Gabriel Haider: „Im Fußball kann es immer schnell gehen“

(c) SturmNetz
Gabriel, im Sommer bist du von der TSG Hoffenheim II zu Sturm Graz gewechselt. Kannst du uns ein bisschen was von deinem fußballerischen Werdegang erzählen?
Angefangen habe ich schon im Alter von drei Jahren bei meinem Dorfverein St. Agatha, lange bevor ich überhaupt spielberechtigt war. Dort hab ich bis zu meinem 14. Lebensjahr gekickt und bin dann zur SV Ried gewechselt, wo ich zunächst für die Akademie und später für die Amateure gespielt habe. Zuletzt habe ich in Ried auch schon bei den Profis trainiert. Bis ich einen Anruf aus Deutschland bekommen habe.
Die TSG Hoffenheim muss das gewesen sein. Wie ist man dort auf Dich aufmerksam geworden?
Sie meinten, sie hätten Spiele von mir bei den Ried-Amateuren gesehen und wären sehr interessiert. Dann ging alles ganz schnell über die Bühne. Da muss man fast Ja sagen.
Du bist in Sinsheim insgesamt 45 Mal für die zweite Mannschaft in der Regionalliga aufgelaufen. Wie nah warst du dort bereits am Profikader dran?
Ich habe sehr oft mit der ersten Mannschaft mittrainiert. Drei Mal stand ich sogar im Profikader. Leider Gottes war der Spielverlauf für mich nie gerade günstig – es waren jeweils sehr knappe Partien – und so hat es nie für Einsatzminuten in der Bundesliga gereicht. 2021 ist mir dann der Sprung zu den Profis gelungen. Leider haben mich diverse Verletzungen – beispielsweise am Sprunggelenk oder an der Schulter – etwas zurückgeworfen.
Was bei Sturm dann aber ja nicht das Interesse an Dir abkühlen ließ, oder?
Das Interesse war schon vor diesem Sommer da. Da ich wegen dieser Verletzungen sowieso einen neuen Weg einschlagen wollte, hat das heuer für mich gepasst. Zumal man sich bei Sturm die ganze Zeit über sehr um mich bemüht hat. Der wichtigste Grund war aber, dass man mir – auch dank der 2. Mannschaft in Liga 2 – viel Spielzeit in Aussicht gestellt hat. Dem hab ich vertraut, auch weil ich mir sicher war, dass ich in der zweithöchsten Spielklasse noch viel lernen kann.
Wie darf man sich vorstellen, wie so ein Transfer abläuft. Ruft da Andi Schicker unerwartet an?
Es läuft eigentlich vieles über Berater. Zunächst hatte ich gar keinen persönlichen Kontakt, da ich letztes Jahr noch gar nicht über eine Luftveränderung nachgedacht habe. In diesem Frühjahr gab es dann aber schon persönliche Gespräche, vor allem mit Andi Schicker und Pauli Pajduch, wobei es dabei nie um Vertragsdetails geht. Auch das wird alles vom Berater abgewickelt.
Du wurdest ja dezidiert nicht nur für die Zweier verpflichtet, sondern als Perspektivspieler für den Erstligakader. Wo siehst du dich da gegenwärtig?
Man muss wissen: Bei meiner Ankunft in Graz war meine Schulterverletzung gerade ausgeheilt. Daher war klar, dass es einmal heißt, Spiele zu sammeln. Ich war ja aufgrund meiner dreimonatigen Pause körperlich noch nicht ganz auf der Höhe, zudem muss man sich bei so einem Wechsel immer mit einem neuen Spielstil vertraut machen. Das braucht Zeit. Aber wenn ich jetzt viel Praxis sammle und verletzungsfrei bleibe, kann es im Fußball immer schnell gehen. Das habe ich ja in Hoffenheim auch so erlebt.

Amady Camara, Etienne Tare, Tizian-Valentino Scharmer und Gabriel Haider bei der Vorstellung im Juli (c) SK Sturm
Kannst du uns ein bisschen die Unterschiede vor allem in Sachen Infrastruktur zwischen Hoffenheim und Sturm erläutern?
Graz braucht sich prinzipiell nicht verstecken. Aber klar: Hoffenheim ist in Sachen Nachwuchs, Akademie und Infrastruktur in Deutschland eine Top-Adresse. Ich vermute, Mitgrund dafür ist aber auch, dass Hoffenheim finanziell ganz andere Möglichkeiten besitzt.
Kann man davon ausgehen, dass in Hoffenheim das gesamte Klubleben auf einen Ort gebündelt ist? Sturms Zweitliga-Mannschaft muss ja des Öfteren das Training fernab von Messendorf abhalten.
Unterschiedlich. Manchmal wird in Messendorf trainiert, manchmal am Verbandsplatz. Aber ja: In Hoffenheim spielte sich das alles unter einem Dach ab.
Finanziell ganz andere Möglichkeiten – trotzdem hat Sturm vermutlich für einen Fußballer andere Vorzüge. Gerade im Vergleich zu Hoffenheim gibt es hier eine viel lebhaftere Fanszene, mehr Tradition. Bekommt man das als Spieler auch mit, wenn man Teil davon wird?
Zwar hat Hoffenheim vermutlich einen höheren Zuschauerschnitt, aber natürlich ist bekannt, dass man innerhalb der Deutschen Bundesliga dahingehend eher im hinteren Drittel rangiert. Sturm hingegen ist hierzulande überall ganz vorne mit dabei. Eigentlich ist es ein Wahnsinn, was in Graz abgeht. Natürlich spielte das in meinen Überlegungen auch eine Rolle und hat mich überzeugt.
Was geht in einem Nachwuchsspieler vor, wenn so wie bei Sturm noch last minute ein weiterer Innenverteidiger verpflichtet wird und man dadurch im Ranking gefühlt wieder eine Stufe downgegradet wird?
Fußball ist Wettkampf. Das ist überall auf der Welt gleich. Aber für junge Spieler, eigentlich sogar für alle, belebt Konkurrenz das Ganze ungemein. Wenn diese vorhanden ist, ist jedem klar, dass er Gas geben muss. Und nur so wird man immer besser.
Kannst du uns ein wenig den Alltag eines hoffnungsvollen Spielers deiner Kategorie nahebringen? Unterscheidet sich dieser von jenem eines „gestandenen“ Profis?
Ich denke, kaum. Meine Ausbildung hab ich ja bereits in Deutschland abgeschlossen und so kann ich mich voll und ganz auf den Fußball konzentrieren. Auch wenn das Bundesheer schon bei mir angeklopft hat, da dürfte es bald einmal so weit sein. Zudem trainiere ich unter der Woche immer mit der Ersten mit. Nur ein, zwei Tage vor den Spielen der Zweier absolviere ich die Einheiten mit der Zweitligamannschaft: Prinzipiell heißt es um 8 Uhr aufstehen, 9 Uhr 30 gemeinsames Frühstück in Messendorf, Vormittagstraining, Analysen. Ich arbeite zudem viel individuell, auch wie die Regeneration ablaufen soll, ist genau getaktet. Oft geht es für mich auch in eine Eiskabine, gleich in der Nähe des Liebenauer-Stadions. Das tut mir gut.
Bleibt noch Zeit abseits des Fußballs?
Wenn wir einmal Freizeit haben, verbringe ich diese mit meiner Familie oder mit meinen Freunden. Manchmal fahr ich heim nach Oberösterreich, manchmal kommen sie mich hier besuchen.
In Graz fortgehen spielt sich für einen jungen Fußballer heutzutage vermutlich nicht mehr?
Wenn es wirklich passt, gehen wir als Mannschaft ab und zu was essen. Mehr ist während der Saison undenkbar. Ich glaube, das ist überall gleich. Man versucht wirklich, sich fürs nächste Training oder Spiel bestmöglich vorzubereiten. Ich bin mir sicher, dass sich da für Fußballer in den letzten Jahren sehr viel geändert hat.
Nach 6 Runden gelang euch in Liga 2 noch kein Sieg, 4 Unentschieden, 2 Niederlagen, wobei die Leistungskurve in letzter Zeit nach oben zeigt. Gegen die Admira war das ja auch in der Defensive schon richtig gut. Was fehlt noch zum ersten Sieg?
Wir haben einfach zu viele individuelle Fehler gemacht. Wenn wir die abstellen können, zudem in der Zukunft besser anlaufen, besser absichern, unser Spiel schneller wird, fehlt nicht mehr viel zum ersten Sieg. Wie du sagst, die Kurve zeigt auch meiner Meinung nach nach oben. Zudem glaube ich: Sobald der erste Dreier eingefahren ist, wird zukünftig vieles leichter fallen.
Du hast ja bereits mit vier verschiedenen Partnern in der Innenverteidigung (Anm: Borkovic, Schopp, Geyrhofer, Pirker) gespielt. Ist das für dich ein Problem?
Natürlich ist es in der Verteidigung ein bisschen einfacher, wenn man eingespielt ist. In der Einser ist so ein Verständnis sicher ganz wichtig. Aber eine zweite Mannschaft ist halt auch dazu da, dass junge Spieler oder „Spieler von oben“, Praxis sammeln. Man kann es ohnehin nicht beeinflussen, daher versuche ich einfach, mit jedem Partner das Beste daraus zu machen.
Konstantin Schopp hat sich im Derby verletzt, weißt du, wie lange er noch ausfallen wird?
Ich denke, er ist wieder fit und könnte bereits am Sonntag gegen Bregenz wieder mit dabei sein.
In Hoffenheim bist du ja auch manchmal im defensiven Mittelfeld zum Einsatz gekommen. Ist diese Position eine Option für dich?
Das lag dort eher an einer Verletzungsmisere. Da bin ich eher in diese Position hineingerutscht. Ich sehe mich schon viel mehr als Innenverteidiger, optional noch eher als Außenverteidiger als im defensiven Mittelfeld.
Kannst du uns deine Ziele mit Sturm verraten, gibt es so etwas wie einen Karriereplan?
Einfach es so weit wie möglich zu schaffen. Aber so richtig planen lässt sich das halt nicht. Es kann alles sehr schnell gehen. Man kann einerseits eine richtig geile Saison spielen, andererseits kann eine Verletzung immer wieder dazwischenkommen. Daher ist es beinahe unmöglich, einen solchen Plan zu erstellen. Ich möchte aktuell einfach viel spielen, gut trainieren. Und irgendwann auch Minuten bei der Ersten sammeln. Ein bisschen Glück gehört da immer dazu. Ich werde daher nicht sagen, es muss noch in diesem Jahr passieren. Ich möchte nur alles für mein Ziel geben, alles dafür tun, dann brauch ich mir später nie etwas vorwerfen.
Wie läuft der Austausch mit Christian Ilzer eigentlich abseits der Trainingseinheiten ab? Was hältst du von ihm als Trainer?
Ich finde seine Idee von Fußball richtig cool. Offensiv, Bälle nach vorne spielen, Chancen kreieren, diese Art taugt mir. Das meiste an Austausch findet bei den Trainings selbst statt. Ich finde es gut, dass er stets gewisse Dinge gleich ganz klar anspricht. Egal ob mit Lob oder Tadel. Er macht das ja, weil er jeden Einzelnen verbessern will. Für gewisse Analysen danach hat Sturm ein großes Trainerteam. Da wird sehr häufig durchgewechselt.
Vielen Dank für das Gespräch!
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