Kreissl: „Nein, der Trainersessel wackelt nicht!“

Das Transferfenster schließt sich in Kürze, Fabian Schubert scheint wie vom Erdboden verschluckt, die Performance der Blackys lässt nach wie vor zu wünschen übrig und es wird bereits ungemütlicher für Spieler und Trainer. Es sind dies ausreichend Gründe, um Günter Kreissl zum Gespräch zu bitten. 

Herr Kreissl, Sturm liegt nach fünf gespielten Runden mit acht Punkten am sechsten Tabellenrang und ist in der Europa-League kläglich am zypriotischen Cupsieger AEK Larnaka gescheitert. Wie gut haben Sie die Geschehnisse der letzten Wochen inklusive Becherwurf, Beschimpfungen gegen Mannschaft und Trainer und die teils schwachen Leistungen verdaut?

Man muss sagen, dass tatsächlich Situationen und Spiele dabei waren, die man erst einmal verdauen muss. Speziell außerhalb der Norm und daher so enttäuschend waren für mich aber ausschließlich die beiden Spiele gegen Larnaka. Angefangen beim Auftreten der Mannschaft, über den Becherwurf, bis hin zur Höhe der Niederlage. Der „Output“ aus diesem Duell hat schon wehgetan. Nichtsdestotrotz habe ich bzw. haben wir diese Enttäuschung nach ein paar Tagen abgeschüttelt und nun muss man sich wieder nach vorne orientieren. Man hat im letzten Spiel gegen den WAC wieder einen kleinen Schritt nach vorne gemacht und über einen längeren Zeitraum in einem Spiel eine gute Leistung mit ausreichend herausgespielten Torchancen gezeigt. Wir sind natürlich noch nicht ganz da, wo wir hinwollen, aber es wird besser.

Man hatte speziell gegen Larnaka das Gefühl, dass die Mannschaft mental nicht weit genug war, um an ihre Grenzen zu gehen, die Mannschaft wirkte wie gehemmt. Heiko Vogel meinte vor kurzem, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt wäre, über einen Mentaltrainer nachzudenken, weil dieser besser kommen sollte, wenn alle gut drauf sind und es quasi „läuft“. Wie stehen Sie mittlerweile diesem Thema gegenüber?

Ich stehe diesem Thema grundsätzlich positiv gegenüber, aber es kommt in diesem Bereich stark darauf an, wie man das Ganze auslegt. Die wichtigsten mentalen Begleiter einer Fußballmannschaft sind in erster Linie der Trainer und seine Assistenten. Man kann den Mentaltrainer im Sport nicht mit einer psychologischen Betreuung im medizinischen Bereich vergleichen. Es wäre doch naiv, zu sagen: „Nehmen wir uns einen Mentaltrainer! Wo ist das Telefonbuch? Okay, nehmen wir den.“ Da braucht es ja großes Vertrauen, das die Spieler zu dieser Person aufbauen müssen. Deshalb sind meiner Meinung nach auch Mannschaftssitzungen mit einem Mentaltrainer weniger zielführend als Einzelgespräche. Wenn ein Spieler von sich aus gerne auf mentale Impulse von außen setzt, dann ist das absolut in Ordnung und unterstützenswert.

Wäre es gerade in der momentanen Phase nicht vielleicht einfacher, dem einen oder anderen Spieler eine Pause zu gönnen und endlich einmal die jungen Wilden wie Lema, der zuletzt 4 Tore in fünf Regionalliga-Spielen erzielt hat, T. Koch oder Fadinger ins kalte Wasser zu schmeißen? Auf ihnen würde doch merklich weniger Druck lasten als auf den routinierten Profis, oder?

Die Frage kann und will ich nicht öffentlich diskutieren. Der Trainer sieht die Mannschaft jeden Tag und kennt die Spieler besser als jeder andere. Er stellt dann jene elf Akteure auf das Feld, die er für am besten hält. Ihm stehen auch die angesprochenen Spieler zur Verfügung und er wird auf sie zurückgreifen, wenn er meint, dass die Zeit gekommen ist.

Wenn wir schon bei den Amateuren sind, wo ist denn eigentlich Fabian Schubert? Er schien in den vergangenen vier Spieltagen der Amateure nicht im Kader auf. Wieso?

Weil bei ihm die Situation derzeit noch nicht geklärt ist. Spätestens am 1. September wird feststehen, was mit Fabian Schubert passiert. Bis seine Zukunft geklärt ist, haben wir entschieden, Ihn vorübergehend nicht bei den Amateuren einzusetzen.

Es wurde ja in den letzten Wochen ein Transfer von Schubert zu Hartberg kolportiert. Wie konkret ist dieser Wechsel schon?

Das Transferfenster hat noch bis Freitag 24:00 Uhr geöffnet und spätestens dann wird man wissen, ob der Spieler bei uns geblieben oder gewechselt ist.

Zwei Spieler, die nicht unhaltbar erschienen, sind heuer schon innerhalb der Liga gewechselt. Zum einen Marc Schmerböck, momentan Führender in der Torschützenliste, und Ljubic, der bei Hartberg ganz starke Partien spielt. Bereut man den Abgang von Schmerböck und hätte man Ljubic nicht vielleicht auch jetzt schon in Graz brauchen können?

Bereuen tue ich in diesem Fall nichts, denn ich bin auch auf die interne Kommunikation mit dem Trainerteam angewiesen. Das ist ein Prozedere, wie es im Fußball laufend vorkommt und auch die Aufgabe eines Trainers, Spielerprofile zu definieren, von denen er zur Gänze überzeugt ist. Dass man nie ausschließen kann, dass ein Spieler beim nächsten Verein wieder sehr gut zur Geltung kommt, ist auch klar. „Was wäre wenn“-Vergleiche sind trotzdem nur bedingt zu ziehen, da die Ausgangssituationen bei verschiedenen Vereinen oft sehr unterschiedlich sind.

Morgen endet die Transferperiode. Wird es noch Abgänge geben, Stichwort Peter Zulj?

Davon gehe ich nicht aus. Das einzige offene Thema ist Fabian Schubert.

Wäre man auf einen plötzlichen Zulj-Abgang vorbereitet?

Ja, weil wir vor Wochen schon Otar Kiteishvili verpflichtet haben. Aber wie gesagt, Stand jetzt ist kein Abgang mehr zu erwarten.

Und wie schaut es bei Zugängen aus? Darf hier noch ein Last-Minute-Transfer erwartet werden?

Nein, auch im Bereich der Zugänge ist eher nichts mehr zu erwarten.

Eine Baustelle scheint momentan die Position des Linksverteidigers zu sein. Es wurde im Jänner mit Schrammel ein erfahrener Spieler verpflichtet, im Sommer mit Ferreira ein gelernter Linksverteidiger und mit Obermayr ein Spieler, der diese Position auch bekleiden kann. Trotzdem spielte zuletzt Stefan Hierländer links hinten, alle drei anderen saßen auf der Bank. Auch auf dieser Position wird sich nichts mehr tun?

Nein, wir werden keinen weiteren Linksverteidiger holen, und ich bin der Meinung, dass das auch nicht nötig ist. Thomas Schrammel hat über 150 Spiele für Rapid absolviert, Ferreira unzählige Spiele in der höchsten portugiesischen Liga – die Burschen können schon was und werden das auch noch unter Beweis stellen. Was Hierländer betrifft, ist es einfach so, dass der Trainer eben der Meinung war, dass Stefan die Außenverteidiger-Rolle in diesem Spiel am besten bekleiden konnte. Es ist ja zudem nicht so, dass die beiden anderen noch gar keine Einsätze gehabt hätten, im Gegenteil.

Also ist Stefan Stangl, der nach wie vor vereinslos ist, kein Thema?

Nein, dementsprechend ist Stefan Stangl kein Thema bei uns.

Sollte es gegen Rapid eine Niederlage setzen, wird die Stimmung wohl weiterhin angespannt bleiben. Wackelt in Graz der Trainersessel?

Ich halte nichts von diesen Was-wäre-wenn-Spielchen – ich lebe im Hier und Jetzt. Der Trainer hat nach wie vor die vollste Unterstützung. Heiko Vogel hat im Frühjahr mit dem SK Sturm Überragendes geleistet: Den Cupsieg geholt, den Vizemeistertitel erkämpft, so viele wichtige Entscheidungsspiele für sich entschieden und nebenbei den besten Punktestand seit Langem erzielt. Das darf man dann auch nicht sofort wieder alles vergessen, wenn man in einer schwierigeren Phase ist. Fakt ist einfach, dass wir zuletzt alle – von den Spielern, über den Trainerstab, bis hin zur Führungsetage – enttäuscht von den Larnaka-Auftritten waren. Doch die Mannschaft hat sich selbst am härtesten kritisiert und hinterfragt. Man merkt langsam, dass die Verunsicherung wieder in Zuversicht und Vorfreude umschwingt. In der Liga ist bisher noch überhaupt nichts Außertourliches passiert. Wir halten nach fünf Spielen bei acht Punkten. Das ist ok und wir können damit leben, sprich wir haben die Phase, in der es kritisch wird im nationalen Geschäft überhaupt noch nicht erreicht. Was bedeutet, um auf die Frage zurückzukommen: Nein, der Trainersessel wackelt nicht.

Danke für das Gespräch.

Ebenso.