Geduld ist gefragt
Der neue Sportmanager Günter Kreissl feiert heute seinen 42. Geburtstag. Wir wünschen ihm alles Gute, viel Glück und viel Erfolg für seine neuen Aufgaben beim SK Sturm, denn er hat viel zu tun und leicht wird es für ihn nicht werden.
Endlich ist er also da, der Sportdirektor – eigentlich Sportmanager – der im Vereinsumfeld seit Monaten zusehends lauter gefordert wurde, weil Gerhard Goldbrich aus schon reichlich diskutierten Gründen mit seiner Fülle an ihm von Vorstand und Präsidium aufgeladenen Aufgaben nicht mehr fertig wurde bzw. diese nicht auf eine zufriedenstellende Art erfüllen konnte. Lange stemmte er als General Manager zusätzlich zu wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten die Verantwortung für sportliche Fragen und musste dementsprechend auch als Sündenbock herhalten, wenn der Erfolg auf dem Spielfeld ausblieb. Für so manch besorgten Beobachter des Vereinsgeschehens personifizierte er, wenngleich vielleicht durchaus als Opfer der „Das-kannst-eh-alles-nebenbei-machen“-Fraktion, das Scheitern von „Sturm neu“ – einer zur vereinsgeschichtlichen Mär ad absurdum geführte Renovierung, die statt einer Professionalisierung auf allen Ebenen die Erneuerung provinzieller Organisationsstrukturen ergab, natürlich brav von regionalen und überregionalen Zeitungen getragen. Aus vielen internen Glutnestern drohte in den vergangenen Monaten nun allerdings ein verheerender Flächenbrand zu werden, der sich nicht mehr durch Schönreden und – schreiben hätte übertünchen lassen und der dementsprechend viel verbrannte Erde hinterlassen, also einiges zerstört hätte – allen voran die Möglichkeit zum Neustart, ohne die vorherige endgültige Katharsis. Die Erkenntnis, dass es so nicht mehr weitergehen konnte, bewegte Goldbrich zum so wichtigen und richtigen Schritt zurück – das muss man ihm, nebenbei bemerkt, zu Gute halten.
Über die Folgen der im Verein derzeit (noch) herrschenden Missstände wurde genug geschrieben – von der sportlichen Erfolglosigkeit, der fehlenden Installation einer einheitlichen Spielphilosophie in allen Mannschaften des Vereins, verfehlter Personalpolitik im Hinblick auf die Versprechungen im Jahr 2012, die fehlende Schnittstelle zwischen Jugend und Kampfmannschaft (deren Fehlen schließlich mit der „neuen“ 17+8 Regel ungeschickt überpinselt werden sollte) über Zuschauerschwund und den damit einhergehenden finanziellen Einbußen bis hin zu einem tiefen Graben zwischen vielen Fans und den Vereinsverantwortlichen. Nicht nur die Bekämpfung dieser Symptome ist nun gefragt, sondern vor allem eine umfassende Diagnose und die entsprechende Neuausrichtung in ganzheitlicher Form.
Kurz zusammengefasst: Auf die neue Kraft in Messendorf, den sympathischen und angenehm eloquenten Günter Kreissl, kommt eine Lawine an zu lösenden Problemen zu, die eine erschlagende Wirkung haben kann und der sich anno dazumal wohl auch Paul Gludovatz gegenüber sah, wenngleich niemand müde wurde, zu behaupten, sein schneller Rückzug wäre die Folge gesundheitlicher Probleme gewesen. Warum Christopher Houben nicht lange danach als angedachter wirtschaftlicher Leiter auch das Handtuch warf, darüber muss nicht erst spekuliert werden – in gesundheitlicher Hinsicht fehlte ihm damals jedenfalls (hoffentlich) nichts.
Bleibt zu hoffen, dass man beim SK Sturm doch aus der Vergangenheit gelernt hat und Günter Kreissl die Möglichkeit gibt, sich auf erfrischende Weise in eine grundlegende und langfristig angelegte Neuausrichtung einzubringen, denn der kolportierte Tausendsassa aus Wiener Neustadt wird darauf brennen, seinem Tatendrang freien Lauf zu lassen. Dass verkrustete alte Strukturen aufgebrochen werden müssen, versteht sich von selbst und die Gefahr, dass er daran aber zerbricht, ist, wie man aus der jüngsten Vergangenheit weiß, gegeben. Deshalb mein Appell Richtung Messendorf: Lasst den Mann arbeiten! Gebt ihm die Zeit und den Spielraum, seine Ideen umzusetzen! Seine klaren Worte nach dem letzten Heimspiel gegen Mattersburg haben wohl nicht nur den Verfasser dieses Kommentars sehr beeindruckt, sondern allgemein für Aufsehen gesorgt – ein gutes Zeichen, denn sie waren ehrlich und ernst gemeint. Derartigen Klartext gab es in den letzten Jahren bei Sturm Graz eigentlich nicht zu hören – Kreissl hat mit dieser zweifelhaften Tradition des Nichtansprechens von Problemen gebrochen und machte deutlich, dass leidenschaftsloses Auftreten Konsequenzen haben wird! Musik in den Ohren eines Fans!
Gleichsam naiv wie geradezu grotesk erscheint es mir nun, Geduld und Besonnenheit von der leidgeprüften und zum Teil ausgelaugten Anhängerschaft zu erbitten, denn ich kann nachvollziehen, dass jemand in Bezug auf das bisherige Gebaren des Vereins bei wichtigen strategischen Fragen einfach genug hat. Dennoch wage ich es nun, eine Lanze für den SK Sturm und dessen Hauptverantwortliche zu brechen – ebenso, wie es die Nordkurve tat, indem sie den organisierten Support nach ihrem Boykott wieder aufnahm und laut Farbe bekannte. Ein Ölzweig, der einen ersten Schritt in die richtige Richtung goutieren sollte. Gut Ding braucht Weile und auf Günter Kreissl warten Aufgaben, deren Erledigung in jeglicher Hinsicht richtungsweisend sein wird. Und nicht nur deswegen wird er, so wie man es bei Sturm nicht anders kennt, unter Druck stehen. Das Vereinsumfeld ist ja ein erwiesenermaßen äußerst dynamisches, kritisches und hitziges – selbst wenn so manche Medien versuchen, als Puffer für Eruptionen zu fungieren, wird der PR-erfahrene Sportmanager wissen, welche Wellen seine Taten schlagen könnten. Ein konstruktiver Beitrag, den die Anhängerschaft nun leisten kann, sofern sie denn will, sind zusätzlich zu wichtigen kritischen Fragen Geduld und Besonnenheit. Große Veränderungen brauchen Zeit und können nun einmal nicht „über das Knie gebrochen werden“ – nicht, wenn man am Ende dieses bevorstehenden langen Weges zufrieden sein will und überhaupt schon gar nicht bei unserem Herzensverein.
Wirklich toller Artikel! 100% agree!
arbeiten lassen und nach 1 Jahr kann man Bilanz ziehen, dann ist auch sicher die Entscheidung des Trainers ab 2017/18 gefallen
bei seinen Interviews hatte ich bis jetzt nichts zum aussetzen, das letzte bei der Austria sollte er einmal überdenken , denn in der 2. HZ mit 10 Mann habe ich keinen gesehen, der nicht alles für Sturm gegeben hat