht sich ja nur anzuschauen, wo die zwei schon gespielt haben. Darum wird es auch wichtig sein, „Schulli“ (Anm. Schulz) und „Hierli“ (Anm. Hierländer) schnellstens in das Team zu integrieren. Wo wir genau stehen, wird man am Freitag beziehungsweise nächsten Samstag sehen. Zu allererst liegt unser Fokus aber natürlich auf dem Cup-Spiel. Weiterkommen ist schlicht und einfach unsere Aufgabe. Dessen ist sich jeder von uns bewusst.
In den absolvierten Testspielen musste Sturm vier Niederlagen in acht Spielen einstecken. Kann man mit den Tests trotzdem zufrieden sein, weil ja die Ergebnisse in solchen Vorbereitungsspielen weniger Aussagekraft haben?
Man will auch jedes Testspiel gewinnen. Diese Order gibt uns auch der Trainer immer mit. Natürlich war die letztjährige Vorbereitung wesentlich erfolgreicher. Es wurden einige namhafte Gegner geschlagen. Heuer waren unsere Resultate, so ehrlich muss man sein, nicht sonderlich berauschend. Zum Beispiel gegen 1860, das war eindeutig eine unnötige Niederlage: Wir waren 60 Minuten lang dominant, sind danach allerdings eingeknickt. Dasselbe gilt für die Niederlage gegen den FC Paksi. Das darf in der Meisterschaft dann auf keinen Fall passieren. Aber ich hoffe, dass dies ein gutes Omen ist, dass sich das, im Vergleich zum letzten Sommer, auch in der Meisterschaft dreht.
Vor wenigen Wochen hat SturmNetz über angebliche Wechselabsichten des Lukas Spendlhofer nach Italien berichtet. Kannst du uns und unseren Lesern kurz erläutern, wie diese Gerüchte ins Rollen gekommen sind?
(lacht) Ich habe von diesem Gerücht erst durch Freunde erfahren, die besorgt nachgefragt haben, ob ich Graz abhanden kommen würde. Ich habe derzeit definitiv keine Absichten, Sturm zu verlassen und werde diese Saison in Graz spielen. Ich habe auch meinen Manager nie beauftragt, dass er sich für mich umschauen soll. Solche Gerüchte tauchen halt immer wieder auf. Damit muss man leben.
Unabhängig davon halten dich unsere Leser – laut einer Umfrage – durchaus reif für ein Engagement in der Serie A. Siehst du das auch so?
Das ist schwierig zu beantworten. Es besteht schon ein enormer Unterschied zwischen den beiden Ligen. Es ist kein Geheimnis, dass mir die 4 1/2 Jahre in Italien sehr gut gefallen haben. Ich habe mich von Beginn an gut eingelebt, rasch die Sprache gelernt und viele Freunde gewonnen. Natürlich ist die Serie A immer reizvoll, aber in naher Zukunft ist sie nicht mein Transferziel Nummer eins.
Ich hatte die Wahl zwischen einem Regionalliga-Verein und dem amtierenden Champions-League-Sieger.
– Lukas Spendlhofer
Das war sie ja angeblich auch nicht bei deinem ersten Engagement. Damals bist du vordergründig deshalb in das Ausland gewechselt, weil österreichische Klubs alles andere als Schlange gestanden sind. Stimmt das so?
Ja, das war wirklich so. Als U18-Spieler in der Akademie von St. Pölten habe ich mit dem Leiter über meine sportliche Zukunft gesprochen. Für einige meiner Teamkollegen gab es bereits Anfragen von Bundesligaklubs, für mich nicht. Im Zuge eines U18-Länderspieles in der Schweiz sind dann aber Scouts von Inter auf mich aufmerksam geworden. Da hatte ich dann die Wahl zwischen einem österreichischen Regionalliga-Verein und dem amtierenden Champions-League-Sieger. Da gab es für mich dann natürlich nichts mehr zu überlegen.
Du hast ja bereits in sehr jungen Jahren in der höchsten italienischen Liga debütiert. Mit 23 hast du karrieremäßig noch einiges vor dir und das Ziel eines Fußballers, der in Österreich starke Leistungen abliefert, ist zumeist ein Engagement im Ausland. Gibt es für dich so etwas wie eine Wunschdestination?
Als Österreicher verfolgt man naturgemäß die deutsche Liga am intensivsten. Die steht natürlich weit oben in der Hierarchie. Die Premier League, so ehrlich muss ich sein, steht nicht für die Art von Fußball, die mir entgegenkommt. Aber natürlich, wenn die Insel rufen würde, würde ich wohl auch nicht zweimal überlegen. Ansonsten irgendwo am Meer zu wohnen, beispielsweise in Spanien, das hätte schon auch ein besonderes Flair.
Du hast bei Sturm noch Vertrag bis 2018 inkl. Option auf ein weiteres Jahr. Gibt es im Kopf des Lukas Spendlhofer einen Karriereplan à la Paul Scharner oder denkst du sprichwörtlich von Spiel zu Spiel?
Eher von Spiel zu Spiel. Ich bin auch privat ein sehr spontaner Mensch und habe auch als Fußballer noch keinen exakten Karriereplan.
Wir haben uns zu oft dumm angestellt. – Lukas Spendlhofer
Letzte Saison war die Erwartungshaltung unter den Sturmanhängern riesig, die Vorbereitung wurde euphorisch verfolgt und selbst Trainer Franco Foda sprach davon, dass man an einem guten Tag beinahe jede Mannschaft schlagen kann. Warum konnte Sturm diesen Erwartungen in der letzten Saison deiner Meinung nach viel zu selten gerecht werden?
Das mit der Euphorie war wirklich so. Mir selber ging es ja ähnlich. Wir haben uns damals sehr gut verstärkt, haben sehr gute Ergebnisse eingefahren – teilweise auch gegen wirklich starke Gegner. In der Nachbetrachtung der letzten Saison bin ich selber noch über das, was letztlich herauskam, schwer enttäuscht. Diese Mannschaft hatte soviel mehr Potential, wir haben im Sommer gut zueinander gefunden, aber wir müssen uns letztendlich eingestehen, dass alle von uns zu viele Phasen im Laufe der Saison gehabt haben, in der man von seiner Höchstform weit entfernt war. Das müssen wir uns alle eingestehen. Natürlich auch ich. Wir alle müssen ein gewisses Level erreichen, welches wir ausnahmslos jeden Tag abrufen können. Ohne Höhen und Tiefen. Wir haben uns zu oft dumm angestellt, haben oftmals Geschenke unseres Gegners nicht angenommen und unter dem Strich bekommt man dann dafür in der Endtabelle die wohlverdiente Rechnung präsentiert. Dann steht man eben dort, wo wir am Ende der Saison gestanden sind.
Wie beurteilst du das Mannschaftsgefüge in Hinblick auf Zusammenhalt und Verständigung auf dem Spielfeld in der letzten Saison?
Wir hatten ein super Mannschaftsgefüge. Natürlich haben wir etliche hochangesehene Spieler verloren. Ich denke da an Schicki, Klemi oder Offi. Auch an Willi (Anm. Wilson Kamavuaka), der sich in den eineinhalb Jahren bei Sturm vorbildlich integriert hat. All das waren Spieler, die man ständig um Rat bitten konnte. Wir sind aber auch in dieser Saison, glaube ich, am besten Wege, eine Einheit zu werden.
Donis Avdijaj hast du jetzt nicht genannt. Zufall oder bewusst?
Donis war ein ganz anderer Typ. Er war nicht der, der so agiert hat wie jene, die ich vorher genannt habe.
In diesem Sommer ist die Stimmungslage völlig konträr und die Erwartungen wurden ziemlich runtergeschraubt. Fällt da möglicherweise auch ein wenig Druck von euch allen ab und wird Sturm in der kommenden Saison so manchen „Experten“ verblüffen?
Man merkt schon, dass in diesem Sommer die Euphorie ausgeblieben ist. Das war deutlich zu spüren. Das kann aber auch ein Vorteil sein, wenn keiner mit dir rechnet. Ich bin aber positiv gestimmt. Es sind sehr gute Spieler von den Amateuren hochgezogen worden. Und auch die Neuzugänge können die zahlreichen Abgänge meiner Meinung nach gut kompensieren. Wenn jeder von uns sein Potential abrufen kann, bin ich mir sicher, dass wir überraschen können.
Franco Foda wird von Fans teilweise dafür kritisiert, dass er gewisse Dinge zu oft schönredet. Wir gehen davon aus, dass er in der Kabine völlig andere Worte als gegenüber Medienvertretern findet. Wie verhält sich Sturms Cheftrainer nach einer enttäuschenden Niederlage, wenn er nicht „On Air“ ist?
Prinzipiell spricht er da gleich wie gegenüber Medienvertretern. Ich würde es auch nicht anders machen. Auf einen Spieler hinzuhauen, der einen Fehler gemacht hat, ist meiner Meinung nach auch kontraproduktiv. Der Trainer macht das auf einer sachlichen Ebene. In Einzelgesprächen oder vor der versammelten Mannschaft. Was war gut, was weniger. Ich finde, das passt so.
Ein Schuh, wie bei Alex Ferguson, fliegt demnach nie durch die Kabine?
Nein, natürlich kommt er auch so manches Mal in Rage. Da wird es dann auch lauter. Aber ein Schuh ist noch nie geflogen, soviel kann ich verraten.
Im Laufe der letzten Spielzeit wurde, teilweise völlig unnötig, so mancher Nebenkriegsschauplatz eröffnet. Obwohl der Anhang stets betonte, dass sich der zeitweilige Protest nie gegen die Spieler gerichtet hatte, habt ihr euch dennoch beispielsweise nach dem letzten Spiel gegen die Wiener Austria nicht von den mitgereisten Fans verabschiedet. War das im Nachhinein betrachtet ein Fehler?
Dazu möchte ich einmal etwas richtigstellen: Es ist nicht gut, sich nach dem letzten Spiel nicht von den eigenen Fans zu verabschieden. Es war aber nicht möglich, da die Austria direkt nach dem Spiel am Feld ihre Saisonabschlussfeier abgehalten hat. Es wurde am Spielfeld eine Bühne und Absperrungen errichtet, da einige Austria-Spieler verabschiedet wurden. Ich denke, unsere Fans haben Verständnis dafür, dass nicht jeder von uns durch tausende gegnerische Fans durchlaufen wollte. Die Spieler, die beim Abpfiff in der Nähe unseres Anhangs waren, sind hingegangen, jenen, die sich – so wie ich – gerade bei der Bank aufhielten, wurde geraten, jetzt besser nicht mehr über das Feld zu laufen. Der Vorwurf ist prinzipiell völlig in Ordnung, aber durch diese Umstände sollte man doch Verständnis dafür haben, dass wir uns nicht geschlossen und als Mannschaft verabschiedet haben. Auf keinen Fall war diese Aktion von uns so geplant.
Wenn man als Spieler zu Sturm kommt, merkt man sofort, dass hier viel erwartet wird.
– Lukas Spendlhofer
Du hast nach dem Spiel uns gegenüber gemeint, in Graz gäbe es viele, die alles zu schlecht sehen und prinzipiell zu kritisch eingestellt sind. Das hat einige verwundert, da die Leitmedien doch gerade bei uns als sehr handzahm und loyal gegenüber dem Verein gelten. Vor allem in Anbetracht dessen, dass du ja schon in Italien gekickt hast, wo die Medienwelt doch viel breiter und angriffiger ist?
Das war nicht direkt auf die Medien bezogen. Ich hab das eher generell gemeint: Wenn man als Spieler zu Sturm kommt, merkt man sofort, dass hier viel erwartet wird. Und es geht in beide Richtungen sehr schnell. Ich habe das bei meinen bisherigen Vereinen noch nie so extrem erlebt. Das ganze Umfeld wird im Nichterfolgsfall schnell sehr kritisch. Daran muss man sich gewöhnen und sich auch irgendwie damit anfreunden. Beispielweise als wir in meiner ersten Sturm-Saison so etwas wie einen echten Lauf hatten, wurden wir auch sehr schnell in den Himmel gehoben. Das meinte ich mit „in beide Richtungen“.
Prinzipiell wird in der heutigen Zeit doch wohl jedem Profi geraten, sich am besten gar nicht durchzulesen, was so alles über ihn in diversen Fußballmedien und Foren zu lesen steht. Gelingt das auch immer oder klickt man sich da schon einmal rein?
Ich denke, es lügt jeder, der behauptet, er lese sich da nie etwas durch. Ich selber verfolge sogar sehr viele Dinge im Internet. Mich interessieren zum Beispiel Transfers. Fußball ist einfach mein Leben und daher lese ich auch viele Dinge, die jetzt mit mir persönlich gar nichts zu tun haben. Daher ist es wohl auch logisch, dass wenn etwas über mich geschrieben wird, ich mir das anschaue. Ich glaube, das ist ganz normal.
Wäre es trotzdem manchmal vernünftiger es gar nicht erst zu lesen?
(lacht) Ja, manchmal schon. Da denkt man sich dann, es wäre gescheiter gewesen, die Zeit anders zu nützen.
Viele haben dir auch ein wenig übel genommen, dass du einen Tag vor dem entscheidenden Spiel gegen die Austria auf Instagram deine Vorfreude auf den USA-Urlaub zum Ausdruck gebracht hast („Noch einen Tag bis Vegas“). In der Nachbetrachtung legitim oder würdest du das eventuell beim nächsten Mal anders machen?
Wer jetzt denkt, ich wäre zu diesem Zeitpunkt deswegen mit dem Kopf schon im Urlaub gewesen, liegt sowieso falsch. Man muss sich vorstellen, dass man vor dem Spiel im Hotel kaserniert ist, daher muss man sich auch einmal mit Dingen abseits des Fußballs beschäftigen, mit Dingen, die so wie in diesem Fall eben, in naher Zukunft passieren werden. Wenn jemand damit ein Problem hat, tut es mir leid, aber man darf mir glauben, dass ich auch auf dieses letzte Spiel noch hundertprozentig fokussiert war und es unbedingt gewinnen wollte. Ich denke, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Kommen wir zu etwas Erfreulichem: Du hast in der letzten Saison sehr solide Leistungen abgeliefert, auch bei unseren Leserbewertungen warst du über die Saison gesehen vorne mit dabei. Wie würdest du deine Performance im letzten Jahr selbst bewerten?
Ich denke, ich kann mich ganz gut einschätzen. Im Herbst hatte ich schon zwei, drei schwere Schnitzer drinnen. Vor allem im Herbst. Ich denke da an das Auswärtsspiel gegen Grödig oder das Heimspiel gegen Ried. Mich ärgert es wohl am meisten, wenn ich Fehler mache, denn mein Ziel ist es, immer konstant auf einem hohen Level zu spielen. Da kann ich danach in der Nacht auch kaum schlafen. Grundsätzlich sage ich: Der Herbst war mittelmäßig, grundsätzlich solide, aber diese Fehler dürfen mir einfach nicht passieren. Im Frühjahr habe ich mich dann steigern können, konnte mein Niveau halten und es gab keine Ausschläge nach unten. Als Verteidiger musst du einfach solide agieren, ein Fehler hat zumeist gleich fatale Auswirkungen und wird schnell bestraft.
Gibt es Bereiche, in denen du bei dir noch Luft nach oben feststellen musst?
Natürlich. Beispielswiese konnte ich in der Saison 2014/2015 noch zwei Treffer erzielen, in der vorigen Spielzeit stand da die Null. Aber natürlich kann man sich auch noch in anderen Bereichen immer steigern. Meine Zweikampfstatistik war zwar sehr zufriedenstellend, in der Luft muss aber noch eine Steigerung her. Auch im Spielaufbau muss ich mir einfach noch mehr zutrauen. Öfter das Risikio gehen, auch einmal einen Fehlpass zu produzieren, dafür aber zweimal den Ball perfekt durch die Schnittstelle zu spielen. Das sind Dinge, die ich im Training zurzeit forciere.
Tasos war ein Jackpot! – Lukas Spendlhofer
Auffallend war, dass nach dem Abgang von Michael Madl viele schon den Super-GAU in der Innenverteidigung befürchteten. Dank Tasos Avlonitis hat jedoch – zumindest leistungstechnisch – kaum jemand dem ehemaligen Kapitän nachgetrauert. Siehst du das ähnlich und inwieweit, glaubst du, war das auch dein Verdienst?
Das kann ich nicht sagen. Spielen und Zweikämpfe gewinnen muss ja jeder für sich selbst. Tasos war ein Jackpot, das muss man ganz klar so sagen. Es war natürlich bitter, als Mike nach London gegangen ist, auch wenn sich jeder mit ihm mitgefreut hat. Es ist genauso schade, dass Avlonitis nicht mehr bei uns ist. Er war ein klasse Spieler und ich bin überzeugt, dass er noch seinen Weg machen wird. Zudem hat er sich hier super eingelebt, auch wenn er kein Wort Deutsch gesprochen hat. Zumindest konnte ich dadurch mein Englisch wieder verbessern, was ja auch nicht schlecht ist. Prinzipiell glaube ich aber schon, dass ich es meinen Partnern in der Innenverteidigung nie schwer mache und dass man mit mir da hinten sicher gut zusammenarbeiten kann.
Sturm hat als Ersatz für Avlonitis den Deutschen Christian Schulz verpflichtet. Bist du zufrieden mit dieser Wahl?
Man braucht ja nur seine Vita durchzulesen. Dann kann man davon ausgehen, dass er einfach ein überragender Spieler sein muss. Schulz hat in der deutschen Bundesliga, Champions League, Europa League und auch im deutschen Nationalteam gespielt. Ich freue mich schon darauf, wenn er dann ständig bei uns sein wird. Er war ja erst zwei Tage da und muss jetzt noch einige Dinge in seiner Heimat erledigen. Ich bin davon überzeugt, dass ich irrsinnig viel von Schulz lernen kann und es spricht nichts dagegen, dass das gut funktionieren wird.
Auf der einen Seite bringt Schulz bestimmt viel Erfahrung aus Deutschland mit und kann für Stabilität in der Defensive sorgen, auf der anderen Seite steigert sich durch den 33-Jährigen der Altersschnitt und auch das Gehaltsgefüge droht da innerhalb des Teams ein wenig, aus dem Gleichgewicht zu geraten. Hätte deiner Meinung nach Christian Schoissengeyr nicht auch schon die Qualität, in der österreichischen Bundesliga zu bestehen?
Ich denke, wir hätten auf jeden Fall einen Spieler holen müssen, denn wir wären nur zu dritt gewesen, wobei „Schoissi“ und Dario (Anm.: Maresic) noch kein Bundesligaspiel bestritten haben. Das wäre natürlich ein großes Risiko gewesen. Ich glaube aber trotzdem, dass die zwei Jungs sich sehr gut entwickeln und ein enormes Potential haben. Im Großen und Ganzen ist es wichtig, dass wir da einen zweiten Spieler geholt haben, der auch auf dieser Ebene schon genug Spiele bestritten hat.
Für’s Putzen bin eher ich verantwortlich. – Lukas Spendlhofer
Wie auf dem Platz mit dem jeweiligen Partner in der Innenverteidigung, verstehst du dich abseits des Fußballfeldes sehr gut mit Simon Piesinger. Wie darf man sich den Tagesablauf in so einer Fußballer-WG vorstellen? Wer von euch beiden putzt und wer von euch beiden kocht?
Piesi und ich haben uns schon gekannt, bevor wir zu Sturm gekommen sind. Er ist nicht einfach nur ein Mitspieler, er ist schon jahrelang ein guter Freund. Früher war es oft so, dass ich bis 11 oder 12 Uhr abends bei ihm war und dann nach Hause fahren habe müssen und umgekehrt. Das war eigentlich sieben Tage die Woche der Fall. Mittlerweile wohnen wir aber seit einem Jahr zusammen. Meistens steht er zuerst auf, für’s Putzen bin eher ich verantwortlich, kochen tun wir eigentlich gemeinsam oder wir gehen einmal essen. Oft machen wir einen Grillabend auf unserer schönen Terrasse und laden einige Teamkameraden zu uns ein. Momentan ist auch noch Philipp Huspek da, bevor er in seine eigene Wohnung einziehen kann, den wir auch schon länger kennen. Wenn man am Abend allein ist, dann wird einem recht schnell „fad“, deswegen passt unsere Situation eigentlich ganz gut. Man kann außerdem über alles quatschen und hat immer eine Gaude.
Du hast ja einmal gesagt: „Ohne Piesi geh ich nirgendwo hin.“ Trotz aller Harmonie: Hand aufs Herz, wenn zum Beispiel Juventus dich unbedingt verpflichten wollte, wagen wir zu behaupten, du würdest auch ohne Simon nach Turin wechseln.
Ja, das ist ganz klar. Aber ich glaube, Piesi wird mich dafür besuchen kommen, wenn es einmal so weit kommen sollte.
Einer der erfreulichen Aspekte eines Lebens als Profi-Fußballer scheint für Außenstehende die großzügige Tagesfreizeit zu sein. Wie nutzt du diese Zeit? Wird da relaxt oder wird die Zeit für spezielle Hobbies beziehungsweise Interessen genutzt?
Ich habe seit Kurzem ein neues Hobby, denn ich habe seit zwei Wochen einen Hund. Das habe ich mir schon jahrelang überlegt und der ist momentan mein Mittelpunkt, weil er noch ein kleines Baby ist. Natürlich auch Piesis, es ist quasi „unser“ Baby. Wenn ich einmal keine Zeit habe, schaut auch er darauf. Der Kleine ist ganz brav und hat auch noch nicht in die Wohnung gemacht. (lacht) Ansonsten sind wir viel mit den anderen Jungs aus der Mannschaft unterwegs oder machen einmal einen Spieleabend, bei dem wir Karten spielen oder an der Playstation hängen. Wir sind eigentlich kaum zu zweit zuhause, meistens sind noch ein paar Mitspieler bei uns, einfach weil wir eine gute Truppe sind und uns super verstehen.
Ist es für einen Sturm-Spieler möglich, in ein Lokal in der Grazer Innenstadt zu gehen, ohne dass man ständig fotografiert oder um ein Autogramm gebeten wird?
Ja, schon. Wir gehen oft in die Stadt, zum Beispiel brunchen wir oder wir treffen uns einfach. Wenn man so häufig unterwegs ist, dann interessiert es die Leute möglicherweise nicht mehr, nach Autogrammen oder Fotos zu fragen, wenn sie einen sehen.
Ich vermisse natürlich viele von den abgewanderten Jungs.
– Lukas Spendlhofer
Die Transferperiode geht ja bekanntlich bis Ende August. Bisher konnte Sturm viele Ab- und Zugänge verzeichnen. War dieser extreme Kaderumbruch deiner Meinung nach notwendig?
Das ist schwer zu beurteilen. Es ist jedes Jahr so, dass Spieler kommen und Spieler gehen. Ich glaube, dass es letztes Jahr nicht weniger waren, vor allem bei den Zugängen. Wenn man in einem Jahr darüber redet, ob das notwendig war, dann ist es leichter zu beurteilen. Es ist für mich schwierig zu sagen, denn ich vermisse natürlich viele von den abgewanderten Jungs, weil wir in den Jahren gute Freundschaften entwickelt haben. Auf der anderen Seite freue ich mich natürlich, mit neuen Spielern zusammenspielen zu können, von denen ich noch einiges lernen kann. Man wird sehen, was die Saison bringt.
Wie haben dich die Neuzugänge bislang überzeugt? Können Sie die zahlreichen Abgänge halbwegs kompensieren?
Es ist auch zu früh, das zu beurteilen, aber wir haben schon richtig gute Neuzugänge und ich glaube schon, dass wir da wieder einen Schritt nach vorne machen können. Über die zwei, die in Deutschland gespielt haben (Anm.: Schulz und Hierländer), brauchen wir nicht viel reden. Sie haben zwar noch nicht viel bei uns trainiert, aber man erwartet sich natürlich etwas und sie werden nicht umsonst dort gespielt haben. Auch Uros (Anm. Matic) ist ein super Techniker, der zudem extrem viel läuft. Marc (Anm. Schmerböck) hat sich in Wolfsberg eine ordentliche Portion Selbstvertrauen geholt. Über Kochi von der Austria brauchen wir auch nicht reden – der hat in der Champions League gespielt – er ist ein super Spieler und vor allem ein super Typ.
Günter Kreissl ist seit Mai bei Sturm im Amt. Viele Fans waren bei der Bestellung des Sportdirektors skeptisch, ob sich der Trainer diesem unterordnen könne. Meinungsverschiedenheiten schienen vorprogrammiert. Wie empfindest du bislang die Arbeitsbeziehung zwischen dem Sportdirektor und dem Trainer?
Ich war noch bei keinem Gespräch dabei, aber ich glaube, dass sie ganz gut miteinander klarkommen. Meiner Meinung nach ist es auch etwas ganz Natürliches, wenn es einmal krachen sollte. Ich bin auch schon mit jedem in der Mannschaft zusammengekracht und komme nun wieder gut mit ihnen aus. Sowas kann einen Schritt nach vorne bringen. Ich denke, sie sind sich sehr einig mit ihrer Idee, Fußball zu spielen. Ich bin auch froh, dass Günter Kreissl zum Verein gekommen ist. Er ist ein super Fachmann und was er in den letzten Jahren in Wr. Neustadt geleistet hat, ist unglaublich. Ich kenne ihn außerdem von früher, da ich aus dieser Gegend bin.
Zum Abschluss noch kurz zur neuen Saison: Welchen Endrang wird Sturm im Sommer 2017 belegen?
Ich bin jetzt einfach mutig und sage: 3. Platz!
Vielen Dank für das Gespräch!
Gutes Interview, reflektierte Antworten. Bringt Spieler und Fans sicher wieder näher aneinander. Gerne mehr davon. Frage an Sturmnetz: Weshalb ist sowas plötzluch wieder möglich? Kreissl?
Mich würde bei jedem (jetzt anscheinend erlaubten) Interview die Frage nach der mentalen Komponente interessieren. Da meiner Meinung nach sich Fußball zu mindestens 50% im Kopf abspielt. Ich fänds wichtig. Ansonsten super Interview!
Sehr gutes Interview, Kreissl macht es möglich
beste Antwort war auf die Frage: wie ist das Verhältnis Foda – Kreissl. Gekonnt argumentiert, lässt alle Seiten offen :-))))
Sehr schönes Interview! Vieles geklärt. Gut gemacht von Sturm euch Interviews machen zu lassen. Das macht Hoffnung, dass dank G. Kreissl sich in vielen Bereichen einiges ändert/ändern wird.
Danke für das Lob – viel Erfahrung konnten wir ja bis jetzt nicht sammeln! Zur Genehmigung des Interviews: Nach einigen guten Gesprächen wurde uns bereits im Frühjahr (vor Günter Kreissl) in Aussicht gestellt, künftig wieder Interviews führen zu dürfen. Wir sind dran geblieben und schlussendlich wurde uns dieses bewilligt.
Ich schließe mich dem Lob an, endlich wieder einmal ein gutes IV mit einem Sturmspieler, wo nicht nur Standardfloskeln zu hören sind!
Etwas habe ich aber dennoch vermisst:
Bei der Frage zur Verabschiedung nach dem Austria Match und bei Spendlhofers Erklärung, warum wurde da nicht nachgefragt wieso die Mannschaft (der Verein) das dann nicht genau so nach außen kommuniziert hat? Wenn es wirklich so war, dass die Spieler wollten dann wäre es wohl ein leichtes gewesen, dass sie sich über andere Kanäle bei den Fans bedanken (YouTube, Facebook, offizielle Homepage, etc.)?!
Oder ist das eh geschehen und ich habe etwas verpasst?
Kann mich den lobenden Worten für das Interview nur anschließen. Gute Fragen, symphatische und intelligente Antworten von Spendlhofer.
Bitte mehr davon!
Super Interview! Gut gemacht!
„Donis war ein ganz anderer Typ. Er war nicht der, der so agiert hat wie jene, die ich vorher genannt habe.“
— Hier hätte sich ein genaueres Nachfragen angeboten….
wahrscheinliche Antwort: war nicht so der Teamplayer, eher auf seinen Vorteil bedacht :-)))
Darauf wollte ich ja hinaus…. War ohnehin ein offenes Geheimnis, dass gewisse Teil der alten Mannschaft mit dem Schalker-Buben eher nicht so „konnten“…. Der war eben ein eigener Typ (und das ist bitte nicht per se als „schlecht“ gemeint, eher sogar im Gegenteil. War halt Einer, der sich nichts „geschissen“ hat).