Herbstmeister

Spielbericht: Wolfsberger AC vs. SK Sturm Graz (0:4)

Mehr Sonntag gibt es nicht: die Bundespräsidentenstichwahlwiederholung am Vormittag, zu der sich wohl die meisten Fußballfans schließlich doch überwunden hatten, und, für viele im Gegensatz dazu sehnsüchtig erwartet, am späten Nachmittag das Finale der Hinrunde, in dem die Krone des Herbstmeisters auszuspielen war. Jenseits des Großen Speikkogels, der in das Licht der Abendsonne getaucht einen besonders beeindruckenden Anblick bot, empfing der Wolfsberger AC den SK Sturm zum Spitzenspiel der 18. Runde der tipico Bundesliga. Bei blauem Himmel aber spätherbstlich tiefen Temperaturen lenkten sich 5.255 Fußballaffine, locker 600 davon  aus der Steiermark, mit einem Sportplatzbesuch vom profanen Müßiggang des tagespolitischen Geschehens ab – in der Erwartung eines Erfolgserlebnisses. Im Mittwochspiel der Englischen Woche waren die Gastgeber noch wesentlich erfolgreicher als die Blackies gewesen. Während Heimo Pfeifenberger mit seiner Mannschaft in St. Pölten einen eindrucksvollen 4:0 Auswärtserfolg zustandebrachte, musste Sturm ausgerechnet vor eigenem Publikum gegen die Admira Federn lassen – eine zermürbende Niederlage.

Reaktion gefragt

Franco Foda modifizierte seine Startelf, indem er Christian Schoissengeyr anstelle des etatmäßigen Kapitäns Christian Schulz (muskuläre Probleme) und Kristjan Dobras, der für den angeschlagenen aber dennoch in den Kader einberufenen Deni Alar zum Einsatz kam, ins Rennen schickte. Außerdem durfte Stefan Hierländer nach kurzer Verletzungspause wieder ran. Philipp Zulechner, der von seiner kurzen „Tribünenkur“ zurückkehrte, musste mit einem Platz auf der Bank Vorlieb nehmen. Dieser Sonntagnachmittag sollte nicht zuletzt auch aufgrund dieser kleinen Rochaden zu einem äußerst erfolgreichen werden – eines vorweg: Schoissengeyr gab neben Lukas Spendelhofer in der Innenverteidigung abermals eine spielerisch starke Empfehlung für sich ab. In tabellarischer Hinsicht stand jedenfalls einiges auf dem Spiel: Im Falle einer Niederlage müssten die Grazer diesen eigentlich erfolgreichen Herbst auf Platz vier beenden, mit einem Sieg jedoch blühte die Rückeroberung von Rang eins.

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie - Stefan Hierländer durfte wieder ran und erzielte das 4:0

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie – Stefan Hierländer durfte wieder ran und erzielte das 4:0

Schleppender Beginn

Beide Mannschaften fanden nur schleppend in die Partie – ein abgefälschter Schuss der Gastgeber in der nach 90 Sekunden ließ einen zwar früh eine rassige Begegnung erwarten, war letztendlich aber nur ein schnell verglühender Funke dieser Hoffnung, denn bis zur 15. Minute musste man auf die erste wirklich nennenswerte Offensivaktion warten: Der Wolfsberger Dario Baldauf versuchte sich nach schnell gespieltem Konter im Weitschießen, verfehlte Christian Gratzeis Tor jedoch knapp. Die Gäste wurden erst in der 22. Minute mit einem ruhenden Ball aus guter Position zum ersten Mal richtig gefährlich: Charalampos Lykogiannis hatte seine Zielvorrichtung aber noch nicht ganz perfekt eingestellt, denn Christian Dobnik, Torhüter der Wölfe, sah den Ball trotz eines gar nicht so schlecht angetragenen Freistoßes des Griechen an sich vorbei ins Toraus springen. In der 24. schließlich bekam man endlich die erste schön herausgespielte Chance des SK Sturm zu sehen. Der souverän agierende Schoissengeyr schlug einen langen Ball auf Dobras. Dieser zog nach einem Haken ab und zwang Dobnik, sich lang zu machen. Wenig später jagte Hierländer einen Ball ins Außennetz – Sturm näherte sich an.

Sturm kommt ins Rollen

In der 34. Minute wurde es im Strafraum der Kärntner dann erstmals so richtig brenzlig. Nach gutem Eckstoß brachten die Gastgeber das Leder nicht weg. Gleich mehrere Blackies hatten die Chance einzunetzen, bis Dobnik den Ball letztendlich doch sicher in seinen Händen hielt. Fünf Minuten später erlöste sich Sturm aber, besser gesagt war es Marc Schmerböck, der den Auftakt einen Torreigens einleitete. Nach schöner Vorlage von Hierländer und den darauffolgenden abgeblockten Schuss von Dobras netzte er zur Führung ein. Dieser Treffer hätte aufgrund einer deutlichen Abseitsposition zwar nicht zählen dürfen, aber sei es drum – das Schiedsrichter-Team aus der Schweiz ließ anschreiben. Kurz vor der Pause zeigte Lykogiannis, dass bei seinen Freistößen auch künftig von Brandgefahr im gegnerischen Gehäuse ausgegangen werden muss, denn aus ca. 18 Metern feuerte er die Kugel mit seinem zweiten direkten Versuch sehenswert in die Maschen – 2:0 und spätestens mit dem gleich danach erfolgten Pausenpfiff war klar: der Herbstmeistertitel würde Realität werden, zu dominant und sicher traten die Grazer auf. Zweifel gab es daran kaum mehr.

In der Pause dürfte sich Fabian Koch besonders gut regeneriert haben, denn nur zwei Minuten nach Wiederanpfiff pfefferte er den Ball wuchtig zum 3:0 unter die Querlatte. Die Vorarbeit zu dieser frühen Entscheidung leistete Bright Edomwonyi. Der Nigerianer steckte auf der linken Seite perfekt durch, spielte flach in die Mitte des gegnerischen Sechzehners, wo Dobras das Zuspiel zum perfekt positionierten Tiroler durchließ – toll gespielt.

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

Sturm bleibt cool

Was die Blackies im weiteren Verlauf der zweiten Halbzeit zeigten, beweist, dass es sich mit einem 3:0 auf der Habenseite gleich viel angenehmer spielt. Mit kompakter Defensive und bedachtem Aufbauspiel, das in letzter Konsequenz vielleicht nicht immer so durchschlagskräftig war, wie es sich so manch ein mitgereister Sturmfan gewünscht hätte, dominierten die Schwarz-Weißen weiterhin. Die Wolfsberger kämpften allerdings nicht nur gegen ein beinahe vollkommen sicheres Abwehrbollwerk an, sondern auch gegen das eigene Unvermögen, gefährliche Chancen zu kreieren. Viel zu oft hatte Sturm es leicht, das lederne Rund von seinen Gegnern zu holen. Wenn die Gastgeber gefährlich wurden, dann aus Standardsituationen heraus, wie etwa durch einem Prosenik-Kopfball nach einem WAC-Corner in Minute 57. Ein weiterer Eckball sorgte in der 64. Minute für die beste Chance der Kärntner, einen Ehrentreffer zu erzielen, doch viribus unitis klärte die Grazer Defensive den Ball. Wenig später „fing“ Daniel Drescher eine Schmerböck-Hereingabe, gedacht für den im Fünfer lauernden Edomwonyi, in den WAC-Straufraum mit seiner Hand ab, die Pfeife von Schiedsrichter Fedayi San blieb unverständlicherweise stumm – da hätte es Strafstoß geben müssen. In der 78. musste der Wolfsberger Delinquent dann verletzungsbedingt vom Platz und ließ seine Mannschaft in Unterzahl zurück, weil Heimo Pfeifenberger sein Wechselkontingent vorhin mit der Hereinnahme von Philip Hellqvist bereits ausgeschöpft hatte. Sturm gelang dann nach einigen Minuten lockeren „Fertigspielens“ doch noch der schöne Schlusspunkt eines sehr erfolgreichen Abends: Stefan Hierländer netzte in der 93. Minute nach einem Abpraller von Christian Dobnik, der zuvor von Spendlhofer (Schussversuch) und Schoissengeyr (Kopfball) auf seine Standfestigkeit hin überprüft wurde, zum 4:0 ein.

Der SK Sturm darf sich nun wieder Tabellenführer nennen und außerdem die Krone des Herbstmeisters aufsetzen – die Mannschaft feierte vor den mitgereisten Fans einen absolut verdienten Sieg und einen Herbst, wie man ihn bestimmt nicht so schnell vergessen wird. 

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

(c) Martin Hirtenfellner Fotografie

Stimmen

Marc Schmerböck …

… über den Schwung aus dem Sieg in Hütteldorf:

… über den Herbstmeistertitel:

Fabian Koch …

… über seinen Wechsel zu Sturm:

… über Kontinuität:

Thomas Zündel …

… über das Zustandekommen der Niederlage des WAC:

Daniel Offenbacher …

… über ein anfangs gutes Spiel seiner Mannschaft …

 

Spieldaten

2016-12-04_wolfsberger-ac-sk-sturm-graz-aufstellungen

2016-12-04_wolfsberger-ac-sk-sturm-graz-statistiken-1

 

Galerie

 

4 Kommentare

  1. Supersturm sagt:

    Sehr stark! Die Defensive wirkt mit Schoissi noch sicherer als mit Schulz! Das MF war spielfreudig und aggressiv (aber nur mit sehr wenigen Fouls!) und vorne mit Hierländer wesentlich mehr Ballsicherheit. Er war oft nur durch Fouls zu stoppen und verliert die Bälle nicht so leicht, wie manch anderer..

    Gesamt wieder einmal eine tolle Auswärtsvorstellung – bitte auch in Graz wiederholen! Bei den Heimspielen lassen sie leider immer wieder einiges vermissen, was auswärts gut funktioniert! Wäre ein guter Zeitpunkt am kommenden WE!

  2. Nock-74 sagt:

    Und jetzt noch schnell kritisieren auf hohem Niveau! 😉

    Unsere Stürmer haben schon wieder nicht getroffen. Eigentlich solls einem ja egal sein wer die Tore schießt, doch wenn man am Ende auch ganz oben in der Tabelle stehen möchte braucht man mMn auch Stürmer die relativ konstant treffen. Mir ist schon klar, dass der Deni 11 Tore gemacht hat, doch in den letzten Spielen war seine Ausbeute auch eher mager. Hoffe dass er im Winter wieder in die Spur findet und auch Zulechner im Frühjahr eine wirkliche Option ist.

  3. rio sagt:

    Diese Inkonstanz kann durchaus als Konstanz bezeichnen werde. Unglaublich, welche verschiedenen Gesichter diese Mannschaft innerhalb von nur wenigen Tagen zeigen kann. Gratuliere, so sehe ich meinen SK Sturm jedenfalls gerne!

    Bitte legt gegen RB JETZT einen drauf und enttäuscht nicht wieder eure treuen Fans!

     

  4. wama sagt:

    man darf dem gesamten team von sturm von herzen gratulieren, auch wenns „nur“ der herbstmeistertitel ist. sowas gelang sturm genau 3x zuvor, 2x hats dann auch zum titel am ende gereicht.

    was letztlich zählt sind 36 punkte aus 18 spielen, unglaubliche 19 auswärtspunkte und einige sehr geile auftritte unserer spieler, auch wenns im zweiten saisonviertel furchtbar unkonstant zuging.

    kreissl und foda haben ein team auf die beine gestellt, dass, wenn alle alles geben und nicht zuviele schlüsselspieler formschwankungen unterliegen, verletzungen, sperren,…haben, gegen jeden in der liga gefährlich sein kann.

    gerade gestern gegen den wac sah man das wieder ganz deutlich. da hat die teamleistung wieder fast wie zu saisonbeginn zu 100 % gestimmt. und wenn man sich dann ansah, was der wac da entgegenzuhalten hatte, vorallem im mittelfeld(ich sag nur offi, tschernegg), mussten einem die fast leid tun.

    nur wenn man es schafft über den winter alle zu halten, die stürmer wieder in form zu bringen( auch zulechner), eventuell noch einen jungen, dynamischen stürmer wie fridrikas dazuzuholen, könnte man tatsächlich bis zum ende der meisterschaft um den titel mitspielen. ob man einen stanko, kienast im frühjahr noch auf der bank haben sollte oder besser zwei jüngere nachrücken lässt, ist zumindest für mich klar: das, was die beiden im herbst abgeliefert haben, war entschieden zuwenig um eine berechtigung zu haben, einen kaderplatz zu verstellen.

     

     

     

Schreibe einen Kommentar