Falsche Neun
Fußball ist ein herrlich komplexer Sport; nicht umsonst wird der Fußball auch „Rasenschach“ genannt. Bei beiden Spielen kommt man ohne die richtige Taktik nicht zum Erfolg. Wie wichtig die richtige Taktik (abgestimmt auf den jeweiligen Gegner) ist und welche Erfolge man mit der perfekten Taktik erzielen kann, zeigen immer wieder überraschende Beispiele aus dem internationalen Spitzenfußball.
Wir von SturmNetz wollen euch Taktiken im Fußball ein wenig näher bringen und die dabei vorkommenden Begriffe erläutern.
Heute: Falsche Neun
Seit Jahren hört man immer wieder den Begriff „Falsche Neun“, aber was ich das eigentlich? Wenn man die Spieler am Spielfeld durchnummeriert, so bekommt der Mittelstürmer oft die Nummer Neun. Eine falsche Neun ist also kein klassischer Mittelstürmer.
Eine falsche Neun pendelt zwischen den Aufgaben eines offensiven Mittelfeldspielers und denen eines Strafraumstürmers hin und her. Wenn eine falsche Neun vor sich eine zu dichte Abwehrreihe vorfindet, lässt er sich nach hinten fallen, um sich am Spielaufbau zu beteiligen und dann im richtigen Moment in die Tiefe zu gehen. Das stellt die Verteidiger vor ein großes Problem. Folgen oder Position halten?
Folgen die Verteidiger der falschen Neun bis ins Mittelfeld, entblößen sie zu große Räume in der Defensive. Halten sie ihre Position, haben sie niemanden zu decken – was eine Abwehrkette vor psychische Probleme stellen kann – und im Mittelfeld entsteht ein Überzahlspiel des Gegners.
Eine falsche Neun sollte im besten Fall über eine überragende Übersicht und einen starken Abschluss verfügen. Neben balltechnischen Fähigkeiten ist auch die Schnelligkeit ein Schlüssel für eine starke falsche Neun.
Die falsche Neun gibt es schon seit vielen Jahren; immer wieder interpretierten Spieler ihre Rolle auf dem Spielfeld wie eine falsche Neun. In den 70er Jahren etwa war es Johann Cruyff, der unter Totaalvoetbal seine Rolle als Stürmer als das, was man heute falsche Neun nennt, interpretiert hat. 2005 griff der AS Rom mit Francesco Totti dieses Prinzip wieder auf, weltbekannt wurde diese taktische Rolle aber erst durch Lionel Messi beim FC Barcelona. Unter Pep Guardiola und seinem damaligen und leider viel zu früh verstorbenen Co-Trainer Tito Vilanova brachte der vierfache Weltfußballer die gegnerischen Defensivspieler reihenweise zur Verzweiflung. Als Geburtsstunde gilt hierbei eine Anekdote vom 1. Mai 2009, aber lest selbst.
Im Laufe der Zeit kommen immer wieder Variationen einer Position in Mode, meist sind aber einzelne Spieler dafür verantwortlich. So wie einst Franz Beckenbauer den Libero erfand, machte Lionel Messi die falsche Neun weltbekannt. Die wohl aktuellste und erfolgreichste Variation einer falschen Neun spielt Thomas Müller bei Bayern München als sogenannter „Raumdeuter“.
Bei Sturm Graz interpretiert Roman Kienast seine Rolle als Solospitze in Fodas 4-2-3-1 immer wieder als falsche Neun, auch wenn seine Stärken ihn eher als klassichen Strafraumstürmer abstempeln. In einem 4-4-2 System wäre Donis Avdijaj perfekt als falsche Neun um die gegnerischen Defensivketten mit seiner Technik und Schnelligkeit auseinander zu ziehen.
Auch Edomwonyi könnte in dem System seine Vorteile ausspielen. Groß und verdammt schnell. Technisch müsste er noch ordentlich zulegen!
Dobras und Horvath haben leider den körperlichen Nachteil.
Dobras und Horvath wären beide keine schlechten falsche Neunen. Durch ihren starken Antritt und tiefen Körperschwerpunkt sind sie kaum vom Ball zu trennen ohne ein Foul zu begehen. Im Spiel gegen Admira (1:1) kam Horvath seine geringe Größe zu gute da er noch zwei kleine Zwischenschritte zur Stabilisierung vor dem Abschluss einlegen konnte. Ein großer Spieler wie Edomwonyi verliert hier wahrscheinlich zu viel Zeit oder Raum.