Erfahrung wird überbewertet

Viel wurde in den letzten Wochen diskutiert, philosophiert und kritisiert. Die Beurlaubung von Heiko Vogel spaltete, wie so oft bei wichtigen Entscheidungen, sowohl Fans als auch Medien in zwei Lager. Wie gewohnt gab es im Umfeld des SK Sturm Graz nur zwei Extreme zu beobachten: schwarz oder weiß, richtig oder falsch, Vogel oder Mählich. Langsam sollte aber wieder etwas Ruhe einkehren. Heiko Vogel ist nicht mehr Trainer unser aller Herzenvereins. Das ist Fakt. Heiko Vogel konnte mit dem Cupsieg gegen Red Bull Salzburg im vergangenen Mai als erst dritter Trainer in der 109-jährigen Vereinsgeschichte einen Titel holen. Das ist auch Fakt. Die Beurlaubung Vogels kam für viele, trotz Ergebniskrise, überraschend und nicht jeder konnte die Entscheidung nachvollziehen. Fakt. Doch eines sollte nicht vergessen werden: Zeit für Melancholie und Jammerei bleibt nicht – es ist Zeit, sich mit der Realität abzufinden und möglicherweise sogar anzufreunden. 

Roman Mählich ist der neue starke Mann an der Seitenlinie der Blackys. Er wird alles in seiner Macht stehende tun, um den Turnaround zu schaffen und in den verbleibenden acht Runden doch noch in die obere Tabellenhälfte einzudringen. Das ist nämlich auch Fakt. Und Tatsache ist auch, dass die Wahrscheinlichkeit, dieses Ziel noch zu erreichen, genau dann steigen wird, wenn nicht nur die Mannschaft in Altach einen Neustart hinlegt, sondern auch das Umfeld, zumindest vorerst, einen gedanklichen Schlussstrich in puncto Trainerwechsel ziehen kann. Der Erfolg wird sich dann wieder einstellen, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Schlussendlich ist es nämlich sekundär, ob Franco Foda, Heiko Vogel oder Roman Mählich an der Seitenlinie stehen. Es geht darum, dass der SK Sturm Graz so erfolgreich wie möglich ist. Und die Grazer waren immer dann erfolgreich, wenn alle ein gemeinsames Ziel verfolgt haben und Einzelpersonen in den Hintergrund gestellt wurden. So sollte es auch jetzt sein. 

© Martin Hirtenfeller Fotografie

Auch wenn dem neuen Sturm-Trainer von vielen Seiten fehlende Erfahrung bei einem Erstligisten unterstellt wird, sollte man Mählich eine faire Chance eingestehen. Denn er wäre gewiss nicht der erste Coach, der als noch relativ unerfahrener Trainer wie ein Phönix aus der Asche voll einschlägt. Jüngstes Beispiel dafür ist ein gewisser Julian Nagelsmann. Auch ihm wurde damals als U-19-Trainer, im bizarren Alter von 28 Jahren, die Chance gegeben, mit der TSG Hoffenheim einen deutschen Bundesligisten als Cheftrainer zu übernehmen. Erfahrung im Profifußball? Fehlanzeige. Der Rest sollte jedem Fußballinteressierten bekannt sein. Auch in Österreich arbeitet momentan mit Marco Rose ein Trainer, der ebenso einen Profiklub übernahm, ohne je davor einen Erst- oder Zweitligisten als Chefcoach trainiert zu haben. Experiment geglückt? Ja. Diese beiden Beispiele sind brandaktuell und nur wenige von vielen. Daher sollte man den Faktor Erfahrung nicht überbewerten, sondern auch andere Attribute abwägen. Seine Verbundenheit zum Verein, sein unbändiger Siegeswillen und seine unbestrittene fachliche Kompetenz können durchaus Mosaiksteinchen sein, die in der momentanen Situation den Ausschlag geben könnten. 

Daher sollte nach Meinung des Autors nicht die überschwängliche Skepsis aufgrund mangelnder Erfahrung überwiegen, sondern die Hoffnung und Zuversicht, dass sich Roman Mählich in jene Kategorie der Trainer einordnen wird können, die trotz weniger Erfahrung viel Erfolg bei ihrer ersten Profi-Station verzeichnen konnten. Trübsal blasen sollte nun endlich der Vergangenheit angehören. Am Sonntag wartet Altach. Zwei Tage bleiben dem Heimkehrer also noch, um an den letzten Schrauben zu drehen. Dem einen schmeckt es besser, dem anderen nicht so gut. Am besten schmeckt es uns aber allen, wenn Sturm auf die Erfolgsspur zurückkehrt. Und dafür braucht es eben auch den Zusammenhalt. Das ist Fakt. 

2 Kommentare

  1. goodoldtimes sagt:

    Stimme zu 100 % zu! Mählich ist nicht nur Profi, sondern bereits mit Leib und Seele Sturm-Trainer. Er hat verdient, dass wir ihm eine Chance geben. Und ja, wir brauchen den Zusammenhalt.

  2. schmitz sagt:

    Finde es auch Cool und absolut die richtige Entscheidung das Mählich Sturm Trainer ist,

     

    Alles Gute Roman und viel Glück

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