Graz hat (k)ein Gewaltproblem?

Der zuletzt unrühmliche Auftritt einiger verrückter GAK-Anhänger hat bekanntlich für Schlagzeilen gesorgt. Obwohl seit Jahren kaum wahrnehmbare Ausschreitungen oder Exzesse jedweder Art im und um das Liebenauer Stadion zu verzeichnen waren, genügt dieser Vorfall, um einmal mehr eine Grundsatzdiskussion vom Zaun zu brechen und Sturm gleich ebenfalls den Schwarzen Peter zuzuschieben, indem seitens des Stadtrivalen eine Auflistung von Vorfällen präsentiert wurde, die ein düsteres Bild zeichnen und größtenteils von Schwarz-Weißen begangen worden sein sollen – ein fragwürdiger, aber dennoch nicht allzu überraschender Umgang mit der gesamten Thematik. Graz habe ein Gewaltproblem, waren sich viele dennoch rasch einig. Stimmt das?

Fragwürdige Wortwahl, aber nur selten Realität @ Martin Hirtenfellner Fotografie

Fakt ist, dass der Fußball leider tatsächlich mehr Gewaltpotential in sich trägt als jede andere Sportart. Warum das so ist, hat viele Gründe und es ist durchaus müßig, ebenjene zu diskutieren. Vereinfachend kann gesagt werden, dass im Fußball – im Gegensatz zu den meisten anderen Sportarten – nicht nur das Geschehen am Platz von Bedeutung ist. Vielmehr symbolisiert und repräsentiert ein Fußballverein eine Vielzahl unterschiedlichster Aspekte. Sei es die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Klasse, Werte und kulturelle Eigenheiten, politische Ausrichtungen oder gar Religionen. Kurzum: Die gesamte Geschichte und Kultur einer Stadt oder Region wird Teil eines Vereins und der Verein wird somit in weiterer Folge Teil der eigenen Identität eines Fans. Das mag absurd klingen, erklärt allerdings, warum Fußball eine derart hochemotionale Angelegenheit ist. Angriffe auf den Verein werden für manche daher als Angriffe auf die eigene Persönlichkeit wahrgenommen, die es zu verteidigen gilt. Andere wiederum suchen nur den Kick. Eine regelrechte Gewaltspirale mag im schlimmsten Fall die Folge sein. Ganz so dramatisch ist das in Österreich, im Gegensatz zu anderen Ländern, glücklicherweise aber freilich nicht. Dennoch: Da und dort kommt es zu unschönen Zwischenfällen. Hat Graz, um beim Thema zu bleiben, jetzt also wirklich ein Gewaltproblem?

Diese Frage zu verneinen, vermag eine durchaus heikle Angelegenheit zu sein. Schließlich ist jeder Vorfall einer zu viel und Gewalt im Fußball lässt sich zurecht durch nichts relativieren. Das könnte der Grund sein, der so rasch zu Pauschalisierungen einlädt. Selten wird sich dem Thema nämlich objektiv angenommen, man kann sich ohnehin nur die Finger verbrennen, würde man die tatsächliche Problematik infrage stellen. Vielmehr muss man förmlich jedwedes Negativereignis in puncto Fußball medial hochstilisieren und in aller Härte verurteilen – dabei schlägt man mitunter schon auch über die Stränge und rückt gleich alle Fußballfans, die mit viel Leidenschaft dabei sind, zu Unrecht in ein ganz schlechtes Licht. Man ziehe nun allerdings den schwarz-weißen Anhang als Beispiel heran, um einer Antwort etwas näher zu kommen: Woche für Woche finden sich tausende frenetische Fans aller sozialen Schichten zusammen, dabei wird auch gerne das ein oder andere Bier über den Durst getrunken. Sturm sorgt bekanntlich immer für Emotionen, zusätzlich ist man häufig unterschiedlichsten Provokationen ausgesetzt – perfekte Bedingungen für Dummheiten also. Dennoch sind Zwischenfälle zum Glück extrem rar gesät, obwohl dort, wo viele Menschen zusammenkommen, meistens Probleme auftauchen, vor allem, wenn auch noch Alkohol im Spiel ist. Man möge da an jede Disco, jedes Feuerwehrfest usw. denken. Verhältnismäßig geht es bei den Grazer Fans da beinahe unglaublich friedlich zur Sache.

Einmal mehr Gänsehaut-Stimmung in Graz. Das Spiel verläuft absolut friedlich, im Anschluss kommt es zu den unschönen Szenen durch GAK-Anhänger @ Martin Hirtenfellner Fotografie

Nach persönlicher Meinung des Autors hat Graz nicht jenes Gewaltproblem, das man wie zuletzt gerne vermittelt bekommt. Erfahrungen, die sich in vielen Jahren der ständigen Begleitung des Vereins gesammelt haben, lassen derartige Rückschlüsse ebenfalls nicht zu. Es ist mehr als bedauerlich, wenn einige Idioten einen ganzen Verein und dessen Anhängerschaft in den Dreck ziehen. Das mediale Echo auf solche Vorfälle ist in den meisten Fällen jedoch ebenfalls unverhältnismäßig. Blödheiten in Discos oder Festivitäten finden keinen Platz auf Titelseiten. Blödheiten im Fußball aber leider schon.

Pyro wird häufig schon mit Randalen assoziiert @ Martin Hirtenfellner Fotografie

4 Kommentare

  1. graz4ever sagt:

    Sehr schöner Artikel!

    Gratulation für diesen doch sehr sachlich, objektiven Artikel, den es in solcher Art leider viel zu selten, bis gar nicht gibt!

    Um ein Thema, das bisher ausschließlich (man möge mir die Wortwahl verzeihen 😉 ) schwarz/weiß präsentiert&stilisiert wird!

    Und zu den ewig gestrigen „Graz is ja so unfair nur Sturm zu retten“ roten Jammerlappen erübrigt sich eh jedes weitere Wort..

  2. blackfoxx sagt:

    na dann können wir uns ja alle auf die Schulter klopfen, ein Problem haben eh nur die anderen…solange es im Fansektor einem Fanclub ungestraft möglich ist ein Plakat aufzuhängen, in dem „Gewalt“ als eines ihrer Kernpunkte definiert ist (SWS – „Sturm Graz, Gewalt und gute Laune“) halte ich das für verwegen…Eigentlich könnte man erwarten, dass sich die Kurve und die Fanclubs öffentlich dazu äußern und davon distanzieren, man hat ja sonst auch immer ein Kommunikationsbedürfnis wenn es um andere Themen (Trainer, Spieler, ORF, Bundesliga, etc.) geht!

    • Schworza99 sagt:

      Naja die Zerlegung der Sanitär Anlagen in Pasching zeugen auch nicht grade von Verstand…

      Ein paar Trotteln rücken halt die Masse ins schlechte Licht.

    • Ivaneijew sagt:

      Ja es sind nur ein paar Idioten, nur unternimmt die Kurve auch nichts dagegen. Nein, die Kurve jubelt so einem Transparent oder einen Schweinskopf eher zu, anstatt solche aus der Kurve zu werfen.

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