Im Gespräch mit Ivica Vastic
Einer unserer Redakteure hat im Zuge seines FB-Projekts „Für eine Ivica Osim Straße in Graz“ ein Interview mit Ivo Vastic geführt. Das wollen wir natürlich niemandem vorenthalten.
Herr Vastic, ist es an der Zeit in Graz eine Straße nach Ivica Osim zu benennen?
Ich finde, das ist eine tolle Idee. Osim hat sowohl als Trainer als auch als Mensch in Graz sehr viel bewegt. Graz hat dank ihm in der Fußballwelt einen großen Stellenwert gehabt. Nach unseren Erfolgen in der Champions-League hat wirklich jeder gewusst, wo Graz liegt und Osim war hauptverantwortlich dafür.
Osim ist ja nicht so gerne im Mittelpunkt gestanden. Wäre ihm so eine Ehre überhaupt recht?
Vielleicht würde seine Körpersprache das Gefühl vermitteln, dass ihm das sogar ein klein wenig unangenehm wäre. Ich bin mir aber sicher, innerlich würde er sich sehr darüber freuen. Auf alle Fälle wäre es ein angemessenes Geschenk. Und ein tolles Zeichen für eine dauerhafte Verbindung der Person Ivica Osim mit der Stadt Graz. So wie ich ihn kenne, würde die Freude bei ihm sicherlich überwiegen.
Sie waren 20 Jahre alt, als Osim zum letzten Mal eine gesamtjugoslawische Nationalelf zu einer Weltmeisterschaft geführt hat. Welchen Stellenwert hatte Osim schon damals in ihrer Jugendzeit?
Als junger Fußballer war er mir natürlich schon ein Begriff. Er hat eine erfolgreiche Ära geprägt. Jugoslawien hat damals einen tollen Fußball gespielt und sich bei der Weltmeisterschaft in Italien sehr gut geschlagen. Leider durfte unsere Nationalelf ja nicht mehr an der darauffolgenden Europameisterschaft 1992 in Schweden teilnehmen. Dänemark, das ja statt Jugoslawien nachnominiert wurde, wurde dann, wie wir wissen, Europameister. Er wurde von uns bewundert. Auch seine Heldentaten als Spieler von Zeljeznicar Sarajevo waren uns geläufig.
1994, nach ihrem Gastspiel beim MSV Duisburg, wollte sie der FC Tirol nach Innsbruck locken. Letztendlich sind Sie dann zum SK Sturm nach Graz gewechselt. Inwieweit war die beinahe zeitgleiche Verpflichtung von Ivica Osim dafür mitentscheidend?
Ivica Osim war eigentlich der Hauptgrund. Ich war zu dieser Zeit auf Urlaub in Primosten und habe etwas zugewartet. Als Osim dann tatsächlich Trainer wurde, habe ich meinen Urlaub in Kroatien abgebrochen und bin direkt ins Trainingslager nach Bad Radkersburg gefahren. Als ich dort ankam, hat die Mannschaft bereits trainiert. Osim hat mich begrüßt und ich hab ihn zum ersten Mal in meinem Leben persönlich kennengelernt.
Was war Osims Rezept? Wie ist es ihm gelungen aus einem jahrelangen Mittelständler die spielstärkste Mannschaft in Österreich zu formen?
Wir haben ja genau das trainiert. Dass Fußball ein Spiel ist. Ihm ist es immer gelungen uns dies authentisch zu vermitteln. Dadurch haben wir viel Vertrauen in ihn gewonnen. Das Wichtigste war aber, dass er uns immer unsere Freiheiten gelassen hat. Auf dem Platz und auch bis zu einem bestimmten Grad außerhalb. Dadurch haben wir viel an Kreativität gewonnen.
Zu welchem Teil ist Ihrer Meinung nach Osim auch an Ihrer persönlichen sportlichen Entwicklung mitverantwortlich?
Osim hat niemals Kompromisse gemacht. Er war vor allem immer ehrlich und ich hab mich mit ihm auch privat immer sehr gut verstanden. Und natürlich war er der wichtigste Trainer in meiner Karriere. Gerade für mich und mein Spiel war diese von mir vorher angesprochene Freiheit am Platz sehr förderlich. Trotzdem haben wir alle gemeinschaftlich und erfolgsorientiert gedacht.
Einmal allerdings hat es zwischen Osim und Ihnen, auch für die Öffentlichkeit sichtbar, ganz schön gekracht. Im vorletzten Spiel der Saison 1998/99 haben Sie sich beim Grazer Derby nach dem Schlusspfiff wegen Schiedsrichter-Kritik noch eine Gelbe Karte abgeholt und waren somit für den großen Showdown um den Titel gesperrt. Erinnern Sie sich noch, was Ihnen Ihr Trainer da so alles ins Ohr geflüstert hat?
Das ist schon so lange her. Da will ich mich gar nicht mehr erinnern. Osim hat natürlich gewusst, dass ich durch diese Gelbe Karte bei der Entscheidung fehlen werde. Aber ich denke, wir haben auch damals kein großes Problem miteinander gehabt. Vielleicht wäre es eines geworden, hätten wir in der letzten Runde gegen den FC Tirol nicht gewonnen. Aber zum Glück war die Mannschaft auch ohne mich stark genug. Wenn damals bei uns einer gefehlt hat, ist das nie so ins Gewicht gefallen.
Viele Spieler erzählen, dass Osim eigentlich nie zu hundert Prozent zufrieden war. Mit einer einzigen Ausnahme: Dem Champions-League-Qualifikationsspiel in Rotterdam. Haben Sie das auch so empfunden?
Ja schon. Osim hat immer nach Perfektion gestrebt. Das hat uns gepusht. Und er hat uns mit diesem Streben nach dem perfekten Spiel vorangebracht. Wir waren hungrige Spieler, wir wollten auch immer mehr, diese Einstellung hat uns so erfolgreich gemacht.
Inwieweit fließt die Methodik von Osim in Ihre Arbeit als Trainer beim SV Mattersburg ein?
Natürlich versuche ich alles, was uns damals erfolgreich gemacht hat, auch hier einzubringen. Ich pflege einen menschlichen Umgang mit meinen Spielern, sehr viele technisch-taktische Komponenten habe ich mir natürlich auch von Osim abgekupfert. Ebenso versuche ich in Mattersburg meinen Spielern gewisse Freiheiten zu lassen, um ihre Kreativität zu fördern. Das ist immer eine Frage der Zeit, aber ich denke, wir sind auf einem guten Weg.
Haben Sie noch Kontakt zu Osim?
Wir telefonieren nach wie vor miteinander. Wenn er in Graz ist, und ich es mir irgendwie einteilen kann, besuche ich ihn. Er war ja jahrelang MEIN und vor allem DER Trainer.
Ivo war DER Beste ever bei uns….. Man hätte ihn zumindest als Techniktrainer oder Scout verpflichten sollen. Ohne ihn hätt es das nie gegeben. Danke herzlichst Ivo!!!