Gospodine Osim, hvala ti za sve!
Wir alle wussten, dass irgendwann in ferner Zukunft der Tag kommen würde, an dem der Jahrhunderttrainer von uns geht und trotzdem traf wohl jeden die Hiobsbotschaft wie ein Schlag ins Gesicht, als es aus dem Nichts passierte. Das Leben spielt des Öfteren komische Stücke und gewisse Geschichten schreibt eben nur der Fußball. Gibt es einen Fußballgott, mit Hang zur Dramaturgie, dann spielte er am 1. Mai 2022 sein Meisterstück. Den größten Sohn am Gründungstag zu sich zu holen, tragisch, mystisch und zugleich ein wenig romantisch.
Die Beileidsbekundungen sprechen eigentlich eine Sprache, die eindeutiger nicht sein könnte! Aus vielen Teilen der Welt, verschiedene Vereine, Menschen unterschiedlicher Religion und Hautfarbe, verleihen ihrer Trauer Ausdruck und schicken tröstende Worte. „Fußball ist etwas ganz anderes und nicht nationalistisch. Ich glaube noch immer, dass die, die mit dem Fußball verbunden sind, egal welche Hautfarbe oder Religion sie haben, anders sind. Ich glaube, dass Fußball für sich selbst eine kleine Religion ist.“ Wie recht Sie damit doch hatten, Herr Osim!
Herrn Osim wurde etwas zuteil, dass nur wenigen Menschen vorbehalten bleibt. Er genoss bereits zu Lebzeiten einen wahrhaftigen Legendenstatus. Allseits nur lobende Worte und stets mit Ehrfurcht empfangen. Jedes Mal, wenn Osim in Liebenau zugegen war, oder man hörte, dass er heute kommen wird, lag eine gewisse positive Anspannung in der Luft. Als er dann die Innenräume des Stadions betrat, wurde es unter den Anwesenden stets ruhiger und man flüsterte sich gegenseitig zu, dass Osim da ist. Wie kleine Schulbuben, die ihre große Liebe am Schulhof erblicken und ihr am liebsten alles sagen würden, was ihnen durch den Kopf geht. Und doch blieb man lieber still und genoss den Moment – zumindest mir erging es so. Der Moment, wenn er dann Richtung Spielfeld oder Tribüne ging und endlich sichtbar für die Zuschauer wurde, war jene Zeitspanne, in der völlige Ekstase und frenetischer Jubel ausbrach und die Sprechchöre einem Gänsehaut auf den ganzen Körper zauberten.
Auch nach seinem Ableben wird der Mythos Osim nicht weniger werden, ganz im Gegenteil! Zu viel hat Herr Osim für unseren Verein und die Stadt geleistet. Zu tief ist die Verwurzelung – über Generationen hinweg – und die Dankbarkeit ihm gegenüber. Wenn man über die Grazer Stadtmauern hinausblickt und nicht nur an Fußball denkt, ist man fast versucht zu sagen, dass er der ganzen Welt ein Vorbild und wahrlich eine bedeutende Persönlichkeit war.
Es wird auf ewig Platz in abertausenden Herzen sein und wenn man Osim, aufgrund des Alters, nicht mehr erlebte, so wird man bis ans Ende aller Tage von ihm erzählen!
Gospodine Osim, hvala ti za sve i počivaj u miru!
Da fallen mir spontan nur die Worte von Dietrich Bonhoeffer ein :
„Je schöner und voller die Erinnerung,
desto schwerer ist die Trennung.
Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.“