Kartnig: „Ein Leben ohne Knast, ist wie ein Baum ohne Ast“
Bei einem von „Wir für rot-weiß-rot“ und Soccerix organisierten Fußballtalk im Rittersaal des Schloss Hartberg plauderte Ex-Sturmpräsident Hannes Kartnig über alte Zeiten. In der von Ex-ORF-Sportchef Hans Huber überaus unkritisch geleiteten Diskussion gab der Ex-Sturm-Präsident zumindest ein paar Schnurren zum Besten:
Über Osim-Vorvorgänger Gustl Starek
„Den musste ich holen, da Otto Baric mir vor der Nase die Türe zugeschmissen hat. Er wollte mehr Geld, es war aber keines da. Der Vorstand hat mir dauernd vorgejammert, dass nichts in der Kassa ist und dass wir jetzt auch keinen Trainer mehr haben. Ich hab sie beruhigt und gemeint, ich kenne genug Leute. Als ich Starek anrief, waren seine ersten Worte: „Was gibts Münz?“ Ich meinte nur, er soll sich keine Sorgen machen und darüber froh sein, dass er Sturmtrainer werden darf, weil er zur damaligen Zeit ohnehin nur Golf gespielt und Blumen gepflückt hat. Leider ist Starek mit Schoko Schachner – den ich ja auch nach Graz geholt habe – überhaupt nicht klar gekommen. Sein Nachfolger Milan Djuricic hat den Kickern dann einmal endlich das Laufen gelernt.“
Was ihn überhaupt bewogen hat, das Präsidentenamt bei Sturm zu übernehmen
„Zum groß Glänzen habe ich das nicht gemacht. Geglänzt habe ich auch zuvor. Ich habe einfach ein Herz für Sturm gehabt. Als ich anfing, hatte Sturm 30 Millionen Schilling Schulden und ich habe mein Haus für den Klub verpfändet. Ich wollte einfach an die Spitze mit diesem Klub. Mich hat es immer gestört, dass die Steiermark nie einen Meistertitel gewonnen hat. Der Titel war mein größtes Ziel und Antrieb. Alles andere ist passiert. Mein größtes Glück war, dass ich mit Heinz Schilcher einen Fachmann und echten Freund an meiner Seite hatte. Wir haben zusammengepasst. Kartnig – Schilcher – Osim würde ich nicht als „anderes“ Magisches Dreieck bezeichnen. Vieles war schon der Alleinverdienst von Osim. Er hat die Spieler immer aufgefordert, sie sollen sich endlich was zutrauen. Zum Schopp sagte er immer „Spielen sie doch einmal, probieren Sie wen zu überspielen“. Markus hat sich das nie zugetraut. Er meinte nur, wenn ich hängen bleibe, schimpfen Sie mit mir. Aber Osim hat ihn ermutigt und auf einmal hat vieles geklappt. In Marseille hab ich zu ihm einmal gesagt, er soll Feldhofer spielen lassen. Osim meinte, er sei noch zu jung, aber wir hatten keinen anderen Spieler auf dieser Position. Ferdl spielte dann eine echte Wunderpartie gegen den besten Spieler der Franzosen. Und ist so gewachsen.“
Über die Verpflichtung Osims
„Dr. Ladislav Jurkemik war ein netter Mensch, aber ich habe bald recht erkannt, dass da nichts weitergeht. Ich habe zu Heinz Schilcher gesagt, bring mir einen Trainer. Zwei Tage später befahl er mir nach Wien zu fahren, denn da käme „ein ganz Großer“ an. Mir war Osim im ersten Moment überhaupt kein Begriff. Unser erster gemeinsamer Weg führte uns auf den Sturmplatz, wo die Kicker gerade trainiert haben. Osim hat nach wenigen Minuten Schilcher gefragt: „Was spielen die da?“. Schilcher meinte, hier wird schon seit 20 Jahren so gespielt. Da wollte Osim gleich auf und davon. Ich konnte ihn aber überreden, in Graz zu bleiben.“
War der tiefe Fall der Preis des hohen Aufstiegs?
„Wir haben riskiert. Jeder hat damals schwarz gezahlt. Ich war halt nur zu vorlaut. Daher durfte die Justiz auf mich aufpassen. Aber ich sage: „Ein Leben ohne Knast, ist wie ein Baum ohne Ast.“ Wenn man oben ist, kann man tief fliegen. Das alles wäre nie passiert, wenn wir im Verein nicht bösartige Menschen gehabt hätten, die mich wegen den Schwarzzahlungen angezeigt haben. Dass während meiner Zeit als Freigänger so einiges vorgefallen ist, war nicht weil mich die Justiz bewacht hat, sondern die Medien mich verfolgt haben. Die haben halt eine Geschichte gebraucht.“
Warum es für die GAK-Verantwortlichen keine Haftstrafen gab
„Die Justiz ist in Frage zu stellen. Ich hab bei der Landesregierung nur um eine 1,2-Millionen-Förderung angefragt. Das Land Steiermark hätte dabei nur die Ausfallshaftung übernommen, ich hätte hierfür einen Kredit aufnehmen müssen. Da es im Vorstand aber Unstimmigkeiten gab, hab ich darauf verzichtet. Der GAK hingegen hat dieses Geld sehr wohl genommen. Rudi Roth hat sich 500.000 herausgenommen. Das Geld wäre aber für die Jugend zweckgebunden gewesen. Ich bin letztendlich wegen versuchtem Förderungsmissbrauchs verurteilt geworden. Mein Pech war, dass ich vorlaut war. Dass der GAK anders behandelt wurde, ärgert mich jetzt nicht mehr. Rudi Roth hat ja auch viel an Geld vorgestreckt. Er hatte einfach bessere Beziehungen, kennt mehr Leute und so musste halt die GAK-Sekretärin herhalten, die von gar nichts gewusst hat. So läuft das halt bei uns in Österreich.“
Über die Zeit hinter den Gefängnismauern
„Ich habe nicht in den wilden Zellen übernachten müssen, sondern in einer Sonderabteilung. Dem sogenannten Spital. Das war halt für die – ich sage einmal so – Besseren. Der Sanel Kuljić war ja auch mit mir in der Zelle, FIFA-Schiedsrichter Alexander Harkam hat auf mich aufgepasst. Ich könnte Bücher über diese Zeit schreiben.“
Zu seinen regelmäßigen Casino-Besuchen
„Ich habe nie mit Sturmgeld gespielt, auch wenn mir das immer wieder unterstellt wurde. Sturm hat zuerst ja nie eine Marie gehabt. Anfangs hab ich nur eingezahlt. Und ich habe auch keines rausgenommen, als dann was da gewesen wäre. Auch die ganze Strafe für Schwarzgeldzahlungen musste ich berappen. Die Fußballer, die gut kassiert haben, wurden deswegen nicht verurteilt. Ich aber musste sechs Millionen Euro nachzahlen, damit diese Geschichte irgendwann dann vorbei war. Sowas muss man erst einmal verkraften.“
Über die Begegnung bei Real Madrid
„Als wir im Bernabéu angekommen sind, habe ich gleich den Rasen geküsst. Sofort waren ein Haufen Journalisten da und haben mich gefragt, ob ich Real Madrid überhaupt kenne. Ich sagte: „Klar, Puskas, di Stefano und so weiter“. Sie entgegneten, ob ich die Schulden des Klubs kenne und ich antwortete: „Ja, 350 Millionen, aber das bezahlt eh der König“. Beim Bankett hat der ganze Vorstand uns nicht beachtet, sie waren sehr arrogant, ich wollte gleich wieder gehen. Sanz sagte in seiner Rede: „Es freut mich, dass ich den Präsident von Sturm Graz kennen lerne, er weiß genau über unseren Schuldenstand Bestand, hoffentlich bezahlt er sie auch für uns.“ Sanz war dann aber ein netter Kerl. Vor dem Casino in Monte Carlo habe ich erlebt, wie hunderte Fans vor ihm knieten. Als ich das gesehen habe, dachte ich mir: „Das möchte ich auch“:
Über die Verpflichtung von Giuseppe Giannini
„Ich hab ihn in Wien abgeholt. Wir waren dann in Graz im Bermuda-Dreieck, es war ein wunderschöner Tag, wir haben gut gegessen. In Liebenau sind wir vorbeigefahren, ich zeigte ihm das neue Stadion, welches damals gerade gebaut wurde. Über die Gruabn sagte ich ihm nur, dass sie unser derzeitige Ausweichplatz ist und ob er sie sehen will. Er verzichtete und fuhr wieder nach Rom. Bei der Mannschaftsvorstellung in der Gruabn – unglaubliche 7.000 Besucher waren gekommen – sah er diese Spielstätte dann erstmals. Ihn haben die Bedingungen nicht sonderlich gestört, nur war in der Kabine keinen Kleiderhaken mehr für ihn frei. Gert Pölderl hat dann einen 100er-Nagel eingeschlagen und Giannini konnte dort sein Seidensakko aufhängen. Das Hauptproblem war, dass den Kindern keine ähnliche Schule angeboten werden konnte, wie sie es von Rom gewohnt waren. Und die Leistung hat halt auch nicht ganz gepasst. Ich bin zu Osim gegangen und hab ihn gefragt, was denn los sei. Die anderen Spieler kamen nämlich zu mir und regten sich über Gianninis Leistung auf. Osim wurde zornig: „Die sollen den Mund halten, sie sollen froh sein, dass sie mit so einem Spieler überhaupt trainieren dürfen.“ Marketingtechnisch war Giannini aber ein gutes Geschäft.“
Über Amoah
„Das war kein Fehlkauf. Ich war gerade in Argentinien, Schilcher hat den Stürmer in St. Gallen beobachtet und Osim hat sich Videos von ihm angeschaut. Schilcher hat dann zu verhandeln begonnen und mich telefonisch informiert, dass Amoah 50 Millionen kostet und mir den Vertrag nach Buenos Aires geschickt. Rekordablöse plus 40 Millionen Gehalt für fünf Jahre. Ich hab Bauchweh gehabt, zu Schilcher mehrmals gesagt, dass das sehr viel Geld ist, auch wenn wir gerade 250 Millionen auf der hohen Kante hatten. Heinz drohte mir: „Wenn du den nicht kaufst, höre ich auf“. Ich wusste, wenn ich nicht zusage, sind wieder alle angefressen. Daher hab ich „Ja“ gesagt. Menschlich war Amoah in Ordnung, aber da Popovic wegen ihm aus dem Kader raus musste hat die „Jugo-Partie“ ihm dann keine Kugel zugespielt.“
Über die Aufgabenteilung mit Osim
„Mich hat einmal die Polizei angerufen, dass unsere Kicker schon wieder in der Nacht unterwegs gewesen sind und irgendwo um fünf in der Früh gegen eine Einbahn gefahren sind. Ich hab das Osim erzählt und ihm aufgefordert, das einmal anzusprechen. Osim meinte nur: „Gehen Sie rein, Sie haben ein besseres Organ.“ Ich hab damals noch nicht überrissen, dass ich Osim einfach oft nur die Drecksaufgabe abgenommen habe. Ich hab die Kicker ordentlich poliert und er föhnte sich derweil in der Kabine seine Haare.“
Wie es zur Trennung mit Osim kam
„Ich habe ihn nicht entlassen. Osim ist gegangen. Wir haben gegen Kärnten gespielt und leider Gottes einen etwas unglücklichen Torhüter gehabt, der damals von St. Pauli gekommen ist (Anm.: Heinz Weber). Der hat ein paar Mal danebengegriffen und wir haben 1:3 verloren. Osim sagte danach zu mir: „Ich trainiere nicht mehr, ich höre auf.“ Ich hätte Osim nie entlassen. Natürlich hatte er Schwächen, perfekt ist keiner. Vor der Presse hat er dann gemeint „Kartnig hat mich beleidigt“. Die Wörter „Cevapcici-Kicker“ und „Rasnici-Fußball“ haben ihm nicht gepasst. Diese sind gegenüber zwei Journalisten aus Wien gefallen, die haben damals ein Interview gemacht und ich habe ihnen unter vier Augen einiges erzählt. Leider haben sie dann alles gebracht. Zum Beispiel dass er nicht grüßen könne und keine Manieren habe. Das habe ich aber nie so erlebt, ich habe nur gemeint, dass mir das meine Vorstandsmitglieder erzählen. Osim hätte zu Real gehen können, Predrag Mijatović kam als Vermittler, Unser Trainer hatte schon einen Vertragsentwurf und mir gezeigt, was er dort verdienen könnte. Sturm hätte solche Summen nie und nimmer bezahlen können, Osim meinte jedoch: „Ich mag Sie, ich bleib hier.“ Ihm hat es gefallen, dass ich mich sportlich nie eingemischt habe. Er hat mich zwar manchmal gefragt, wenn ich ihm dann einmal empfohlen habe und gegenüber der Presse mich ein bisschen über eine Aufstellung aufgeregt habe, war er dann aber wieder beleidigt auf mich.“
Über den Irrtum Gilbert Gress
„Den hab ich nicht gekannt. Osim und Schilcher jedoch schon. Ich konnte schon früh beobachten, wie er sich zum Beispiel mit einem Neukirchner unterhalten hat und mir ist sofort aufgefallen, dass da der Respekt fehlt. Das habe ich Heinz Schilcher erzählt und gesagt, dass er der Falsche ist. Wir haben dann auch noch einige Spiele verloren und uns von ihm getrennt. Spieler müssen vor dem Trainer Respekt haben, sie müssen wissen was los ist. Wenn Osim gekommen ist sind alle stramm gestanden. Viele Trainer kommen – Osim ist erschienen.“
Ob Kartnig nochmal einmal ein Fußball-Präsident werden würde
„Nie mehr. Das ist ein „Dodlhakn“. Jedem rate ich davon ab. Ich habe kürzlich mit zwei Personen gesprochen, die Rapid-Präsident werden wollen. Kostet nur Geld und verursacht Ärger. Man kann nicht ewig Erfolg haben. Im Erfolg wird man von allen umjubelt, bleibt dieser aus, fährt man mit Polizeischutz nach Hause.“
Na oida, der ist schon ein fester Koffer…
Selbstreflexion: 0
Da ja 90% eh nur das negative in Erinnerung haben und schimpfen sag ich malb
– Ohne Kartnig wären wir vermutlich 1992 krachen gangen,
– Osim wäre niemals nach Graz gekommen,
– keine Titel, Cupsiege, CL, Kernöl Tiki Taka etc,
– den Anspruch der seit damals entstanden ist würde es nicht geben.
Nur über Liebenau bräuchte niemand jammern weil mah vermutlich noch in der Gruabn spielen würden…
Danke, meine Gedanken!!
Sein leichtes Gemüt hat ihn damals sicher übermannt, wollte dem Verein sicher nie was schlechtes, sollte dem jetzigen Vorstand zu denken geben und dem ganzen seinen Seelenfrieden geben.
Swg
Da hast du vermutlich Recht, obwohl das „Kernöl tiki taka“ eine Hyballa Erfindung war. Ich weiß was du meinst, mir stoßt nur der Begriff „sauer“ auf ^^
Seine Aussagen lesen sich dennoch „speziell“. Sich selbst als reines Opfer aller anderen zu inszinieren, wobei die genannten Personen großteils nicht mehr leben und er nur versucht hat für alle „da zu sein“ und zu helfen, wage ich, ob seiner Extravaganz, zu bezweifeln.
Alleine der Satz „Vor dem Casino in Monte Carlo habe ich erlebt, wie hunderte Fans vor ihm knieten. Als ich das gesehen habe, dachte ich mir: „Das möchte ich auch““ oder seine Empörung darüber, dass er hinterzogene Steuern zurückzahlen musste, zeigt auch einiges.
Kartnig wird immer eine Streitfigur bleiben. Ganz Unrecht hat er aber nicht…er is einer der Wenigen die ihre (verdiente) Zeit auch abgesessen haben…oder glaubt jemand es gibt unzählige Vereine von damals nicht mehr weils so sauber war? Gibt Vereine da hat man es 4x versucht und da is kaum wer sitzen gegangen…
Ich sehe ihn neutral. Er hat seine Zeit im Hefn abgesessen. Warum soll ich mich da noch aufregen? Ich seh ihn halt weder positiv noch negativ. Hat glaub ich eh Stadionsperre bei uns? Sollte ja ausreichen als Strafe weil absprechen kann man ihm die Verbundenheit mit dem Verein nicht. Und seine Persönlichkeit ist halt die eines Fußballers der einen Top Vertrag bekommt…Kartnig hat sich zumindest selbst hochgearbeitet. Und seine große Goschn ist auch nicht ganz was exotisches.
In Summe hat er im Verbund mit Osim Sturm auf die Weiße Seite der Vereinsfarben gehoben…aber halt auch auf die Schwarzen. Aber ihn noch aktiv zu hassen, beleidigen auf der Straße oder sich aufzuregen wenn er im Stadion sitzen würde…sicher nicht. Sturm is eine Familie. Und jeder hat diesen Onkel. Und er ist auch ein Teil der Geschichte des Vereins.
Für mich wird Hannes Kartnig immer einer bleiben, der sich mit ganzem Herzblut für Sturm engagiert hat. Spätestens beim nächsten Meistertitel für Sturm wäre es hoch an der Zeit, die Stadion sperre (wenn es tatsächlich eine solche gibt!) gegen ihn aufzuheben! Schwamm drüber, tempi passati!
Lieber Hannes K
herzlichen Dank für alles: ohne dich wäre kein osim da gewesen, kein vastic so lange, kein……, keine CL, kein Meistertitel und Sturm wäre sicher nicht was es heute noch ist! Natürlich ist auch so manches schief gegangen, aber ich liebe Menschen die sie was trauen und sich nicht immer in die Hosen scheißen! Er hat alles für sturm getan und dann auch noch den Kopf hingehalten- Respekt dafür. Und das er Geld schwarz gezahlt hat – na und hat es jemanden außer der finanz geschadet,ich denke nicht… alle die Spieler die war noch immer in Erinnerung haben wären sonst sicher nicht gekommen….