„Keiner wird von irgendjemandem gezwungen, Frauenfußball zu schauen.“

E-Mail für dich mit Stefanie Großgasteiger

Mit der kurzweiligen Q&A-Variante „E-Mail für dich“ möchten wir in Zukunft die Damen des SK Sturm öfter zu Wort kommen lassen. Gerne könnt ihr in den Kommentaren Fragen, die euch interessieren, sowie Spielerinnen, von denen ihr gerne lesen wollt, als Anregung posten.

Stefanie Großgasteiger ist mit Sturm Graz und dem U19-ÖFB-Team erfolgreich in die neue Saison gestartet. Die im Januar 2001 geborene Osttirolerin kam über die Carinthians Soccer Women aus der zweiten Liga zu den Schwoazen, wo sie sich die junge, flinke Spielerin auf der rechten Abwehrseite etablieren konnte. Unter Coach Lang ist die Nummer 19 in dieser Saison gesetzt, obwohl sie, wie die meisten jungen Österreicherinnen bei Sturm, an den Werktagen in der Akademie von St. Pölten ihre Ausbildung genießen darf. Viel Spaß beim Lesen unseres kurzen Q&A-Formats!

Sturmnetz: Hallo Steffi! Die neue Saison ist jetzt schon wieder einen Monat alt. ÖFB-Cup, Champions League-Quali, Liga, Nationalteam – Wie ordnest du den Saisonstart für das Team und für dich im Speziellen ein?

Großgasteiger: Meiner Meinung nach ist uns der Saisonstart gut gelungen. Klar hätte er noch ein wenig besser verlaufen können, aber man darf auch nicht vergessen, dass Landhaus eine sehr gute Mannschaft ist und wir erst ein Gegentor in der laufenden Meisterschaft bekommen haben.

Du bist auf der rechten Seite in allen Spielen in der Startelf gewesen, der Trainer setzt auf dich. Auf dem Papier ist deine Rolle eine defensive, dennoch bist du oft vorne zu finden und triffst auch regelmäßig. Wo würdest du sagen, liegen deine größten Stärken? Was macht am meisten Spaß?

Ich denke, dass ich sehr zweikampfstark, schnell und flexibel einsetzbar bin. Die Schnelligkeit bringt mir im Spiel viele Vorteile – so sieht es auch mein Trainer. Am meisten Spaß macht es mir, wenn ich meiner Mannschaft helfen kann und wir gemeinsam gewinnen.

Sandi Lovric, Michael John Lema, Steffi Großgasteiger … Ist das Zufall, oder gibt es eine besondere Osttirol-Graz-Connection? Fühlt sich Graz trotz der Akademie überhaupt wie ein Zuhause an, wo verbringst du den Großteil deiner Zeit?

Haha! Ich glaube, dass das (Anm. Osttirol-Graz) reiner Zufall ist. Ich fühle mich in Graz sehr wohl, jedoch bin ich nur am Wochenende hier, weil ich unter der Woche die Schule in St. Pölten besuche. Trotzdem versuche ich so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie zu verbringen und die Zeit zu nutzen, wenn ich mal zuhause bin.

Maria Plattner und Valentina Kröll kennst du ja schon aus der Akademie und den Nationalteams. Mit Bella Habuda und Katrina Giantsopoulos sind heuer aber auch zwei Kanadierinnen neu mit dabei, die nicht in der Akademie sind – beide scheinen sich gut eingefügt zu haben und treffen bereits. Wie funktioniert die Team-Dynamik, wenn man sich während der Woche nicht so oft sieht?

Wir haben eine gute Vorbereitung gehabt und haben einen sehr guten Zusammenhalt. Jede versteht sich mit jeder und wir alle haben ein gemeinsames Ziel, an dem wir sehr hart arbeiten. Klar ist es eine kleine – wenn man so will – Herausforderung, wenn man nicht alle Trainingseinheiten zusammen abspult, aber ich denke und bin überzeugt davon, dass wir diese gut meistern.

Emily Cancienne ist die wohl erfahrenste Spielerin im Team. Trotzdem hat deine Alterskollegin Celina Degen die Kapitänsschleife – Spiegelt das die Hierarchie bei euch wieder, oder wie kann man sich das in der Kabine und im Training vorstellen? Wer sind die Führungsspersönlichkeiten?

Wir alle verstehen uns im Team einfach so gut, dass man nicht von einer Hierarchie sprechen kann. Jede weiß, welch wichtige Rolle sie im Kader spielt und jede Einzelne versucht, Verantwortung zu übernehmen. Da kann man also nicht wirklich jemanden hervorheben.

Unsere Nummer 19 beim konzentrierten Beantworten der Fragen | Foto: Benjamin Vollmann

Letztes Jahr hast du der Kleinen Zeitung gesagt, dass man vom Frauen-Fußball nicht leben kann. Würdest du das nach der WM 2019, den Veränderungen in den Ligen in England, Frankreich, Spanien wieder so sagen? Wonach setzt du dir deine Ziele für die Karriere und wohin zieht es dich?

Ich glaube, dass sich im Frauenfußball viel verändert hat. Das merkt man auch in Österreich; die Liga bekommt jetzt viel mehr Aufmerksamkeit. Mittlerweile bin ich schon der Meinung, dass man unter gewissen Voraussetzungen auch davon leben kann. Es ist aber schwer zu sagen, wohin ich womöglich mal wechsle. Wichtig ist für mich aber immer, einen Plan B zu haben.

Estefania Banini in Argentinien, Megan Rapinoe und das gesamte USWNT, Christiane Endler in Chile, das nigerianische Nationalteam, Khadija Shaw für Jamaika und nicht zuletzt Ada Hegerberg in Norwegen. Die Liste könnte man noch um viele Namen erweitern – Warum gibt es deiner Meinung nach keine österreichische Spielerin, die öffentlich für Equal Pay und Equal Rights auftritt? Ist bei uns schon alles perfekt? Fühlst du dich fair bezahlt und gleichberechtigt behandelt?

Wie gesagt, ich bin überzeugt, dass sich in den letzten Jahren einiges im Frauenfußball getan hat. Obwohl man noch lange nicht von ausgeglichenen Gehältern reden kann, bekommen wir Frauen aber zumindest immer mehr Aufmerksamkeit und Respekt. Ich finde aber, man sollte endlich mit dem Vergleich von Herren- und Frauenfußball aufhören. Beim Skifahren zum Beispiel werden Frauen auch nicht immer mit den Männern verglichen.

Unter den Postings der Frauenbundesliga und diversen Beiträgen zu Frauenfußball im Netz finden sich immer wieder fragwürdige, wenn nicht sogar sexistische Kommentare. Was fühlt du, wenn du das mitbekommst und was würdest du den Leuten, die das hier lesen, gerne mitgeben?

Keiner wird von irgendjemandem gezwungen, Frauenfußball zu schauen. Ich finde es schade, dass gewisse Menschen den Drang haben, solche Kommentare zu veröffentlichen. Es gibt eben verschiedene Meinungen.

Vor fünf Jahren wurdest du zur besten Spielerin bei einem „Semino Rossi Cup“ in der U14 gewählt. Vergangenes Wochenende hast du Sturm zum Sieg gegen Südburgenland geschossen. Worüber unterhalten wir uns in fünf Jahren?

Ein Traum von mir ist, im Ausland Fuß gefasst zu haben, eine Führungsrolle bei einem international anerkannten Team eingenommen zu haben und Champions League zu spielen.

Zum Abschluss: 2019 wird zum zweiten Mal der Ballon d’Or auch bei den Frauen vergeben, zudem wird auch (seit 2001) The Best FIFA Women Player gekürt. Wer wäre(n) deine Gewinnerin(nen)?

Es gibt viele Spielerinnen auf der Welt von Weltklasse-Format. Meine Favoritinnen wären Megan Rapinoe, Lieke Martens und Alex Morgan.

Vielen Dank für deine Zeit!

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