Ist Sturm Graz ein Vorbild für die gesamte Bundesliga?

© Martin Hirtenfellner Fotografie
Auch wenn Sturm Graz bis dato keine überragende Rückrunde in der Bundesliga absolviert, hat man sich hinter Red Bull Salzburg auf dem zweiten Tabellenplatz etabliert und bleibt auf einem Europa-Kurs. Die Grazer beweisen diese Saison zudem, dass man auch ohne ausländische (Top)Spieler durchaus erfolgreich spielen kann. Damit könnte Sturm zum Vorbild für andere Klubs in Österreich werden.
Mit zuletzt zwei Siegen in Folge, in der Liga und im Cup, hat Sturm Graz seine kleine Mini-Krise zu Beginn der Rückrunde mit vier sieglosen Spielen endgültig beendet. Auch wenn sich das Team von Heiko Vogel durch die Formkrise der letzten Wochen faktisch selbst aus dem Titelrennen in der Bundesliga mit Red Bull Salzburg verabschiedet hat, dürften die Verantwortlichen und Fans in Graz mit dem Gesamtverlauf der Saison bis dato mehr als zufrieden sein.
Mit 48 Punkten hat Sturm Graz aktuell einen komfortablen 8-Punkte-Vorsprung auf die Admira und es gibt nicht wenige Fans, die Wetten darauf platzieren, dass man am Ende der Saison den Sprung in die Champions-League-Qualifikation schafft. Auch im Cup steht man nach dem souveränen 3:0-Erfolg gegen den SV Wimpassing im Halbfinale und hat noch Chancen, diese Saison einen Titel zu gewinnen.
Sturm Graz könnte zum Vorbild für die Bundesliga werden
Der Erfolg von Sturm Graz in der laufenden Saison ist auf den ersten Blick nicht wirklich erstaunlich, auch im Vorjahr mischten die Grazer bereits ganz oben in der Tabelle mit. Befasst man sich jedoch etwas genauer mit dem Verein, wird man feststellen, dass man in Graz in den vergangenen Jahren einen ganz eigenen Weg eingeschlagen hat: Der Traditionsklub setzt vermehrt auf (junge) österreichische Profis und deutlich weniger auf erfahrene ausländische Kicker. Mit einem Durchschnittsalter von 25,5 Jahren gehört Graz zwar nicht zu den jüngsten Teams der Liga, doch viel beachtlicher ist die Tatsache, dass man trotz insgesamt 26 Spieler im kompletten Kader nur fünf Legionäre in seinen Reihen hat. Zum Vergleich: Tabellenführer Red Bull Salzburg kommt auf satte 16 ausländische Profis bei 24 Spielern. Auch Austria Wien und Rapid haben mit jeweils neun Legionären fast doppelt so viele Ausländer unter Vertrag wie Sturm. Mit Dario Maresic hat Sturm Graz zudem eines der größten österreichischen Talente in seinen Reihen. Der gebürtige Grazer ist mit gerade einmal 18 Jahren Stammspieler und Leistungsträger beim Sturm und steht kurz davor, den Sprung aus der U21-Nationalmannschaft in die ÖFB-Elf zu schaffen.
Negativbeispiel Premier League
Durch die eher bescheidenen finanziellen Mittel im österreichischen Fußball, verglichen mit den europäischen Top-Ligen, haben vor allem die kleineren Klubs keine anderen Optionen als auf junge Eigengewächse zu setzen. Es wäre jedoch auch wünschenswert, dass die großen Vereine in Zukunft ebenfalls vermehrt den Fokus auf die Ausbildung österreichischer Talente setzen und nicht alles dem kurzfristigen Erfolg mit eingekauften Legionären unterwerfen. Ein Negativbeispiel dafür, welche Konsequenzen solch eine Entwicklung nehmen kann, sieht man in England. Dort sind mehr als 66 Prozent der Profis Legionäre und zumeist sind dies auch noch die Leistungsträger in den jeweiligen Vereinen. Die Folge davon ist, dass die englische Nationalmannschaft, obwohl die englische Liga eine der besten Ligen der Welt ist, in den vergangenen knapp 50 Jahren keine nennenswerten Erfolge vorweisen kann. In Deutschland und Spanien sieht dies deutlich anders aus. Es ist kein Zufall, dass in der La Liga „nur“ 40 Prozent ausländische Profis unter Vertrag stehen und in der deutschen Bundesliga knapp 50 Prozent.
Ob nun aus der Not geboren oder als ausgeklügelte Strategie – es lohnt sich eben manchmal, auf eigene Nachwuchstalente zu setzen, wie Sturm Graz unter Beweis stellt.
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