Kreissl: „Wir werden versuchen, den Spielern nicht so viel Zeit zu lassen wie im letzten Jahr“

Einiges hat sich in den letzten Tagen bezüglich der Kaderplanung des SK Sturm Graz getan. Ivan Ljubic wurde von seiner Leihe aus Hartberg frühzeitig zurückgeholt, der 19-jährige Innenverteidiger Gabriele Piras wechselte fix zum SV Lafnitz und Peter Zulj dürfte das Interesse von Serie A-Klub Empoli geweckt haben. Gründe genug, um bei Geschäftsführer Sport Günter Kreissl nachzufragen.

Herr Kreissl, Sie haben vor ein paar Tagen Ivan Ljubic von Hartberg nach Graz verfrüht zurückgeholt. Was war ausschlaggebend dafür?

Das ist relativ einfach erklärt: Roman Mählich hält bekanntlich sehr viel von diesem Spieler und es war sein ausdrücklicher Wunsch, ihn schon jetzt in seinem Kader zu haben. Ljubic hat einen tollen Herbst bei Hartberg und im U21-Nationalteam gespielt und einen riesen Schritt nach vorne gemacht. Wir wollten uns zudem im zentralen Mittelfeld absichern, falls sich auf dieser Position bezüglich eines Abgangs noch etwas tut. Ich freue mich riesig darüber, dass der Spieler nun den nächsten Schritt machen kann.

Was entgegnen Sie jenen bösen Zungen, die behaupten, man würde damit den einzigen verbliebenen Konkurrenten um Platz 6 schwächen wollen?

Das sind absolut nicht unsere Werte. Wir haben mit Hartberg ein tolles Einvernehmen, sie haben mit Sebastian Mann weiterhin einen Leihspieler von uns im Kader und zudem gab es im Sommer auch den Schubert-Wechsel. Es ist mir schon bewusst, dass der Trainer von Hartberg nicht erfreut darüber sein wird. Aber eines sei noch einmal festgehalten: Es war absolut nicht unsere Intention, Hartberg zu schwächen, sondern den Spieler Ljubic auf das nächste Level zu heben.

Der Vertrag von Ljubic läuft, gleich wie jener von Lovric, im Sommer aus. Wie weit ist man mit den Vertragsverlängerungen bei diesen beiden Spielern?

Da gibt es einen kleinen Unterschied: Bei Ljubic haben wir eine Option auf ein weiteres Jahr. Beide Spieler wissen bereits, dass wir mit ihnen über dieses Jahr hinaus weiterarbeiten wollen.

Die Rückholaktion von Ljubic wurde in letzter Zeit häufig mit einem Zulj-Abgang in Verbindung gebracht. Ljubic ist ja ein völlig anderer Spielertyp. Als Ersatz für Zulj wird er wohl nicht gelten, oder?

Ich bin folgender Meinung: Wir haben im Sommer mit Kiteishvili schon einen weiteren Spieler mit Offensivqualitäten für das zentrale Mittelfeld geholt, weil wir nicht wussten, ob Zulj bleiben wird. Wir waren dann natürlich sehr froh darüber, dass Peter geblieben ist, weil wir uns so mit Ruhe anschauen konnten, wie sich Kiteishvili entwickelt. Die Entwicklung ist sehr erfreulich gelaufen und nun könnten wir einen Zulj-Abgang mit dem Duo Ljubic und Kiteishvili intern nachbesetzen. Der eine hat seine Qualitäten eher in der Offensive, der andere in der Defensive.

Apropos Peter Zulj, wie viele Interessenten gibt es schon für den Mittelfeldmotor?

Es gibt hier immer einen Unterschied: Zum einem gibt es immer wieder Gerüchte, die auch ich oft aus zuverlässigen Quellen vernehme und teilweise auch als glaubhaft einschätze. Aber eine andere Sache ist dann der offizielle Schriftverkehr – und davon gab es bisher keinen.

Gestern kam in Italien ein Gerücht bezüglich eines Zulj-Wechsels in die Serie A auf. Empoli würde Zulj wohl gerne verpflichten. Hat man Sie schon kontaktiert?

Auch das ist ein Gerücht, das ich mir aber gut vorstellen kann. Bisher hat sich bei mir aber niemand gemeldet.

Wie tief müssten die Italiener denn in die Tasche greifen? Gilt die Sommer-Einschätzung, dass die Ablöse zumindest eine mögliche Europa-League-Gruppenphase kompensieren soll noch immer?

Nein, das gilt in der Form nicht mehr, weil keine Gruppenphase bevorsteht. Das war im Sommer ein anderes Thema. Eine Ablösesummer hängt immer von vielen Faktoren ab. Beispielsweise von der Liga, vom Verein und vom Geld, das ich selbst wieder investieren muss, um den Spieler zu ersetzen, und so weiter.

Glauben Sie momentan an einen Verbleib von Peter Zulj?

Ich halte es für eine realistische Möglichkeit. Ich würde die Chancen hier 50:50 einschätzen.

Sie haben schon angesprochen, dass man mit Kiteishvili und Ljubic intern nachbesetzen kann, aber wird man sich im Falle eines Abgangs trotzdem nach einem weiteren Spieler auf dieser Position umsehen?

Ich glaube, dass wir mit Lackner, Ljubic, Lovric, Hierländer, und Kiteishvili fünf gute Spieler haben, die diese Position spielen können. Dazu gesellen sich noch die jungen Tobias Koch und Lukas Fadinger von den Amateuren. Man braucht nicht zwingend acht bis neun Spieler, die eine Position bekleiden können. Nichtsdestotrotz bin ich kein Freund davon, irgendetwas auszuschließen.

Um noch einmal auf die Ljubic-Rückkehr zurückzukommen: Eine andere Theorie besagt, dass Lukas Spendlhofer kurz vor dem Absprung bei Sturm steht. Zuletzt wurde Interesse aus der MLS und der 2. Deutschen Bundesliga bekundet. Könnte es sein, dass man Lackner in die Innenverteidigung zurückziehen muss, weil Spendlhofer geht und somit Ljubic Lackner im defensiven Mittelfeld ersetzt?

Diese Überlegung kann ich nicht bestätigen. Ich glaube nicht, dass wir Lukas Spendlhofer in dieser Transferperiode verlieren werden. Aber den Gedanken, dass Lackner auch in der Innenverteidigung spielen kann, teile ich. Im Sommer könnte dies tatsächlich zu einer Überlegung werden. 

Ein Verbleib von Spendlhofer über die Saison hinaus ist aber wohl unwahrscheinlich?

Nicht unwahrscheinlich, weil er sich in Graz sehr wohl fühlt. Aber klar, der Spieler ist in einem Alter, in dem man schon auch schaut, ob möglicherweise eine größere Liga infrage kommt – sowohl aus sportlicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht. Nichtsdestotrotz: Lukas hat gemeint, dass Sturm ein absolut ernsthafter Ansprechpartner ist und bleiben wird.

Irgendwie hört sich das alles ein bisschen ähnlich an wie im letzten Jahr. Haben Sie Angst, dass Spendlhofer und Lovric im Sommer dann auch wieder zur direkten Konkurrenz abwandern?

Angst ist das falsche Wort. Ich habe keine Angst, aber ich kann nichts ausschließen. Man muss aber dazusagen, dass es bisher nur lose Gespräche gab. Man muss nicht immer jeden Spieler ein Jahr davor verlängern. Beide Spieler wissen, dass wir sie gerne halten wollen. Wir werden aber versuchen, den Spielern nicht so viel Zeit zu lassen wie im letzten Jahr, um einfach früher mit der Planung beginnen zu können.

Wenn wir schon bei der Innenverteidigung sind: Gabriele Piras wechselte gestern fix zu Lafnitz. Für viele ist dieser Transfer absolut unverständlich. Warum hat man den 19-jährigen Verteidiger abgegeben, wo man mit Spendlhofer, Avlonitis und Maresic eigentlich nur drei Innenverteidiger hat, wovon zuletzt alle drei immer gespielt haben?

Unserer Einschätzung nach waren wir einfach zu weit weg, dass er in naher Zukunft zu Einsätzen kommt. Wir wollen Spielern auch nichts vormachen. Vor ihm wären noch Lackner oder Koch in die Innenverteidigung gezogen worden. Er wäre wahrscheinlich die sechste Lösung gewesen. Daher wollten wir dem Spieler die Möglichkeit geben, sich weiterzuentwickeln. Es muss nicht immer eine Leihe sein. Wenn der Spieler sich in Lafnitz toll entwickeln sollte, kann man ja noch immer darüber nachdenken, ihn zurückzuholen. Mit Niklas Geyrhofer drückt zudem ein weiterer Amateurspieler nach.

Nichtsdestotrotz: Man hat nur drei gelernte Innenverteidiger im Kader: Wird man einen zusätzlichen Innenverteidiger verpflichten?

Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließen. Möglich.

Sebastian Prödl ist bei Watford unglücklich und hat immer betont, wieder nach Graz zurückkehren zu wollen. Wird es in dieser Transferperiode, wie letztes Jahr mit Jantscher, einen Heimkehrer geben oder ist das schlichtes Wunschdenken und noch absolut gar nicht realisierbar? Gibt es Kontakt?

Nein, es gibt momentan keinen Kontakt. Ich glaube es ist Zweiteres. Dafür ist es, glaube ich, noch zu früh. Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich ist dieser Zeitpunkt wohl noch nicht gekommen.

Felipe Ferreira wurde nach Portugal zu Clube Desportivo Nacional verliehen. Gibt es eine Kaufoption nach der Leihe?

Ja, die gibt es.

Somit wäre ein Linksverteidiger mehr möglich. Wie konkret ist man mit Stangl und Vallci in Kontakt? 

Wir haben mit Vincent Trummer nun erstmal einen Spieler aus dem Nachwuchs hochgezogen, um ihm die Chance zu geben, sich zu zeigen. Albert Vallci ist für mich ein sehr interessanter Spieler, aber ich kann schwer einschätzen, ob ein Transfer mit den Einschätzungen von Innsbruck realistisch ist. Stangl ist in der jetzigen Situation kein Thema.

Warum?

Weil Stangl ein klassischer Linksverteidiger ist und nicht der Spieler ist, der auf mehreren Positionen in der letzten Reihe einsetzbar ist. Sollte Ferreira im Sommer zu uns zurückkehren, hätten wir eine Überbesetzung auf dieser Position.

Hält man Ausschau nach einem neuen Stürmer?

Man hält die Augen offen. Wir können, aber wir müssen nicht. Wir glauben nach wie vor an unsere Stürmer, auch wenn im Herbst die Effektivität nicht so war, wie wir uns das vorstellen. Wir werden nur jemanden verpflichten, wenn wir zu hundert Prozent davon überzeugt sind.

Ist Donis Avdijaj, der aufgrund von disziplinären Gründen derzeit suspendiert ist, eine Überlegung?

Nein.

Gibt es sonst noch Spieler, die den SK Sturm Graz verlassen könnten?

Es gibt zwar Interesse für drei bis vier weitere Spieler, es ist aber eher unwahrscheinlich, dass uns von denen jemand verlässt.

Genug zu den Transfers. Heute war Trainingsstart. Wie war ihr Eindruck von der Mannschaft?

Es war alles in Ordnung. Der eine oder andere ist allerdings etwas angeschlagen. Es ist aber bei den meisten nichts Schlimmes. Nur Hierländer hat vor dem letzten Heimspiel gegen die Admira eine unangenehmere Bänderverletzung im Sprunggelenk davongetragen, an der er nach wie vor laboriert. Wir hoffen, dass er bald wieder fit ist. 

Warum haben manche Spieler länger Urlaub?

Das hat den Grund, dass drei Spieler schon ihren Urlaub gebucht hatten, als der Trainingsstart intern noch einmal verschoben wurde.

Um welche Spieler handelt es sich?

Um Koch, Zulj und Hierländer, der aber aufgrund seiner Verletzung den Urlaub nicht angetreten hat, heute bei den Tests allerdings auch noch nicht dabei sein musste.

Am 24. Jänner geht es ins Trainingslager nach Belek. Warum ist es heuer wieder die Türkei?

Weil die Türkei, was das Preis-Leistungsverhältnis betrifft, unschlagbar ist. Zudem hat sich die allgemeine Lage beruhigt und somit gab es auch von Spielerseiten keine Bedenken mehr, was in den letzten beiden Jahren noch anders war.

Welche Amateurspieler werden mitfliegen?

Das steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest.

Wie hat man die Auswahl der Testspielgegner getroffen? (Posen, Horsens, Randers, Anm. d. Red.)

Es ist so, dass viele Mannschaften eine Jahresmeisterschaft spielen oder schon früher beginnen als wir. Diese Teams sind zeitgleich mit uns in Belek. Ich bin mit der Auswahl aber sehr zufrieden und glaube, dass es Spiele auf gutem Niveau werden.

Danke für das Gespräch.

Gerne!